2460/AB XXI.GP

Eingelangt am: 12.07.2001

BM für Finanzen

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und

Genossen vom 5. Juli 2001, Nr. 2667/J, betreffend Verkauf von arisiertem Liegenschaftsbesitz

durch die Österreichischen Bundesforste, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Einleitend möchte ich festhalten, dass gemäß § 47 Abs. 1 (nur) der Bundesminister für

Finanzen Liegenschaften des ehemaligen „Deutschen Eigentums“ veräußern kann. Gemäß

Abs. 2 bedarf eine derartige Veräußerung, wenn der Preis im Einzelfall 10 Millionen ATS

übersteigt, der vorausgehenden Zustimmung des Hauptausschusses. Das Verkaufsverfahren

selbst wird in der Regel durch das jeweils zuständige Ressort oder Unternehmen durch -

geführt

 

Die konkreten Fragen beantworte ich daher auf der Grundlage von Stellungnahmen der

Österreichischen Bundesforste AG (ÖBf - AG) und der Finanzprokuratur.

 

Zu 1.:

Nein.

 

Zu 2. und 3.:

Im gegenständlichen Fall steht auf Grund der Information der ÖBf - AG vorn 11. Juni 2001

zweifelsfrei fest, dass gemäß dem am 28.5. 1942 abgeschlossenen Kaufvertrag der Kaufpreis

von 225.000 RM für das Gut Autal der Verkäuferin, Frau Helene Hoffmann geb. Sonnen -

schein, tatsächlich zugekommen ist.

 

Vom Kaufpreis von 315.235 RM für das 1944 verkaufte Gut Pölsen ist allerdings nur eine

Anzahlung von 86.925 RM sofort entrichtet worden. Der Kaufpreisrest von 228.310 RM

(=228.310 ATS) wurde samt Zinsen im Jahre 1951 vom öffentlichen Verwalter der Güter

Pölsen - Autal - Bretstein ausbezahlt.

 

Grund für den Verkauf war eine Erbschaftsteuerschuld, die in keinem Zusammenhang mit

einer Judenvermögensabgabe oder einer Reichsfluchtsteuer stand. Der Kaufpreis wurde auch

nicht auf ein Sperrkonto bezahlt.

 

Bei den in der Schweiz erfolgten Abschlüssen beider Kaufverträge war Frau Hoffmann durch

einen Schweizer Notar und durch zwei Rechtsvertreter ihres Vertrauens rechtsfreundlich ver -

treten. Ich ersuche um Verständnis dafür, dass ich Aussagen in Pressemeldungen grund -

sätzlich nicht kommentiere.

 

Zu 4. und 5.:

Über den Inhalt des Vergleiches, somit auch über die Höhe des den Erben ausbezahlten Ent -

schädigungsbetrages wurde, auch über ausdrücklichen Wunsch der Erben, vertrauliche Be -

handlung vereinbart, soweit nicht gesetzliche Offenlegungspflichten bestehen. Ich sehe mich

daher im Interesse der Erben außer Stande, diese Frage ohne Entbindung von der Ver -

traulichkeit durch die Erben konkret zu beantworten, darf allerdings darauf hinweisen, dass im

Zuge der Beratungen im Hauptausschuss die betreffende Summe genannt wurde. Im Übrigen

unterliegt der abgeschlossene Vergleich der nachfolgenden Kontrolle durch den

Rechnungshof.

 

Da der den Erben ausbezahlte Abfindungsbetrag von diesen bzw. deren Rechtsvertreter

freiwillig und in Kenntnis sowohl des Regierungsabkommens vom 17.1.2001 zwischen der

Republik Österreich und den USA als auch des von der ÖBF - AG angestrebten und

inzwischen realisierten Verkaufserlöses akzeptiert wurde und die Erben auf alle wie immer

gearteten Ansprüche gegen die Republik Österreich (ÖBf - AG) und den Entschädigungsfonds

verzichtet haben, halte ich die vorgenommene Lösung insgesamt für moralisch vertretbar.

