2136/AB XXI.GP

Eingelangt am: 16. 05. 2001

 

BUNDESMINISTER

FÜR LAND UND FORSTWIRTSCHAFT,

UMWELT UND WASSERWIRTSCHAFT

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Moser, Dr. Glawischnig, Freundinnen und

Freunde haben am 19.3.2001 an mich eine schriftliche Anfrage mit der Nr. 2145/J

betreffend ,,Beschaffungswesen und integrierte Produktpolitik (IPP)“ gerichtet. Ich

beehre mich, diese wie folgt zu beantworten:

 

ad 1

Die „Leitlinien für eine Ökologisierung der Bundesverwaltung" wurden von der Bun -

desregierung im April 1998 beschlossenen. Wie die Praxis zeigt, besteht bei den

beschaffenden Stellen noch ein Defizit an Informationen über die ökologische Qua -

lität von Produkten und Dienstleistungen. Aus diesem Grund wurde im Rahmen

eines Projektes, an dem sich unter Federführung meines Ressorts zwei weitere

Ministerien sowie fünf Landesregierungen beteiligten, ein umfangreicher ,,Kri -

terienkatalog zur Berücksichtigung des Umweltschutzes im Beschaffungs - und Auf -

tragswesen“ erstellt; dieses Projekt wurde auch mit Mitteln aus dem EU - LIFE -

Programm gefördert. Im Rahmen eines Folgeprojektes soll die Anwendung des

Kataloges in der Praxis mittels Workshops und Coaching erleichtert werden. Erste

Praxiserfahrungen mit dem Katalog konnten schon bei der jüngsten Kopierge -

räteausschreibung meines Hauses gewonnen werden.

 

Mein Ressort ist auch in der OECD - Steering Group on Greener Public Purchasing

vertreten und hat zu einem von dieser Steering Group organisierten Workshop im

November dieses Jahres nach Wien eingeladen.

ad 2

Für die Ökologisierung des Beschaffungswesens stellt die Schaffung einer Bundes -

beschaffung GesmbH eine große Chance dar. Die Bündelung der Nachfrage des

Bundes wird dazu beitragen, den Markt für umweitgerechte Produkte und Dienst -

leistungen weiter zu stimulieren. Die Regierungsvorlage sieht insbesondere die Be -

rücksichtigung ökologischer Aspekte in der Standardisierung der zu beschaffenden

Anlage, Materialien und Dienstleistungen, also primär im Rahmen der Leistungsbe -

schreibungen vor. Mein Ressort wird dafür Sorge tragen, dass ökologische Kriterien

in alle Standardisierungsprozesse einfließen.

 

ad 3

Es darf auf die österreichische Position, die auf Basis einer nationalen Koordinati -

onssitzung am 28. März d. J. formuliert und an die schwedische Ratspräsidentschaft

weitergeleitet wurde, verwiesen werden (siehe Beilage).

 

ad 4

Österreich setzt zahlreiche Initiativen, die im Rahmen einer europäischen IPP weiter

forciert werden sollen, u.a. das Österreichische Umweltzeichen für Produkte und für

Tourismusbetriebe, weiters Aktivitäten zur Ökologisierung der öffentlichen Beschaf -

fung, sowie die von meinem Ressort gemeinsam mit den Bundesministerien für Wirt -

schaft und Arbeit sowie Verkehr, Innovation und Technologie getragene Ecodesign -

Initiative.

 

ad 5 und 7

Durch die Berücksichtigung des gesamten ökologischen Lebenszyklus eines Pro -

duktes (,,integriert") soll sicher gestellt werden, dass bereits bei der Entwicklung von

produktorientierten Maßnahmen alle relevanten Umweltbelastungen, wie humantoxi -

kologische oder sonstige für den Konsumenten - und Gesundheitsschutz wesentli -

chen Aspekte, zu beachten sind. Es wird demnach für jede Produktgruppe zu analy -

sieren sein, mit welcher Kombination von Instrumenten und Maßnahmen am effi -

zientesten zur Erreichung der verschiedenen Ziele beigetragen werden kann.

 

ad 6

Das Grünbuch der Kommission versteht unter „integriert“ ebenfalls die Berücksichti -

gung des gesamten ökologischen Produktlebenszyklus bei umweltpolitischen Maß -

nahmen. Bei einer konsequenten Umsetzung des Prinzips wären somit auch klima -

relevante Aspekte zu beachten.

