2804/AB XXI.GP

Eingelangt am: 19.11.2001

 

 


BUNDESMINISTERIUM für
WIRTSCHAFT und ARBEIT

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 2835/J betreffend
geplante legistische Maßnahmen hinsichtlich AMS Beantwortung, welche die
Abgeordneten Heidrun Silhavy und Genossen am 26. September 2001 an mich
richteten, stelle ich fest:

Antwort zu Punkt 1 der Anfrage:

Ich darf auf die Beilage verweisen.

Antwort zu Punkt 2 der Anfrage:

Im VA-Ansatz 1/63518 (Budget 2001).

Antwort zu Punkt 3 der Anfrage:

Im   Rahmen  des  ökonomischen   Bewertungsverfahren  wurden  die  Wirtschafts-
forschungsinstitute Wifo und IHS beauftragt.

Die Kosten betragen inkl. MWSt S 666.400,00, die Bedeckung erfolgt bei VA-Ansatz
1/63518.


Antwort zu Punkt 4 der Anfrage:

Die Umrechnung der makroökonomischen Parameter in Gebarungsprognosen
wurde von Experten meines Ressorts erarbeitet. Die vorliegenden Rohprognosen für
die Gebarung Arbeitsmarktpolitik werden nunmehr in einem zweiten Schritt mit
Experten des Arbeitsmarktservice Österreich, Wirtschafsprüfern und Steuerbera-
tungsexperten im Detail diskutiert und abgestimmt.


 


10.4.2001
Sm-Sz/Ks BMWA/06003

WIEN: TUCHLAUBEN 13 (EINGANG KLEEBLATTG. 4) . A - 1014 WIEN . TEL (+43 1) 534 37 - 0 • FAX (+43 1) 533 25 21
GRAZ: MARBURGER KAI 47 • A - 8010 GRAZ • TEL (+43 316) 833 77 7 - 0 • FAX (+43 316) 833 77 7 - 33
BRÜSSEL: AVENUE DE CORTENBERG 52 • B - 1000 BRÜSSEL • TEL (+32 2) 743 40 40 • FAX (+32 2) 743 40 49
BUKAREST: STRADA SF SPIRIDON 12/A/lll/8 « RO-70231 BUKAREST • TEL (+40 1) 310 15 33 • FAX (+40 1) 211 10 27

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INHALTSVERZEICHNIS

I.     SACHVERHALT......................................................................................................................4

II.   FRAGESTELLUNG UND GLIEDERUNG........................................................................... 4

III. RECHTLICHE BEURTEILUNG............................................................................................ 6

A. Allgemeiner Teil...................................................................................................................... 6

1. Einleitung.............................................................................................................................. 6

2. Kompetenzverteilung............................................................................................................ 8

3. Gleichheitsgrundsatz............................................................................................................. 8

4. Effizienzgrundsatz................................................................................................................9

5. Ausgliederung bloß vereinzelter Aufgaben........................................................................ 10

a.      Allgemeines.............................................................................................................. 10

b.      Genuine Staatsaufgaben............................................................................................ 11

c.       Aufgabenbereich nach der einfachgesetzlichen Rechtslage..................................... 12

d.      Art der zu besorgenden Angelegenheit..................................................................... 14

6. Leitungsbefugnis................................................................................................................. 15

7. Sonderfragen....................................................................................................................... 16

ad Pkt 4.4.:         Ausgestaltung des Rechtszuges:............................................................. 16

ad Pkt 5.2.:         Gestaltung der Art und des Umfanges des Aufsichtsrechtes des Bundes-
minister über die GmbH im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung:............................. 22

B. BESONDERER TEIL........................................................................................................... 22

1. Allgemeines ........................................................................................................................22

2. Grundkonzept der Umwandlung des AMS in eine GmbH................................................. 23

ad Pkt 2.1.:           Vereinbarkeit des GmbH-Konzepts mit der derzeitigen föderalen Struk-
tur des AMS:
         ..............................................................................................................23

ad Pkt 2.2.:                 Vereinbarkeit von Dirimierungsrechten und Abstimmungserforder-
nissen mit dem GmbH-Recht:............................................................................................26

ad Pkt 2.3.:         Einbindung der Sozialpartner: ................................................................26

ad Pkt 2.5.:         Wahrnehmung der Eigentümerrechte:.................................................... 27

ad Pkt 2.6.:         Erarbeitung von Alternativszenarien:..................................................... 28

ad Pkt 2.7.:          Vereinbarkeit des GmbH-Konzeptes mit dem ILO-Überein-kommen:29

3. Gebarungsrecht................................................................................................................... 31

ad Pkt 3.2.:          Analyse der bisherigen Ausgliederungen und Umwandlungen von Auf-
gabenbereichen in GmbHs:
................................................................................................ 31

ad Pkt 3.3.:        Vorschußweise Bestreitung der Ausgaben durch den Bund:.................. 37


ad Pkt 3.4.:         Übertragung der Beitragsfestsetzung an die GmbH: ..............................42

4. Sonstige Fragen:..................................................................................................................46

ad Pkt 6.1.:         Prüfung durch Rechnungshof und Volksanwaltschaft:...........................46

ad Pkt 6.2.:         Beratung und Vertretung durch die Finanzprokuratur:..........................^?

ad Pkt 6.3.:         Datenverarbeitung und Datenzugriff:.....................................................47

ad Pkt 6.4.:         Verschwiegenheitspflicht:....................................................................... 49

ad Pkt 6.5.:           Haftung des Bundes für schuldhaft zugefügte Schäden mit Rücker-
satzanspruch gegenüber den Organen und Arbeitnehmern:............................................... 50

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I. SACHVERHALT

Das Arbeitsmarktservice Austria (in der Folge kurz: AMS) ist derzeit als
"Dienstleistungsunternehmen des öffentlichen Rechts mit eigener
Rechtspersönlichkeit" eingerichtet (vgl § l Abs l zweiter Satz des "Bundesgesetzes
über das Arbeitsmarktservice", BGB1 313/1994 idF BGB1 I 15/2000; in der Folge
kurz: AMSG). Es gliedert sich in eine Bundesorganisation ("Arbeitsmarktservice
Österreich"), neun Landesorganisationen (zB "Arbeitsmarktservice
Niederösterreich") und - innerhalb dieser Landesorganisationen - in weitere
regionale Organisationen (zB "Arbeitsmarktservice Horn"; vgl § l Abs 2 AMSG).
Die damit gesetzlich vorgesehene Organisation weist einen besonders hohen Grad
an Dezentralisation auf.

Aufgabe des AMS ist "die Durchführung der Arbeitsmarktpolitik des Bundes" (§ l
Abs 1 AMSG). Dabei obliegen der Bundesorganisation grundsätzliche alle
Angelegenheiten, die über den Bereich eines Bundeslandes hinausgehen oder für
die eine einheitliche gesamtösterreichische Vorgangsweise erforderlich ist (§ 4
Abs l AMSG); dem AMSG lassen sich im einzelnen detaillierte Aufgabenkataloge
entnehmen (vgl zB §§ 4 Abs 2, 29 Abs l und Abs 2, 32 Abs 2, 33 etc AMSG). Die
Aufgabenbesorgung findet entweder behördlich oder privatrechtsförmig statt
(§§ 58 f AMSG). Zusätzliche Aufgaben finden sich zB im
ArbeitskräfteüberlassungsG, im ArbeitsmarktförderungsG und im
AusländerbeschäftigungsG.

II. FRAGESTELLUNG UND GLIEDERUNG

Entsprechend den Vorgaben des Regierungsprogramms ist beabsichtigt, das AMS
in der Rechtsform einer GmbH zu organisieren. Dabei steht auch eine
grundsätzliche Neustrukturierung der übertragenen Aufgaben (welche Aufgaben
müssen hoheitlich, welche können privatrechtsförmig vollzogen werden) bzw die
Übertragung lediglich der privatrechtsförmig zu vollziehenden Aufgaben auf die
neuzugründende GmbH in Diskussion. Ausgangspunkt der nachfolgenden
Betrachtungen ist jedoch zunächst das AMS mit seinen derzeit bestehenden


Aufgabenbereichen und die Annahme, diese Aufgabenbereiche unverändert durch
eine GmbH besorgen zu lassen. Ausgehend von diesen Prämissen stellen sich
Verfassungs-, gesellschafts- und beitragsrechtliche Fragen:

1.  Verfassungsrecht: In welcher Form ist eine Übertragung aller derzeitigen
Aufgaben des AMS auf eine GmbH verfassungsrechtlich zulässig?

2.  Gesellschaftsrecht: Läßt sich die derzeitige Organisationsstruktur des AMS im
Falle der Aufgabenübertragung auf eine GmbH beibehalten? Ist eine solche
Beibehaltung gesellschaftsrechtlich sinnvoll? (Wenn nein: Wie sehen sinnvolle
Alternativvarianten aus?)

3.  Beitragsrecht: Wer trägt den Aufwand für die Besorgung der Aufgaben des
AMS; läßt sich auch dieser "ausgliedern"?

Innerhalb dieser Frageblöcke stellen sich im einzelnen zahlreiche zusätzliche
Fragen. Diese wurden seitens des beauftragenden Bundesministers für Wirtschaft
und Arbeit (in der Folge kurz: BMWA) in der Anlage 2 "Inhalt eines Gutachtens
über die rechtlichen Probleme der Umwandlung des Arbeitsmarktservice (AMS) in
eine GmbH" zum - diesem Rechtsgutachten zugrundeliegenden - Werkvertrag
detailliert ausgearbeitet und geben den Rahmen für die nachstehenden
Ausführungen vor; zusätzliche Fragestellungen sind während der Phase der
Gutachtenserstellung gemeinsam mit der "Projektgruppe AMS" erarbeitet worden.

Die Teile "2. Grundkonzept der Umwandlung des AMS in eine GmbH",
"3. Gebarungsrecht" und "6. Sonstige Fragen" dieser Anlage 2 zum Werkvertrag
werden im Kapitel "B. Besonderer Teil" dieses Gutachtens behandelt; dabei folgt
das Rechtsgutachten aus Praktikabilitätsgründen den in der Anlage gebrauchten
Numerierungen und Markierungen. Die Teile "4. Die Hoheitsverwaltung im
Rahmen der GmbH" und "5. Aufsicht und Weisungszusammenhang" werden
hingegen gemeinsam behandelt und in einem Kapitel "A. Allgemeiner Teil" dieses
Gutachtens summarisch vorangestellt. Dies zum einen deshalb, weil sich diese
beiden Bereiche dogmatisch nicht genau genug voneinander trennen lassen, sondern
sich gegenseitig bedingen. Zum anderen erscheint es zweckmäßig, zuerst die


verfassungsrechtlichen Grenzen einer zulässigen Ausgliederung auszuloten, bevor
man die - daran anknüpfenden - Detailfragen im einzelnen behandelt.

III. RECHTLICHE BEURTEILUNG
A. Allgemeiner Teil

1. Einleitung

Die Ausgliederung staatlicher Aufgaben ist durchaus kein Phänomen der letzten
zehn Jahre. Bereits seit den 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts werden Aufgaben zB
im Bereich der Straßenbaufinanzierung, der Förderungsverwaltung oder der
Daseinsvorsorge durch ausgegliederte Rechtsträger besorgt (vgl zB Winner,
Öffentlich-rechtliche Anforderungen und gesellschaftsrechtliche Probleme bei
Ausgliederungen, ZfV 1998, 104). Dabei fällt auf, daß die Begriffe der
"Ausgliederung" bzw "Privatisierung" sowohl in der umgangssprachlichen als auch
in der rechtswissenschaftlichen Diskussion meist ohne nähere Differenzierung
verwendet werden. Tatsächlich lassen sich jedoch zwei verschiedene Formen der
Ausgliederung unterscheiden:

•   Zum einen die Ausgliederung durch Übertragung hoheitlicher Aufgaben von
einer (Verwaltungs-)Behörde an einen privaten Rechtsträger
(Organisationsprivatisierung). Hier wird - pointiert gesprochen - die
Organisation, nicht aber die Aufgabe selbst privatisiert; private Rechtsträger
werden hoheitlich tätig ("Beleihung"). Während Walter Antoniolli in seinem
1954 erschienenen Werk "Allgemeines Verwaltungsrecht" solche Beleihungen
noch als "äußerst seltene Art der Dezentralisation" qualifizieren konnte, sind in
der jüngeren Vergangenheit immer mehr staatliche Aufgaben auf diese Art und
Weise ausgegliedert worden (vgl zB Flugsicherung, Börsehandel,
Bundestheaterverwaltung, Telekom-Regulierung, Umwelt-Bundesamt etc).

