2198/AB XXI.GP
Eingelangt am: 23.05.2001
BM für Finanzen
Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und
Genossen, vom 27. März 2001, Nr. 2210/J, betreffend Telekom Austria, beehre ich mich
Folgendes mitzuteilen:
Grundsätzlich möchte ich auf die geltende Rechtslage hinweisen.
Die Anfrage bezieht sich teilweise auf Angelegenheiten, welche nicht Gegenstand der Voll -
ziehung durch den Bundesminister für Finanzen sind. Der Bundesminister für Finanzen
nimmt ausschließlich die Rechte des Bundes als Alleineigentümer der Österreichischen
Industrieholding AG (ÖIAG) in der Hauptversammlung der ÖIAG wahr.
Die ÖIAG bildet seit Inkrafttreten der ÖIAG - Gesetz - und ÖIAG - Finanzierungsgesetz -
Novelle 1993, das heißt seit 31. Dezember 1993, mit den unmittelbar oder mittelbar mehr -
heitlich in ihrem Eigentum stehenden Unternehmen keinen Konzern mehr; auch das ÖIAG -
Gesetz 2000, BGBl. I Nr.24/2000, enthält im § 11(2) ein Konzernverbot. Die ÖIAG hat
daher gegenüber ihren Tochtergesellschaften keine Einwirkungs - und Auskunftsrechte.
Gemäß § 7 Absatz 1 ÖIAG - Gesetz 2000, BGBl. I Nr. 24/2000, ist die ÖIAG in Erfüllung des
jeweils für eine Legislaturperiode von der Bundesregierung beschlossenen Privatisierungs -
auftrages mit der gänzlichen oder teilweisen Privatisierung jener Unternehmen betraut,
deren Anteile ihr übertragen sind oder
ihr künftig durch Bundesgesetz oder Rechtsgeschäfte
zur Privatisierung übertragen werden. Gemäß § 7 Absatz 3 entscheidet die ÖIAG nach dem
pflichtgemäßen Ermessen Ihrer Organe, wann und in welchem Umfang Privatisierungen
erfolgen. Der Bundesminister für Finanzen hat nach der bestehenden Gesetzeslage keine
Möglichkeit, den Zeitpunkt eines Börsegangs oder einer sonstigen Privatisierungsmaß -
nahme zu beeinflussen.
In der Hauptversammlung der ÖIAG vom 17. Mai 2000 wurde der ÖIAG der Privatisierungs -
auftrag der Bundesregierung erteilt; demgemäß ist die ÖIAG beauftragt, sämtliche in ihrem
Eigentum stehende Anteile an der Telekom Austria AG bis zum Ende der gegenwärtigen
Legislaturperiode abzugeben.
Die vorliegenden Fragen betreffen teilweise Entscheidungen von Organen der Telekom
Austria AG und somit keine in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Finanzen
fallenden Gegenstände der Vollziehung, insbesondere auch keine Angelegenheiten der
Verwaltung des Bundes als Träger von Privatrechten und sind somit von dem im § 90 Ge -
schäftsordnungsgesetz 1975 determinierten Fragerecht nicht erfasst.
Im Hinblick darauf kann ich mich zu einzelnen Fragen nur im Einverständnis mit der ÖIAG
aufgrund einer von der Gesellschaft dem Bundesministerium für Finanzen erteilten Infor -
mation wie folgt äußern:
Zu 1. bis 6.:
Diese Fragen betreffen ausschließlich operative Angelegenheiten der Telekom Austria AG,
weshalb mir eine Beantwortung nicht möglich ist.
Zu 7.:
Die Bestellung des Vorstandes der Telekom Austria AG fällt nach den aktienrechtlichen Vor -
schriften in die ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrates dieser Gesellschaft.
Zu 8.:
Auch diese Frage betrifft ausschließlich Entscheidungen der zuständigen Unternehmensor -
gane bzw. Verantwortungsbereiche früherer politischer Entscheidungsträger, weshalb mir
eine Beurteilung nicht möglich ist.
Nach Mitteilung der ÖIAG hätte die Verselbständigung der Mobilkom als Schwester der
Telekom aus betriebswirtschaftlichen Gründen wegen der engen Verflechtung der Netze und
aus Konvergenzüberlegungen keinen Sinn gehabt. Vor diesem Hintergrund und im Hinblick
auf die Vorgabe eines Börsegangs der PTA als Vorgängergesellschaft der Telekom Austria
durch das Poststrukturgesetz wäre eine Trennung der Beteiligung am Mobilfunkbetreiber
Mobilkom vom Festnetzbetreiber Telekom nicht vertretbar gewesen bzw. hätte keinen wirt -
schaftlichen Sinn ergeben.
Zu 9.:
Die Entscheidung, die Mobilkom als Tochter der PTA zu privatisieren, ist bereits Mitte 1995
gefallen, als die Post - und Telegraphenverwaltung (PTV) noch eine Sektion des Bundes -
ministeriums für öffentliche Wirtschaft und Verkehr war. Die politischen Entscheidungen
wurden von dem damals ressortzuständigen Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und
Verkehr, Mag. Klima, und dem damaligen Bundesminister für Finanzen,
Dr. Staribacher, getroffen.
