2795/AB XXI.GP
Eingelangt am: 15.11.2001
BUNDESMINISTERIUM FÜR SOZIALE SICHERHEIT UND GENERATIONEN
Sehr geehrter Herr Präsident!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde betreffend Gehörlosenambulanzen und medizinische Versorgung von hörbehinderten und gehörlosen Menschen, Nr. 2872/J, wie folgt:
Frage 1:
Nach den Ergebnissen des vom Österreichischen Statistischen Zentralamt (nunmehr Bundesanstalt Statistik Österreich) im Jahr 1995 durchgeführten Mikrozensus-Son-derprogrammes “Personen mit körperlichen Beeinträchtigungen" gab es in Österreich insgesamt rund 456.000 hörbeeinträchtigte Personen (ca. 6,4 % der Bevölkerung), die sich wie folgt auf die verschiedenen Arten von Hörbeeinträchtigungen verteilen:
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Hörbeeinträchtigte
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Anzahl
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%-Anteil
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Taubheit an beiden Ohren (Gehörlose)
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9.100
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0,1
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Schwerhörigkeit an beiden Ohren
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177.700
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2,5
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Taubheit an einem Ohr
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41 .800
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0,6
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Schwerhörigkeit an einem Ohr
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137.200
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1,9
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Probleme, einem Gespräch zu folgen
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96.300
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1,4
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Hörgeräusche
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43.500
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0,6
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Insgesamt
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*)456.000
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*)6,4
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*) Da Mehrfachangaben möglich waren, ist die Summe der einzelnen Beeinträchtigungen höher als die Zahl der beeinträchtigten Personen.
Quelle: Statistik Austria - Statistische Nachrichten 6/1997, S. 472
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Frage 2:
Auf Datenbasis der vorläufigen Diagnosen; und Leistungsberichte der Fonds-Krankenanstalten für das Jahr 2000 gab es in Österreich im stationären Bereich insgesamt 8.371 Diagnosen (1.292 Hauptdiagnosen, 7079 Zusatzdiagnosen) mit dem ICD-9-Code 389 “Taubheit und Schwerhörigkeit (Diagnosenschlüssel ICD-9 BMAGS 1998). Über die Anzahl solcher PatientInnen im ambulanten Bereich (Krankenhausambulanzen, niedergelassene Ärzte) liegen meinem Ressort keine Daten vor.
Fragen 3 und 4:
Bei einer im Zeitraum 1997/98 in den Fonds-Krankenanstalten durchgeführten Erhebung im Rahmen der Arbeiten zur Gesundheitsplanung gaben die folgenden Krankenanstalten an, eine Spezialambulanz für Audiologie (Wissenschaft vom Hören und den Störungen des Gehörs) zu führen:
- Niederösterreich: Krankenhaus Mistelbach,
- Oberösterreich: Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Linz, Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Linz, Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Wels,
- Salzburg: Kardinal Schwarzenberg'sches Krankenhaus Schwarzach,
- Tirol: Landeskrankenhaus-Universitätskliniken Innsbruck,
- Vorarlberg: Landeskrankenhaus Feldkirch,
- Wien: AKH Wien, SMZ Ost-Donauspital.
Inwieweit es sich hiebei tatsächlich um Gehörlosenambulanzen handelt, kann ohne weitere Primärerhebungen nicht festgestellt werden. Außerdem kann davon ausgegangen werden, dass es neben den erwähnten noch weitere derartige Einrichtungen gibt (etwa Landeskrankenhaus Salzburg) bzw. dass solche geplant sind. Auch dies müsste im Einzelfall erhoben werden, weil meinem Ressort keine Statistiken mit derartigen Informationen vorliegen.
Im Übrigen verwiese ich darauf, dass dem Bund im Bereich der Krankenanstalten nur die Grundsatzgesetzgebung (Art. 12 B-VG) zu kommt. Die Ausführungsgesetzgebung und die Vollziehung und somit die nähere Ausgestaltung fällt in die Zuständigkeit der Länder.
Fragen 5 bis 7:
Mein Ressort verfügt hinsichtlich des niedergelassenen Bereiches über keine diesbezüglichen Daten.