 

Konsumentenverhalten und Beschaffungswesen von Unternehmen und öffentlichen

Einrichtungen haben nicht zu unterschätzende Auswirkungen auf die Entwicklung

der Treibhausgasemissionen, wobei drei Faktoren zu berücksichtigen sind:

 

         1.   die Energieintensität bei der Herstellung von Produkten,

         2.   die Transportintensität von Produkten,

         3.   allfällige direkte oder indirekte Treibhausgasemissionen (fluorierte Gase,

                Stromverbrauch etc.) während der Lebensdauer, einschließlich der Entsor -

                gung von Produkten.

 

Im Rahmen der im Entwurf vorliegenden österreichischen Klimastrategie werden

deshalb Bund, Länder und Gemeinden aufgefordert, in ihrer Beschaffungs - und För -

derungspolitik bzw. durch bewusstseinsbildende Maßnahmen dem Klimaschutz

Rechnung zu tragen. Als konkrete Beispiele seien angeführt:

 

         -     Verzicht auf HFKW - und SF6 - hältige Produkte, Geräte und Anlagen im Bau -

                und Beschaffungswesen der Gebietskörperschaften,

         -     Ausrichtung der Wohnbauförderung nach energetischen und ökologischen

                Kriterien (z.B. optimaler Wärmeschutz, Vermeidung klimaschädigender Bau         -

                materialien),

                Anschaffung stromsparender Geräte durch Bund, Länder und Gemeinden

         -     Richtlinien für die öffentliche Beschaffung von emissions - und verbrauchsar -

                men Kfz,

         -     Kennzeichnung von Neu - PKW nach kilometerspezifischen CO2 - Emissionen

                (bereits umgesetzt),

         -     Hinweise auf die Transportintensität von Produkten durch den

                Lebensmittelhandel (Vereinbarung),

         -     Bevorzugte Verwendung von Lebensmitteln aus biologischer Landwirtschaft in

                Kantinen und Versorgungseinrichtungen der öffentlichen Hand (z.B. Schulen,

                Spitäler, Altersheime, Horte...).

 

ad 8

a) Verkehr:

Auch der Einsatz von Biodiesel führt zu einer deutlichen Reduktion der Umweltbe -

lastungen und sichert einen nachhaltigen Energiekreislauf mit hoher inländischer

Wertschöpfung. Neben einer Reduktion der meisten Schadstoffemissionen reduziert

Biodiesel die Treibhausgasemissionen.

 

Auch mit der Beimischungsmöglichkeit von bis zu 3 Prozent Fettsäuremethylester

(FME) pflanzlicher Basis zu herkömmlichen Dieseltreibstoffen, die in Österreich mit

der Änderung der Kraftstoffverordnung vom 30. Dezember 1999 geschaffen wurde,

kann ein wichtiger Beitrag zu den Klimaschutzzielen geleistet werden.

 

Weiters stellt im Sektor Verkehr insbesondere das Instrument des Mobilitätsmana -

gements ein zentrales Element einer IPP dar. Betriebliches Mobilitätsmanagement

wurde auf Initiative meines Ressorts im Rahmen eines Pilotprojekts bereits in mehre -

ren Unternehmen implementiert. Auf Grund des großen Erfolges der Pilotbetriebe

AVL List (5% CO2 - Reduktion pro Jahr), LKH Tulln (21% CO2 - Reduktion pro Jahr),

Vorarlberger Medienhaus (17% CO2 - Reduktion pro Jahr), BMLFUW/UBA GmbH

(13% CO2 - Reduktion pro Jahr) konnten die CO2 - Emissionen wesentlich reduziert

werden.

 

Durch ein Servicepaket und eine Förderaktion soll dieses Projekt weiter ausgebaut

werden.

 

b) Energie:

Bei der Beschaffung von Energie für öffentliche Einrichtungen wäre aus Sicht des

Klimaschutzes darauf zu achten, dass der Energieeinsatz möglichst effizient erfolgt

und möglichst aus erneuerbaren Quellen stammt.

Als einen Beitrag zur Erreichung des Kyotozieles hat die Bundesregierung beschlos -

sen, mittels Contracting die Energieeffizienz von Bundesgebäuden schrittweise zu

verbessern.

 

Die österreichische Klimastrategie sieht im Kapitel ,‚Elektrizitäts - und Wärmeerzeu -

gung durch erneuerbare Energieträger“ als Maßnahme den „bevorzugten Bezug von

Strom aus erneuerbaren Energieträgern für die Versorgung öffentlicher Gebäude

(Vorbildwirkung durch Selbstverpflichtung der Gebietskörperschaften)“ vor.