•    Zum anderen die Ausgliederung durch Umwandlung bisher hoheitlich
vollzogener Aufgaben in privatrechtsförmig zu vollziehende Aufgaben


(Aufgabenprivatisierung). Hier wird jedenfalls die Aufgabe, zumeist jedoch
auch die mit der Aufgabenbesorgung betraute Organisation privatisiert.

Eine mögliche Problematik jeder Ausgliederung besteht darin, daß sie
notwendigerweise zu einer Lockerung der verfassungsrechtliche vorgegebenen
Beziehungen des ausgegliederten Rechtsträgers zu den demokratisch legitimierten
obersten Staatsorganen führt. So beendet eine Ausgliederung regelmäßig die
Möglichkeit, Weisungen im Sinne des Art 20 Abs 1 B-VG zu erteilen und schwächt
- je nach gewählter Rechtsform der Ausgliederung - die Kontrollmöglichkeiten
durch das Parlament und die anderen verfassungsrechtlichen Kontrollorgane;
lediglich die Rechnungshofkontrolle bleibt bestehen (vgl Isensee,
Diskussionsbeitrag zum Thema Privatisierung von Verwaltungsaufgaben,
VVDStRL 54 [1995] 303; Korinek, Staatsrechtliche Bedingungen und Grenzen der
Ausgliederung und Beleihung, ÖZW 2000, 47).

Der Verfassungsgerichtshof hat nun in mehreren Entscheidungen jene Grenzen
aufgezeigt, innerhalb derer eine Ausgliederung von Verwaltungsaufgaben noch
zulässig ist. Zwar hat er in VfSlg 1455 grundsätzlich ausgesprochen, daß es
"sowohl mit Art 20 als auch mit Art 77 B-VG durchaus vereinbar [erscheint], daß
auch private physische oder juristische Personen durch Gesetz zur Besorgung von
öffentlichen Angelegenheiten berufen und dadurch in die öffentliche Verwaltung
eingegliedert werden" und hat diese Ansicht in der Folge auch mehrfach bekräftigt
(so etwa im Jahre 1960, als er aussprach, es müsse "angenommen werden, daß der
Bundes-Verfassungsgesetzgeber es stillschweigend als verfassungsrechtlich
zulässig ansah, für vereinzelte Aufgaben Organe von Nicht-Gebietskörperschaften
mit der Vollzugsgewalt des Bundes oder eines Landes auszustatten"; vgl VfSlg
3685 und insb auch VfSlg 14.473); dies sei aber stets nur hinsichtlich "vereinzelter
Aufgaben" möglich.

Die damit höchstgerichtlich vorgegebenen Grenzen sind diffus. Gerade die jüngere
Literatur hat daher immer wieder versucht, die Anforderungen für
verfassungsrechtlich zulässige Privatisierungen präziser herauszuarbeiten. Die
solcherart von Judikatur und rechtswissenschaftlicher Literatur aufgezeigten
Grenzen sollen im folgenden näher dargestellt werden.


2. Kompetenzverteilung

Jedes Ausgliederungsgesetz braucht (wie jedes andere Gesetz auch) eine
entsprechende kompetenzrechtliche Grundlage. Ein Ausgliederungsgesetz braucht
man immer dann, wenn man - wie im vorliegenden Fall - nicht bloß einer
bestehenden Assoziation Aufgaben überträgt, die zuvor ohne besondere gesetzliche
Regelung vom Staat selbst wahrgenommen wurden oder wenn man zu diesem
Zweck eine Kapitalgesellschaft oder einen Verein neu gründet (vgl
Korinek/Holoubek, Grundlagen staatlicher Privatwirtschaftsverwaltung [1993] 59).

Die allgemeine Kompetenzverteilung der Art 10 bis 12 und des Art 15 B-VG
ermächtigt nicht nur zur gesetzlichen Regelung der hoheitlichen Vollziehung,
sondern auch zur Regelung der entsprechenden privatwirtschaftlichen Aktivitäten
der Verwaltung (so schon Winkler, Der Apotheker und sein Verkaufsrecht [1971]
11
). Der Gesetzgeber, der nach der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung
zur Regelung der hoheitlichen Besorgung der Arbeitsmarktverwaltung zuständig
ist, darf daher auch die privatrechtsförmige Besorgung dieser Angelegenheiten
regeln.

Die Kompetenz zur Regelung des AMS richtet sich nun insb nach Art 10 Abs l
Z 11 B-VG, wonach der Bund zur Gesetzgebung und Vollziehung der Bereiche
"Arbeitsrecht; Sozialversicherungswesen" zuständig ist. Somit ist der
Bundesgesetzgeber kompetenzrechtlich zuständig, die bisher vom AMS besorgten
Angelegenheiten zu privatisieren; er kann sie durch Bundesgesetz in einen
Rechtsträger des Privatrechts auslagern bzw hoheitliche Aufgaben in
privatrechtsförmig zu vollziehende Aufgaben transformieren; kompetenzrechtliche
Bedenken bestehen dagegen nicht.

3. Gleichheitsgrundsatz

Wie jeder Akt der Gesetzgebung muß auch die gesetzliche Ausgliederung von
Verwaltungsaufgaben an Rechtsträger des Privatrechts dem - aus dem
Gleichheitsgrundsatz erfließenden - allgemeinen Sachlichkeitsgebot entsprechen


(vgl zB VfGH 2.3.2000, B 1383/98). In der Literatur wird dazu die Ansicht
vertreten, daß die Ausgliederung einer bestimmten Aufgabe etwa dann
verfassungswidrig wäre, wenn die Besorgung anderer vergleichbarer Aufgaben in
überwiegendem Ausmaß nicht ausgegliedert erfolgt und die Sonderbehandlung
auch nicht sachlich gerechtfertigt ist (vgl Korinek, Staatsrechtliche Bedingungen
und Grenzen der Ausgliederung und Beleihung, ÖZW 2000, 48). Heinz-Peter Rill
hat zB die - ausnehmend streng anmutende - Ansicht vertreten, daß der
Gesetzgeber durch die Bundesverfassung dazu angehalten sei, bestimmte
Sachgründe für eine Ausgliederung anzugeben; nur dies ermögliche es nämlich dem
Verfassungsgerichtshof, die Verfassungskonformität einer Privatisierung zu
überprüfen (Rill, Grenzen der Ausgliederung behördlicher Aufgaben aus der
unmittelbaren Staatsverwaltung, ÖBA 1996, 754).

Der Verfassungsgerichtshof vertritt demgegenüber einen eher großzügigen Maßstab
und zieht sich - recht betrachtet - auf eine bloße Vertretbarkeitskontrolle zurück.
Die Tatsachenfeststellungen und Folgeeinschätzungen des jeweiligen Gesetzgebers,
welche die Zielsetzungen des zu prüfenden Gesetzes decken, werden regelmäßig
dann als rechtfertigend angesehen, wenn nur irgendein vernünftiger Grund für diese
Einschätzungen ersichtlich ist. Bezeichnenderweise führt der Vizepräsident des
Verfassungsgerichtshofs Karl Korinek in diesem Zusammenhang aus, daß es
"Sache des Gesetzgebers (und nicht des nachprüfenden VfGH) [ist], zu entscheiden,
welche die besseren Gründe sind" (vgl Korinek, Staatsrechtliche Bedingungen und
Grenzen der Ausgliederung und Beleihung, ÖZW 2000, 49). Vor diesem
Hintergrund ist es nicht unvertretbar, daß der Bundesgesetzgeber die Aufgaben der
Arbeitsmarktverwaltung an einen privaten Rechtsträger auslagert bzw
privatrechtsförmig besorgen läßt. Die Ausgliederung des AMS ist daher von ihrem
Grundsatz her nicht unsachlich.

4. Effizienzgrundsatz

Die Bundesverfassung enthält an mehreren Stellen Aussagen darüber, daß die
Gebarung der Gebietskörperschaften den Grundsätzen der Sparsamkeit,
Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu entsprechen hat (vgl Art 15a Abs l,
Art 126b Abs 5, Art 127 Abs l und Art 127a Abs l B-VG). Die hL sieht in diesen


Bestimmungen einen "verfassungsrechtlichen Auftrag zur Optimierung der
Effizienz der Gebarung" (Adamovich/Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht3 [1987]
135). Aus diesem Grund sei der Gesetzgeber bei Ausgliederungen dazu verpflichtet,
die möglichen Alternativen zur Privatisierung (zB staatliche Eigenverwaltung) und
deren komparative Kosten sowohl in betrieblicher als auch in
gesamtwirtschaftlicher Relation darzustellen (Adamovich/Funk/Holzinger,
Österreichisches Staatsrecht II [1998] 143).

Demgegenüber qualifiziert der Verfassungsgerichtshof die genannten Grundsätze
der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit bloß als grobe Leitlinien
für den Gesetzgeber, die keineswegs den Nachweis eines komparativen
Ausgliederungsnutzens verlangen, sondern nur eine evident ineffiziente
Verwendung öffentlicher Mittel verbieten. Der Verfassungsgerichtshof wird daher
ein Ausgliederungsgesetz nur dann als dem Effizienzgebot widersprechend
aufheben, wenn es ihm absolut unvertretbar erscheint, die darin getroffenen
Maßnahmen als wirtschaftlich, sparsam und zweckmäßig zu bewerten. Auch hier
kommt daher dem Gesetzgeber ein beträchtlicher Einschätzungs- und
Prognosespielraum zu, wobei die Ausgliederungsvariante insb auch teurer als die
Besorgung dieser Aufgaben im Rahmen der Hoheitsverwaltung sein kann; solange
er sich innerhalb dieses Spielraums bewegt, ist eine Ausgliederung in Hinblick auf
das verfassungsrechtliche Effizienzgebot als verfassungskonform zu beurteilen. Da
im gegenständlichen Fall übereinstimmend davon ausgegangen wird, daß mit der
Privatisierung der Arbeitsmarktverwaltung Einsparungspotentiale verwirklicht
werden können, bestehen gegen die Privatisierung des AMS daher in Hinblick auf
das verfassungsrechtliche Effizienzgebot keine Bedenken.

5. Ausgliederung bloß vereinzelter Aufgaben
a. Allgemeines

Art 77 Abs l B-VG normiert, daß zur Besorgung der Geschäfte der
Bundesverwaltung die Bundesministerien berufen sind. Art 77 Abs 3 B-VG sieht
vor, daß die Bundesminister mit der Leitung der Bundesministerien betraut sind.
Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in VfSlg 4117 ausgesprochen hat, haben


sich die Bundesminister bei der Erfüllung ihrer Aufgaben eben der
Bundesministerien als ihrer Dienststellen zu bedienen; nur "vereinzelte
Aufgaben" dürfen ausgelagert und - zB im Wege der Beleihung - auf private
Rechtsträger übertragen werden. Fraglich ist, wo die diesbezügliche Grenze zu
ziehen ist. Mit anderen Worten: Wann werden bei einer Privatisierung bloß
vereinzelte Aufgaben, wann ganze Aufgabenbereiche übertragen?

Anzumerken ist, daß die nachstehend genannten Ausgliederungserfordernisse
(mit Ausnahme der genuinen Staatsaufgaben, die ein absolutes
Ausgliederungshindernis darstellen) weder kumulativ noch alternativ zu
verstehen sind. Die hL sieht in ihnen vielmehr eine Art bewegliches System: Ist
ein Kriterium schwächer ausgebildet oder fehlt es ganz, so ist das Vorhandensein
der anderen Kriterien umso strenger zu prüfen. Umgekehrt bedeutet dies aber,
daß selbst bei Vorliegen von Gründen, die nach der verfassungsgerichtlichen
Judikatur die Unzulässigkeit einer Ausgliederung indizieren, die diesbezüglich
entstehenden            Bedenken durch Vermeidung zusätzlicher
Ausgliederungshemmnisse abgeschwächt werden können, um die vom
Verfassungsgerichtshof vorgenommene Gesamtbetrachtung argumentativ zu
beeinflussen.

b. Genuine Staatsaufgaben

Im "Austro Control-Erkenntnis" (VfSlg 14.473) hat der Verfassungsgerichtshof
ausgesprochen, daß bestimmte Staatsaufgaben überhaupt nicht ausgliedert
werden können. Als solchen "ausgliederungsfesten Kernbestand" hat der
Verfassungsgerichtshof ausdrücklich "die Vorsorge für die Sicherheit im Inneren
und nach außen und die Ausübung der (Verwaltungs-)Strafgewalt" angesehen.