Zu 10.:
Herr Dr. Ditz wurde mit August 1996 zum Finanzvorstand der PTA bestellt und war mit dem
Beschluss über die Ausgliederung nicht befasst. Hingegen als Finanzvorstand der PTA war
Herr Dr. Ditz für die Durchführung der beschlossenen Privatisierungsmaßnahmen mit zu -
ständig.
Zu 11.:
Nach den mir vorliegenden Informationen wurden alle relevanten Entscheidungen von den
Koalitionspartnern der früheren Bundesregierungen im Einvernehmen getroffen. Nach
Gründung der PTBG im Mai 1996 wurden wichtige Entscheidungen betreffend die Mobilkom
mit dem damaligen Bundesminister für Finanzen, Mag. Klima, als Eigentümervertreter des
Bundes bei der PTBG abgestimmt.
Zu 12.:
Nach Mitteilung der ÖIAG entsprechen die Verträge mit Telecom Italia der Vorgabe der
PTBG, den maximalen Preis bei minimalen Einflussrechten zu erzielen. Ziel war, durch ein
strategisches Partnerkonzept das Know - how eines im Wettbewerb erfahrenen Partners in
die Telekom zu holen. Im Vordergrund stand also nicht der Verkauf einer Finanzinvestition,
sondern die operative Einflussnahme und
Optimierung der Abläufe, Organisation und
Profitabilität der Telekom Austria. Die Verträge sehen also neben der Verpflichtung eines
Know - how Transfers auch Einflussrechte des strategischen Partners vor.
Zu 13.:
Wie mir berichtet wurde, fielen alle wesentlichen Entscheidungen mit Zustimmung der zu -
ständigen Gremien. Mir liegen keine Informationen vor, die Anlass zur Kritik an der Ver -
handlungsführung von Herrn Dr. Ditz geben.
Zu 14.:
Nach Mitteilung der ÖIAG sieht der Syndikatsvertrag vor, dass die Telecom Italia überhaupt
kein Mitspracherecht beim Börsegang der Telekom Austria hat, soferne der Ausgabepreis
der Aktie nicht unter 75% des Kaufpreises, den die Telecom Italia für die Aktien zahlte, be -
trägt. Die ÖIAG stellt fest, dass diese Klausel bei einer Investition dieser Größenordnung
üblich, nachvollziehbar und gerechtfertigt ist. Weitere Entschädigungsleistungen wurden -
entgegen anders lautender Presseberichte - nicht vereinbart.
Zu 15.:
Wie bereits einleitend festgestellt wurde, sind sowohl Umfang als auch Zeitpunkt von Privati -
sierungsmaßnahmen ausschließlich von den zuständigen Organen der ÖIAG nach deren
pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Dem Bundesminister für Finanzen kommt darauf
keine Einflussmöglichkeit zu.
Zu 16.:
Gemäß ÖIAG - Gesetz 2000 sind Privatisierungserlöse der ÖIAG zur Schuldentilgung zu ver -
wenden. Die Erlöse aus der Privatisierung der Telekom Austria haben wesentlich dazu bei -
getragen, dass die Finanzschulden der ÖIAG bereits im ersten Jahr der neuen Bundesre -
gierung fast halbiert werden konnten, womit die Haftung der Steuerzahler für die Schulden
der ÖIAG drastisch reduziert werden konnte.
Zu 17. und 18.:
Wie bereits mehrmals festgestellt wurde, hat die ÖIAG gemäß dem ÖIAG - Gesetz 2000 aus -
schließlich nach dem pflichtgemäßen Ermessen ihrer Organe zu entscheiden, wann und in
welchem Umfang Privatisierungen erfolgen. Ich ersuche um Verständnis, dass ich zu
spekulativen und in Medien kolportierten Meinungen angeblich „gut informierter Kreise“
keine Stellungnahme abgeben kann.
Grundsätzlich ist jedoch festzustellen, dass der Börse -
gang der Telekom Austria für die Weiterentwicklung des Unternehmens nach unter -
nehmerischen Gesichtspunkten erforderlich war.
Zu 19.:
Mir liegen keine Informationen über Fehlentscheidungen von Unternehmensorganen vor, die
Maßnahmen nach sich ziehen müssten.
Zu 20.:
Die allfällige Abgabe eines Übernahmeanbotes durch Telecom Italia liegt außerhalb des
Verantwortungsbereiches des Bundesministers für Finanzen. Über die Annahme bzw. Nicht -
annahme eines derartigen Übernahmeangebotes haben ausschließlich die Organe der
ÖIAG zu entscheiden. Dies gilt auch für die Entscheidung, wann bzw. in welchen Schritten
und zu welchen Konditionen die restlichen Anteile der ÖIAG an der Telekom Austria AG
abgegeben werden. Dem Bundesminister für Finanzen kommt dabei keinerlei Ent-
scheidungsbefugnis zu.