2162/AB XXI.GP
Eingelangt am: 17.05.2001
BUNDESMINISTERIUM für
VERKEHR, INNOVATION und TECHNOLOGIE
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2170/J - NR/2001, betreffend nach wie
vor ungelöste Fragen des Transit, die die Abgeordneten Reheis und GenossInnen
am 20. März 2001 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu
beantworten:
Frage 1:
Werden Sie die internationalen Verpflichtungen Österreichs einhalten und
raschestmöglich die Bahnstrecke im Unterinntal ausbauen?
Antwort:
Der Brenner - Eisenbahn - Gesellschaft wurde bereits im Jahr 1997 der Bau einer
neuen zweigleisigen Eisenbahnstrecke zwischen Wörgl und Baumkirchen
übertragen, wofür ca. 17 Mrd. ATS durch die Schieneninfrastrukturfinanzierungs -
Gesellschaft gebunden wurden. Die Brenner - Eisenbahn - Gesellschaft hat auch
bereits die Planungen für diesen Streckenabschnitt zu einem erheblichen Teil fertig
gestellt und wird sukzessive die für dieses Vorhaben erforderlichen Genehmigungen,
insbesondere auch die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung erwirken.
Eine externe Untersuchung dieses Vorhabens hat nunmehr kürzlich gezeigt, dass
auf Grund des zu erwartenden Verkehrsaufkommens eine Realisierung erst
mittelfristig, d.h. etwa in 10 bis 15 Jahren, erforderlich ist. Dies insbesondere auch
deshalb, weil die Österreichischen Bundesbahnen die bestehende Strecke zwischen
Wörgl und Innsbruck in den letzten Jahren zu einer der modernsten Strecken
Österreichs ausgebaut haben, wodurch unter anderem auch erhebliche zusätzliche
Kapazitäten geschaffen werden konnten, welche bei weitem noch nicht ausgeschöpft
sind. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass die Notwendigkeit
des Ausbaus im Unterinntal im engen Verhältnis mit der Errichtung des Brenner -
Basistunnels zu beurteilen ist. Angesichts der derzeit in Vergabe befindlichen
Finanzierungsstudie für den Brenner - Basistunnel erscheint es sinnvoll, deren
Ergebnisse hinsichtlich alternativer Finanzierungsmöglichkeiten für den Brenner -
Basistunnel als Entscheidungsgrundlage
für die Ausbaumaßnahmen entlang der
Brennerachse heranzuziehen. Im Hinblick darauf, dass diese Studie im
Einvernehmen mit der Europäischen Kommission sowie mit Deutschland und Italien
vergeben werden soll, ist davon auszugehen, dass hinsichtlich der oben angeführten
Vorgangsweise auch internationaler Konsens besteht.
Frage 2:
Sehen Sie eine Chance, dass eine Querfinanzierung der Straße zur
umweltfreundlichen Bahn im Interesse der anrainenden Bevölkerung von der EU
ermöglicht wird? Sehen Sie Chancen für eine höhere Brennermaut zur Finanzierung
neuer Bahntrassen oder gar einer Tiroler Alpentransversale?
Antwort:
Es ist ein erklärtes Ziel meinerseits, die in der EU bereits seit Jahren geführte
Diskussion über die Einführung der Kostenwahrheit im Straßengüterverkehr durch
die Anlastung der externen Kosten, d. h. der gesamten Infrastrukturkosten und der
durch Lärm, Abgase, Stau, Unfallfolgen verursachten Kosten, voranzutreiben und in
diesem Zusammenhang mit Nachdruck zu fordern, dass die EU die besondere
Sensibilität des Alpenraums und die Notwendigkeit anerkennt, dass über
entsprechende Transitgebühren eine weitgehende Verlagerung des Güterverkehrs
von der Straße auf umweltfreundliche Verkehrsträger wie die Schiene oder den
kombinierten Verkehr erreicht werden muss.