Nun könnte man behaupten, daß der Tatbestand der "Vorsorge für die Sicherheit
im Inneren" auch die Aufrechterhaltung des sozialen Friedens - und mithin: die
Vorsorge für eine funktionierende Arbeitsmarktverwaltung - beinhaltet. Diese
Ansicht ist unseres Erachtens jedoch verfehlt: Die verwendete Formulierung
deutet auf typische Agenden der allgemeinen Sicherheitspolizei
("Aufrechterhaltung der Ruhe, Ordnung und Sicherheit") hin, nicht aber auf den


Bereich des sozialen Friedens. Auch wäre - in diesem weiten Sinn verstanden -
jede Aufgabe des Kompetenzkatalogs Teil der Vorsorge für die Sicherheit im
Inneren (und mithin: ausgliederungsfest). Es ist klar ersichtlich, daß der
Verfassungsgerichtshof in seinem "Austro Control-Erkenntnis" ein derart weites
Verständnis nicht intendiert hat. Daneben ist auch gar nicht gesagt, daß mit einer
Privatisierung der Arbeitsmarktverwaltung eine Verschlechterung der Situation
einhergehen muß; schließlich ist - wie bei den meisten
Ausgliederungsbestrebungen - genau das Gegenteil beabsichtigt. Es ist daher
durchaus damit zu rechnen, daß die in Rede stehenden
Privatisierungsbemühungen zu einer effizienteren Arbeitsmarktverwaltung und
sohin tatsächlich zu mehr sozialem Frieden fuhren.

Gleiches gilt für die Maßnahmen, die vom AMS bei der Vollziehung des
AusländerbeschäftigungsG wahrgenommen werden. Auch hier könnte man
argumentieren, daß die Regelmentierung und Überwachung der
Ausländerbeschäftigung Teil der genuinen Staatsaufgabe "Vorsorge für die
Sicherheit im Inneren" ist. Wir halten - wie bereits erwähnt - diese weite Sicht
der Dinge, die jeden Kompetenztatbestand der Bundesverfassung zum Teil der
allgemeinen Sicherheitspolizei macht für verfehlt. Richtigerweise betrifft daher
der Vollzug des AusländerbeschäftigungsG solange keinen genuin
ausgliederungsfesten Tatbestand, solange nicht Verwaltungsstrafkompetenzen
betroffen sind.

c. Aufgabenbereich nach der einfachgesetzlichen Rechtslage

Der Verfassungsgerichtshof hat das Erfordernis der Übertragung bloß "einzelner
Aufgaben" auf die Austro Control GmbH deshalb als erfüllt angesehen, weil
"bloß ein Teil der Vollziehung des Luftfahrtgesetzes übertragen wurde" und
überdies "[a]uch in diesem Bereich ... viele Vollzugskompetenzen ... beim
zuständigen Bundesminister [verbleiben]" (VfSlg 14.473). Er hat somit scheinbar
auf die im Ausgliederungszeitpunkt geltende Rechtslage abgestellt und geprüft,
ob im Falle des Bestehens einer Kodifikation alle darin normierten Aufgaben
ausgegliedert werden.


Vor dem Hintergrund dieser Judikatur könnte nun gegen die Ausgliederung des
AMS ins Treffen geführt werden, daß nicht nur alle im AMSG enthaltenen
Aufgaben, sondern auch alle dem AMS darüber hinaus nebengesetzlich
übertragenen Aufgaben (zB A1VG, SUG, AusländerbeschäftigungsG)
Gegenstand der Privatisierung sein sollen. Es werden daher nicht nur alle
Aufgaben eines Gesetzes, sondern alle Aufgaben mehrerer Gesetze
ausgegliedert.

Dieser Einwand ist unseres Erachtens verfehlt. Bei sachgerechter Betrachtung
kann es nämlich nur auf die verfassungsrechtliche Qualität, nicht aber auf die
einfachgesetzliche Quantität der auszugliedernden Aufgaben ankommen. Die
Privatisierung einer Aufgabe kann nicht allein deshalb verfassungsrechtlich
unzulässig sein, weil es sich dabei zB um die einzige Aufgabe eines Gesetzes
handelt. Richtigerweise wird man vielmehr - so müßte argumentiert werden -
auf den Umfang des zugrundeliegenden Kompetenztatbestands abstellen müssen.
Nur weil die Aufgaben des Kompetenztatbestands "Luftfahrt" (Art 10 Abs l Z 9
B-VG) nahezu zur Gänze im LFG geregelt waren, hat der
Verfassungsgerichtshof im erwähnten Austro Control-Erkenntnis auf die
Übertragung aller oder nur bestimmter Aufgaben des LFG abgestellt. Im
gegenständlichen Fall ist der Kompetenztatbestand des Art 10 Abs l Z 11 B-VG
"Arbeitsrecht; Sozialversicherungswesen" demgegenüber ein ungleich
umfangreicherer, der in einer Vielzahl von Bundesgesetzen geregelt ist. Vor
diesem Hintergrund erscheint die Ausgliederung bloß der im AMSG, A1VG und
SUG normierten Aufgaben (wohingegen der gesamte Bereich zB des materiellen
und prozeduralen Arbeitsrechts in der Hoheitsverwaltung verbleibt)
verfassungskonform.

Ähnlich hat auch Karl Korinek für die Frage, was einen gesamten
Verwaltungsbereich im Gegensatz zu bloß vereinzelten Aufgaben ausmacht, auf
die bundesstaatliche Kompetenzverteilung - genauer: der vom
Verfassungsgesetzgeber gewählten Umschreibung des jeweiligen
Kompetenztatbestands - abgestellt. Demnach sei das Kriterium der "vereinzelten
Aufgaben" zunächst unter Rückgriff auf die kompetenzrechtliche Umschreibung
des Aufgabenbereichs näher zu bestimmen: Ordnet der Verfassungsgesetzgeber
eine bestimmte Verwaltungsmaterie kompetenzrechtlich in bestimmter Weise zu,


so spricht dies dafür, sie als eigenständigen Aufgabenbereich anzusehen, der nur
hinsichtlich einzelner Aufgaben, nicht aber zur Gänze ausgegliedert werden darf
(vgl Korinek, Staatsrechtliche Bedingungen und Grenzen der Ausgliederung und
Beleihung, ÖZW 2000, 51). Im gegenständlichen Fall müßte man daher
argumentieren, daß die neu zu gründende GmbH nicht mit dem gesamten
Kompetenztatbestand "Arbeitsrecht" bzw "Sozialversicherungswesen" betraut
ist, was für die Zulässigkeit der in Rede stehenden Ausgliederung spricht.

d. Art der zu besorgenden Angelegenheit

Weiters ist danach zu differenzieren, welcher Art die zu besorgende öffentliche
Angelegenheit ist. Die engsten Grenzen sind dem Ausgliederungsgesetzgeber
dort gesteckt, wo es um Fälle der Beleihung geht, wo also die Übertragung von
Hoheitsgewalt an einen ausgegliederten Rechtsträger beabsichtigt ist (zB
Adamovich/Funk/Holzinger, Österreichisches Staatsrecht
II [1998] 96; Korinek,
Staatsrechtliche Bedingungen und Grenzen der Ausgliederung und Beleihung,
ÖZW 2000, 51). Vor diesem Hintergrund könnte gegen die in Rede stehende
Ausgliederungsabsicht nun eingewendet werden, daß hier in weiten Teilen
hoheitliches Handeln ohne Aufgabenprivatisierung ausgegliedert werden soll.

Freilich: In Lehre und Rechtsprechung ist unumstritten, daß Beleihungen vom
Bauplan der Bundesverfassung vorgesehen und daher grundsätzlich zulässig
sind; die diesbezüglichen Grenzen sind vom Verfassungsgerichtshof bislang
nicht explizit aufgezeigt worden. Im gegenständlichen Fall wäre zu bedenken,
daß die Arbeitsmarktverwaltung selbst zu einem Zeitpunkt, als sie in Form der
Arbeitsämter noch streng in die ministerielle Verwaltungshierarchie eingebunden
war, bereits verschiedene Aufgaben in den Formen des Privatrechts vollzogen
hat. Mit der "ersten Ausgliederung" aus dieser traditionellen Bundesverwaltung
in das AMS als Körperschaft des öffentlichen Rechts ist es zu einer zusätzlichen
"Verdünnung" des hoheitlichen Zusammenhangs gekommen. Vor diesem
Hintergrund ist die jetzt in Rede stehende Ausgliederung eine bloße Fortführung
dieses Wegs. Mehr noch: Nur dort, wo es - so müßte argumentiert werden - im
Dienste der Sache aus Gründen des Rechtsschutzes unvermeidlich ist, kommt es
zu punktuellen Beleihungen eines Privatrechtsträgers mit hoheitlichen


Befugnissen. So gewendet erscheint die vorliegend geplante Herstellung
punktueller Beleihungsverhältnisse in Hinblick auf das Rechtsschutzprinzip
sogar verfassungsrechtlich geboten.

6. Leitungsbefugnis

Die Beeinträchtigung der Leitungsbefugnis der obersten Organe darf aus
verfassungsstrukturellen Gründen nicht so weit hingenommen werden, daß der
Legitimationszusammenhang zum Parlament und dessen Kontrollbefugnisse in
einem Maß eingeschränkt werden, welches das Prinzip der demokratisch-
parlamentarischen Legitimation der gesamten öffentlichen Verwaltung verletzt.
Dabei spielt es nach hL und Judikatur eine Rolle, ob die Aufgabenbesorgung unter
Einsatz von Hoheitsgewalt oder bloß privatrechtsförmig erfolgt: Für die Setzung
von Hoheitsakten ist eine direkte Weisungsbindung im verfassungsrechtlichen
Sinne notwendig; sofern der geplante Privatrechtsträger "AMS Österreich GmbH"
daher mit imperium tätig werden soll, muß eine dem Art 20 Abs l B-VG
genügende Leitungsbefugnis der obersten Organen vorgesehen werden (VfSlg
14.473; so schon Merkl, Die Finanzdiktatur der Nationalbank, JB1 1932, 187).
Sofern jedoch lediglich eine privatrechtsförmige "Verwaltung" der Agenden des
AMS beabsichtigt ist, läßt VfSlg 14.473 eine Leitungsbefugnis auch mit den
Instrumenten des Gesellschaftsrechts zu. Diese wäre dann gegeben, wenn für die
Ausgliederung die Rechtsform einer GmbH gewählt und überdies vorgesehen wird,
daß die Mehrheit der Gesellschaftsanteile beim Bund (vertreten durch den
zuständigen Bundesminister) zu verbleiben hat. Angesichts des § 20 GmbHG ist so
nämlich sichergestellt, daß auch die Gesellschafterrechte durch ein dem Nationalrat
verantwortlichstes oberstes Organ wahrgenommen werden.

Für die Zulässigkeit der geplanten Ausgliederung in Hinblick auf die
verfassungsrechtlich vorgegebene Leitungsbefugnis der obersten Organe ist daher
von Bedeutung, welche Aufgaben der GmbH übertragen werden. Sofern auch
hoheitlich zu vollziehende Aufgaben ausgegliedert werden, muß in diesen
Bereichen eine Weisungsbindung an oberste Verwaltungsorgane vorgesehen
werden.


7. Sonderfragen
ad Pkt 4.4.:    Ausgestaltung des Rechtszuges:

Derzeit entscheiden in erster Instanz die regionalen Geschäftsstellen des AMS (zum
Teil nach Anhörung des Regionalbeirats). Die örtliche Zuständigkeit der regionalen
Geschäftsstellen ist in der Sprengelverordnung geregelt; in zweiter Instanz
entscheiden die Landesgeschäftsstellen entgültig.