Aus Anlass dieser Anfrage wird die Österreichische Ärztekammer ersucht, im Wege der Landesärztekammern zu erheben, wo und auf welchen medizinischen Gebieten eine ärztliche Versorgung durch ÄrztInnen, die die Gebärdensprache beherrschen, gegeben ist. Weiters wird die Österreichische Ärztekammer gebeten, das Ergebnis dieser Erhebung als Übersicht zusammenzufassen, um auf Anfrage entsprechende Auskünfte geben zu können.
Fragen 8 und 9:
Die einzige meinem Ressort bekannte Versorgungseinheit mit zumindest einem die Gebärdensprache beherrschenden Facharzt ist die in Kooperation geführte HNO-Einheit der Krankenhäuser der Barmherzigen Brüder Linz und der Barmherzigen Schwestern Linz. Dies bedeutet aber nicht, dass es nicht auch in anderen Krankenanstalten die Gebärdensprache beherrschende ÄrtzInnen oder sonstiges Personal gibt.
Auch in diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass dem Bund im Bereich der Krankenanstalten nur die Grundsatzgesetzgebung zu kommt.
Frage 10:
Im Zuge der Neuregelung des Behandlungsbeitrages-Ambulanz nach der bekanntermaßen aus formalen Gründen erfolgten Aufhebung der bisherigen Regelung durch den Verfassungsgerichtshof wurden die medizinischen Ausnahmetatbestände im Interesse einer geordneten Vollziehung präziser formuliert und eingegrenzt. So ist der Ausnahmetatbestand für medizinische Notfälle gemäß § 135a Abs. 2 Z 2 ASVG nunmehr auf Fälle beschränkt, bei denen auf den Ambulanzbesuch unmittelbar eine stationäre Aufnahme folgt. Weiters darf gemäß § 135a Abs. 2 Z 7 ASVG bei Behandlung für Dialyse oder bei Strahlen- oder Chemotherapie in Ambulanzen kein Behandlungsbeitrag eingehoben werden.
Diese Ausnahmen von der Beitragspflicht sind, abgesehen von dem - möglicherweise auch auf andere Patientengruppen zutreffenden - Aspekt der Unterversorgung hinsichtlich dieser Therapieformen im extramuralen Bereich insbesondere auch wegen der Dauer, Intensität, Schwere und Häufigkeit dieser, in besonderer Weise in die Lebensführung eingreifenden und komplikationsreichen Therapieformen sachlich gerechtfertigt. Eine darüber hinausgehende generelle Ausnahme vom Behandlungsbeitrag für bestimmte Gruppen von Patienten ist nicht vorgesehen.
In diesen anderen Fällen bleibt aber zu prüfen, ob einer der bestehenden gesetzlichen Ausnahmetatbestände vorliegt: Hier wäre an eine Befreiung aufgrund der Kindeseigenschaft, des Vorliegens der Voraussetzungen für die Befreiung von der Rezeptgebühr oder nach den Richtlinien des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger für die Nachsicht vom Behandlungsbeitrag-Ambulanz zu denken. Dazu muss allerdings angemerkt werden, dass diese Ausführungen nur auf medizinische Leistungen, die in Gehörlosenambulanzen erbracht werden, zutreffen. Für Leistungen mit sozialem Hintergrund, wie z.B. das Erlernen der Gebärdensprache, sind die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung ja von Grund auf nicht leistungszuständig. Für diese Leistungen kann daher auch nicht der Behandlungsbeitrag-Ambulanz anfallen.
Frage 11:
Nein. Ich halte den Behandlungsbeitrag-Ambulanz schon aufgrund des damit verbundenen Steuerungseffektes für berechtigt. Es soll dadurch, zumindest mittel- bis längerfristig, die Überlastung in den Ambulanzen zurückgedrängt und damit Res-
sourcen für jene Patienten, die auf einen Ambulanzbesuch angewiesen sind, freigehalten werden. Im Übrigen ist dieser Beitrag, der einen Bestandteil des Konzeptes der Bundesregierung zur Sanierung der gesetzlichen Krankenkassen im ASVG-Bereich darstellt, sozial ausgewogen und in einer moderaten Form festgelegt, sodass kein Versicherter über Gebühr in Anspruch genommen wird. Eine solche Maßnahme ist meines Erachtens jedenfalls einer Erhöhung von Sozialversicherungsbeiträgen vorzuziehen.