2388/AB XXI.GP

Eingelangt am:04.07.2001

 

BUNDESMINISTERIUM FÜR

VERKEHR, INNOVATION

UND TECHNOLOGIE

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2390/J - NR1200 1 betreffend

Ausdünnung des Nahverkehrs im ländlichen Raum (Anfrage 9 zur Verschlechterung

der Infrastruktur im ländlichen Raum durch die sogenannte Verwaltungsreform der

Bundesregierung), die die Abgeordneten Dr. Kostelka und GenossInnen am 4. Mai

2001 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

 

Frage 1:

Wann wird die Post - Autobus - AG tatsächlich von der ÖIAG privatisiert werden? Wer

wird der wahrscheinliche Käufer sein?

 

Antwort:

Die Beantwortung dieser Frage fällt in den Kompetenzbereich des Herrn

Bundesministers für Finanzen.

 

Fragen 2, 3 und 4:

In welcher Form wollen Sie sicherstellen, dass nicht massiv Kurse, insbesondere im

ländlichen Raum, eingestellt werden?

 

Wie viele Kurse und welche wurden, gegliedert nach Bundesländern, von der Post -

Autobus - AG bereits seit 1.1.2001 eingestellt?

 

Wie viele Arbeitsplätze gingen dadurch verloren?

 

Antwort:

Was die Beantwortung dieser Fragen anlangt, darf ich vorweg mitteilen, dass der

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie kein Weisungsrecht

hinsichtlich der wirtschaftlichen Führung der Österreichischen Postbus AG zukommt.

Ich habe aber Ihre Anfrage mit der Bitte um Stellungnahme weitergeleitet; seitens der

Österreichischen Postbus AG wird folgendes ausgeführt:

 

Der neue Ordnungsrahmen gemäß ÖPNRV - G 1999 sieht die Kompetenz für die

Aufrechterhaltung des Nahverkehrs bei den Ländern und Gemeinden. Der Bund

leistet laut § 10 ÖPNRV - G 1999 in einer 5 - jährigen Übergangsphase einen

begrenzten, zeitlich abgestuften Zuschuss an die Österreichische Postbus AG. Im

Ausmaß der jährlichen Abschichtung dieser Bundesmittel um 20 % können

Leistungsanpassungen durch andere Besteller aufgefangen werden.

 

Seit 1.1.2001 wurden (bis inkl. 31.5.2001) von der Postbus AG lediglich 16 Kurse

eingestellt, davon 13 in Niederösterreich und 3 in Oberösterreich. Betroffen waren

ausschließlich frequenzschwache Kurse an Samstagen oder Sonntagen. Konkret

waren folgende Linien betroffen:

 

                Niederösterreich.

 

                Linie 1008:   Kurse 9 und 24 an Sonntagen (Mistelbach - Jedenspeigen)

                Kurse 30 und 36 an Samstagen (Drösing - Jedenspeigen)

                Linie 1010:   Kurse 6 und 24 an Samstagen (Bemhardsthal - Poysdorf)

                Linie 1016:   Kurse 3 und 6 an Sonntagen (Mistelbach - Laa/Thaya)

                Linie 1022:   Kurse 27, 36 und 43 an Samstagen (Rabensburg - Mistelbach)

                Kurse 10 und 45 an Sonntagen (Rabensburg - Mistelbach)

 

                Oberösterreich:

 

                Linie 2014:   Kurs 1 an Samstagen wenn Werktag (Enzenkirchen - Eferding)

                Kurs 2 an Samstagen wenn Schultag (Enzenkirchen - Peuerbach)

                Linie 2006:   Kurs 12 an Samstagen wenn Schultag (Engelhartszell - Linz)

 

Durch bestellte Mehrleistungen (inkl. Saisonverkehre) sind diese Kurseinstellungen

mehr als ausgeglichen worden, die Betriebsleistung des Postbus lag im ersten

Quartal 2001 um fast 2 % über der Betriebsleistung im Vergleichszeitraum des

Vorjahres.

 

Direkt durch diese Kursrücknahmen sind keine Arbeitsplätze verloren gegangen.

 

Fragen 5 und 6:

 

Auf welchen Nebenbahnen wird in Österreich aus heutiger Sicht bis zum Jahresende

2001 der Betrieb eingestellt werden und wird es dafür einen Ersatzverkehr in gleicher

Qualität geben?

 

Können Sie garantieren, dass der Nahverkehr im ländlichen Raum in gleicher

Qualität wie bisher erhalten bleibt?

