230/AB XXI.GP

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 228/J - NR/1999 betreffend Abbau des Atomre -

aktors Seibersdorf, die die Abgeordneten Dipl. - Ing. SCHÖGGL und Kollegen am 20. Dezem -

ber 1999 an meinen Amtsvorgänger gerichtet haben, beehre ich mich aufgrund der mir vor -

gelegten Unterlagen wie folgt zu beantworten:

 

Zu Frage 1:

 

Die Kosten setzten sich aus drei Teilen =

- Abbau, Messung, Qualitätskontrolle und Bearbeitung der Brennelemente vor Ort,

- Transport der Brennelemente nach Savannah River und

- Übernahm ekosten durch das US Department of Energy DOE

zusammen. Es werden hiefür in etwa 33 Mio. ATS erforderlich sein.

 

Zu Frage 2:

 

Die Route wird vom Transporteur sowohl der österreichischen Behörde als auch den europäi -

schen Behörden (Länder durch die der Transport führt) vorgeschlagen. Es wurden bisher

insgesamt sieben Transporte gemäß den gesetzlichen Bestimmungen (österreichisches Ge -

fahrgutgesetz, internationale RID und ADR Bestimmungen) durchgeführt. Die Route für den

Ende 2000 vorgesehenen achten Transport wird erst festgelegt.

Für den Transport wird ein sowohl in Europa als auch in den USA von den Behörden geneh -

migter Transportbehälter für abgebrannte Brennelemente verwendet werden. Zur Zeit stehen

die Fa. Transnucleaire in Frankreich, bzw. die Fa. BNS - NCS in Deutschland zur Auswahl.

Der Auftrag wird an die Firma vergeben, die das technisch und kostenmäßig günstigste Ange-

bot legt.

 

Zu Frage 3:

 

Siehe hiezu die Antwort zu Frage 1. Darüber hinaus entstehen keine weiteren oder laufende

Kosten.

 

Zu Frage 4:

 

Derzeit werden ca. 8500 200 - Liter Fässer mit aufgearbeitetem und konditioniertem radio -

aktiven Abfall zwischengelagert. Diese Stoffe stammen aus Österreich (Medizin, Forschung

und Industrie). Für diese Zwischenlagerung fallen jährliche Kosten von etwa 4 Mio. ATS an.

Aus der Stilllegung des ASTRA - Reaktors werden zusätzlich zu den bereits vorhandenen

Fässern etwa 700 - 800 weitere 200 - Liter Fässer für eine Zwischenlagerung erwartet. Diese

Kosten werden aus der Finanzierung der Stilliegung des ASTRA - Reaktors gedeckt.

 

Zu Frage 5:

 

Aus internationaler Erfahrung beim Abbau von Forschungsreaktoren und auch aus eigener

Erfahrung bei Umbauarbeiten am ASTRA - Reaktor sowie durch Brennelementetransporte in

die USA ist bekannt, dass eine Strahlenexposition von mit diesen Tätigkeiten befassten Mit -

arbeitern weit unterhalb der gesetzlich zulässigen Grenzwerte liegt und auch bei der Still -

legung des Reaktors liegen wird. Alle Arbeiten in diesem Zusammenhang werden im Rah -

men der gesetzlichen Bestimmungen und unter Beobachtung des ALARA - Prinzips (als low

as reasonably achievable) erfolgen.

Hier muss auf die Komptenzen des Bundesministeriums für Frauenangelegenheiten und Ver -

braucherschutz (Vollzug des Strahlenschutzgesetzes) sowie die Komptenzen des Bundes -

ministeriums für Inneres (physischer Personenschutz sowie Fragen der Transportsicherheit)

verwiesen werden. Die Komptenz des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr

liegt, neben der Verwaltung der Mehrheitsanteile des Bundes am Forschungszentrum Seibers -

dorf, beim Vollzug der gesetzlichen Bestimmungen für Gefahrenguttransporte.

 

Zu Frage 6:

 

Da grundsätzlich ein Interesse des Bundes besteht, nukleartechniches Know-how in Öster -

reich zu erhalten, wurden Anfang Juli 1998 alle von dieser Thematik betroffen Ressortleiter

von Bundesminister Dr. Einem gebeten, informierte Vertreter in das von ihm im Zusammen -

hang mit der Neustrukturierung des Bereiches Nukleartechnik geplante „Interministerielle

Kontaktkomitee" zu entsenden. Die konstituierende Sitzung des Komitees fand Mitte Sep -

tember 1998 statt.

 

In enger Zusammenarbeit mit allen betroffenen Ressorts wurden im Rahmen des Interminis -

teriellen Kontaktkomitees die Themen für in Österreich notwendige Dienstleistungen der

Nukleartechnik abgestimmt. Gleichzeitig wurden die Themengebiete in Workshops mit

Vertretern des Krisenmanagements sowie den zuständigen (Strahlenschutz) Beamten der

Bundesländer besprochen, um so eine optimale Nutzung der vorhandenen Ressourcen zu

erreichen.