 

Zu 6.:

Nach den den ÖBf und der Finanzprokuratur vorliegenden Informationen ist davon

auszugehen, dass allen Erben ein Teil des Abfindungsbetrages zukommt.

Zu 7.:

Der Verkaufspreis der Forstgüter Pölsen und Autal beträgt 300 Millionen ATS zuzüglich

15 Millionen ATS zur Abgeltung allfälliger Ersatzansprüche von Jagdpächtern, somit ins -

gesamt 315 Millionen ATS.

 

Zu 8.:

Diese Frage habe ich durch die Finanzprokuratur, die auch an den Verhandlungen zum

Abschluss des Washingtoner Übereinkommens beteiligt war, umfassend prüfen lassen.

 

Danach kommt im gegenständlichen Fall nach Ansicht der Finanzprokuratur aus mehreren

Gründen eine Naturalrestitution nicht in Betracht:

• Gemäß § 28 Abs 1 Z 2 des Entschädigungsfondsgesetzes umfasst der Begriff des (rück -

   stellungspflichtigen) „öffentlichen Vermögens“ Liegenschaften und Überbauten, welche

   niemals Gegenstand einer Forderung waren, die bereits zuvor durch österreichische

   Gerichte oder Verwaltungsbehörden entschieden oder einvernehmlich geregelt wurde und

   für die der Antragsteller oder ein Verwandter nicht auf andere Weise eine Entschädigung

   oder sonstige Gegenleistung erhalten hat. Im konkreten Fall hat die seinerzeitige Eigen -

   tümerin neben den ursprünglichen Kaufpreiszahlungen auch den Kaufpreisrest erhalten.

• Daraus, dass die seinerzeitige Eigentümerin ausdrücklich auf einen Rückstellungs -

   anspruch verzichtet und vielmehr den Kaufpreisrest eingeklagt hat, kann geschlossen

   werden, dass sie den Kaufvertrag aufrecht erhalten und von einer allfälligen Nichtigkeit

   des Rechtsgeschäftes keinen Gebrauch machen wollte. Auch nach § 32 Abs. 1 des Ent -

   schädigungsfondsgesetzes ist aus diesem Grund ein Anspruch auf Naturalrestitution aus -

   geschlossen.

• Durch den nunmehrigen Vergleich liegt überdies eine einvernehmliche Regelung im Sinne

   des § 32 Abs 1 leg. cit. vor.

• Im Hinblick darauf, dass die Erben nach Frau Hoffmann anlässlich dieses Vergleiches

   anwaltlich vertreten waren und deren Rechtsvertreter über den Inhalt des Anhanges A

   zum Regierungsübereinkommen informiert war, kann keinesfalls davon gesprochen

   werden, dass sich die Republik Österreich ihrer völkerrechtlichen Verpflichtung entzieht.

 

Zu 9. und 10.:

Nach der mir vorliegenden Information wurde vom Aufsichtsrat der ÖBf - AG am 28. März 2001

deren Mitarbeiter Herr Dr. Gottfried HAMBÖCK zum Beauftragten für die Prüfung allfälliger

„arisierter“ Liegenschaften bestellt. Diesem obliegt es, alle Liegenschaften der ÖBf - AG unter

diesem Aspekt zu überprüfen.

 

Diese Erhebungen sollen bis Jahresende 2001 abgeschlossen sein, sodass zu diesem

Zeitpunkt voraussichtlich ein entsprechender Bericht vorgelegt werden kann.

 

Zu 11.:

Ich ersuche um Verständnis dafür, dass ich aufgrund der Kompetenzverteilung nach dem

Bundesministeriengesetz in dieser Angelegenheit nicht für die Bundesregierung sprechen

kann. Beispielsweise sei jedoch erwähnt, dass im Ministerrat am 10. Juli 2001 die Bundes -

regierung die österreichischen Vertreter im Antragskomitee und in der Schiedsinstanz

nominiert hat.

 

Zu 12.:

Auch diese Angelegenheit fällt nicht in den Aufgabenbereich des Bundesministeriums für

Finanzen. Wie mir jedoch mitgeteilt wurde, ist eine Beauftragung an die Historikerkommission

bereits in die Wege geleitet worden.