 

Antwort:

In Beantwortung dieser Frage sollen vorerst die möglichen Szenarien bei der

Einstellung von Nebenbahnen dargestellt werden. Demnach sind folgende Szenarien

möglich:

 

a. Die ÖBB stellen den Güterverkehr oder den Personenverkehr ein

 

Dadurch würden freie Zugtrassen zur Verfügung stehen. Im Lichte des freien

Netzzuganges für Dritte können diese Zugtrassen von anderen konzessionierten

Eisenbahnverkehrsunternehmen genutzt werden. Das Land, aber auch sonstige

Interessierte können außerdem Verkehrsdiensteverträge mit diesen neuen

konzessionierten Eisenbahnverkehrsunternehmen abschließen und bestimmte

Leistungen gegen Bezahlung in Auftrag geben.

 

b. ÖBB beabsichtigen, den Personen- und Güterverkehr und den Betrieb der

Infrastruktur einzustellen

 

Diese Einstellung unterliegt den Bestimmungen des § 29 Eisenbahngesetz. D.h. die

ÖBB müssen einen Einstellungsantrag bei der Eisenbahnbehörde im BMVIT stellen.

Nach entsprechender Prüfung kann, um den Betrieb auf einer von den ÖBB

eingestellten Nebenbahn weiterhin aufrecht zu erhalten, eine öffentliche -

europaweite - Ausschreibung durchgeführt und Interessenten für die

Aufrechterhaltung des Betriebes gesucht werden. Die Ausschreibungskriterien

könnten dabei nach folgenden Prioritäten geordnet werden:

 

-              Betrieb der Infrastruktur und des Güter - und Personenverkehrs

-              Güter - und Personenverkehr

-              Personen - oder Güterverkehr

-              Anschlußbahnähnlicher Betrieb

-              Betrieb als Museumsbahn.

 

Der Bund würde in den ersten drei Fällen diesen neuen Eisenbahnunternehmen

auch die gemeinwirtschaftlichen Leistungen analog zu den Regelungen für

Privatbahnen zur Verfügung stellen. Bei Übernahme des Betriebes der Infrastruktur

würden auch für Dritte die Erhaltung der Infrastruktur gemäß dem

Privatbahnunterstützungsgesetz gefördert werden.

 

Gemäß § 29 Eisenbahngesetz 1957 i.d.g.F. veranlasste das Bundesministerium für

Verkehr, Innovation und Technologie, dass die

Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesellschaft m.b.H. mit 15. März 2001 für folgende

Strecken eine öffentliche Interessentensuche durchführte, welche bis zum 23. Mai

2001 befristet war:

 

-              Weitersfeld - Drosendorf (Niederösterreich)

-              Göpfritz - Raabs (Niederösterreich)

-              Siebenbrunn - Leopoldsdorf - Engelhartstetten (Niederösterreich)

-              Ernstbrunn - Mistelbach (Niederösterreich)

-              Poysdorf - Dobermannsdorf (Niederösterreich)

-              Gmünd - Groß Gerungs (Niederösterreich)

-              Gmünd - Litschau (Niederösterreich)

-              Freiland - Türnitz (Niederösterreich)

-              Wietersdorf - Hüttenberg (Kärnten)

-              St. Paul - Lavamünd (Kärnten)

-              Mürzzuschlag - Neuberg Ort (Steiermark)

-              Rohr - Bad Hall (Oberösterreich)

 

Bezüglich der Strecke Siebenbrunn - Leopoldsdorf - Engelhartstetten

(Niederösterreich) darf ich feststellen, dass ich den Österreichischen Bundesbahnen

die verkehrspolitische Weisung erteilt habe, den Personenverkehr auf dieser Strecke

weiterzubetreiben.

Bezüglich der Strecke Gmünd - Groß Gerungs darf ich feststellen, dass von den

Österreichischen Bundesbahnen noch kein Einstellungsantrag gemäß § 29

Eisenbahngesetz i.d.g.F. gestellt worden ist bzw. noch nicht gestellt werden konnte,

da soeben die Interessentensuche für die gegenständliche Strecke durchgeführt

worden ist und derzeit ausgewertet wird und es für mich derzeit keinen Grund gibt,

warum von den Österreichischen Bundesbahnen z. B. an Wochenenden und an

Feiertagen ein Regelpersonenverkehr nicht stattfinden kann. Ich habe das auch in

entsprechender Form den ÖBB mitgeteilt.

