2371/AB XXI.GP

Eingelangt am:03.07.2001

 

BUNDESMINISTERIUM FÜR

VERKEHR, INNOVATION

UND TECHNOLOGIE

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2374/J - NR/2001 betreffend Aktivitäten

zum Alpentransit und insbesondere zum Verkehrsprotokoll der Alpenkonvention, die die

Abgeordneten Lichtenberger, Freundinnen und Freunde am 3. Mai 2001 an mich

gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

 

Fragen 1 und 2:

 

Was haben Sie seit der Veröffentlichung des Kommissionsvorschlages zur

Unterzeichnung des Verkehrsprotokolls der Alpenkonvention am 16. 1. 2001 konkret

und im einzelnen unternommen, um eine Behandlung und Beschlussfassung des

Rates zu diesem Vorschlag herbeizuführen?

 

Was werden Sie bis zum nächsten Treffen des Verkehrsministerrates zur

baldmöglichsten Herbeiführung eines entsprechenden Ratsbeschlusses

unternehmen?

 

Antwort:

Zu Beginn weise ich darauf hin, dass die federführende Zuständigkeit für die

Verhandlung der Rahmenkonvention und des Verkehrsprotokolls beim

Bundesministerium für Land - und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft lag.

Da die Alpenkonvention und das nunmehr vorliegende Verkehrsprotokoll ein

zusätzliches Element bei der weiteren Entwicklung der verkehrs - und

transitpolitischen Beziehungen zwischen Österreich und der EU darstellen können,

wäre die baldige Unterzeichnung und Ratifikation des Verkehrsprotokolls durch die

Europäische Union und die Mitgliedstaaten vor allem im Hinblick auf die notwendige

und über das Jahr 2003 hinausgehende langfristige Lösung der österreichischen

Transitverkehrsproblematik aus meiner Sicht jedenfalls von Bedeutung.

 

Auch möchte ich im Zusammenhang mit dem seit Mitte Jänner des Jahres

vorliegenden Vorschlag der Europäischen Kommission für einen Beschluss des

Rates über die Unterzeichnung des Verkehrsprotokolls anmerken, dass die

Unterzeichnung des Verkehrsprotokolls aus meiner Sicht ein wichtiges Signal der

Europäischen Gemeinschaft an alle Parteien wäre, der Unterzeichnung und

Ratifizierung des Protokolls und damit letztlich den darin enthaltenen Zielsetzungen

absoluten Vorrang einzuräumen.

 

Was die bislang gesetzten Aktivitäten zur Behandlung bzw. Beschlussfassung des

Vorschlags der Europäischen Kommission für einen Beschluss des Rates über die

Unterzeichnung des Verkehrsprotokolls betrifft, werde ich anlässlich des von 14. bis

16. September des Jahres in Leuven stattfindenden informellen EU - Rat „Verkehr und

Umwelt meine Ressortkollegen aus den EU - Mitgliedstaaten nochmals ersuchen,

dafür Sorge zu tragen, dass es zur ehest möglichen Beschlussfassung durch die EU -

Verkehrsminister und raschest möglichen Unterzeichnung und Ratifikation des

Verkehrsprotokolls kommt.

 

Frage 3:

Welchen Stellenwert hat für Sie das Verkehrsprotokoll der Alpenkonvention im

Hinblick auf die Regelung des Straßengütertransits mit der EU, vor allem nach dem

Jahr 2003?

 

Antwort:

Aufgrund der bis zuletzt standhaften Position Österreichs bei den Verhandlungen

zum Verkehrsprotokoll konnte letztlich eine auch für Österreich akzeptable Lösung

erzielt werden. Mit dem nun verabschiedeten Verkehrsprotokoll wird vor allem auch

dem einhelligen Länderbeschluss, bis zu einer für Österreich akzeptablen Lösung

des Verkehrsprotokolls keines der anderen bereits ausverhandelten

Durchführungsprotokolle zu unterzeichnen, in vollem Ausmaß Rechnung getragen.

Dies betrachte ich vor allem deshalb als besonders wichtig, weil die konkreten

Maßnahmen bzw. die Umsetzung der Ziele der Rahmenkonvention eben durch diese

Protokolle (Verkehr, Tourismus, Raumplanung, Energie etc.) zu erfolgen hat.

