2237/AB XXI.GP
Eingelangt am: 28.05.2001
BM für Justiz
Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Elisabeth Hlavac, Genossinnen und Genos -
sen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „die Rechtsstellung des
unehelichen Kindes im Erbrecht“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1 bis 3:
Vorausschicken muss ich, dass man im Vaterschaftsfeststellungsrecht zwischen
ehelichen und unehelichen Kindern insofern um eine Unterscheidung nicht herum -
kommt, als man bei ehelichen Kindern an den Ehegatten der Mutter als Vater des
Kindes angeknüpft, bei unehelichen Kinder hingegen keine Person definiert werden
kann, von der - ohne weiteres Verfahren - anzunehmen ist, dass sie der Vater des
Kindes einer unverheirateten Frau ist. Zur Feststellung der Vaterschaft zu einem
unehelichen Kind ist daher stets ein rechtlich relevanter Akt, entweder eine freiwillige
Anerkennung oder eine gerichtliche Feststellung der Vaterschaft, erforderlich.
Beides ist sowohl nach dem Tod des Kindes als auch nach dem Tod des Vaters
möglich.
Der geltende § 163 ABGB erleichtert im Hinblick auf eingeschränkte Möglichkeiten
des Abstammungsbeweises durch Blutmerkmale die Beweislage des unehelichen
Kindes im Abstammungsprozess: Das Kind ist nur für die Beiwohnung beweis -
pflichtig, der beklagte Mann kann den Beweis der Unwahrscheinlichkeit seiner
Vaterschaft und eine höhere Wahrscheinlichkeit der Vaterschaft eines anderen
Mannes antreten. Ein solcher Beweis mit Hilfe von Blutmerkmalen ist nach dem Tod
schwer möglich, sodass der Tod des als Vater in Anspruch Genommenen die
Beweislage zu Ungunsten seiner Erben
verschiebt.
Die auf das Erbrecht bezughabende Regelung des § 730 Abs. 2 ABGB bestimmt
daher, dass die Abstammung zu Lebzeiten des Erblassers und der die Verwandt -
schaft vermittelten Personen festgestellt oder zumindest gerichtlich geltend gemacht
worden sein muss. Bei Ungeborenen genügt es, dass die Abstammung binnen
Jahresfrist nach ihrer Geburt feststeht oder gerichtlich geltend gemacht wird. In
dieser Einschränkung der Möglichkeit, erbrechtliche Folgen an die Feststellung der
Abstammung nach dem Tod des Vaters zu knüpfen, kann tatsächlich eine Benach -
teiligung des unehelichen Kindes gesehen werden.
Was die Ausführungen in der Anfrage anlangt, dass heute wissenschaftliche Metho -
den zur Verfügungen stünden, mit denen es möglich sei, das genetische Profil auch
von Verstorbenen zu analysieren und somit den wissenschaftlichen Beweis der
genetischen Abstammung - auch nach dem Tod des Vaters - zweifelsfrei zu erbrin -
gen, so möchte ich hiezu bemerken, dass nach dem Informationsstand des Bundes -
ministeriums für Justiz nach wie vor ein zweifelsfreier Beweis nur darüber geführt
werden kann, dass ein bestimmtes Kind nicht von einer bestimmten Person
abstammt. Weiterhin wird bei dem „Vaterschaftsnachweis“ eine hohe Wahrschein -
lichkeit errechnet, dass die betreffende Person als Vater des Kindes in Frage
kommt. Diese hohe Wahrscheinlichkeit kann auch auf andere existierende Perso -
nen zutreffen.
Ich kann jedoch mitteilen, dass nach den Absichten des Bundesministeriums für
Justiz im Rahmen der im Gang befindlichen Reform des Außerstreitgesetzes auch
das Abstammungsverfahren neu geregelt werden soll. Sollte sich im Zusammen -
hang mit diesen Arbeiten herausstellen, dass es auf Grund der Entwicklung des
wissenschaftlichen Beweises der genetischen Abstammung möglich ist, von der das
Kind begünstigenden Vermutungswirkung der Beiwohnung abzugehen und dem
Kind die volle materielle Beweislast, gemildert durch die Amtswegigkeit des außer -
streitigen Verfahrens, aufzuerlegen, so könnte auch eine entsprechende Änderung
der genannten erbrechtlichen Regelung - allenfalls noch im Rahmen des Reformpro -
jekts Außerstreitverfahren - erwogen werden.