2160/AB XXI.GP

Eingelangt am: 17.05.2001

 

BUNDESMINISTERIUM für

VERKEHR, INNOVATION UND TECHNOLOGIE

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2168/J - NR/2001 betreffend

Führerscheinentzug an einem homosexuellen Niederösterreicher die die

Abgeordneten Lunacek und FreundInnen am 20. März 2001 an mich gerichtet

haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

 

Frage 1:

Entspricht die Faktenlage der in der Begründung dargestellten Medienberichter -

stattung?

 

Antwort:

Dem gegenständlichen Entziehungsbescheid lagen entgegen der in den

Medienberichten wiedergegebenen Faktenlage außer den dort angegebenen

Verurteilungen auch ein Deliktstatbestand nach § 15 i.V.m. § 207 StGB zugrunde.

 

Es liegen somit innerhalb der letzten fünf Jahre zwei Verurteilungen nach § 209 und

eine Verurteilung nach § 207 vor.

 

Fragen 2 und 3:

Teilen Sie die in den Medienberichten wiedergegebene Meinung der Polizei, die in

dem erstinstanzlichen Bescheid angeblich meinte, dass auf Grund der "Sinnesart"

des Betroffenen davon ausgegangen werden müsse, "dass er sich weiterer

strafbarer Handlungen schuldig mache, die durch das Lenken von Kraftfahrzeugen

erleichtert werden"?

Wenn ja, halten Sie auch einen schwulen homosexuellen 19 - Jährigen, der

beispielsweise mit einem 17 - Jährigen in einem Auto geschlechtlichen Kontakt hat für

"nicht verkehrszuverlässig"?

 

Antwort:

In Medien wiedergegebene Meinungsäußerungen erübrigen sich einer rechtlichen

Bewertung, weil ich als (wenn auch oberstes) Organ der Vollziehung, an den Willen

der Gesetzgeber gebunden bin.

Frage 4:

Halten Sie heterosexuelle Personen, die im Auto geschlechtlich verkehren für „nicht

verkehrszuverlässig"? Wenn nein, warum dann bei homosexuellen Menschen?

 

Antwort:

Im gegenständlichen Fall liegt ein gerichtlich strafbarer Tatbestand mit der für die

Frage der Verkehrszuverlässigkeit (im weiteren Sinn - siehe oben) derzeit

normierten gesetzlichen Konsequenz vor.

 

Frage 5:

Wie rechtfertigen Sie den Führerscheinentzug im gegenständlichen Fall, obwohl laut

Führerscheingesetz hinsichtlich der Verkehrsunzuverlässigkeit nach § 7 Abs. 2 in

Verbindung mit Abs. 4 Z 2 FSG der § 209 StGB nicht genannt wird?

 

Antwort:

Die Aufzählung im § 7 Abs. 4 Führerscheingesetz (FSG) ist eine demonstrative,

d. h., dass auch nicht aufgezählte Tatbestände die mangelnde Verkehrszulässigkeit

indizieren können, wenn sie den in § 7 Abs. 4 FSG Aufgezählten gegenüber

gleichwertig sind. Ein Kriterium der Gleichwertigkeit ist auch die wiederholte

Begehung einer solchen strafbaren Handlung, die für sich alleine gesehen (d.h. bei

einmaliger Begehung) noch keine "bestimmte Tatsache“ im Sinne des Gesetzes

darstellt. Überdies weist der Betreffende auch eine Verurteilung nach § 207 StGB

auf.

 

Frage 6:

Auf Grund welcher gesetzlichen Grundlage wurde im gegenständlichen Fall die

Verkehrsunzuverlässigkeit festgestellt, zumal nach § 7 Abs. 5 eine Wertung nur bei

den in Abs. 3 angeführten Tatsachen vorzunehmen ist?

 

Antwort:

Das Führerscheingesetz ist hier so zu interpretieren (so auch der

Verwaltungsgerichtshof), dass auch die in § 7 Abs. 4 FSG angeführten (und diesen

gleichwertigen) Delikte einer Wertung unterliegen.

 

Frage 7:

Werden Sie dafür sorgen, dass in Hinkunft wegen homosexuellen Kontakten

zwischen Männern in einem Auto der Führerschein nicht mehr entzogen wird?

 

Antwort:

Ich darf hier auf die oben wiedergegebene derzeitige Rechtslage verweisen.

 

Frage 8:

Wieviele Fälle sind Ihnen bekannt, in denen wegen homosexuellen Verkehrs

zwischen Männern im Auto in den letzten 5 Jahren der Führerschein entzogen

wurde?

 

Antwort:

Meinem Ressort steht derzeit keine diesbezügliche Statistik zur Verfügung.

Fragen 9 und 10:

Was werden Sie unternehmen, um sicherzustellen, dass der im gegenständlichen

Fall betroffenen Person der Führerschein wieder ausgefolgt wird?

Halten Sie aufgrund der bestehenden Gesetze den Führerscheinentzug für

rechtswidrig?

 

Antwort:

Die gegenständliche Entscheidung des Landeshauptmannes von Niederösterreich ist

auf Basis der gegenwärtigen Gesetzeslage rechtmäßig ergangen.