•   Zuständigkeitsfestlegung: Bei der örtlichen Zuständigkeit einer
Verwaltungsbehörde handelt es sich um die normative Beziehung einer
bestimmten Rechtssache zu einem bestimmten Gebiet (vgl Walter/Mayer,
Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts7 [1999] Rz90). Sie
richtet sich nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen, subsidiär nach
§ 3 AVG. Im gegenständlichen Fall betrifft die Frage der örtlichen Zuständigkeit
zuvorderst all jene Aufgaben, die weiterhin behördlich zu vollziehen sind und
bezüglich derer die AMS Österreich GmbH daher als Beliehener
(Verwaltungsbehörde im funktioneilen Sinn) tätig wird. Sie hat daher durch
Gesetz
zu erfolgen. Nur im Falle einer ausdrücklichen gesetzlichen Delegation
darf die örtliche Zuständigkeit - zB im Wege einer Sprengelverordnung - von
Verwaltungsbehörden im Verordnungsweg erfolgen. Sofern die Beibehaltung
der derzeitigen Verwaltungspraxis gewünscht wird, muß daher das
Ausgliederungsgesetz eine solche gesetzliche Grundlage vorsehen.

•    Instanzenzug: Für den Bereich der Beleihung kann (bzw muß; vgl dazu weiter
unten) auch im Falle der Schaffung einer AMS Österreich GmbH ein
zweigliedriger Instanzenzug vorgesehen werden. Die konkrete Ausgestaltung
hängt von der gewählten gesellschaftsrechtlichen Konstruktion ab:

AMS Österreich GmbH / extramural: Wird lediglich eine AMS
Österreich GmbH vorgesehen und ist diese als juristische Person in ihrer
Gesamtheit beliehen, so ist ein Instanzenzug nur extramural, dh von der
GmbH an eine übergeordnete Stelle (BMWA, UVS, Senat) möglich.
Instanzenzug - verstanden als Rechtsmittelzug - bedeutet nämlich eine


Entscheidungsbefugnis über ein eingebrachtes Rechtsmittel. Mit einer
solchen Entscheidungsbefugnis ist aber notwendigerweise die Befugnis zu
hoheitlichem Handeln verbunden; die Rechtsmittelentscheidung muß daher
von einer Behörde getroffen werden. Ist die GmbH in ihrer Gesamtheit
beliehen, so kann die Rechtsmittelentscheidung nur durch eine andere
Behörde - zB durch den übergeordneten Bundesminister oder einen neu
einzurichtenden Bundessenat - getroffen werden.

 

  AMS Österreich GmbH / intramural: Ein mehrgliedriger Instanzenzug
  innerhalb einer AMS Österreich GmbH wäre dann möglich, wenn er
  sondergesetzlich vorgesehen wird. In diesem Fall wird nicht die GmbH als
 
solches, sondern einzelne ihrer Organe mit Hoheitsgewalt beliehen - und
 
sind staatsrechtlich daher als eigene Behörden zu qualifizieren. Unseres
  Erachtens wären solche Konstruktionen vom Blickwinkel des eingerichteten
  innergesellschaftlichen Instanzenzuges zulässig. Zwar war ein solcher
 
Rechtszug von einer beliehenen Behörde an eine andere beliehene Behörde
 
der österreichischen Rechtsordnung bislang fremd; mangels
 
entgegenstehender Lehre und Judikatur ist eine solche Lösung aber - sofern
 
sowohl Zuständigkeit als auch Rechtszug gesetzlich hinreichend genau
  determiniert sind - verfassungsrechtlich zulässig.

  AMS-Holding: Schließlich könnte auch eine Holding-Konstruktion gewählt
 
und ein Instanzenzug zwischen den einzelnen beliehenen GmbHs
 
eingerichtet werden. In diesem Fall müßte gegen einen Bescheid der zB
  AMS Niederösterreich GmbH Berufung an die im Instanzenzug
 
übergeordnete AMS Österreich GmbH erhoben werden.

 

•Civil right: Freilich könnten insofern andere verfassungsrechtliche Bedenken
geltend gemacht werden, als Art 6 MRK vorschreibt, daß über "zivilrechtliche
Ansprüche" ein "Tribunal" zu entscheiden hat. Damit stellt sich die Frage, ob die
dem AMS obliegenden Agenden der Arbeitsmarktverwaltung als Entscheidung
über zivilrechtliche Ansprüche zu qualifizieren wären. Innerstaatlich kann dies
ausgeschlossen werden: Der Verfassungsgerichtshof legt den Begriff der "civil
rights" eng aus und verneint den zivilrechtlichen Charakter eines Anspruchs insb
dann, wenn dieser "nach Österreichischer Rechtstradition im öffentlichen Recht
wurzelt" (VfSlg 12.384, 13.081, 13.130, 13.984); dies ist bei der
Arbeitsmarktverwaltung der Fall. Auf der Ebene der Straßburger Instanzen ist


der EGMR hingegen in vergleichbaren Fällen vom Vorliegen eines "civil rights"
ausgegangen und hat dies damit begründet, daß sozialversicherungsrechtliche
Ansprüche "sowohl Eigenheiten des öffentlichen als auch des zivilen Rechts
aufweisen und daß letztere überwiegen" (vgl Frowein/Peukert, Europäische
Menschenrechtskonvention2 [1996] Anm 23 zu Art 6 MRK). Als zivilrechtliche
Ansprüche wurden qualifiziert: Anspruch auf Sozialhilfe (EGMR 24.6.1993
Schuler-Zgraggen, ÖJZ 1994, 138), Recht auf Ruhegenuß (EGMR 26.11.1992
Francesco Lombardo, ÖJZ 1993, 317), Streitigkeiten über
Sozialversicherungsbeiträge (EGMR 9.12.1994 Scheuten und Meldrum, ÖJZ
1995, 395), Anspruch auf Krankengeld (EGMR 29.5.1986 Deumeland, EuGRZ
1988, 20), Anspruch auf Hinterbliebenenrente (EGMR 29.5.1986 Feldbrugge,
EuGRZ 1988, 14).

Angesichts dieser Judikatur besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, daß
der EGMR zB des Anspruch auf Arbeitslosengeld als "civil right" im Sinne des
Art 6 MRK qualifizieren würde. Daraus folgt aber, daß über einen solchen
Anspruch spätestens in zweiter Instanz ein "Tribunal" entscheiden muß. Somit
bestehen verfassungsrechtliche Bedenken, gegen Bescheide der AMS Österreich
GmbH lediglich einen Rechtszug an den BMWA bzw die Höchstgerichte des
öffentlichen Rechts zuzulassen.

Freilich Es muß ganz klar gesagt werden, daß die hier angesprochene
Problematik keine ist, die sich aus der aktuell diskutierten Ausgliederung des
AMS ergibt, sondern bereits derzeit besteht. Auch heute schon erfolgt der
Vollzug der AMS-Kompetenzen insofern in verfassungsrechtlich bedenklicher
Weise, als keine Tribunale tätig werden. Es sollte daher überlegt werden, diese -
insb im Lichte der jüngsten EGMR-Judikatur immer schärfer zu Tage tretende -
Problematik dadurch zu entschärfen, daß man anläßlich der Ausgliederung eine
Behörde zur Entscheidung über Berufungen vorsieht, welche die
Tribunalqualitäten erfüllt.

•Tribunal: Dazu wäre erforderlich, daß die Behörde auf Gesetz beruht, worunter
generell-abstrakte Normen zu verstehen sind, die allgemein zugänglich und
ausreichend bestimmt sind (vgl Matscher, Der Gesetzesbegriff der EMRK, in:
FS Loebenstein [1991] 105); diesem Erfordernis genügt eine


Kompetenzzuweisung im Ausgliederungsgesetz. Weiters ist gefordert, daß die
betreffende Behörde unabhängig und unparteilich ist. Ersteres meint
Unabhängigkeit von der Exekutive und den Verfahrensparteien, letzteres
objektive und subjektive Unvoreingenommenheit, Die diesbezügliche Prüfung
durch den EGMR erfolgt sehr kasuistisch; die Tribunalqualität von Art 133 Z 4-
Behörden wird zumeist bejaht. Schließlich ist gefordert, daß die Unabhängigkeit
der Mitglieder des Tribunals durch eine gesetzlich geregelte längere
Bestelldauer
gesichert ist; der Verfassungsgerichtshof hat eine Bestelldauer von
3 Jahren als ausreichend angesehen. Ist eine vorzeitige Absetzung vorgesehen,
so muß diese so geregelt werden, daß keine Abhängigkeit zu gerichtsfremden
Organen besteht.

Den genannten Erfordernissen könnte nun mit folgenden Konstruktionen
Rechnung getragen werden:

Unabhängiger Verwaltungssenat: Die legistisch wohl einfachste
Möglichkeit wäre, einen Rechtszug an den örtlich zuständigen UVS
vorzusehen; diese sondergesetzliche Aufgabenübertragung an UVS ist
gemäß Art 129a Abs l Z 3 B-VG verfassungsgesetzlich vorgesehen und
durch einfaches Gesetz möglich. Gegen eine solche Betrauung spricht die
mangelnde Fachkompetenz, die notorische personelle Unterbesetzung und
die dadurch bedingten langen Entscheidungszeiträume der UVS.
Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen hingegen keine.
Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag: Weiters könnte
einfachgesetzlich eine Art 133 Z4-Behörde als Kollegialbehörde mit
richterlichem Einschlag vorgesehen werden, die über Berufungen gegen
Bescheide der AMS Österreich GmbH entscheidet. Der Vorteil dieser
Variante läge darin, eine Behörde einrichten zu könne, die Tribunalqualität
und Fachkompetenz vereint. Zu beachten ist aber, daß der
Verfassungsgerichtshof das Überhandnehmen solcher Behörden seit VfSlg
11.500 mit wachsendem Mißtrauen betrachtet und mit Erkenntnis vom
29.6.2000, G 175/99ua, erstmals eine solche Einrichtung
(Privatrundfunkbehörde gemäß § 13 RRG) für verfassungswidrig
(Ausschaltung der parlamentarischen Kontrolle) erklärt hat. Folgt man den
Erwägungsgründen dieses Erkenntnisses, so ist die Einrichtung einer


Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag nur dort zulässig, wo es sich
um einen weitgehend neuen Verwaltungsbereich handelt, neben juristischen
auch andere (technische, medizinische etc) Kenntnisse erforderlich sind und
insb in Hinblick auf Art 6 MRK eine gewisse Unabhängigkeit der
entscheidenden Behörde sichergestellt werden muß. Alle drei Kriterien
lassen sich argumentieren (wobei im ersten Fall darauf hinzuweisen wäre,
daß die verfassungsrechtliche Bedenklichkeit der bisherigen Art der
Vollziehung erst in jüngerer Zeit durch die sich fortentwickelnde Judikatur
des EGMR aufgezeigt wurde). Im Ergebnis müßte der
Verfassungsgerichtshof dann die Frage entscheiden, ob der einfache
Gesetzgeber zulässigerweise eine Art 133 Z4-Behörde geschaffen hat
anstelle die Kompetenz zur Entscheidung über Berufungen auf den örtlich
zuständigen UVS zu übertragen. Wie er diese Frage entscheiden wird, ist
dogmatisch nicht vorher zu sagen: In beiden Fällen fehlt die Kontrolle durch
das Parlament, beide Fälle sind verfassungsrechtlich vorgegeben. Daß es sich
bei der Arbeitsmarktverwaltung um keinen neuen Verwaltungsbereich
handelt und auch lediglich juristische Kenntnisse zur Behandlung dieser
Angelegenheiten erforderlich sind, spricht gegen die Zulässigkeit einer
Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag.

