2220/AB XXI.GP

Eingelangt am: 25.05.2001

BM für soziale Sicherheit und Generationen

 

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage der

Abgeordneten Petrovic, Freundinnen und Freunde betreffend Impfen; mögliche

Erhöhung der Kindersterblichkeit durch WHO - Impfkampagnen; Notwendigkeit

einer sofortigen Überprüfung, Nr. 2204/J, wie folgt:

 

Frage 1:

 

Es entspricht generell der Praxis meines Ressorts, neue wissenschaftliche Erkennt -

nisse zum Thema Gesundheit aufmerksam zu verfolgen und zu diskutieren.

 

Die Publikation von Ines Kristensen, P. Aaby und H. Jensen, ,,Rouline vaccinations

and child survival: follow up study in Guinea Bissau, West Africa“, BMJ 2000;

321:1435 (9. Dezember 2000) ist mir deshalb ebenso bekannt wie auch die

vorangegangene Publikation von P. Aaby, B. Samb, F. Simondon, A.M. Coll Seek,

K. Knudsen und H. Whittle, ,,Non - specific beneficial effect of measles immunization:

analysis of mortality studies from developing countries“, BMJ 1995; 311:481 - 485

(19. August 1995).

 

In der ersten Publikation, erschienen im British Medical Journal am 19. August 1995,

kommen die Autoren zu der Schlussfolgerung, dass die Masernimpfung die Kinder -

sterblichkeit senkt (Studien in Bangladesh, Benin, Burundi, Guinea - Bissau, Haiti,

Senegal und Zaire).

 

In der follow - up - Publikation, erschienen im British Medical Journal am 9. Dezember

2000, kommen die Autoren zu dem Schluss, dass die BCG - Impfung die Kindersterb -

lichkeit senkt, während die Diphtherie - , Pertussis - , Tetanus -  und die Polioimpfung die

Kindersterblichkeit erhöhen (Studie in Guinea Bissau). Diese Publikation wird auf

wissenschaftlicher Ebene sehr kontroversiell gesehen und lässt, nicht zuletzt auf -

grund methodologischer Fehler, keine gerechtfertigten Schlussfolgerungen zu.

 

Frage 2:

 

Täglich müssen sich Säuglinge und Kleinkinder mit Krankheitserregern auseinander -

setzen, sie entwickeln dadurch eine kompetente Immunabwehr. Antigene, die durch

Impfstoffe zugeführt werden, machen somit nur einen kleinen Bruchteil dieser Aus -

einandersetzung aus. Dabei ist es egal, ob ein, zwei oder noch mehr Antigene

gleichzeitig verabreicht werden. Da es sich bei Impfstoffen um abgeschwächte oder

abgetötete Erreger oder nur Erregerteile handelt, werden nicht die gleichen aggres -

siven Eigenschaften wie bei natürlichen Krankheitserregern übertragen.

 

In vielen Studien wurde die Verträglichkeit und spezifische Wirksamkeit von Mehr -

fachimpfstoffen untersucht. Sie unterscheidet sich nicht von monovalenten Impf -

stoffen, mit denen nur vor einer Krankheit geschützt wird.

 

Im Zusammenhang mit der Anwendung von Mehrfachimpfstoffen wurden im wesent -

lichen nur die bekannten Impfnebenwirkungen, die in den jeweiligen Fachinformatio -

nen bereits angeführt sind, gemeldet.

 

Meldungen, die einen Grund für behördliche Maßnahmen gegeben hätten, liegen

nicht vor. Da die Nebenwirkungsmeldungen nach anderen Kriterien erfasst sind,

würde eine Gliederung der bei allen Mehrfachimpfungen in den letzten fünf Jahren

aufgetretenen Nebenwirkungen, getrennt nach Bundesländern, einen im vorgegebe -

nen Zeitraum nicht zu bewältigenden Arbeitsaufwand bedingen.

 

Frage 3:

 

Der Arbeitskreis „Gesundheit durch Forschung“ ist ein privater Verein. Es gehört

nicht zu meinen Aufgaben, die wissenschaftlichen Grundlagen für Werbeaktionen

von privaten Vereinen zu überprüfen.

 

Frage 4:

 

Die erwähnten Publikationen lassen derzeit aufgrund methodologischer Unklarheiten

keine Schlüsse zu; bevor Änderungen in der gegenwärtigen Impfpolitik ins Auge ge -

fasst werden, sind systematischere und sorgfältigere Untersuchungen notwendig.

Fest steht derzeit jedenfalls, dass die weltweiten Impfaktionen Millionen von Krank -

heiten verhindert und Millionen von Leben gerettet haben.

 

Die Durchführung von Massenimpfungen in Entwicklungsländern ist ein Bestandteil

des Expanded Programme on Immunization (EPI). Im Rahmen dieses EPI werden

jeweils auf regionaler Ebene unter Einbeziehung sowohl der auf nationaler Ebene für

das Impfwesen verantwortlichen Personen als auch internationaler Experten die je -

weiligen Ziele für das Impfprogramm formuliert. Die im Rahmen des EPI formulierten

Impfprogramme sowohl für die Entwicklungsländer als auch für Industriestaaten wie

Österreich entsprechen absolut dem internationalen Standard der Wissenschaft und

Technik und werden von Österreich im Rahmen der diversen WHO - Tagungen mit -

getragen.

 

Frage 5:

 

Dazu verweise ich auf meine Ausführungen zu den Fragen 1 und 4.

 

Frage 6:

 

a) Die Aufwendungen für die Impfstoffe im Rahmen des von Bund, Ländern und

     Sozialversicherung gemeinsam getragenen Kinderimpfkonzeptes betragen im

     laufenden Jahr voraussichtlich insgesamt rund 155,7 Mio. Schilling. Hievon trägt

     die Sozialversicherung ein Sechstel der Kosten, somit rund 25,95 Mio. Schilling.

 

b) Seitens der öffentlichen Hand erreichten die Aufwendungen für Impfungen auf

     Bundes -  und Landesebene in den Jahren 1998 bis 2000 wie folgt (für das Jahr

     2001 sind mir noch keine Angaben möglich) folgende Höhe:

 

     Bund: 1998: ATS 144.013.798,51 Länder: 1998: ATS 51.587.649,21

                 1999: ATS 168.320.174,50                              1999: ATS 98.996.786,52

                 2000: ATS 99.774.118,32                          2000: ATS 107.484.568,14

 

c) Dazu liegen mir keine Daten vor.

 

Frage 7:

 

Zur Höhe dieser Ausgaben kann ich keine Angaben machen, da es auch Aufgabe

des pharmazeutischen Unternehmens ist, im behördlichen Zulassungsverfahren die

Wirksamkeit zu belegen bzw. im Rahmen der Produktbeobachtung über eigene In -

itiative oder über behördlichen Auftrag entsprechende Studien durchzuführen.

 

Fragen 8 und 9:

 

Ich werde auch in Zukunft den Impfausschuss des Obersten Sanitätsrates mit allen

aktuellen Fragen betreffend Impfungen befassen und diesem Ausschuss auch die in

der vorliegenden Anfrage angesprochenen Bedenken zur Kenntnis bringen.