2277/AB XXI.GP
Eingelangt am: 01.06.2001
BUNDESMINISTER
FÜR LAND - UND FORSTWIRTSCHAFT
UMWELT UND WASSERWIRTSCHAFT
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Sima und GenossInnen haben am 3.4.2001
an mich eine schriftliche Anfrage mit der Nr. 2273/J betreffend "die bevorstehende
Inbetriebnahme des Atomkraftwerks Temelin" gerichtet. Ich beehre mich, diese wie
folgt zu beantworten:
Eingangs verweise ich auf meine Beantwortung der parlamentarischen Anfrage Nr.
1731/J vom 23. Februar 2001 betreffend der Ergebnisse der "Melker Vereinbarung",
die zwischen den Regierungen der tschechischen Republik und der Republik Öster -
reich getroffen wurde.
Die einzelnen Fragen beantworte ich wie folgt:
ad 1
Seit der Beantwortung der oben erwähnten parlamentarischen Anfrage Nr. 1731/J
sind in allen Bereichen, die beim Gipfel von Melk angesprochen wurden, weitere
gemeinsame Schritte zur Umsetzung erfolgt. Allerdings haben sich zu meinem Be -
dauern, insbesondere bei der Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß Artikel V des
Melker Protokolls, Verzögerungen und Schwierigkeiten ergeben. Dies betraf in
jüngster Zeit vor allem die Umweltverträglichkeitsdokumentation, die von tschechi -
scher Seite am 10. April 2001
veröffentlicht wurde. Österreich hat daher ergänzende
Informationen zu den Themenbereichen Variantenanalyse (einschließlich der Prü -
fung der Auswirkungen einer Nichtinbetriebnahme des KKW) und Analyse schwerer
Unfälle (einschließlich ihrer möglichen Auswirkungen auf Nachbarstaaten )verlangt.
Wie in dem "Gemeinsamen Statement" von Vizepremierminister und Außenminister
Jan KAVAN und mir vom 12. Mai 2001 dargelegt wurde, hat sich die tschechische
Seite verpflichtet, bis 20. Mai 2001 eine Evaluierung der Nichtinbetriebnahme des
KKW Temelin, eine verbesserte und erweiterte Information zu schweren Unfällen und
über deren Auswirkungen auf Nachbarstaaten sowie - über das Melker Protokoll
hinausgehend - eine technische Information zu den Turbinenproblemen zu liefern.
Dokumente zu diesen Themen wurden mittlerweile übermittelt, womit in die Diskus -
sion eingetreten werden kann; über eine Anhörung in Österreich wird unter Einbe -
ziehung der Länder, insbesondere Oberösterreich und Niederösterreich die Entschei -
dung getroffen werden. Weiters wurde die Erklärung von Premierminister Zeman
bekräftigt, dass das KKW Temelin nicht in Betrieb gehen werde, wenn es nicht den
Sicherheitskriterien nach dem Stand der Technik in der Europäischen Union ent -
spricht.
ad 2 und 4
Die im Anti - Atom - Aktionsplan vom Juni 1999 skizzierten Positionen werden seitens
der Bundesregierung weiterhin mit Nachdruck vertreten. Ich darf auf das Regie -
rungsprogramm verweisen, in dem die Bundesregierung festgehalten hat, dass sie
"besonderes Augenmerk auf die Umsetzung des in der letzten Legislaturperiode ver -
handelten Anti - Atom - Paketes bei den Verhandlungen über die Erweiterung der Union
auch auf die Frage der nuklearen Sicherheit" legen wird. Weiters wird im Regierungs -
programm auch an der Zielsetzung Österreichs festgehalten, den Verzicht auf
Kernkraftwerke zu erreichen. Für in Betrieb stehende Kernkraftwerke "sind hin -
sichtlich in Grenznähe befindlicher oder geplanter AKWs die höchstmöglichen Si -
cherheitsstandards anzuwenden."
Österreich hat die nukleare Sicherheit zu einem vorrangigen Thema der Beitrittsver -
handlungen gemacht hat. Die maßgeblichen
Positionen der Europäischen Union
wurden unter der österreichischen Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte
1998 entwickelt und verabschiedet. Ende 1999 hat der Europäische Rat den Rat
aufgefordert zu prüfen, "wie die Frage der nuklearen Sicherheit im Rahmen des Er -
weiterungsprozesses im Einklang mit den einschlägigen Schlussfolgerungen des
Rates behandelt werden kann". Im Rahmen der diesbezüglichen Folgeaktivitäten
vertritt Österreich - wie schon bisher mit Nachdruck seine oben dargelegten Positi -
onen.
Es darf jedoch darauf hingewiesen werden, dass das Gemeinschaftsrecht hinsichtlich
gesamteuropäischer Sicherheitsstandards keine expliziten Bestimmungen enthält.
Folglich bedürfte eine gemeinschaftsrechtliche Regelung in diesem Bereich jeden -
falls der Zustimmung aller Mitgliedstaaten.
Bezüglich der Erweiterungsverhandlungen mit der Tschechischen Republik wird nach
wie vor die Position vertreten, dass einem vorläufigen Abschluss des Ver -
handlungskapitels "Energie" ohne ausreichenden Nachweis über die aktuellen Si -
cherheitsstandards entsprechend dem aktuellen Stand der Technik auf EU - Ebene
sowie der Umweltverträglichkeit des KKW Temelin aus österreichischer Sicht nicht
zugestimmt werden kann.
ad 3
Das Energieliberalisierungsgesetz fällt in den Zuständigkeitsbereich des Bundesmi -
nisters für Wirtschaft und Arbeit. Es wird jedoch angemerkt, dass Art. 13 des Elektri -
zitätswirtschafts - und - organisationsgesetzes (EIWOG) sowohl in der geltenden als
auch in der künftigen, im Oktober dieses Jahres in Kraft tretenden Fassung, außeror -
dentlich restriktive Bestimmungen für Importe aus Drittstaaten enthält.