 

Des weiteren erlaube ich mir, die bisherige Chronologie der

Nebenbahnausschreibung und den Letztstand der Auswertung derselben per 29. Mai

2001 darzustellen.

 

06. März 2001:      Versendung der Bekanntmachungstexte an das Amt für amtliche

                                 Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften

15. März 2001:       Veröffentlichung der Bekanntmachung der Interessentensuchen

                                 im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften

20. März 2001:        Pressekonferenz anlässlich der nationalen Bekanntmachung der

                                 Interessentensuchen

21. März 2001:        Veröffentlichung der Bekanntmachung der Interessentensuchen

                                 auf nationaler Ebene (Amtsblatt der Wiener Zeitung, APA;

                                 redaktionelle Beiträge in den wichtigsten österreichischen

                                 Tageszeitungen); Beginn der Versendung der

                                  Informationsunterlagen auf Anforderung.

11. April 2001:        Ende der Anforderungsfrist für Informationsunterlagen

23. Mai 2001:          Ende der Einreichfrist für Interessensbekundungen bei der

                                  SCHIG mbH

25.Mai2001:            Beginn der Eignungsprüfung der Interessenten

 

Bis zum 23. Mai 2001 haben 6 Interessenten (2 österreichische

Privatbahnunternehmen, 1 österreichisches Unternehmen, 1 Verein, 2

Privatpersonen) der SCHIG mbH ihre Interessensbekundungen übermittelt. Es

wurden für alle 12 Strecken, für die eine Interessentensuche durchgeführt wurde,

Interessensbekundungen abgegeben:

 

Nebenbahnstrecke

 Interesse an

 öffentlichem

 Eisenbahn-

 verkehr *

 

 Interesse an

 nicht-

 öffentlichem

 Eisenbahn-

 verkehr

Weitersfeld - Drosendorf (Niederösterreich)

 1(IS+GV+PV)

 1

Göpfritz - Raabs (Niederösterreich)

 1(IS+GV+PV)

 -

Siebenbrunn - Leopoldsdorf - Engelhartstetten

(Niederösterreich)

 1 (IS+GV+PV)

 

 -

 

Ernstbrunn - Mistelbach (Niederösterreich)

 1(IS+GV+PV)

 -

Poysdorf - Dobermannsdorf (Niederösterreich)

 1(IS+GV+PV)

 -


 

Gmünd - Groß Gerungs (Niederösterreich)

 1(IS+GV+PV)

 -

Gmünd - Litschau (Niederösterreich)

 1 (IS+GV+PV)

 1

Freiland - Türnitz (Niederösterreich) 1(IS+GV+PV)

 -

 

Wietersdorf - Hüttenberg (Kärnten)

 1(IS+GV)

 -

St.Paul - Lavamünd (Kärnten)

 2 (IS+GV+PV)

 -

Mürzzuschlag - Neuberg Ort (Steiermark)

 2 (IS+GV+PV)

 1

Rohr - Bad Hall (Oberösterreich)

 -

 1

* IS: Erhaltung und Betrieb der Infrastruktur

GV: Güterverkehr

PV: Personenverkehr

 

Wie aus der oben angeführten Liste hervorgeht, wurde für die Strecke Rohr - Bad

Hall lediglich eine Interessentensuche, die sich auf die Weiterführung der Nebenbahn

als nicht - öffentliche Eisenbahn (Anschlussbahn) bezieht, abgegeben.

 

Die SCHIG mbH empfiehlt deshalb die dauernde Einstellung der Strecke Rohr - Bad

Hall.

 

Für die restlichen 11 Nebenbahnstrecken wurden bei der SCHIG mbH

Interessensbekundungen eingebracht, die das Interesse an einer Übernahme der

Strecke als öffentliche Eisenbahn dokumentieren (siehe obige Liste). Derzeit wird die

Eignung der Interessenten auf Basis der in den Informationsunterlagen angegebenen

Eignungskriterien durch die SCHIG mbH anhand der übermittelten Unterlagen

überprüft.

 

Des weiteren darf festgestellt werden, dass die NÖVOG für das Land

Niederösterreich eine Ausschreibung der Verkehrsdienste für die Nebenbahnstecken

Ybbstalbahn und Mariazellerbahn durchführt. Bei erfolgreicher Ausschreibung

bleiben die Österreichischen Bundesbahnen gemäß Eisenbahngesetz 1957 i.d.g.F.

Infrastrukturbetreiber.

 

Die Erhaltung des Nahverkehrs im ländlichen Raum in gleicher Qualität wird vom

Ergebnis der Ausschreibung abhängen.