2221/AB XXI.GP
Eingelangt am: 25.05.2001
BM für soziale Sicherheit und Generationen
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage der
Abgeordneten Haidlmayr, Grünewald, Freundinnen und Freunde betreffend Sui -
zidprävention für ältere Menschen in Österreich, Nr. 2213/J, wie folgt:
Vorweg wird angemerkt, dass es sich bei der gegenständlichen Studie von Herrn
Univ.Prof. Dr. Sonneck zum Thema „Suizidprävention in Österreich“ um eine quanti -
tative Erfassung der Suizidhäufigkeit nach Alter und Geschlecht handelt, die den ur -
sächlichen Zusammenhängen, die jeweils zum Selbstmord geführt haben, jedoch
nicht nachgeht. Psychotherapeutische Einrichtungen, Einrichtungen für Kriseninter -
vention und Beratungsstellen, die in schweren Krisenfällen Hilfe anbieten, sind flä -
chendeckend vorhanden und stehen allen Hilfe Suchenden oflen.
Darüber hinaus wird seitens des Bundesministeriums für soziale Sicherheit und Ge -
nerationen im Rahmen seiner Zuständigkeit für die Allgemeine Seniorenpolitik eine
Strategie verfolgt, die die Menschen in der Nacherwerbsphase unter anderem durch
Sinnfindung im Ehrenamt und bürgerschaftlichem Engagement, durch Zugang zur
Bildung und zum Hochschulstudium, zur politischen Teilhabe, insbesondere durch
Mitarbeit in den Seniorenorganisationen, Teilhabe am Arbeitsmarkt nach Erreichung
des Pensionsalters durch Wegfall der Ruhensbestimmungen oder durch Inan -
spruchnahme vielfältiger Aktivitäten, die im Besonderen mit Hilfe der Mittel der All -
gemeinen Seniorenförderung durch die Seniorenorganisationen angeboten werden
(wie beispielsweise Exkursionen, Vorträge, Aktivitäten von Hobby - Gruppen, kulturel -
le, gesellige und Sportveranstaltungen), zu aktivem und erfülltem Altern motivieren
will.
Fragen 1 und 2:
Die von meinem Ressort im Bereich der Seniorenpolitik gesetzten Initiativen und
Förderungsmaßnahmen, wie etwa die Entwicklung des Leitbildes für die Bürgerbüros
für Jung und Alt sowie die Errichtung von 20 Bürgerbüros, die von älteren Menschen
getragen werden und sehr erfolgreich zum Austausch von Dienstleistungen zwischen
den Generationen im Kommunalbereich und zur Verbesserung der Lebensqualität
beitragen, gehen über den von Univ. Prof. Dr. Sonneck vorgeschlagenen Aktionsplan
weit hinaus.
Weiters wurde von meinem Ressort an das Österreichische Institut für Familienfor -
schung (ÖIF) eine Forschungsarbeit in Auftrag gegeben, die Modelle der Vorberei -
tung auf den Ruhestand in Betrieben erfasst und evaluiert hat. Anhand der Ergeb -
nisse dieser Studie wird in Zusammenarbeit mit Vertretern der Wirtschaft an der
Entwicklung eines Modellprojektes gearbeitet, das einen sanfteren Übergang vom
Erwerbsleben in den Ruhestand zum Gegenstand hat und von den Firmen mit Un -
terstützung meines Ressorts den betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an -
geboten werden soll. Im Zuge der Vorbereitung auf den Ruhestand ist vor allem die
Motivation zur neuen Sinnfindung durch Mitarbeit in Non - Profit - Organisationen als
Freiwillige vorgesehen.
Der in meinem Ressort eingerichtete Arbeitskreis Pflegevorsorge, dem alle Sozial -
referenten der Bundesländer als Mitglieder angehören, widmet sich zurzeit dem
Thema der Vereinheitlichung der Ausbildung sowie der Erarbeitung von Ausbil -
dungsstandards für Altenpflegepersonal. Es ist vorgesehen, im Zuge der Erarbeitung
der Anforderung an die Cumcula die Sensibilisierung zur Erkennung von Suizidge -
fährdung miteinzubeziehen.
Weiters wurde von meinem Ressort Herr Univ.Prof. Dr. Urs Baumann vom Institut für
Psychologie der Universität Salzburg mit der Studie „Übergang ins Altersheim - der
unerwartete Schicksalsschlag“ beauftragt, um den hohen Anteil von Todesfällen un -
ter den Neuzugängen in Alters - und Pflegeheimen näher zu durchleuchten. Anhand
der Ergebnisse wird zurzeit von Univ.Prof. Dr. Baumann ein Leitfaden für den „sanf -
ten“ Übergang zwischen der häuslichen Pflege und der institutionellen Pflege ent -
wickelt, der gleichzeitig mit Informations - und Schulungsmaßnahmen dem Pflege -
personal in Alters - und Pflegeheimen noch in diesem Herbst angeboten werden wird.
Zum Vorschlag von Univ.Prof. Dr. Sonneck zur Enttabuisierung von Sexualität im
Alter weise ich darauf hin, dass im Rahmen der Informationsreihe „Bewusst leben -
gesund altern“, die von meinem Ressort gefördert wird, ein gesondertes Heft dem
Thema „Sexualität im Alter“ gewidmet ist.
