2373/AB XXI.GP
Eingelangt am:03.07.2001
DER BUNDESMINISTER
FÜR JUSTIZ
zur Zahl 2379/J - NR/2001
Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Peter Kostelka, Genossinnen und Genossen
haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „höchst hinterfragenswürdige
Vorgänge in der Spitzelaffäre“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1:
Der endgültige Abschlussbericht der Wirtschaftspolizei hatte nur noch jene
Verdächtigen und Fakten zum Gegenstand, zu denen zum Zeitpunkt der Erstellung
dieses Berichtes gerichtliche Vorerhebungen geführt wurden. Jene Personen und
Sachverhalte, die zu diesem Zeitpunkt nicht bzw. nicht mehr Gegenstand des
Strafverfahrens waren, wurden in den Schlussbericht der Wirtschaftspolizei vom 23.
März 2001 nicht aufgenommen. Diese Vorgangsweise entspricht der auch in
anderen Verfahren geübten und rechtlich gebotenen Praxis der
Sicherheitsbehörden, dem Gericht bzw. der Staatsanwaltschaft nur noch solche
Erhebungsergebnisse und Berichte zu übermitteln, die auf das noch
verfahrensanhängige Geschehen Bezug haben. Die Anzeigen gegen Dr. Jörg
Haider und Mag. Ewald Stadler waren am 5. Februar 2001 zurückgelegt worden, die
gegen sie erhobenen Vorwürfe und ermittelten Beweise waren bereits Gegenstand
von Vorberichten.
Zu 2:
Die Staatsanwaltschaft Wien hat weder an das Bundesministerium für Inneres noch
an eine andere Sicherheitsbehörde ein derartiges Ersuchen gerichtet. Die Anklage -
behörde hat die Wirtschaftspolizei nach Abschluss ihrer Erhebungen am
21. März 2001 lediglich beauftragt,
hinsichtlich der zu diesem Zeitpunkt gerichtsan -
hängigen Verdächtigen und Fakten einen - endgültigen - Abschlussbericht zu erstel -
len.
Zu 3:
Der Staatsanwaltschaft Wien ist eine derartige Einschätzung „aus Kreisen des
Bundesministeriums für Inneres“ nicht zur Kenntnis gelangt. Der Vorstand der
Wirtschaftspolizei äußerte gegenüber der Staatsanwaltschaft Wien hingegen
mehrfach seine Verwunderung über die seiner Ansicht nach unberechtigte Kritik in
Medienberichten. Demnach wird auch vom Vorstand der Wirtschaftspolizei von einer
sachlich und rechtlich indizierten, der allgemein üblichen Praxis entsprechenden
Vorgangsweise ausgegangen.
Zu 4:
Die Staatsanwaltschaft Wien hat alle von Josef Kleindienst erhobenen Vorwürfe in
sachlicher und rechtlicher Hinsicht einer eingehenden Überprüfung unterzogen.
Soweit dies für eine abschließende strafrechtliche Prüfung erforderlich war, hat die
Staatsanwaltschaft den Sicherheitsbehörden zur weiteren Aufklärung einzelner
Vorwürfe ergänzende Erhebungsaufträge erteilt bzw. entsprechende Anträge beim
Untersuchungsrichter gestellt. Die bisherigen Einstellungserklärungen gemäß § 90
Abs. 1 StPO erfolgten jeweils auf Grund einer umfassenden, auch erforderliche
Zeugenvernehmungen beinhaltenden, sachlichen Grundlage.
Zu 5:
lm Rahmen der gerichtlichen Vorerhebungen wurden und werden auf Veranlassung
der Staatsanwaltschaft Wien sämtliche Zeugen vernommen, deren Aussagen für die
Aufklärung strafrechtlich relevanter Umstände Bedeutung zukommt.
Zu 6:
Für eine weitere Strafverfolgung waren die nicht näher konkretisierten Anschuldigun -
gen Kleindiensts, er sei von Dr. Haider zur Informationsbeschaffung aufgefordert
worden, nicht ausreichend. Im Übrigen wäre hinsichtlich dieser Anschuldigungen
jedenfalls Verjährung eingetreten gewesen.
Zu 7:
Von der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich wurden umfassende Erhebungen
zur Klärung der Weitergabe der Anzeige bzw. von Anzeigenteilen zur Causa
„Ebergassing“ an Hans Jörg
Schimanek sen. durchgeführt. Die Darstellung von
Hans Jörg Schimanek sen., wonach ihm die genannten Unterlagen anonym
zugegangen sind, konnte nicht widerlegt werden. Ein für die Weitergabe verantwort -
licher (unbekannter) Täter konnte bislang nicht ausgeforscht werden, es bestehen
keine Anhaltspunkte für weitere Erhebungen.