 

Für nachstehende Themen wurde eine inhaltliche Festlegung außer Streit gestellt:

- Stilliegung des ASTRA - Reaktors

- Betrieb der Heißen Zellen Laboratorien

- Aufarbeitung radioaktiver Stoffe, Konditionierung und Zwischenlagerung

- Strahlenschutz von ionisierender Strahlung

- Nukleare Sicherheit und Bevölkerungsschutz

- Entwicklung und Produktion von Radiopharmaka

Zu Frage 6a:

 

In Anbetracht der Tatsache, dass die Bereitstellung von Stand - by - Kapazitäten im Zusammen -

hang mit den hier angesprochenen Dienstleistungen für mehrere Ressorts hohe Relevanz

besitzt, erscheint die Abstimmung einer diesbezüglichen Finanzierung im Rahmen des be -

stehenden Interministeriellen Kontaktkomitees unerlässlich.

 

Zu Frage 7:

 

Ja. Das Forschungszentrum Seibersdorf ist in entsprechende Arbeitsgruppen eingebunden.

IAEO:

- Stililegung von Forschungsreaktoren

- Aufarbeitung radioaktiver Stoffe

- Illegale Verbringung von Kemmaterial und radioaktiven Stoffen = Illicit Trafficking

   (Training, Instrumentierung und Analytik)

- Non Proliferation, Safeguards (Radiochemie, Training von Inspektoren)

- Expert Missions and Consultancy

- Dienstleistungen für die IAEA - Laboratorien in Seibersdorf

 

CTBTO = Comprehenshive Nudear Test Ban Treaty Organisation:

- Expertengespräche über Meßmethoden und Prüfverfahren

- Aufbau eines Radionuklid Labors im Rahmen der Verifikation

- Training von Inspektore  

 

UN Genf:

- Fissile Material Cut-Off Treaty = Vertrag über das Verbot der Erzeugung von spaltbarem

   Material

Zu Frage 7a:

 

Durch die Beteiligung des Forschungszentrums Seibersdorf an internationalen Projekten und

eine enge Zusammenarbeit in europäischen Netzwerken wird die Expertise auf dem Gebiet

der Reaktorsicherheit erhalten. Primär liegt das Schwergewicht der Arbeiten bei Fragestel -

lungen, die von der Bundesregierung vorgegeben werden.

 

In der internationalen Zusammenarbeit leistet das Forschungszentrum Beiträge auf zwei

Gebieten:

- Alterung von Nuklearanlagen und Sicherheit von grenznahen Kernkraftwerken

- Entscheidungshilfesysteme für die Behörden im Katastrophenfall

 

Zu Frage 8:

 

Durch internen Personaltransfer, Transfer von Mitarbeitern in die Industrie, Pensionierungen

sowie einvernehmliche Lösung von Dienstverhältnissen konnte die Zahl der Mitarbeiter in

diesem Bereich 1998/99 wesentlich reduziert werden.

 

Die Stilllegungsarbeiten am Reaktor wurden so geplant, dass nach Beendigung dieser Arbei -

ten durch Erreichung der Altersgrenze der beteiligten Mitarbeiter Dienstverhältnisse gelöst

(natürlicher Abgang) und damit sozial verträgliche Lösungen erreicht werden.

Es wird davon ausgegangen, dass die beim Abbau des Reaktors gewonnenen Erfahrungen

national und international genutzt werden können.

 

Zu Frage 9:

 

Gemäß den bei Frage 5 angeführten Geschäftsfeldern sind die Kunden sowohl dem öffentli -

chen als auch dem privaten Bereich zuzuordnen.

Öffentlicher Bereich:

BMWV - Stilllegung des ASTRA - Reaktors, Entwicklung von Radiopharmaka

BKA -  Nukleare Sicherheit und Bevölkerungsscbutz

BMWV + BKA -  Strahlenschutzangelegenheiten

BMI + BKA - Illicit Trafficking, Lagerung von aufgegriffenen Nuklearmaterial

BMLF - Transfer von Radionukliden in der Ökosphäre

 

Privater Bereich:

MEDIZIN - Produktion von Radiopharmaka, Erzeugung spezieller Strahlenquellen für Di -

agnose und Therapie

Entwicklung spezieller Handhabungsgeräte für Radionuklide in der Therapie

Gutachten für medizinische Anlagen im Bereich der Strahlenmedizin

Dosimetrie und Kalibrierung von Strahlenmessgeräten

INDUSTRIE - Strahlenquellen für zerstörungsfreie Werkstoffprüfungen

Chemische Aufarbeitung von Stoffen mit hohem Gehalt von Aktiniden

MEDIZIN, INDUSTRIE und FORSCHUNG in Österreich - Schließung des Kreislaufs radio -

aktiver Stoffe von der Erzeugung bis zur Aufarbeitung, Konditionierung und Zwischenlage -

rung

 

Die Aufarbeitungstechnologie radioaktiver Stoffe wurde in Seibersdorf weiterentwickelt, ist

international anerkannt und wird erfolgreich eingesetzt. Anfragen aus Belgien, Frankreich

und Italien zeigen, dass einerseits großes Interesse an einer direkten Zusammenarbeit und

andererseits an der Herstellung von Anlagen für die Aufarbeitung solcher Stoffe besteht.