2312/AB XXI.GP
Eingelangt am: 05.06.2001
BUNDESMINISTERIUM
FÜR SOZIALE SICHERHEIT UND GENERATIONEN
Sehr geehrter Herr Präsident!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage der
Abgeordneten Grünewald, Freundinnen und Freunde betreffend Gefahr für
Frühgeborene durch Weichmacher in Medizinprodukten, Nr. 2277, wie folgt:
Frage 1:
Ja, die Studie von Loff et. al. ist mir bekannt.
Frage 2:
Mein Ressort hat nach Publikation der Studie umgehend führende österreichische
Experten um Stellungnahmen ersucht. Aus toxikologischer Sicht wurde dabei betont,
dass die am meisten diskutierte Wirkung des DEHP im Tierversuch eine
kanzerogene Wirkung auf die Leber darstellt, die an eine Aktivierung des
Peroxisomen - Proliferator - Rezeptors gebunden sein dürfte. Diese Wirkung ist nach
den vorliegenden Erkenntnissen beim Menschen nicht zu erwarten. Dabei ist auch
zu berücksichtigen, dass DEHP nicht selbst aktiv ist, sondern nach Spaltung durch
Lipase im Darm, wobei der wirksame Metabolit MEHP entsteht. Daher ist die
Wirksamkeit von DEHP bei intravenöser Zufuhr in Tierversuchen wesentlich geringer
als bei oraler Zufuhr. Die Relevanz anderer in Tierexperimenten beobachteter
Schadwirkungen von DEHP, die nicht durch den Peroxisomen - Proliferator - Rezeptor
vermittelt werden, ist derzeit schwer einschätzbar und wird im Auftrag meines
Ressorts im Rahmen einer toxikologischen Literaturstudie für den medizinischen
Einsatzbereich untersucht. Aus einer vorhandenen großen
Literaturzusammenstellung lässt sich jedenfalls kein unmittelbares
Gefährdungspotenzial durch die von Loff et. al. geschilderten DEHP - Freisetzungen
ableiten. Aus pädiatrischer Sicht wurde
betont, dass nach aktuellem Kenntnisstand
die Ursache von Leberschäden (Cholestase) bei totaler parenteraler Ernährung bei
Neugeborenen im Sinne einer multifaktoriellen Genese gesehen werden muss und
nicht monokausal auf DEHP - Freisetzungen zurückgeführt werden kann.
Frage 3:
Durch einen Erlass an alle einschlägigen Abteilungen wurden diese aufgefordert, bei
der totalen parenteralen Ernährung Früh - und Neugeborener, insbesondere bei der
Verabreichung lipidhaltiger Nährlösungen bzw. Arzneimittel, soweit als möglich auf
medizinisch gleichwertige PVC - freie Alternativen umzusteigen.
Frage 4:
Die zuständige Dienststelle der Europäischen Kommission hat zugesagt, diese
österreichische Initiative bei der nächsten Sitzung der Medical Device Expert Group
im europäischen Rahmen zu beraten. Dabei soll auch über eine Befassung des
wissenschaftlichen Ausschusses entschieden werden.
Frage 5:
Österreich ist auch im Medizinproduktebereich der Mitgliedstaat, der am stärksten
auf eine sorgfältige Evaluierung von möglichen Ausstiegsszenarien auf europäischer
Ebene drängt. Da diese Produkte generell einer europäischen Zulassung
unterliegen, muss der Angriffspunkt primär auch auf europäischer Ebene angesetzt
werden. Auch vom Ressourcenaufwand ist die sorgfältige Risiko/Nutzen - Bewertung
von vielen tausenden Produkten und deren Alternativen nur auf europäischer Ebene
leistbar. Österreich wird diese Evaluierung auch direkt durch ein toxikologisches
Gutachten unterstützen.
Frage 6:
Die Suche nach Alternativmaterialien ist bei den österreichischen
Krankenanstaltenträgern gemäß einer früheren Befragung bereits stark verbreitet.
Weitere Initiativen werden sich vor allem auch an den Ergebnissen einer
wissenschaftlich orientierten Produktgruppenevaluierung auf europäischer Ebene
orientieren müssen. Durch den Erlass an alle Kinder - Intensivabteilungen wurden in
diesem sensiblen Bereich energische Maßnahmen gesetzt und damit auch darüber
hinausgehende Bemühungen in der Beschaffung durch die Krankenanstalten
angestoßen.