Zu 8:
Die von Josef Kleindienst behauptete versuchte Bestimmung zur falschen Zeugen -
aussage soll im Zuge von Telefongesprächen zwischen Christian W. und Dr. Jörg
Haider bzw. Gerald Mikscha erfolgt sein. Christian W. bestätigte im Rahmen seiner
Einvernahme als Zeuge zwar die Tatsache dieser Telefongespräche, ein strafrecht -
lich als versuchte Bestimmung zu einer falschen Beweisaussage zu beurteilendes
Substrat konnte seinen Angaben jedoch nicht entnommen werden. So erklärte
Christian W. ausdrücklich, von Dr. Haider in keiner Weise zum Stillschweigen aufge -
fordert worden zu sein. Gerald Mikscha wiederum bestritt bei seiner Einvernahme
vor der Wirtschaftspolizei jegliche auf eine wahrheitswidrige Darstellung von Vorgän -
gen im Zusammenhang mit der „Spitzelaffäre“ abzielende Einflussnahme auf
Christian W.. Diese Verantwortung steht im Einklang mit einem der Sonderkommis -
sion vorliegenden Tonbandmitschnitt des Telefongespräches zwischen Gerald
Mikscha und Christian W. Da schon Christian W. selbst eine den §§ 12 (zweiter
Fall), 288 Abs. 1, 289 StGB zu unterstellende Einflussnahme durch Dr. Jörg Haider
verneinte, hätte eine (weitere) Einvernahme von Dr. Jörg Haider zur strafrechtlichen
Klärung dieses Faktums nichts beitragen können.
Zu 9:
Der von der Staatsanwaltschaft Wien gestellte Antrag auf Überwachung des
Fernmeldeverkehrs in Form einer Rufdatenrückerfassung betreffend den Telefonan -
schluss von Christian W. wurde von der Ratskammer des Landesgerichtes für Straf -
sachen Wien abgewiesen.
Zu 10:
Hinsichtlich des zu Frage 8. angeführten Sachverhaltes veranlasste die Staatsan -
waltschaft Wien Erhebungen durch die Sonderkommission des Bundesministeriums
für Inneres. Die Ergebnisse dieser Erhebungen führten am 22. Jänner 2001 zu einer
Zurücklegung der Anzeige gemäß § 90 Abs. 1 StPO. Eine Aufnahme dieses
Sachverhaltes in den endgültigen Abschlussbericht der Wirtschaftspolizei war daher
nicht mehr geboten.
Zu 11:
Die Staatsanwaltschaft Wien hat für die Verfahrenseinstellung eine zutreffend
begründete Einschätzung getroffen, wobei auch hier Argumente in Richtung Verfol -
gungsverjährung eine Rolle spielten. Die Zurücklegung der Anzeige erfolgte am
5. Februar 2001, eine Erwähnung im letzten Bericht der Wirtschaftspolizei vom
23. März 2001 war sohin nicht angezeigt.
Zu 12:
Eine unbegründete Verfahrenseinstellung ist nicht erfolgt. Die Staatsanwaltschaft
Wien hat nach eingehender Prüfung der Erhebungsergebnisse der Sonderkommis -
sion des Bundesministeriums für Inneres an die Oberstaatsanwaltschaft Wien
berichtet. Dieser Bericht enthielt eine ausführliche Darstellung der Erwägungen der
Anklagebehörde. Nach Prüfung durch die Oberstaatsanwaltschaft Wien wurde der
Bericht der zuständigen Fachabteilung im Bundesministerium für Justiz vorgelegt
und auch von dieser anhand der Erhebungsergebnisse überprüft und als zutreffend
gewertet.
Zu 13:
Nach den Erhebungsergebnissen hat Mag. Ewald Stadler zunächst im Zusammen -
hang mit dem Verfahren 15 Cg 195/95h des Handelsgerichtes Wien (Thomas K.
gegen Mag. Ewald Stadler) angegeben, er habe seinem Rechtsvertreter die Akten -
zahl einer Anzeige des Bezirkspolizeikommissariates Favoriten, die in einem im
Zivilverfahren eingebrachten Schriftsatz erwähnt wurde, nicht bekannt gegeben. Auf
Grund einer Eingabe der Verteidigerin von Mag. Stadler, wonach ihr Mandant nach
Durchsicht seiner Unterlagen festgestellt habe, dass er die gegenständliche Akten -
zahl doch an seinen Rechtsvertreter weitergegeben hätte, wurde von der Staatsan -
waltschaft Wien die ergänzende Einvernahme von Mag. Stadler zu diesem Punkt
veranlasst. Dabei bestätigte Mag. Stadler diese Darstellung. Konkrete, dieser
Behauptung von Mag. Stadler widersprechende Beweisergebnisse liegen nicht vor.
Zu 14:
Die Staatsanwaltschaft Wien hat bereits gegen unbekannte Täter Vorerhebungen
wegen des Verdachtes der Verletzung des Amtsgeheimnisses nach dem § 310
Abs. 1 StGB durch zeugenschaftliche Einvernahme von Dr. Jörg Haider und
Mag. Ewald Stadler bei Gericht beantragt.
Zu 15:
Auf Grund der Erhebungen der Sonderkommission des Bundesministeriums für
Inneres konnte eine den §§ 12 (zweiter Fall), 302 Abs. 1, 310 Abs. 1 StGB zu
unterstellende Beschaffung von amtsgeheimen Informationen durch Mag. Ewald
Stadler nicht erwiesen werden. Sohin stellt sich für seine Person die Frage des
Schädigungsvorsatzes nicht. Seine Verantwortung, Unterlagen über die Firma
NORDEX seien ihm zugespielt worden, konnte nicht widerlegt werden.