Ich stimme mit Univ.Prof. Dr. Sonneck überein, dass der Palliativpflege sowohl zu
Hause als auch im institutionellen Bereich große Bedeutung zukommt und verweise
in diesem Zusammenhang auf den Ausbau der geriatrischen Abteilungen und Pallia -
tivpflegebetten in Österreich.
Der Seniorenpolitik meines Ressorts ist es ein besonderes Anliegen, dass seitens
der Bundesländer entsprechende ambulante und stationäre Hospizdienste angebo -
ten werden, es zu einer Verbesserung der Vernetzung zwischen stationären und
ambulanten Einrichtungen sowie den mobilen Diensten (Spital, Hausarzt, Hauskran -
kenpflege, Hospizdienst) kommt und damit dazu beigetragen wird, dass der/die
Kranke möglichst lange in seiner/ihrer gewohnten Umgebung verbleiben kann.
Seitens meines Ressorts werden daher auch Modellprojekte im Bereich der Palliativ -
pflege, wie z.B. Lehrgänge für pflegende Angehörige, gefördert.
Frage 3:
Das System der Pflegevorsorge in Österreich ist eine Kombination von Geld - und
Sachleistungen. Eine wichtige Komponente davon ist der Ausbau der sozialen
Dienste, der in die Kompetenz der Länder fällt. Für den Ausbau ist eine längerfris -
tige Planung vorgesehen. Zu diesem Zweck haben die Länder Bedarfs - und Ent -
wicklungspläne erstellt und müssen diese schrittweise bis zum Jahre 2010 realisie -
ren.
Der Bund wird auch in Zukunft im Wege der Vereinbarung zwischen dem Bund und
den Ländern gemäß Artikel 15a Bundesverfassungsgesetz über gemeinsame Maß -
nahmen des Bundes und der Länder für pflegebedürftige Personen darauf achten,
dass die Länder der Erfüllung ihrer Pflicht zum weiteren Ausbau der sozialen Diens -
te nachkommen, wie sie im Artikel 3 dieser Vereinbarung festgehalten ist.
Der in Wien eingerichtete Betreuungsdienst „Essen auf Rädern“ fällt somit in die Zu -
ständigkeit der Landesregierung. Alle anders lautenden Meldungen, wonach es von
meinem Ressort abhängen würde, ob das Projekt „Essen auf Rädern“ in Wien finan -
zierbar ist oder nicht, sind schlichtweg falsch.
Frage 4:
Gerade im Bereich der Suizidgefährdung im höheren Lebensalter ist die Aufrechter -
haltung der sozialen Kontaktfähigkeit von besonderer Bedeutung. Hier sind, neben
Hilfsdiensten wie dem bereits erwähnten „Essen auf Rädern“, vor allem die persönli -
che Betreuung im Rahmen der Hauskrankenpflege sowie der sozialen Hilfsdienste
(z.B. Heimhilfen) zu nennen.
In diesem Zusammenhang stellt auch die Visitentätigkeit von Ärzten für Allgemein -
medizin (Hausärzte) einen zentralen Punkt dar. Diese Tätigkeit dient nicht nur der
medizinischen Versorgung, sondern auch zur Beurteilung der Wohnsituation, der
sozialen Situation sowie der Früherkennung einer eventuellen Suizidgefahr. In der
Folge entsteht daraus auch die zusätzliche Einbindung erforderlicher weiterer Hilfs -
dienste sowie deren Koordination. Durch Förderung der genannten Maßnahmen ist
für die nächsten Jahre zu erhoffen und zu erwarten, dass eine Senkung der Sui -
zidrate im höheren Lebensalter erreicht werden kann. Auch die Einführung der psy -
chotherapeutischen Behandlung auf
Krankenschein wird für suizidgefährdete Perso -
nen, insbesondere im Fall des Vorliegens einer Depression, zusätzliche Mög -
lichkeiten der Behandlung bieten.
Frage 5:
Der kürzlich von meinem Ressort veröffentlichte Bericht zur Lebenssituation älterer
Menschen in Osterreich hat erstmals die besondere Problemlage älterer Immigran -
linnen und Immigranten beleuchtet und ermöglicht es den für Ausländerbetreuung
spezialisierten Einrichtungen anhand der getroffenen Schlussfolgerungen gezielte
Betreuungs - und Präventionsarbeit zu leisten.
Frage 6:
Suizidprävention wird seitens meines Ressorts - analog zu den Zielsetzungen der
Weltgesundheitsorganisation - als ein Schwerpunkt im Rahmen der Aktivitäten im
Bereich „Mental Health“ gesehen. In diesem Sinne war bereits die in Rede stehende
Studie zum Thema ,,Suizidprävention in Österreich“ in Auftrag gegeben worden.
Auch in dem anläßlich des Weltgesundheitstages 2001 vom Staatssekretär für Ge -
sundheit am 6. April 2001 vorgestellten Ersten Teil des „Österreichischen Psychia -
trieberichtes“ ist die Suizidproblematik integriert.
Diese Berichte wurden bzw. werden allen in Betracht kommenden Stellen zur Verfü -
gung gestellt mit der Zielsetzung, zu einer österreichweiten Vernetzung, insbesonde -
re auch der Aktivitäten der Länder auf diesem Gebiet, beizutragen.
Für die Entwicklung eines nationalen Suizidpräventionsprogrammes erscheinen
weitere detaillierte Forschungsergebnisse zur Epidemiologie und über kausale Zu -
sammenhänge geboten; in meinem Ressort bestehen daher Pläne, tiefergreifende
Untersuchungen auf diesem Gebiet durchzuführen.