 

In diesem Zusammenhang darf ich darauf hinweisen, dass im Auftrag meines Res -

sorts derzeit eine Richtlinie für ein Umweltzeichen „Grüner Strom“ erarbeitet wird.

Dieses wird genaue Bestimmungen für die ökologische Zertifizierung von Strom

enthalten; damit wird den Endverbrauchern ein Instrument zur ökologischen Diffe -

renzierung beim Einkauf von Strom zur Verfügung gestellt.

 

ad 9

Betreffend die Ökologisierung des Beschaffungswesens und die Entwicklung einer

integrierten Produktpolitik (IPP) bestehen auf österreichischer und europäischer

Ebene keine strukturellen Unterschiede.

 

ad 10

In den bisherigen Reaktionen der Mitgliedsstaaten und Institutionen wird die Grund -

idee einer IPP generell begrüßt, wobei auch das grundsätzliche Bekenntnis zur Ent -

wicklung neuer Instrumente eingeschlossen ist.

 

ad 11

Neben der wünschenswerten Öffnung der Instrumente des öffentlichen Auftragswe -

sens für weitergehende Möglichkeiten der Berücksichtigung ökologischer Aspekte

(z.B. Berücksichtigung von gesamten Lebenszyklen eines Produkts, insbesondere

von Anforderungen an umweltfreundliche Produktionsverfahren oder die Berücksich -

tigung von Umweltmanagementsystemen) darf auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen

werden.

 

ad 12

Einerseits fließen kontinuierlich Erfahrungen aus dem österreichischen Umweltzei -

chen - System in die Arbeiten auf europäischer Ebene ein, wie in den Bereichen ,,Tou -

rismusbetriebe“ und „Reinigungsmittel“. Andererseits wurde im Vorjahr die

Möglichkeit eröffnet, ausgesuchte Vergabekriterien des europäischen Ecolabel in

einem vereinfachten Verfahren ins österreichische System zu übernehmen. Für die

Produktgruppe Energiesparlampen wurde dies erstmals in die Praxis umgesetzt. Die

Unternehmen haben jetzt die Möglichkeit, beide Zeichen in einem Vergabeverfahren

zu erlangen und dafür auch nur die Gebühren für das europäische Ecolabel zu

bezahlen. Diese Vorgangsweise wird in den kommenden Jahren für weitere

Produktgruppen geprüft werden und ist auch in anderen Ländern, wie in

Deutschland, auf großes Interesse gestoßen.

 

ad 13 bis 15

Die finanziellen Ressourcen für Umweltzeichensysteme fließen derzeit überwiegend

in die Weiterentwicklung des nationalen Zeichens. Parallel dazu wird jedoch auch

das EU Ecolabel im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten forciert. Dies schließt

auch die Bekanntmachung des europäischen Umweltzeichens im Rahmen von Pu -

blikationen und anderen Informationsangeboten meines Ressorts (z.B. Internet) ein.

Gefördert wird das EU Ecolabel weiters auch durch die oben beschriebene Vor -

gangsweise. Der geschätzte Bekanntheitsgrad des Österreichischen Umweltzei -

chens liegt bei 33 Prozent, über den Bekanntheitsgrad des europäischen Umwelt -

zeichens liegen keine Daten vor.

ad 16

In Österreich ist der Verein für Konsumenteninformation (VKI) als nationaler

Verbraucherverband in die Arbeiten zum nationalen und zum europäischen Umwelt -

zeichen eingebunden. Seitens meines Ressorts werden daher die in Art. 8

vorgesehenen Beurteilungsschritte rechtzeitig mit dem VKI diskutiert und abgestimmt

werden.

 

ad 17

Nicht nur auf Grund der beschränkten finanziellen Ressourcen, sondern auch aus

fachlicher Sicht steht mein Ressort der Kooperation mit anderen Organisationen zur

weiteren Forcierung des österreichischen wie auch des europäischen Umweltzei -

chens positiv gegenüber.

Green Paper on Integrated Product PoIicy

 

Austrian position

 

29 March 2001

 

Austria welcomes and supports the IPP initiatives taken at EU level. The objective of modern

environmental policy is to pave the way to sustainable development. One important element on the

way to achieving this goal is to move products and services - along their entire ecological life cycle -

more into the centre of environmental policy. In this context, the relationship between the IPP on the

one hand and the 6th Environmental Action Programme and the Strategy for Sustainable Development

on the other hand needs to be elaborated and clarified.