AMS-Senat: Es könnte auch der Weg beschritten werde, den der
Gesetzgeber bei Einrichtung des Unabhängigen Bundesasylsenates
vorgegeben hat: Durch eigenes Bundesverfassungsgesetz hat er mit BGBl I
87/1997 in Art 129c B-VG einen Bundessenat für einen genau abgegrenzten
Aufgabenbereich vorgesehen. Der Vorteil dieser Konstruktion liegt darin,
daß man - wie bei einer Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag -
Tribunalqualität und Fachkompetenz in einer eigenen Behörde konzentrieren
kann, die genannten Bedenken des Verfassungsgerichtshofs gegen eine
weitere Art 133 Z 4-B-VG-Behörde aber vermeidet. Der Nachteil dieser
Variante ist, daß man zu ihrer Verwirklichung ein Verfassungsgesetz
braucht; eine einfachgesetzliche Regelung ist nicht ausreichend.
AMS Österreich GmbH: Schließlich wäre zu überlegen, ob man nicht die
AMS Österreich GmbH selbst bzw eines ihrer Organe als Tribunal
konstituiert. Konventionsrechtlich ist dies wohl zulässig: Der EGMR
befleißigt sich bei der Qualifizierung einer zur Entscheidung berufenen
Behörde stets einer materiellen Sicht: Tribunal ist daher nicht unbedingt im


klassischen Sinn als ein der übrigen Justizorganisation angehöriger
Spruchkörper zu verstehen, sondern meint vielmehr alle Organe, welche die
wesentlichen Eigenschaften besitzen, die ein Tribunal auszeichnen und ein
justizförmiges Verfahren gewährleisten (vgl EGMR 18.6.1971, De Wilde,
Ooms & Versyp / Belgien; vgl weiters Frowein/Peukert, Europäische
Menschenrechtskonvention2 [1996] Anm 141 zu Art 5 MRK und Anm 122
zu Art 6 MRK). Es ist daher unseres Erachtens - auch wenn ein solcher Fall
in der bisherigen Judikatur des EGMR noch nicht entschieden wurde -
durchaus zulässig, auch eine GmbH gesetzlich mit Tribunalqualität
auszustatten.

Vor der Hintergrund des B-VG ergibt sich nun aber das Problem, daß gerade
diese konventionsrechtlich geforderte Unabhängigkeit eines Tribunals in
Widerspruch zur verfassungsrechtlich geforderten Leitungsbefugnis oberster
Organe steht. Mit anderen Worten: Nach Art 6 MRK muß man die
behördliche Entscheidung über AMS-Angelegenheiten einem unabhängigen
Tribunal vorbehalten; in Hinblick auf Art 20 Abs l B-VG darf dieses Organ
aber gar nicht unabhängig sein, sondern muß einem obersten Organ der
Bundesverwaltung im Weisungsweg nachgeordnet sein.

Das solcherart umschriebene Dilemma ist logisch unauflösbar. Es könnte
lediglich argumentiert werden, innerhalb der AMS Österreich GmbH ein
eigenes Berufungsorgan zu schaffen, dessen Mitglieder auf zumindest 3
Jahre unabsetzbar und weder dem BMWA nach Art 20 Abs l B-VG noch
dem Gesellschafter nach § 20 GmbHG weisungsunterworfen sind. Ein
solches Organ wäre als Tribunal anzusehen. Die verfassungsrechtlichen
Bedenken gegen eine Ausgliederung ohne weisungsrechtlichen
Zusammenhang zu den obersten Organen der Bundesverwaltung könnten
dadurch verdünnt werden, daß man auf die ungeschmälerte
Weisungsbindung der ersten Instanz und den Umstand, daß lediglich ein
Bruchteil der von dieser ersten Instanz bescheidmäßig erledigten Fälle im
Wege der Berufung zum weisungsfrei gestellten Gesellschaftsorgan kommt.
Freilich: Für diese Fälle ist der vom Verfassungsgerichtshof geforderte
Weisungszusammenhang unterbrochen.


 


•    Als Alternativszenario wäre vorstellbar, das hoheitliche Verfahren erst dort
ansetzen zu lassen, wo Anspruchsverhältnisse strittig sind. Die aufgezeigten
Probleme (insb Art 6 MRK) sind damit freilich nicht beseitigt, sondern lediglich
auf einen späteren Zeitpunkt bzw in eine höhere Instanz verlagert.

•    Sofern ein mehrgliedriger Instanzenzug innerhalb der AMS Österreich GmbH
bzw innerhalb einer Holding-Konstruktion sondergesetzlich vorgesehen wird,
können die Sozialpartner über den Weg zB von Anhörungsrechten in den
hoheitlichen Vollzug eingebunden werden.

ad Pkt 5.2.: Gestaltung der Art und des Umfanges des Aufsichtsrechtes des
Bundesminister über die GmbH im Bereich der
Privatwirtschaftsverwaltung:

Zur Ausübung der Privatwirtschaftsverwaltung sind grundsätzlich die obersten
Organe der betreffenden Gebietskörperschaft berufen. Für den Bund ist dies der
ressortmäßig zuständige Bundesminister (vgl zB VfSlg 5157, 10.477). Nach der
verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung bestehen auch keine Bedenken gegen die
Doppelfunktion eines Bundesminister als Behörde und als Organ der
Privatwirtschaftsverwaltung in den selben Angelegenheiten (vgl zB Mayer, Das
Österreichische Bundes-Verfassungsrecht2 [1997] Anm 1.2. zu Art 17 B-VG).

Bei der Gründung der in Rede stehenden AMS Österreich GmbH kommt dem
BMWA in mehrfacher Hinsicht ein "Aufsichtsrecht" im Bereich der
Privatwirtschaftsverwaltung zu: Er ist zum einen in der Generalversammlung
weisungsbefugter Eigentümer; als Eigentümer bestellt er zum anderen den zur
Kontrolle berufenen Aufsichtsrat. Seine Aufsichtsrechte sind daher
gesellschaftsrechtlich (§ 20 GmbHG) abgesichert.

B. BESONDERER TEIL

l. Allgemeines


Wie bereits erwähnt, folgen die nachstehenden Ausführungen den Teilen
"2. Grundkonzept der Umwandlung des AMS in eine GmbH", "3. Gebarungsrecht"
und "6. Sonstige Fragen" der Anlage 2 zum Werkvertrag. Aus Gründen der
leichteren Lesbarkeit und als Orientierungshilfe sind sie nach den in der genannten
Anlage verwendeten Numerierungen und Markierungen geordnet.

2. Grundkonzept der Umwandlung des AMS in eine GmbH

ad Pkt 2.1.:    Vereinbarkeit des GmbH-Konzepts mit der derzeitigen föderalen
Struktur des AMS:

Die derzeit maßgeblichen Organe des AMS sind - wie bereits erwähnt - auf drei
Entscheidungsebenen (Bund, Länder und Regionen) eingerichtet. Die Organe der
Bundesorganisation bestehen aus dem Vorstand (zwei Mitglieder; § 8 Abs l
AMSG) und dem Verwaltungsrat (neun Mitglieder; § 5 Abs l AMSG). Der
Verwaltungsrat wird vom BMWA auf Vorschlag des Bundesminister für Finanzen
(ein Mitglied), der Wirtschaftskammer Österreich (zwei Mitglieder), der
Industriellenvereinigung Österreich (ein Mitglied), der Arbeiterkammer und des
Österreichischen Gewerkschaftsbunds (drei Mitglieder) und nach eigenem
Ermessen (zwei Mitglieder) bestellt (§ 5 Abs l AMSG). Der Verwaltungsrat bestellt
den Vorstand (§ 8 Abs 3 AMSG); weiters die neun Landesgeschäftsführer und
deren Stellvertreter (§15 Abs 2 AMSG). Die vier weiteren Mitglieder der
Landesdirektorien werden vom BMWA auf Vorschlag der Wirtschaftskammer des
jeweiligen Bundeslands, der Industriellenvereinigung, der Arbeiterkammer und des
Österreichischen Gewerkschaftsbunds bestellt (§ 13 Abs l ASMG).

Die Landesdirektorien bestellen den Leiter der regionalen Geschäftsstelle (§ 22
Abs l AMSG) und - auf Vorschlag der Wirtschaftskammer des jeweiligen
Bundeslands, der Industriellenvereinigung, der Arbeiterkammer und des
Österreichischen Gewerkschaftsbunds - vier weitere Mitglieder (§ 20 Abs 2
AMSG); diese bestellten Personen bilden zusammen den Regionalbeirat (vgl im
Anhang: Tafel A).


Die Bundesorganisation hat alle Angelegenheiten des Arbeitsmarktservice zu
besorgen, die über den Bereich eines Bundeslandes hinausgehen oder für die eine
einheitliche gesamtösterreichische Vorgangsweise erforderlich ist (§ 4 Abs l
AMSG). Die Sicherstellung der Erfüllung der dem AMS übertragenen Aufgaben
obliegt den Landesorganisationen. Die Landesgeschäftsführer leiten die Geschäfte
des AMS unter eigener Verantwortung in Zusammenwirken mit den
Landesdirektorien, deren Vorsitzende sie sind. Die regionalen Organisationen haben
die Leistungen des AMS zu erbringen. Unter Beachtung der Vorgaben der Bundes-
und der jeweiligen Landesorganisation sowie der Grundsätze des Regionalbeirats
entscheiden die Leiter der regionalen Geschäftsstellen über alle Leistungen des
AMS in ihrem Zuständigkeitsbereich.

•   GmbH nach AMS-Struktur

Die Organisation einer AMS Österreich GmbH nach dem Muster der derzeitigen
Organisation des AMS könnte etwa folgendermaßen aussehen: An die Stelle des
Verwaltungsrats tritt die Generalversammlung der GmbH. In dieser sind die
bisher Vorschlags- bzw ernennungsbefugten Bundesorgane (Bundesminister für
Finanzen und BMWA) als Vertreter des Mehrheitsgesellschafters Bund und die
Vertreter der Wirtschaftskammer Österreichs, der Industriellenvereinigung, der
Arbeiterkammer und des Österreichischen Gewerkschaftsbunds als Vertreter
dieser - ebenfalls Gesellschaftsanteile haltenden - Organisationen versammelt.

Diese Generalversammlung bestellt elf Geschäftsführer (plus Stellvertreter):
Zwei Geschäftsführer für den Bereich Gesamtösterreich und jeweils einen
Geschäftsführer für den Aufgabenbereich eines Bundeslands. Diese Regelung
bildet die bisherige Kompetenz des Verwaltungsrats zur Bestellung und zur
Dirimierung des Vorstands bzw der Landesgeschäftsführer (Weisungsrecht!) ab.
Daneben kann von der Generalversammlung ein Aufsichtsrat zur Kontrolle der
Geschäftsführung eingerichtet werden, der in zehn Ausschüsse gegliedert wird.
Im Rahmen der Geschäftsordnung des Aufsichtsrats käme jedem einzelnen
Aufsichtsratausschuß die Beratung und Kontrolle entweder der
gesamtösterreichischen Geschäftsführer bzw eines Landesgeschäftsführers zu.


Auf regionaler Ebene werden Filialbetriebe eingerichtet, die von einem
Prokuristen mit Filialprokura geleitet werden. Ihre Ernennung erfolgt -
gesellschaftsvertraglich oder sondergesetzlich vorgesehen - durch den jeweils
zuständigen Landesgeschäftsführer zusammen mit dem jeweils zuständigen
Aufsichtsratsausschuß (§ 30j Abs 5 GmbHG), Dies bildet die bisherige
Ernennungsbefugnis des Landesdirektoriums nach. Dem Prokuristen kann ein
(bloß beratender) Beirat zur Seite gestellt werden (vgl im Anhang: Tafel B).

Fragen: Aufgrund dieser Konstruktion müßten die bisher bloß
vorschlagsberechtigten Organe (wie zB Wirtschaftskammer Österreich,
Industriellenvereinigung.,                     Arbeiterkammer, Österreichischer
Gewerkschaftsbund) tatsächlich Miteigentümer der AMS Österreich GmbH
werden. Die einzelnen Gesellschaftsanteile könnten aber auf zB ATS l .000,-
beschränkt und die erwünschte Einflußnahme auf die Geschäftsführerbestellung
im Gesellschaftsvertrag als Sonderrechte eingeräumt werden. Will man dies
nicht, so kann man die derzeit vorschlagsberechtigten Organisationen auch in
einem Beirat zusammenfassen, welcher der Generalversammlung (= dem Bund)
einen Vorschlag für die Bestellung der Geschäftsführer erstattet. Die
Generalversammlung könnte sich im Gesellschaftsvertrag dazu verpflichten, die
Geschäftsführer vorschlagsgemäß zu bestellen; eine solche Pflicht kann auch
sondergesetzlich vorgesehen (und damit: nach außen abgesichert) werden.