Voraussetzung für die Verwirklichung des Anliegens nach Einbeziehung der externen
Kosten und nach Querfinanzierung der Eisenbahninfrastruktur wäre eine
Neufassung der EU - Wegekostenrichtlinie. Dafür müsste die Kommission einen
entsprechenden Vorschlag vorlegen und dieser die notwendige Einstimmigkeit im
Rat erhalten.
Ich habe daher bereits anlässlich meines ersten Gesprächs mit EU - Kommissarin De
Palacio am 14. Dezember 2000 darauf gedrängt, dass die Kommission so rasch wie
möglich einen entsprechenden Vorschlag zur Änderung der geltenden EU -
Wegekostenrichtlinie vorlegt. Dieser sollte das Konzept der „sensiblen Gebiete“ und
die Notwendigkeit spezifischer Maßnahmen in diesen Gebieten im
Gemeinschaftsrecht verankern sowie sicherstellen, dass in „sensiblen Gebieten“ zur
Querfinanzierung der Schieneninfrastruktur entsprechende Gebühren eingehoben
werden dürfen.
Die Kommissarin versicherte in diesem Zusammenhang, dass im Rahmen der
Überlegungen für das Weißbuch Verkehr unter anderem auch die Möglichkeit zur
globaleren Finanzierung der Verkehrsträger geprüft werden soll und bei
Einverständnis des Rates auch eine entsprechende Änderung der EU -
Wegekostenrichtlinie in Angriff genommen werden wird.
Frage 3:
Werden Ökopunktesünder auf dem Tiroler Straßennetz tatsächlich bestraft werden?
Wann werden Sie die dafür notwendigen Daten endlich dem Tiroler
Landeshauptmann Weingartner zur Verfügung
stellen zu können?
Antwort:
Die Zuständigkeit sowohl für Verkehrskontrollen als auch für die
verwaltungsstrafrechtliche Ahndung von Verstößen gegen das Ökopunktesystem
liegt bei den Bundesländern. In Anbetracht der Bedeutung eines effizienten
Kontrollsystems im Rahmen des Ökopunktesystems und der Intensivierung und
Optimierung der Kontrolltätigkeit der Länder in diesem Zusammenhang habe ich
bereits am 22. Jänner d. J. die Länder aufgefordert, umgehend die entsprechenden
Schritte zur Verfolgung illegaler Transitfahrten durch Österreich zu setzen und mir bis
Ende Jänner 2001 über die gesetzten Schritte zu berichten.
Entgegen anderweitiger Behauptungen wurden den Bundesländern alle für die
Verfolgung illegaler Transitfahrten durch Österreich erforderlichen Daten zur
Verfügung gestellt.
Angesichts der jüngsten Entwicklungen im Zusammenhang mit der Reduzierung des
Ökopunktekontingents im Jahr 2001, die sich bereits bei der Zuteilung der zweiten
Tranche mit 500.000 Ökopunkten zu Buche schlägt, habe ich im Hinblick auf die
Durchsetzung der Einhaltung der Ökopunktepflicht erneut alle Landeshauptleute auf
dieses Problem und die Notwendigkeit effizienter Kontrollen hingewiesen und gehe
davon aus, dass die Länder ihrer diesbezüglichen Verpflichtung von Amts wegen,
wie es rechtlich geboten ist, nachkommen.
Da eine vollständige Berichterstattung durch die Bundesländer über die gesetzten
Maßnahmen bis dato nicht erfolgt ist, kann die Frage, ob Ökopunktesünder auf dem
Tiroler Straßennetz tatsächlich bestraft werden, von mir derzeit nicht beantwortet
werden.
im übrigen verweise ich auf meine Anfragebeantwortung zu Nr. 2030/J - NR/2001
sowie 2169/J - NR/2001.
Frage 4:
Sind erhebliche Verkehrszunahmen seit Inkrafttreten der Schweizer Lkw - Maut durch
zusätzlichen Umwegtransit festzustellen? Welche Maßnahmen sehen Sie geeignet,
um den Umwegtransit zu reduzieren?