 

For the implementation of IPP no new policy objectives and targets are needed but IPP can form a

framework for better achieving those goals already adopted at local, national or international level.

These objectives and targets need to be operationalized for products in order to be able to monitor

IPP‘s contribution to the achievement of the existing targets.

 

Much has been attained by means of the policy instruments implemented to date, but the ever rising

number of products and services marketed requires a new approach one that systematically

evaluates, combines and integrates the existing measures and, if necessary, supplements them with

new ones.

 

As to the objective of IPP itseif, Austria supports the text of the 1st paragraph of section 2 in the Green

Paper. What needs to be considered, however, is the function of a product or service. This helps to

realize that the product or service is only a means to an end which in certain cases may also be

achieved by a completely different and hopefully less environmentally damaging solution.

 

For the development of IPP European cooperation as well as integration into other policy sectors is

crucial. This dimension of Integration hasn‘t been sufficiently addressed in the Green Paper. In the

light of the Cardiff process, however, it can not be neglected.

 

A clear and harmonised framework is vital for the weil functioning of the Internal Market. At European

level the development of the common Vision of IPP is urgently needed as well as a consensus on

how to implement lt. The IPP Green Paper constitutes a good basis for a well structured discussion

which should soon feed into the publication of a White Paper by the Commission. The White Paper

should clearly expiain the added value of IPP and outline the implementation. At this point in time,

especially the relationship among the different Instruments still raises many questions.

 

The instruments mentioned in the Green paper such as greener public purchasing, product

dedaration, eco - design, standardisation and price mechanism are basic elements of an IPP. New

instruments must not water down the level of environmental protection that has been achieved to date.

In areas already well controlled through regulation or other instruments, implementation of IPP will

lead to a further reduction of environmental burden whereas in areas that have not yet been regulated

or only in an insufficient manner, a thorough analysis is needed in order to develop the best mix of

Instruments and to avoid hampering weil functioning existing instruments. Basically, no instrument

can be excluded at the beginning. If appropriate, regulation also needs to be considered.

 

For the success of „soft“ and voluntary instruments policy makers need to set obligatory

qualitative targets which allow an appropriate monitoring. In this respect, the recent draft of a design

directive for new electronic equipment gives rise to serious concerns because achievement of

environmental targets doesn‘t seem to be guaranteed. And yet, the draft was presented with explicit

reference to IPP.

 

Similarly, the experience made to date with the New Approach in standardization shows that under

current framework conditions this instrument seems to be totally inadequate for achieving

environmental objectives. (See for example the standard on packaging material or those based on the

construction material directive.)

 

Apart from the need for qualitative targets, the appropriate and fair participation of all relevant

stakeholder groups is to be guaranteed in standardization. For environmental and consumer NGOs

this participation is only possible with sufficient funding.

 

Austria welcomes the Commission‘s intention to correct market failures by means of the price

mechanism. Resource or energy taxes as well as the reduction of subsidies having the opposite

effect seem to be more promising however than the planned reduced VAT rate for eco - labelled

products. In the context of IPP the potential of environmental state aids in the widest sense should be

further analysed. In addition, the development of harmonised methods and standards for the

calculation and internalisation of external effects would be very helpful not least for the consideration

of environmental criteria in public purchasing.

 

As regards public purchasing the announced interpretive document as weil as the handbook will help

to reduce the legal uncertainty for purchasers. The experience made to date with greener public

purchasing shows, however, that the current legal framework sets dear limits to the consideration of

environmental criteria in public purchasing. This can only be changed through a revision of the

procurement directives.

 

A topic that hasn‘t been dealt with sufficiently in the Green Paper is transport and its implication for a

life cycle approach. In a wider labelling strategy labels that show the origin of a product should

therefore be considered. Concerning labelling the development and wider application of simple, easy

understandable, product - related indicators such as MIPS (Material Intensity Per Service unit) should

be supported.

 

One topic that hasn‘t been addressed at all in the Green Paper is the question of the ever rising

amount of products and services on the market. In spite of the numerous relative improvements

attained not least through the measures discussed in the Green Paper this will sooner or later lead to

an increase in the total environmental burden. Any document on IPP is incomplete without discussion

of this challenge.

 

Finally, the specific situation of SMEs should be carefully analysed and considered when further

developing IPP.