Ein weiteres Problem ergibt sich daraus, daß die Kardinalpflichten der
Geschäftsführung (Aufstellung des Jahresabschlusses, Fragen der
Unternehmenspolitik und die Behandlung und Vorbereitung aller
Geschäftsführungsfragen, die anderen Organen [Aufsichtsrat,
Generalversammlung] vorbehalten bleiben) unteilbar sind und daher allen elf
bestellten Geschäftsführern gemeinsam zukommen ("Grundsatz der
Gesamtgeschäftsführung"). Alle elf Geschäftsführer hätten daher gemeinsam zB
die Rechnungslegung der AMS Österreich GmbH vorzunehmen. Abweichend
von diesen Kardinalpflichten können die einzelnen Aufgabenbereiche aber
durch eine interne Geschäftordnung aufgeteilt werden.


ad Pkt 2.2.:    Vereinbarkeit von Dirimierungsrechten und Abstimmungserfor-
dernissen mit dem GmbH-Recht:

Das derzeitige AMSG sieht für den Fall der Stimmengleichheit ein
Dirimierungsrecht des Vorstandsvorsitzenden gegenüber dem zweiten
Vorstandsmitglied vor (§ 9 Abs 5 AMSG). Im Gegensatz dazu bestimmt § 18 Abs 2
GmbHG, daß es zur Abgabe von Willenserklärungen für die Gesellschaft der
Mitwirkung sämtlicher Geschäftsführer bedarf; dies freilich nur dann, wenn im
Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt ist. Im Gesellschaftsvertrag kann
mithin das Dirimierungsrecht des Vorstandsvorsitzenden einem der beiden zu
bestellenden Geschäftsführer eingeräumt werden.

Im Verwaltungsrat gilt ein Präsenzquorum von 2/3 der stimmberechtigten
Mitglieder (§ 7 Abs 2 AMSG) und die einfache Stimmenmehrheit als
Konsensquorum (§ 7 Abs 3 AMSG). Spezifische Angelegenheiten (wie zB die
Bestellung der Landesgeschäftsführer) bedürfen im Verwaltungsrat einer Mehrheit
von 2/3 und einer Stimme (§ 7 Abs 4 AMSG). Demgegenüber sieht § 38 Abs 3
GmbHG für die Beschlußfassung in der Generalversammlung vor, "daß wenigstens
der zehnte Teil des Stammkapitals vertreten ist". Auch diese Bestimmung ist aber
dispositiv; man kann daher im Gesellschaftsvertrag die derzeit für den
Verwaltungsrat normierten Präsenzquoren auch für die Generalversammlung
vorsehen. Als Konsensquorum sieht § 39 Abs l GmbHG grundsätzlich die einfache
Mehrheit vor, wobei sich das Stimmrecht in der Generalversammlung jedoch nach
der Höhe der Gesellschaftsanteile bestimmt. Auch hier kann der
Gesellschaftsvertrag Abweichendes regeln; es muß lediglich gesichert sein, daß
jedem Gesellschafter zumindest eine Stimme zukommt (vgl § 39 Abs 2 GmbHG).

ad Pkt 2.3.:    Einbindung der Sozialpartner:

Wie schon die Tafel B zeigt, können - will man die derzeitige Struktur des AMS
beibehalten - die Sozialpartner durch Übernahme von Gesellschaftsanteilen in die
Generalversammlung und mithin in die Entscheidungsabläufe der GmbH
eingebunden werden. Weil die Generalversammlung auch den Aufsichtsrat einer
GmbH bestimmt, wäre überdies sichergestellt, daß - wie derzeit - Vertreter der


Sozialpartner auf Landes- bzw regionaler Ebene beratend bzw kontrollierend tätig
werden.

Eine Abschwächung iS einer eingeschränkten Mitwirkung der Sozialpartner würde
dieses System dann erfahren, wenn man auf Landesebene keine
Aufsichtsratausschüsse (mit einem Kernbestand an Kontrollrechten), sondern
Beiräte mit bloß beratenden Kompetenzen einrichtet. Diese könnte vom
Aufsichtsrat - und mithin: unmittelbar auch von Vertretern der
sozialpartnerschaftlichen Organisationen - beschickt werden.

Eine Grenze findet die Mitgliedschaft bei einem Aufsichtsrat zB in der Bestimmung
des § 30a Abs l GmbHG. Demnach kann eine juristische Person oder eine
Personengesellschaft (Offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft) nicht
Aufsichtsratmitglied sein. Die diesbezügliche Beschränkung kann freilich
sondergesetzlich umgangen werden.

ad Pkt 2.5.:    Wahrnehmung der Eigentümerrechte:

Die bisher erfolgten Ausgliederungen haben sich zumeist der Formen der
Kapitalgesellschaften - und hier zuvorderst der Rechtsform der GmbH - bedient.
Dies weniger aus Haftungserwägungen als deshalb, weil § 20 Abs l GmbHG eine
strikte Weisungsbindung der Geschäftsführer gegenüber der Generalversammlung
normiert. Dem Bund als Eigentümer einer ausgegliederten GmbH steht daher über
diese gesellschaftsrechtliche Weisungsbindung die Möglichkeit offen, auf die
konkrete Geschäftsführung einer GmbH Einfluß zu nehmen. (Anders ist dies bei der
AG, wo der Vorstand allein der juristischen Person - und nicht etwa dem
Aufsichtsrat oder den Eigentümern - verpflichtet ist). Der Bund kann seine
Eigentümerrechte daher durch Erteilung von Weisungen an die Geschäftsführer
wahrnehmen.

Eine Beteiligung von Gebietskörperschaften bzw Sozialpartner ist dann möglich,
wenn diese durch Übernahme von Gesellschaftsanteilen ebenfalls in der
Generalversammlung vertreten sind. Die diesbezüglichen Stimmrechte können nach
dem tatsächlich übernommenen Gesellschaftsanteil gewichtet werden (Grundmodell


nach § 39 Abs 2 GmbHG); daneben sind aber auch abweichende Sonderrechte
vorstellbar. So können zB der AK bzw der Wirtschaftskammer Österreich auch bei
Übernahme von lediglich ATS 1.000-Anteilen am Stammkapital darüber
hinausgehende Stimmrechte eingeräumt werden.

Fragen: Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen gegen eine solche Konstruktion
unseres Erachtens nicht. Nach dem bisher Gesagten wäre die AMS Österreich
GmbH weitgehend nach dem geltenden GmbH-Recht organisiert. Bedenklich wäre
nur, wenn das Ausgliederungsgesetz in großem Maße Sondergesellschaftsrecht
normierte, also für die AMS Österreich GmbH weite Teile des geltenden GmbHG
abändern würde. Diesfalls wäre zu fragen, ob ein derart gravierender Eingriff in das
GmbHG in Hinblick auf den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichheitssatz
("Sachlichkeitsgebot") tatsächlich sachlich zu rechtfertigen ist. Wir halten solche
Bedenken im Ergebnis für unbegründet; unseres Erachtens wären solche
sondergesellschaftsrechtlichen Bestimmungen - unvorgreiflich ihrer tatsächlichen
Ausformulierung - vor dem Hintergrund der erwünschten und im öffentlichen
Interesse liegenden Beteiligung der Sozialpartner sachlich zu rechtfertigen.

ad Pkt 2.6.:    Erarbeitung von Alternativszenarien:

Vorstellbar ist zum einen, die bestehende Bundes- und die bestehenden
Landesorganisationen des AMS durch mehrere GmbHs - die zueinander in einem
Konzernverhältnis stehen - abzubilden. Aus der Bundesorganisation würde diesfalls
die AMS Österreich GmbH (konkrete Organisation: wie unter Pkt 2. l. beschrieben);
darunter könnte für jedes Bundesland eine eigene GmbH (zB AMS Niederösterreich
GmbH) eingerichtet werden. Der Bund als Mehrheits- bzw Alleineigentümer der
AMS Österreich GmbH würde deren Geschäftsführer bestellen und könnte ihnen
durch die Generalversammlung Weisungen erteilen. Die Geschäftsführer der AMS
Österreich GmbH würden als Eigentümervertreter die Geschäftsführer bzw
Aufsichtsräte der einzelnen Landesgesellschaften bestimmen (vgl im Anhang:
Tafel C).

Die Weisungsbefugnis des BMWA wäre in diesem Fall durch eine Weisungskette
gesichert: Der BMWA als Eigentümervertreter gibt den Geschäftsführern der AMS


Österreich GmbH eine Weisung; diese geben als Eigentümervertreter diese
Weisung an die Geschäftsführer der Landesgesellschaften weiter. Die derzeit
bestehenden regionalen Administrationen können - wie ebenfalls unter Pkt 2.1.
gezeigt - mit Filialprokuristen nachgebildet werden. Aus der Weisungskette allein
ergeben sich unseres Erachtens nach keine Nachteile für einen raschen und
effektiven Geschäftsvollzug; diesbezüglich besteht kein Unterschied zu einem
intern vorgesehenen ähnlich mehrgliedrigen Aufbau. Zu bedenken ist aber, daß man
durch eine solche Konzernstruktur den organisatorischen Aufwand (zB bei
Änderungen im Firmenbuch, Geschäftsführerbestellungen oder -entlassungen,
Kapitalerhöhungen               oder -herabsetzungen, Durchführung von
Generalversammlungen etc) jeweils verzehnfacht.

Die AMS Österreich GmbH läßt sich aber auch - unseres Erachtens: am
sinnvollsten - in einer typischen GmbH-Struktur organisieren: In der
Generalversammlung würde demnach ein Vertreter des BMWA als
Eigentümervertreter sitzen; der Aufsichtsrat wird von den Sozialpartnern beschickt,
die solcherart ihren Kontrollaufgaben nachkommen. Darunter errichtet man neun
Filialen mit jeweils einem Prokuristen und einem (bloß beratenden) Beirat, der
wieder von den Sozialpartner beschickt wird (vgl im Anhang: Tafel D). Unserer
Erfahrung nach sind GmbHs im Wirtschaftsleben um so schlagkräftiger, je
einfacher sie strukturiert sind; viele große Unternehmen werden erfolgreich in
einfachen GmbH-Strukturen geführt. Die vorgeschlagene Struktur würde dieses
"Gebot der Simplizität" erfüllen.

Im Einzelfall besteht dabei eine Vielzahl weiterer Variationsmöglichkeiten: So
können die Filialprokuristen sondergesetzlich an die Vorschläge des Beirats
gebunden oder für Streitfälle eine Devolution der Entscheidungskompetenz zB an
den Aufsichtsrat oder die Geschäftsführung vorgesehen werden.

ad Pkt 2.7.:    Vereinbarkeit   des   GmbH-Konzeptes   mit   dem   ILO-Überein-
kommen:

Art l     Z 1    des    "Übereinkommens    (Nr. 88)    über    die    Organisation    der
Arbeitsmarktverwaltung"     (BGB1     596/1973;     in     der     Folge     kurz:     ILO-


Übereinkommen) verpflichtet die Mitgliedsstaaten dazu, "eine öffentliche,
unentgeltliche Arbeitsmarktverwaltung zu unterhalten oder für das Bestehen einer
solchen Verwaltung zu sorgen". Aus dieser Formulierung ist zu schließen, daß die
Mitgliedsstaaten ihre Arbeitsmarktverwaltungen entweder selbst besorgen (arg "zu
unterhalten") oder durch Private besorgen lassen können (arg "für das Bestehen
einer solchen Verwaltung zu sorgen"). Die Ausgliederung des AMS widerspricht
daher in dieser Hinsicht keinen zwischenstaatlichen Verpflichtungen.

Dem steht unseres Erachtens auch nicht die Bestimmung des Art 2 ILO-
Übereinkommen entgegen, wonach die Arbeitsmarktverwaltung "aus einem das
ganze Land umfassenden System von Arbeitsämtern unter Leitung einer
Zentralbehörde zu bestehen" hat. Damit ist nämlich lediglich gesagt, daß die oberste
Leitung der Arbeitsmarktverwaltung einer "Zentralbehörde" - vor dem Hintergrund
der österreichischen Verfassungsstrukturen wohl einem Bundesminister oder der
Bundesregierung - zukommen muß; dies entspricht exakt den - bereits erwähnten -
Vorgaben des Verfassungsgerichtshofs, der bei der Ausgliederung eines nach wie
vor hoheitlich zu vollziehenden Bereichs die Unterstellung unter die
Leitungsbefugnis oberster Organe verlangt. Der Bestimmung läßt sich hingegen
nicht entnehmen, daß die nachgeordneten Organe nicht privatrechtlich organisiert
sein dürften.