Antwort:
Da die Einführung der Schweizer Lkw - Maut, verbunden mit der Einführung von 40 -
Tonnen - Kontingenten für den Lkw -Transitverkehr durch die Schweiz erst mit
1.1.2001 erfolgt ist, stehen detaillierte Studien betreffend die Auswirkungen dieser
Maßnahmen auf den Umwegtransit durch Österreich noch nicht zur Verfügung und
wären zu diesem Zeitpunkt wohl auch noch nicht sehr aussagekräftig.
Ich gehe jedenfalls davon aus, dass die schrittweise Aufhebung des 28 - Tonnen -
Limits im Transit durch die Schweiz zu einer Rückverlagerung des bestehenden
Umwegverkehrs am Brenner führen wird, sofern es gelingt, die Rahmenbedingungen
in Österreich (insbesondere auch bezüglich der Brennermaut) beizubehalten.
Frage 5:
Wie wird nach dem EuGH - Urteil im laufenden Jahr eine Kürzung der Ökopunkte
vorgenommen werden? Werden Sie sich dafür
einsetzen, dass bereits in den
nächsten Wochen von der Kommission nur reduziert Ökopunkte ausgegeben
werden?
Antwort:
Da bereits aus einer auf Basis der Ökopunktestatistik für die Quartale 1 bis 3
(elektronische Erfassung) bzw. 1 und 2 (manuelle Erfassung) von meinem Ressort
durchgeführten Prognose ersichtlich war, dass die dem Ökopunktesystem zugrunde
liegende Basisfahrtenzahl des Jahres 1991 im Jahr 2000 wieder deutlich um mehr
als 8% überschritten werden würde, habe ich bereits im Jänner dieses Jahres meine
Kolleginnen und Kollegen in den EU - Mitgliedstaaten über diesen Sachverhalt
informiert und im Namen der an den österreichischen Transitrouten lebenden und
vom Lkw - Transitverkehr immer stärker belasteten österreichischen Bevölkerung
eindringlich um Verständnis für die österreichische Situation und Unterstützung bei
der neuerlichen Anwendung und Umsetzung der im Rahmen des Beitritts Österreichs
zur EU mit ausdrücklicher Zustimmung aller Mitgliedstaaten vereinbarten und
vertraglich verankerten Schutzklausel ersucht.
In der Sitzung des Ökopunkteausschusses vom 14. Februar 2001 wurde die
neuerliche Anwendung der 108% - Klausel im Jahr 2001 und damit verbundene
weitere Kürzung der Ökopunkte erstmals diskutiert. Dabei informierte die
Kommission die Mitgliedstaaten darüber, dass gemäß den zu diesem Zeitpunkt
vorliegenden vorläufigen Statistiken (Quartale 1 bis 4 elektronisch und 1 bis 3
manuell) die Basisfahrtenzahl 1991 im Jahr 2000 um rd. 12,5% - also deutlich -
überschritten wurde und daher eine Kürzung des Ökopunktekontingentes im Ausmaß
von voraussichtlich knapp unter einer Million Ökopunkten erforderlich sein wird.
Im Lichte des Beschlusses des Präsidenten des EuGH vom 23.2.2001 habe ich
Verkehrskommissarin De Palacio bereits am 27.2.2001 ersucht, in Entsprechung
dieses Beschlusses, die gesamte Reduktion der Ökopunkte im Jahre 2001
vorzunehmen, die seitens der Kommission notwendigen Schritte zu setzen und die
erforderliche Reduktion der Ökopunkte bereits bei der Zuteilung der zweiten Tranche
für 2001 zu berücksichtigen, um mögliche Engpässe in der zweiten Jahreshälfte
2001 zu vermeiden. Die Kommission hat daher bei der Zuteilung der zweiten
Tranche 500.000 Ökopunkte einbehalten. Dieselbe Reduktion wurde auch für die
Zuteilung der dritten Tranche 2001 angekündigt.
