2287/AB XXI.GP
Eingelangt am: 01.06.2001
BM für Verkehr, Innovation und Technologie
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2265/J - NR/2001 betreffend unzumutbare
Belastungen der Autofahrer und Pendler, die die Abgeordneten Dietachmayr und
GenossInnen am 2. April 2001 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu
beantworten:
Grundsätzlich ist dazu festzustellen , dass das Unternehmen Österreichische
Bundesbahnen gemäß Bundesbahngesetz (BBG 92) ab 1.1.1993 hinsichtlich seines
Absatzbereiches, also des Personen - und Güterverkehres, wirtschaftlich unabhängig
ist. Aufgrund der zwingenden gesetzlichen Bestimmungen des § 1 BBG 92 obliegt
daher die Tarifgestaltung im Personen - und Güterverkehr sowie die Führung oder
Nicht - Führung von Zügen der ausschließlichen Entscheidung des Managements der
ÖBB (kaufmännischer Bereich). Dies ergibt sich sinngemäß auch aus dem
Eisenbahngesetz, da durch die Änderung von § 22 mit 1.1.1993 die Mitwirkung des
Hauptausschusses des Nationalrates in Tarifangelegenheiten der Eisenbahnen
aufgehoben worden ist. Einflussnahmen durch den Verkehrsminister sind daher nicht
möglich. Das ehemals weit gefasste Weisungsrecht des Bundesministers ist gemäß
§ 12 BBG 92 vom Nationalrat auf allgemeine verkehrspolitische Grundsatzweisungen
und auf Anweisungen im Katastrophenfall eingeschränkt worden.
Ebenso unterliegt die Wahl von Geschäftsfeldern oder Marktstrategien der freien
Entscheidung des Managements der ÖBB (Vorstand) und wird nur durch die
Geschäftsordnung des Vorstandes eingeschränkt, die bestimmte Tätigkeiten und
Maßnahmen von der Zustimmung des Aufsichtsrates abhängig machen kann.
Ausnahmen sind - wie oben erwähnt - nur in den sehr eingeschränkten Fällen des §
12 BBG (Verkehrspolitische Weisung und Weisung im Falle von Naturkatastrophen)
möglich. Solche Weisungen sind jedoch auch durch den Weisungsgeber (= Bund) in
jedem Einzelfall anzuordnen und auch gesondert an die ÖBB zu bezahlen.
Ich möchte zu der in der Anfrage gemachten Feststellung, dass der
Eigentümervertreter die Tarife mitbestimmen kann, feststellen, dass dies nur im
Rahmen der Bestellung gemeinwirtschaftlicher Leistungen möglich ist, derzufolge
zwischen den Österreichischen Bundesbahnen und meinem Ressort eine
Tarifstützung vereinbart werden kann. Eine solche Vereinbarung besteht hinsichtlich
ermäßigter Zeitkarten, wobei den ÖBB aber nur die Ermäßigungsbandbreite, nicht
aber der exakte Kartenpreis vorgegeben ist.
Die von mir mit dieser Anfrage befassten Österreichischen Bundesbahnen
nahmen dazu wie folgt Stellung:
Frage 1:
Wie stehen Sie zu den Tariferhöhungen der ÖBB im Nahverkehr? Warum
unternehmen Sie nichts dagegen, obwohl Sie die Kritik der SPÖ an der letzten
Tariferhöhung selbst öffentlich geteilt haben - immerhin könnten Sie selbst als
Eigentumsvertreter die Tarife mitbestimmen?
Antwort:
Die ÖBB haben zuletzt folgende Tariferhöhungen im Personenverkehr Schiene
durchgeführt (durchschnittlich):
01.01.2000 - Einzelkarten: 2%
- Zeitkarten: 2 %
01.07.2000 - Einzelkarten: keine Erhöhung
- Zeitkarten: 9,8 %
01.01.2001 - Einzelkarten: 2,5 %
- Zeitkarten: 4,9 %
Die Tarifmaßnahmen dienen der Erlössteigerung und der Verbesserung des
Wirtschaftsergebnisses und werden für Investitionen zur Attraktivierung des
Personenverkehrs verwendet. Die Tarifmaßnahmen wurden marktverträglich
gestaltet, so dass im Jahr 2000 trotz Tariferhöhungen ein Zuwachs von 1 Million
Fahrgäste im Schienenverkehr verzeichnet werden konnte.
Frage 2:
Können Sie garantieren, dass es nicht zu weiteren Tariferhöhungen im Nahverkehr in
den nächsten beiden Jahren kommen wird?
Antwort:
Eine Garantie für das Ausbleiben von Tariferhöhungen kann es nicht geben. Auf
neue Marktchancen oder externe Einflüsse (z.B. Kostensteigerungen) haben die
ÖBB - als ein nach kaufmännischen Grundsätzen zu führendes Unternehmen -
durch entsprechende Maßnahmen zu reagieren. Dazu gehören auch
Preismaßnahmen, die ein wesentlicher Stellhebel für das Wirtschaftsergebnis sind.
Fragen 3 und 4:
Wann wird das amtliche Kilometergeld erhöht werden ? Weshalb wird seit 2001 der
für das Kilometergeld entscheidender Preisindex für privaten PKW - Verkehr einfach
nicht mehr erhoben?