Dem Übereinkommen läßt sich auch keine Verpflichtung zur Beibehaltung der
derzeitigen regionalen Strukturen des AMS entnehmen. Zwar spricht Art 3 Z l ILO-
Übereinkommen ausdrücklich "ein Netz von örtlichen und ... regionalen Ämtern"
an; letztere sind aber lediglich "nötigenfalls" vorzusehen. Es ist daher dem
nationalen Gesetzgeber überlassen, ob er seine Arbeitsmarktverwaltung tatsächlich
bis auf die unterste Ebene drei- oder sogar noch weiter mehrgliedrig organisieren
will.

Art 4 Z l ILO-Übereinkommen normiert, daß "[djurch Einsetzung beratender
Ausschüsse ... dafür zu sorgen [ist], daß Vertreter der Arbeitgeber und der
Arbeitnehmer zur Mitarbeit bei der Organisation und Tätigkeit der
Arbeitsmarktverwaltung und beim Ausbau der Arbeitsmarktpolitik herangezogen
werden". Die Sozialpartner müssen daher in Form beratender Ausschüsse (zB
gesellschaftsrechtliche Beiräte) in die Arbeitsmarktverwaltung eingebunden sein;


die Einräumung hoheitlicher Mitwirkungsrechte ist durch das ILO-Übereinkommen
nicht zwingend vorgeschrieben.

3. Gebarungsrecht

ad Pkt 3.2.:    Analyse der bisherigen Ausgliederungen und Umwandlungen
von Aufgabenbereichen in GmbHs:

Der Bund hat bisher verschiedene Modelle gewählt, um für die finanzielle
Bedeckung der von ihm ausgegliederten Aufgaben zu sorgen:

Im "Bundesgesetz über die Austro Control Gesellschaft mit beschränkter Haftung"
(BGB1 898/1993 idF BGB1 I 45/1997; in der Folge kurz: ACG-G) hat er der neu
gegründeten Austro Control GmbH den Großteil der vormals vom Bundesamt für
Zivilluftfahrt gemäß LFG zu vollziehenden hoheitlichen Aufgaben zugewiesen (§ 2
Abs l ACG-G). Die von der Austro Control GmbH für den Bund im öffentlichen
Interesse erbrachten Leistungen deckt der Bund nach dem Kostendeckungsprinzip
ab (§ 11 Abs l ACG-G); soweit eine Verrechnung von Entgelten aufgrund
internationaler Rechtsvorschriften unzulässig ist, ersetzt der Bund die der Austro
Control GmbH dadurch entgehenden Einnahmen (vgl § 11 Abs 2 ACG-G). Werden
der Austro Control GmbH zusätzliche behördliche Aufgaben übertragen, so hat der
beauftragende Bundesminister eine entsprechende finanzielle Abdeckung
vorzusehen (§ 2 Abs 3 ACG-G). Daneben kann die Austro Control GmbH für
Private Dienstleistungen erbringen. Für die der Austro Control GmbH
zugewiesenen öffentlich-rechtlichen Bediensteten hat diese dem Bund monatlich
den Aufwand der Aktivbezüge samt Nebenkosten zu ersetzen sowie einen Beitrag
zur Deckung des Pensionsaufwands zu leisten (§ 8 Abs 3 ACG-G).

Einen anderen Weg hat der Bundesgesetzgeber im "Bundesgesetz betreffend die
Telekommunikation" (BGB1 I 100/1997 idF BGB1 I 26/2000; in der Folge kurz:
TKG) beschritten: Zwar werden die wesentlichen Regulierungsaufgaben auch hier
auf die neu zu gründende Telekom Control GmbH (samt der bei ihr angesiedelten
Telekom-Control Kommission) übertragen; den Bund treffen aber nach Gründung
der Telekom Control GmbH keine weiteren finanziellen Verpflichtungen. Weil die


 


Tätigkeit der Regulierungsbehörde den Konzessionsinhabern zugute kommt, sollen
diese ihren Regulator selbst finanzieren; aus diesem Grund sieht § 17 Abs 3 TKG
vor, daß Konzessionsgebühren und Finanzierungsbeiträge der Regulierungsbehörde
zufließen. Die Festsetzung und Vorschreibung dieser Beiträge erfolgt durch die
Telekom Control GmbH (§ 17 Abs 2 iVm § 109 TKG). Die Telekom Control
GmbH finanziert sich mithin selbst.

Wieder anders hat der Bundesgesetzgeber die Finanzierung im "Bundesgesetz über
die Neuorganisation der Bundestheater (BGBl I 108/1998; in der Folge kurz:
BThOG) geregelt. Die gemäß § 3 Abs 1 BThOG zur Bundestheaterverwaltung
gegründeten Gesellschaften "Bundestheater-Holding GmbH", "Burgtheater GmbH",
"Wiener Staatsoper GmbH", "Volksoper Wien GmbH" und "Theater Service
GmbH" erhalten vom Bund für die Wahrnehmung der ihnen übertragenen Aufgaben
eine jährliche Basisabgeltung von insgesamt ATS 1.839 Mio (§ 7 Abs 3 BThOG).
Den Bund trifft weiters eine Ausfallsbürgschaft für die bezugsrechtlichen
Ansprüche der zugewiesenen Bediensteten (§ 7 Abs 1 BThOG).


Daraus erweist sich:

•    Solange die Arbeitsmarktpolitik gesetzlich als Aufgabe des Bundes normiert ist,
ist der Bund schon aufgrund der Bestimmung des § 2 F-VG
(Konnexitätsgrundsatz) dazu verpflichtet, "den Aufwand, der sich aus der
Besorgung dieser Aufgaben ergibt", selbst zu tragen (vgl zB Matzner [Hrsg],
Öffentliche Aufgaben und Finanzausgleich [1977] 53). Aus eben diesem Grund
normiert etwa das BThOG, daß der Bund den einzelnen Theater-Gesellschaften
einen wesentlichen Teil der Kosten aus der Erfüllung ihres kulturpolitischen
Auftrags - und mithin: einer hoheitlichen Aufgabe - in Form eines Basisentgelts
zu ersetzen hat. Auf dem Konnexitätsgrundsatz gründen auch jene
Bestimmungen des ACG-G, nach denen der Bund der Austro Control GmbH
jenen Aufwand ersetzen muß, der bei der Besorgung von Aufgaben für den
Bund bzw bei der Besorgung von Aufgaben, für die aufgrund internationaler
Verträge kein Entgelt verlangt werden darf, entsteht.

•    Sofern die Arbeitsmarktpolitik jedoch nicht mehr dem Bund, sondern gesetzlich
zB dem Privatrechtsträger AMS Österreich GmbH als private Aufgabe
übertragen ist, greift der Konnexitätsgrundsatz nicht mehr; es handelt sich eben
nicht mehr um "Aufgaben des Bundes". Daran vermag auch der Umstand nichts
zu ändern, daß der Aufgabenbegriff des § 2 F-VG nach der
verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung in einem weiten Sinn zu verstehen ist
und sowohl hoheitliche als auch privatwirtschaftlich zu besorgende Aufgaben
umfaßt (zB VfSlg 3033, 4072, 7875, 11.939). Die Frage, wie staatliche
Aufgaben zu besorgen sind, ist nämlich von der Frage zu unterscheiden, ob es
sich überhaupt um staatliche Aufgaben handelt. Sofern eine Aufgabe einer
juristischen Person des Privatrechts als private Aufgabe gesetzlich übertragen
ist, handelt es sich unseres Erachtens - gleich, wem diese juristische Person des
Privatrechts tatsächlich gehört - nicht mehr um "Aufgaben des Bundes". Jede
andere Auffassung müßte zum Ergebnis gelangen, daß ein- und dieselbe
Aufgabe ohne Änderung der legislativen Zuweisung allein durch Übergang des
Eigentums einer juristische Person zu einer staatlichen wird; dies ist
unvertretbar.


Wie dem auch sei: § 2 F-VG verpflichtet Bund und Länder nur dann zur
Tragung des Aufwands, "sofern die zuständige Gesetzgebung nichts anderes
bestimmt". Sondergesetzlich kann daher Abweichendes vorgesehen sein. Solche
Abweichungen vom Prinzip der Kostentragung können sowohl
Kostenabwälzungen als auch Kostenübernahmen sein (vgl Ruppe, Neuordnung
der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung - Teilbereich Finanzverfassung, in:
BKA-VD [Hrsg], Neuordnung der Kompetenzverteilung in Österreich [oJ] 336).

•    Zu prüfen ist daher lediglich, ob die Aufgaben der Arbeitsmarktpolitik
tatsächlich ausgliederungsfähig sind. Im "Austro Control-Erkenntnis" hat der
Verfassungsgerichtshof - wie bereits erwähnt - ausgesprochen, daß bestimmte
Staatsaufgaben überhaupt nicht ausgliedert werden können (VfSlg 14.473). Als
solchen "ausgliederungsfesten Kernbestand" hat der Verfassungsgerichtshof
jedoch nur "die Vorsorge für die Sicherheit im Inneren und nach außen und die
Ausübung der (Verwaltungs-)Strafgewalt" angesehen. Somit bleibt festzuhalten,
daß die Verantwortung für die Arbeitsmarktpolitik unseres Erachtens kein
ausgliederungsfester Tatbestand
ist; sie kann rechtmäßigerweise an eine GmbH
übertragen werden.

•   Handelt es sich aber um private Aufgaben, so hat der private Rechtsträger die
aus der Besorgung dieser Aufgaben erwachsenden Kosten grundsätzlich auch
selbst zu tragen. Dies gilt sowohl für den Sach- als auch für den
Personalaufwand: Sofern es bisher zu Dienstzuweisungen von Bundesbeamten
zu ausgegliederten Rechtsträgern gekommen ist, wurden diese dazu verpflichtet,
dem Bund monatlich den Aufwand der Aktivbezüge samt Nebenkosten zu
refundieren und darüber hinaus einen Beitrag zur Deckung des
Pensionsaufwands zu leisten (vgl zB § 8 ACG-G; § 10 Abs 4 Bundesmuseen-
Gesetz).

Damit bleibt festzuhalten: Wird die Arbeitsmarktpolitik per Gesetz als öffentliche
Aufgabe des Bundes definiert, so muß der Bund grundsätzlich den aus der
Besorgung dieser Aufgabe entstehenden Aufwand selbst tragen. Schon aus den
durch Art 51 Abs 3 B-VG verfassungsgesetzlich vorgegebenen Grundsätzen der
Einheit, Vollständigkeit und Wahrheit des Budgets (vgl Walter/Mayer, Grundriß
des österreichischen Bundesverfassungsrechts9 [2000] Rz 520 ff) ergibt sich, daß


ein solcher Aufwand im Bundesbudget recte ausgewiesen werden muß; die Pflicht
zur Aufnahme eines Aufwands ins Budget knüpft daher an die Qualifizierung jener
Aufgabe, deren Besorgung den Aufwand entstehen läßt. Definiert das
Ausgliederungsgesetz die Besorgung der - materiell gesprochen
"Arbeitsmarktverwaltung" hingegen als Aufgabe eines privaten Rechtsträgers, so
hat dieser grundsätzlich selbst für die Bedeckung des aus der Aufgabenbesorgung
entstehenden Aufwands zu sorgen.

•    Problematisch kann in diesem Zusammenhang die Kapitalausstattung der AMS
Österreich GmbH werden. Nach allgemeinen gesellschaftsrechtlichen
Gesichtspunkten muß das Stammkapital einer GmbH ausreichen, ihren
gewöhnlichen Geschäftsbetrieb zu ermöglichen. In welchem Ausmaß eine
unternehmerische Tätigkeit Eigenkapital erfordert, um nicht von vorneherein die
Interessen der Gläubiger zu gefährden, hängt dabei von den wirtschaftlichen
Gegebenheiten des konkreten Einzelfalls ab. Generell kann gesagt werden, daß
die Eigenkapitalausstattung insbesondere dann ungenügend ist, wenn das
Unternehmen von Anfang an Kredit in Anspruch nehmen muß (OGH EvBl
1971/198; 1969/334). Ist die Eigenkapitalausstattung ungenügend, so haften die
Gesellschafter wegen "qualifizierter Unterkapitalisierung" der GmbH über ihren
eigentlichen Gesellschaftsanteil hinaus. Dies würde im vorliegenden Fall zu
einer Haftung des Bundes für die Schulden der AMS Österreich GmbH führen.