Aus Sicht meines Ressorts wäre auch festzuhalten, dass im von den

Umweitministern bei der Alpenkonferenz in Luzern verabschiedeten

Verkehrsprotokoll den verkehrspolitischen Interessen Österreichs, wie insbesondere

der Reduktion der Belastungen und Risiken des Verkehrs durch eine verstärkte

Verlagerung insbesondere des Güterverkehrs auf umweltfreundliche Verkehrsträger

etc., entsprechend Rechnung getragen wird.

Letztlich stellt das nunmehr verabschiedete Verkehrsprotokoll aus meiner Sicht auch

ein starkes Politargument im mittel - und langfristigen Umgang der EU mit den

Problemen der durch den Straßentransitverkehr verursachten Belastungen für die

Menschen und die Umwelt dar.

 

Frage 4:

Welche zeitlichen und inhaltlichen Vorstellungen haben Sie hinsichtlich der

Umsetzung der Alpenkonvention im Bereich Verkehr und insbesondere des

Verkehrsprotokolls im einzelnen?

 

Antwort:

Das Verkehrsprotokoll tritt mit der Hinterlegung der dritten Ratifikationsurkunde beim

Depositar (Österreich) in Kraft. Was die Frage betrifft, welche zeitlichen und

inhaltlichen Vorstellungen ich hinsichtlich der Umsetzung der Alpenkonvention im

Bereich Verkehr und insbesondere des Verkehrsprotokolls im einzelnen habe,

erlaube ich mir, auf das letzte Treffen des Nationalen Komitees der Alpenkonvention

am 24. April des Jahres hinzuweisen.

Im Zuge dieser Sitzung kamen die anwesenden Ressort -, Länder - und

Nichtregierungsorganisationsvertreter zur einhelligen Auffassung, dass national

unverzüglich mit der Einleitung des Ratifikationsverfahrens sowie der Umsetzung der

Alpenkonvention und der jeweiligen Protokolle begonnen werden sollte.

 

Frage 5:

Welche konkreten Aktivitäten haben Sie im Hinblick auf die Transitproblematik

a) in Richtung EU,

b) in Richtung der anderen Alpenstaaten,

c) in Richtung der übrigen EU - Mitgliedsstaaten,

d) in Richtung der Beitrittsstaaten

in den letzten Monaten im einzelnen unternommen und welche konkreten Aktivitäten

werden Sie in diesem Sinne in den kommenden Monaten setzen?

 

Antwort:

Da das Protokoll Nr.9 des Beitrittsvertrages grundsätzlich vorschreibt, dass das

Ökopunktesystem mit 31. Dezember 2003 auszulaufen und der Acquis, welcher

keine generellen mengenmäßig Beschränkungen des Lkw - Verkehrs sowie der

Schadstoffemissionen innerhalb der Europäischen Union gestattet, in vollem Umfang

Anwendung zu finden hat, gilt es - insbesondere auch im Hinblick auf die geplante

Erweiterung der Europäischen Union - sicherzustellen, dass die Schadstoff - und

Lärmbelastung durch den Lkw - Verkehr auch nach 2003 nachhaltig reduziert wird. Es

sind daher spezifische langfristige Lösungen zur Gewährleistung des notwendigen

Schutzes der Menschen und der Umwelt vor den negativen Auswirkungen des

Straßengüterverkehrs (Schadstoffe, Lärm, Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit

etc.) erforderlich.

 

Diese Forderung Österreichs habe ich sowohl auf bilateraler als auch auf

europäischer Ebene im EU - Verkehrsministerrat bereits mehrfach mit allem

Nachdruck erhoben und bin dabei auf sehr viel Verständnis für die spezifische

österreichische Situation gestoßen.

 

Die Notwendigkeit einer langfristigen Lösung wird auch von dem von der

Kommission am 21. Dezember 2000 vorgelegten Bericht an den Rat über den

Straßengütertransitverkehr durch Österreich bestätigt, in dem die Kommission

feststellt, dass keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Verringerung der NOx -

Emissionen bei einer Abschaffung des Ökopunktesystems aufrechterhalten werden

könnte und daher vorschlägt, vor Ende der Laufzeit des Ökopunktesystems mittels

einer Studie zu prüfen, wie sich die aus der Anwendung des Systems resultierenden

Umweltverbesserungen dauerhaft sichern lassen.

