2367/AB XXI.GP

Eingelangt am: 29.06.2001

BM für Justiz

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Peter Kostelka, Genossinnen und Genossen

haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „die mögliche Schließung von

Bezirksgerichten in Österreich“ gerichtet.

 

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

 

Zu 1:

Ich bin mit Schreiben vom 2. Februar 2001 an 173 Bürgermeisterinnen und Bürger -

meister in den derzeitigen Bezirksgerichtsgemeinden mit Ausnahme von Wien, Graz

und Salzburg - Stadt mit einem Beratungsstellen betreffenden Fragebogen herange -

treten. Von den eingelangten Antworten wurde in 47 % ein Bedarf an persönlicher

Beratung im Ausmaß von vier Stunden pro Woche formuliert. 74 % der Bürgermei -

ster, die die Einrichtung einer Beratungsstelle befürworten, haben eine Präferenz für

das Gemeindemodell geäußert. In 70 % der Antworten wurde für die Einrichtung

eines öffentlich zugänglichen Internet - Anschlusses eingetreten. Auf die angeschlos -

sene Beilage wird hingewiesen.

 

Einer Aufschlüsselung der Ergebnisse nach Bundesländern würde die statistische

Zuverlässigkeit fehlen.

 

Zu 2 und 6:

Meine Planungen für eine neue Gerichtsorganisation haben das vorrangige Ziel, die

Rechtsversorgung der österreichischen Bevölkerung zu verbessern und

auszubauen. Im Rahmen der geplanten neuen, für den Bürger kostenlosen

Beratung sollen von den jeweils eingeteilten Rechtsanwälten und Notaren nicht

bloße Rechtsauskünfte erteilt, sondern über das bisherige Angebot bei den Amtsta -

gen hinaus Beratungsleistungen angeboten werden. Dies stellt für die Bürgerinnen

und Bürger einen Mehrwert gegenüber der derzeitigen Situation darf.

 

Eine jüngst von der Statistik Austria im Auftrag der Österreichischen Notariatskam -

mer durchgeführte Meinungsumfrage bestärkt mich in meinen Bemühungen. Für die

Österreicherinnen und Österreicher ist bei den Gerichten die Fachkompetenz von

aller größter Bedeutung (56 %), gefolgt von rascher Verfahrensdauer (27 %) und der

Freundlichkeit der Mitarbeiter (10 %). Die Frage der räumlichen Erreichbarkeit eines

Gerichtes ist nur für 7 % der Bürgerinnen und Bürger von Relevanz. Dies geht auch

damit konform, dass 90 % der Bevölkerung nie oder seltener als alle fünf Jahre mit

einem Gericht in Kontakt kommen.

 

Zu 3 und 4:

In den laufenden Verhandlungen mit den Landesregierungen stehen neben dem

Konzept des Bundesministeriums für Justiz Kompromisslösungen in Diskussion. Ich

kann daher - ohne die Ergebnisse der Verhandlungen vorweg zu nehmen - derzeit

noch nicht exakt angeben, welche Standorte zukünftige Bezirks -  bzw. Regionalge -

richte haben werden. Ich bin zuversichtlich, dass Lösungen gefunden werden, die

sowohl den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger als auch denen einer moder -

nen Verwaltungsorganisation entsprechen.

 

Die Sprengel der Bezirkshauptmannschaften weisen in sich keine homogene Struk -

tur auf. Etliche Bezirksgerichte, die am Sitz einer Bezirkshauptmannschaft eingerich -

tet sind, haben einen Sprengel zu betreuen, der weitaus weniger als 20.000 Einwoh -

ner umfasst - das Bezirksgericht Bad Radkersburg etwa betreut nur rund 8.800

Personen - und bei weitem nicht einmal zwei Richter auslastet.

 

Es können daher nicht a priori die Überlegungen für Reorganisationsmaßnahmen

sämtliche Gerichte am Sitz einer Bezirkshauptmannschaft ausnehmen. Auch

insoweit werden mit den Landesregierungen Lösungen ausverhandelt werden.

 

Zu 5:

Die derzeitige, zersplitterte Gerichtsstruktur mit vielen Klein -  und Kleinstgerichten

bedingt, dass viele Bedienstete ihren Dienst an mehreren Gerichten versehen

müssen. Bei einer homogenen neuen Gerichtsstruktur könnte dies weitestgehend

entfallen, sodass sich die Anfahrtswege reduzieren werden. Überdies hat sich

gezeigt, dass viele Richter derzeit aus den Ballungszentren in die Standorte von

Kleinstbezirksgerichten pendeln. Für diese Mitarbeiter werden sich bei einer neuen,

zeitgemäßen Gerichtsorganisation die Anfahrtswege ebenfalls verkürzen.