Frage 6:
Was werden Sie unternehmen, um den Transitverkehr vermehrt auf die Bahn zu
verlagern? Werden Sie in Italien und Deutschland weitere zusätzliche Zugspaare für
den Brenner vereinbaren?
Antwort:
Gegenwärtig wird der kombinierte Verkehr im Rahmen des zwischen dem
Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie und den
Österreichischen Bundesbahnen geschlossenen gemeinwirtschaftlichen Vertrages
gefördert, wobei die Förderung in der Anlage 3 des Vertrages konkretisiert ist. Dies
ist auch für die Zukunft vorgesehen.
Zu der Frage, ob ich mit Italien und Deutschland weitere zusätzliche Zugspaare für
den Brenner vereinbaren werde, darf ich feststellen, dass diese Entscheidung bei
den dafür zuständigen Unternehmen ÖBB und ÖKOMBI liegt, welche Gesellschaften
mit eigener Rechtspersönlichkeit sind und somit ihre Entscheidungen nach
kaufmännischen Gesichtspunkten zu treffen haben.
Frage 7:
Was werden Sie unternehmen, um eine Verlängerung des Transitvertrages über das
Jahr 2003 zu erreichen?
Antwort:
Der Transitvertrag bzw. das Protokoll Nr. 9 des Beitrittsvertrages schreibt
grundsätzlich vor, dass der Transitvertrag mit 31 Dezember 2003 auszulaufen und
der acquis, welcher keine generellen mengenmäßigen Beschränkungen des Lkw -
Verkehrs innerhalb der Europäischen Union gestattet, in vollem Umfang Anwendung
zu finden hat.
Um sicherzustellen, dass die Schadstoff - und Lärmbelastung durch den Lkw -
Verkehr, insbesondere im alpinen Raum, auch nach 2004 nachhaltig reduziert wird,
sind daher insbesondere in ökologisch besonders sensiblen Gebieten wie dem
Alpenraum spezifische langfristige Lösungen zur Gewährleistung des notwendigen
Schutzes der Menschen und der Umwelt vor den negativen Auswirkungen des
Straßengüterverkehrs (Schadstoffe, Lärm, Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit
etc.) erforderlich.
Anlässlich des auf meine Initiative am 14. Dezember 2000 u.a. zur Frage der
langfristigen Lösung der österreichischen Transitproblematik mit EU -
Verkehrskommissarin De Palacio abgehaltenen Gesprächs wurde mir ausdrücklich
bestätigt, dass sich die Kommission der Notwendigkeit derartiger spezifischer
Langfristlösungen bewusst ist und entsprechende Lösungen vorschlagen wird.
Dies wird auch von dem von der Kommission am 21. Dezember 2000 vorgelegten
Bericht an den Rat über den Straßengütertransitverkehr durch Österreich bestätigt, in
dem die Kommission feststellt, dass keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die
Verringerung der NOx - Emissionen bei einer Abschaffung des Ökopunktesystems
aufrechterhalten werden könnte und daher vorschlägt, vor Ende der Laufzeit des
Ökopunktesystems mittels einer Studie zu prüfen, wie sich die aus der Anwendung
des Systems resultierenden Umweltverbesserungen dauerhaft sichern lassen.
Ich habe EU - Verkehrskommissarin De Palacio bereits mit Nachdruck auf die
Notwendigkeit hingewiesen, dass diese Studie so rasch wie möglich durchgeführt
wird und die aufgrund der Ergebnisse der Studie durchzuführenden Maßnahmen so
rasch wie möglich umgesetzt werden.
Ich bin zuversichtlich, dass die gemeinsamen Bemühungen und Anstrengungen
letztlich zu einer für alle akzeptablen, umweltgerechten und dauerhaften Lösung der
Transitverkehrsproblematik führen werden.