 

Ich habe die Kommission daher bereits mündlich und schriftlich aufgefordert, diese

Studie so rasch wie möglich in Auftrag zu geben, damit die aufgrund der Ergebnisse

der Studie durchzuführenden Maßnahmen so rasch wie möglich umgesetzt werden

können.

 

Parallel dazu hat mein Ressort kürzlich eine Studie ,,Langfristlösung

Güterfernverkehr in Auftrag gegeben, deren Ziel es ist, Maßnahmenvorschlage zur

Reduktion der negativen Auswirkungen des Straßengüterverkehrs zu beurteilen und

darauf aufbauend eine Strategie für eine langfristige Verminderung dieser negativen

Auswirkungen zu erarbeiten. Die Ergebnisse dieser Studie sollen noch vor der

Sommerpause vorliegen.

 

Da es mir besonders wichtig ist, im Hinblick auf die notwendigen Verhandlungen mit

der Kommission und meinen Kolleginnen und Kollegen im EU - Verkehrsministerrat

über eine derartige Langfristlösung in Österreich einen breiten Konsens über die zu

setzenden Maßnahmen zu erzielen und insbesondere auch regionalen

Besonderheiten Rechnung zu tragen, habe ich vor, in diesem Zusammenhang auch

die Landeshauptleute, die Sozialpartner und das Transitforum schriftlich einzuladen,

an der Entwicklung von Strategien und konkreten Maßnahmen, die im Rahmen der

angestrebten langfristigen Lösung der österreichischen Transitproblematik auf

europäischer, aber auch auf nationaler Ebene vorrangig angestrebt und umgesetzt

werden sollten, aktiv mitzuarbeiten.

 

Ich gehe davon aus, dass alle diese Bemühungen zu einer Sensibilisierung sowohl

auf nationaler als auch auf europäischer Ebene für die spezifischen österreichischen

Anliegen im Straßengüterverkehrsbereich beitragen und damit letztlich eine für alle

Betroffenen akzeptable, dauerhafte Lösung ermöglichen werden.

 

Fragen 6, 7 und 8:

Ist Ihrer Ansicht nach die derzeitige Regelung des Transits zwischen Österreich und

der EU ausreichend, um der Zielsetzung der Alpenkonvention im Bereich Verkehr  -

Senken der Belastungen für Mensch und Natur auf ein erträgliches Maß - gerecht zu

werden?

 

Welche Mindesterfordernisse in inhaltlicher Hinsicht sehen Sie für ein neues

Transitübereinkommen zwischen Österreich und der EU als unabdingbar an?

 

Werden Sie sich dafür einsetzen, daß der gesamte Alpenraum gemäß der

Abgrenzung aus der für die EU und allen Alpenstaaten verpflichtenden

Alpenkonvention (vgl. BGBl. 477/1995) als sensible Zone mit dementsprechend

deutlich anderen Erfordernissen für den Schutz von Mensch und Umwelt in einer

neuen Transitregelung festgeschrieben wird?

 

Antwort:

Die geltende Transitregelung gemäß Protokoll Nr.9 des Beitrittsvertrages allein ist

meines Erachtens nicht ausreichend, um der Zielsetzung der Alpenkonvention

gerecht zu werden, da sie sich ausschließlich auf den Transitverkehr bezieht und

ausschließlich im Verhältnis zu den EU - und EWR - Mitgliedstaaten, der Schweiz und

Slowenien Anwendung findet. Deshalb strebe ich eine umfassende, langfristige

Lösung zur nachhaltigen Reduktion der Belastungen aus dem Straßengüterverkehr

für die betroffene Bevölkerung und die Umwelt an, die neben

Regulierungsmaßnahmen im Bereich des gesamten Straßengüterverkehrs

insbesondere auch Maßnahmen zur Verkehrsvermeidung, zur Verlagerung des

Verkehrs von der Straße auf den umweltfreundlichen Schienen - und den

kombinierten Verkehr, Maßnahmen im Bereich der „Kostenwahrheit‘ und der

Querfinanzierung der Schieneninfrastruktur umfassen soll.

Ein äußerst wichtiges Anliegen ist mir in diesem Zusammenhang auch die

Durchsetzung einer umfassenden Definition der sog. „sensiblen Gebiete" und die

Verankerung dieser Definition im Gemeinschaftsrecht sowie der Möglichkeit, in

diesen sensiblen Gebieten spezifische ökologische Maßnahmen zu setzen.