Wann kommt es zu einer Erhöhung der Pendlerpauschalen, um die Belastungen der
arbeitenden Bevölkerung zu mildem?
Antwort:
Die Beantwortung dieser Fragen fällt in den Zuständigkeitsbereich des
Bundesministers für Finanzen.
Frage 5:
Welche Möglichkeiten sehen Sie, den
Nahverkehr weiter zu attraktivieren?
Antwort:
An Maßnahmen der ÖBB zur Attraktivierung des Nahverkehrs sind
schwerpunktmäßig zu nennen:
- Fahrplanverbesserungen (insbesonders auch Abstimmung der Angebote
verschiedener Verkehrsunternehmen)
- Baumaßnahmen zur Verbesserung der Bahnhofs - und Schieneninfrastruktur
- Errichtung von Park & Ride - Anlagen
- Modernisierung des Rollmaterials
- Zugangserleichterungen für den Kunden durch Verbesserungen im
Vertriebssystem (automatisierte Ausgabe von Fahrkarten, Internet - bzw.
Handy - Ticketing, zusätzliche Vertriebskanäle etc.)
- Maßnahmen zur Tarifvereinfachung (insbesondere im Rahmen von
Verkehrsverbünden)
In Ergänzung der Stellungnahme der ÖBB möchte ich bemerken, dass im
öffentlichen Personennah - und Regionalverkehr das Ziel verfolgt wird, durch
Schaffung klarer Strukturen für dessen Organisation und Finanzierung einen
konsequenten Übergang zum Bestellerprinzip bei nicht eigenwirtschaftlich erbrachten
Verkehrsdiensten (Verträge über Verkehrsdienste) im Sinne eines verbesserten und
nachfrageorientierten Verkehrsangebotes zu erreichen.
Der Rahmen für ein derartiges Übergangszenario wurde vom Nationalrat durch das
Bundesgesetz über die Ordnung des öffentlichen Personennah - und
Regionalverkehrs (ÖPNRV - G), welches mit 01. 01. 2000 in Kraft getreten ist,
geschaffen.
Bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt kommt es aufgrund der im ÖPNRV - G
verankerten Fördermechanismen des Bundes gemäß §§ 24 Abs .2 und 26 Abs. 3
ÖPNRV - G sowohl im Schienen - als auch im Kraftfahrlinienbereich zur Verbesserung
von Verkehren.
Um den Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln für den Kunden zu erleichtern und
darüber hinaus neue Kundenpotentiale anzusprechen, wurde auch das Erfordernis
einer bundesweit einheitlichen Tarifierungssystematik explizit als Zielsetzung
normiert. Die Arbeiten zur Schaffung einer österreichweit einheitlichen
Tarifierungsoberfläche sind im Gange.
Um in den nächsten Jahren die derzeit schon vorherrschenden Qualitätsstandards
laufend zu verbessern, wurde in Entsprechung der Empfehlung des Grünbuches der
Europäischen Kommission „Das Bürgernetz Wege zur Nutzung des Potentials des
öffentlichen Personenverkehrs in Europa auch ein eigener Abschnitt über
Qualitätskriterien aufgenommen, deren Erfüllung durch die einzelnen
Verkehrsunternehmen eine Voraussetzung für Bundesförderungen zusätzlicher
Verkehrsleistungen gegenüber dem derzeit vorherrschenden Angebot darstellt
Neben der benutzerfreundlichen Gestaltung der Fahrzeuge stellen vor allem die
Berücksichtigung der Bedürfnisse von in ihrer Mobilität physisch beeinträchtigter
Personen sowie die optimale Anknüpfung und Verbindung der Verkehre durch
abgestimmte Fahrpläne zentrale Beispiele für Qualtitätskriterien dar. Um die
Einhaltung der diesbezüglichen
Qualitätskriterien durch die Verkehrsunternehmen
abgestimmte Fahrpläne zentrale Beispiele für Qualtitätskriterien dar. Um die
Einhaltung der diesbezüglichen Qualitätskriterien durch die Verkehrsunternehmen
auch tatsächlich gewährleisten zu können, sind die jeweiligen
Verkehrsverbundorganisationsgesellschaften angehalten, laufende Kontrollen
durchzuführen.
Abschließend darf darauf hingewiesen werden, dass die Gemeinden gemäß § 32
Abs .1 ÖPNRV - G ermächtigt sind, durch Beschluss der Gemeindevertretung eine
flächenbezogene Abgabe zur Deckung der mit dem Anschluss von öffentlichen
Verkehrsmitteln an Betriebsansiedlungen (darunter fallen Gewerbe, - Geschäfts -
Einkaufszentren und dgl.) verbundenen Kosten im Rahmen einer sog.
"Verkehrsanschlussabgabe“ auszuschreiben. Die diesbezügliche Ermächtigung an
die Gemeinden zeigt, dass Maßnahmen zur Verringerung des Individualverkehrs bei
kommunalpolitischem Wollen bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt möglich und
durchsetzbar sind. Nach meinem Informationsstand wurde von einer derartigen
Ermächtigung jedoch bis dato noch kein Gebrauch gemacht.