Anderes gilt freilich dann, wenn - wie dies in Ausgliederungsgesetzen
regelmäßig geschieht - sondergesetzlich ein Stammkapital in einer bestimmten
Höhe vorgeschrieben wird. Diesfalls kann die Gesellschafter nämlich - recht
betrachtet - kein eigenes Verschulden an der qualifizierten Unterkapitalisierung
treffen; schließlich ist sie gesetzlich vorgesehen. Freilich: Eine solche
gesetzliche Bestimmung des Stammkapitals wird in Hinblick auf den
Gleichheitssatz dann verfassungswidrig sein, wenn das vorgesehene
Stammkapital evidentermaßen nicht ausreicht, um der GmbH die Erfüllung der
ihr gesetzlich übertragenen Aufgaben zu ermöglichen. Verfassungswidrig sind
demnach wohl gesetzliche Bestimmungen, welche auf der einen Seite eine
GmbH zur Besorgung bestimmter kostenintensiver Aufgaben verpflichten, ohne
ihr auf der anderen Seite das zur Geschäftsbesorgung ausreichende
Stammkapital einzuräumen ("gesetzlicher Zwang zum Schuldenmachen").


Im gegenständlichen Fall ist daher abzuwägen: Entweder man gründet eine
GmbH mit ausreichender Kapitalausstattung, überträgt ihr die Aufgaben der
Arbeitsmarktpolitik und gewährt keine Bundeszuschüsse. Oder man gründet eine
GmbH mit gesetzlich vorgesehener - niedrigerer - Stammkapitalausstattung,
überträgt ihr als gesetzliche Aufgabe die Arbeitsmarktpolitik und erklärt sich
bereit, allfällige Defizite durch Bundeszuschüsse abzudecken, Kreditlinien
einzuräumen oder entsprechende Haftungen zu übernehmen. Beide Varianten
sind verfassungskonform.

•    Bei den in § 6 Abs 8 AMPFG vorgesehenen Überweisungen des AMS an den
PV-Ausgleichsfonds besteht unseres Erachtens die Möglichkeit, daß sie der
Verfassungsgerichtshof im Falle einer Befassung als Sondersteuer qualifiziert.
Dies ungeachtet ihrer beitragsrechtlichen Konstruktion deshalb, weil die
gesetzliche "Abschöpfung" eben jenes Überschusses, welcher dem AMS bislang
verblieben ist, grundsätzliche Bedenken hinsichtlich des
finanzverfassungsrechtlichen Äquivalenzprinzips nährt.

Sollte der Verfassungsgerichtshof zur Auffassung gelangen, daß es sich bei
diesen "Beiträgen" um eine "Steuer" handelt, so müßte er in einem weiteren
Schritt beurteilen, ob ein privater Rechtsträger verfassungskonformerweise per
Gesetz zur Abführung wesentlicher Summen an einen Sozialversicherungsträger
verpflichtet werden kann. Die diesbezügliche Entscheidung ist nur schwer zu
prognostizieren; Zwar kommt dem Gesetzgeber bei Steuern ein großer
Gestaltungsspielraum zu, in dem schon fiskalische Interessen für sich allein
einen ausreichenden sachlichen Grund in Hinblick auf das allgemeine
Sachlichkeitsgebot des Gleichheitssatzes dartun (vgl Ruppe, 8. ÖJT [1982] I/1 A,
66). Angesichts der Höhe der Steuer ist aber zu prüfen, ob hier nicht allenfalls
eine Besteuerung vorliegt, die im Ergebnis zum Versiegen der Steuerquelle
führt. Dies wird man dann anzunehmen haben, wenn es die Höhe der
Überweisungen der AMS Österreich GmbH verunmöglichen, die für einen im
privaten Geschäftsverkehr notwendigen Mittel aufzubringen bzw rückzustellen;
mangels entsprechender Vorsorgen wäre in einem solchen Fall nämlich
angesichts eines zyklischen Wirtschaftsgeschehens die Überschuldung der
GmbH absehbar. Hinzu kommt, daß der Steuergesetzgeber nach der


verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung auf die Gleichmäßigkeit der Belastung
der Steuersubjekte zu achten hat. Das Steueraufkommen dient der Erfüllung der
im Allgemeininteresse gelegenen Aufgaben und ist daher auch von der
Allgemeinheit gleichmäßig aufzubringen (VfSlg 8943, 12.227). Diesem
Grundsatz könnte eine Sonderbesteuerung der AMS Österreich GmbH
zugunsten des PV-Ausgleichsfonds widersprechen. An diesem Ergebnis ändert
unseres Erachtens auch die Bestimmung des § 6 Abs 9 AMPFG nichts , die eine
Pflicht des Bundes normiert, einen durch die genannten Überweisungen in der
Gebarung des AMS entstehenden Abgang zu decken. Sie verhindert nämlich
lediglich das Entstehen eines Defizits; daß durch die Überweisungen an den PV-
Ausgleichsfonds auch die im Wirtschaftsverkehr unumgänglichen Reserven
einer AMS Österreich GmbH minimiert werden, gleicht sie nicht aus.

Bejaht der Verfassungsgerichtshof hingegen die Qualifizierung der
Überweisungen an den PV-Ausgleichsfonds als "Beiträge", so würde sich seine
Prüfung in weiterer Folge auf die Einhaltung des Äquivalenzprinzips
beschränken. Demnach darf eine Gebühr bzw ein Beitrag nicht höher festgesetzt
werden, als dies zur Deckung der gesamten Kosten notwendig ist, die der
begünstigten            Gebietskörperschaft bzw dem begünstigten
Selbstverwaltungskörper durch die Schaffung, die Erhaltung und den Betrieb der
die Leistung produzierenden Einrichtungen erwachsen (VfSlg 8847, 8943, 9608,
11.559; vgl auch Doralt/Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechts II
3
[1996] 154); dabei räumt der Verfassungsgerichtshof aber generell gewisse
Toleranzen ein und prüft Beiträge regelmäßig weniger streng auf die Einhaltung
des Äquivalenzprinzips als Gebühren (Mayer, Das österreichische Bundes-
Verfassungsrecht2 [1997] AnmV.4. und V.5. zu § l F-VG). Dennoch darf der
Beitrag nicht "völlig außerhalb jeden Verhältnisses zum jeweiligen
wirtschaftlichen Wert des erlaubten Gebrauchs stehen" (VfSlg 10.463). Es wird
daher in einem solchen Fall darauf ankommen, den Verfassungsgerichtshof
durch tunlichst ziffernmäßige Nachweise von der annähernden Gleichwertigkeit
von erbrachter Leistung und eingehobenem Betrag zu überzeugen.

ad Pkt 3.3.:    Vorschußweise Bestreitung der Ausgaben durch den Bund:


•    Sofern sich der Bund dazu entschließt, einen Bundeszuschuß zu den Ausgaben
der AMS Österreich GmbH vorzusehen, kann dieser vorschußweise angewiesen
werden. Die diesbezügliche Bestimmung wäre sondergesetzlich - wie der
derzeit in Geltung stehende § 7 Abs l AMPFG - abzusichern.

•    Daß sich aus einem selbständigen Finanzierungskreis ergebende Problem, am
Beginn eines Jahres Rückstellungen für Ungewisse Verbindlichkeiten bilden zu
müssen (§ 198 Abs 8 Z l HGB), läßt sich durch gesetzlich vorgesehene
Sonderbilanzierungsregelungen vermeiden. Diese sind - betrachtet man die
bisherige Ausgliederungspraxis - durchaus nichts Ungewöhnliches (vgl nur § 4
ACG-G).

•   Damit stellt sich die Frage, was mit einem am Ende eines Jahres aufgrund der
gesetzlich vorgesehenen Leistungen gemäß A1VG und SUG allenfalls
entstehenden Defizit passiert. Dabei sind mehrere Lösungsvarianten denkbar:

Rücklagenauflösung: Sofern Rücklagen angespart wurden, könnten diese

zur Bedeckung des Abgangs verwendet werden.

Konkurs: Sofern keine ausreichenden Rücklagen vorhanden sind, könnte

die  GmbH  - theoretisch -  in  Konkurs  gehen;  schließlich  ist  es  der

eigentliche Sinn und Zweck einer GmbH, für allfällige Verbindlichkeiten

bloß beschränkt zu haften.  Reichen die  Einlagen nicht aus,  wäre die

juristische Person zu liquidieren.

Kredite: Realistischer ist aber wohl, daß die AMS Österreich GmbH das

Defizit  durch  Kredite  deckt;   sofern  keine   ausreichenden   Sicherheiten

vorhanden sind, müßte der Bund diesfalls - um eine Insolvenz der AMS

Österreich GmbH zu vermeiden - eine bestimmte Kreditlinie einräumen

oder eine Ausfallshaftung übernehmen.

Bundeszuschuß: Schließlich kann auch vorgesehen werden, daß sich die

Höhe eines etwaigen Bundeszuschusses an dem zu erwartenden Defizit zu

orientieren hat. In der bisherigen Ausgliederungspraxis kommen va die

beiden letzteren Varianten öfter vor (vgl die zitierten Gesetzesstellen in

Pkt3.4.).


 


•    Die Vorteile einer umlagefinanzierten Lösung gegenüber
versicherungsmathematisch festgelegten Rücklagen zeigen sich, wenn man sich
die Unvorhersehbarkeit der wirtschaftlichen Entwicklung vor Augen hält. So
kann zB ein plötzlicher Konjunkturzusammenbruch zu einem plötzlichen
Finanzierungsbedarf             in den gegenständlichen Bereichen
Arbeitslosenversicherungen bzw Arbeitsmarktforderung fuhren, der weit über
die Gesamtbeträge der versicherungsmathematisch ermittelten und lege artis
vorgesorgten Rücklagen hinausgeht; dies kann im schlimmsten Fall zur
Insolvenz der GmbH fuhren. Im Umlagensystem wird dagegen der jeweilige
Finanzbedarf auf die Versicherten umgelegt; dies macht die Gebarung der
GmbH sicherer und nahezu insolvenzfest. Vgl weiters die Bestimmungen der
§ 64 Abs 4 BewertungsG (bei Versicherungsunternehmen sind
versicherungstechnische Rücklagen vom Rohvermögen abzuziehen), § 68
BewertungsG (Rücklagen mindern des Gesamtwert eines gewerblichen
Betriebs), § 116 EStG (Bewertung von Rücklagen) etc.

•    Sollte man sich für ein Versicherungssystem entscheiden, stellt sich die weitere
Frage, ob die Betrauung einer GmbH mit der Administration dieses
Versicherungssystems zulässig ist. Gemäß § 3 Abs l VAG dürfen nämlich
"[ijnländische Versicherungsunternehmen ... nur in Form einer
Aktiengesellschaft oder eines Versicherungsvereines auf Gegenseitigkeit
betrieben werden". § l Abs 2 GmbHG schließt - damit korrespondierend -
GmbHs ausdrücklich vom "Betrieb von Versicherungsgeschäften" aus.

Bei beiden genannten Bestimmungen handelt es sich um Rechtsvorschriften im
einfachgesetzlichen Rang; ihnen kann daher grundsätzlich durch einfache
Bundesgesetze derogiert werden. Fraglich ist aber, inwiefern eine solche
abweichende sondergesetzliche Betrauung der AMS Österreich GmbH mit der
Besorgung von Versicherungsgeschäften verfassungsrechtlich zulässig ist. Die
Grenze dieser Zulässigkeit wird dort zu ziehen sein, wo die sondergesetzliche
Regelung in den Kernbereich des Gesellschafts- bzw
Versicherungsaufsichtsrechts eingreift. Für den gegenständlichen Fall bedeutet
dies mit anderen Worten: Gehört der Rechtsformenzwang zum Kernbereich des
VAG, das Versicherungsgeschäftsverbot zum Kernbereich des GmbHG? In
diesem Fall bedürfte eine abweichende Regelung eines Verfassungsgesetzes.


Den Gesetzesmaterialien zum geltenden VAG läßt sich nun keine besondere
Begründung für den in § 3 Abs l VAG normierten Rechtsformenzwang
entnehmen. Es wird lediglich festgehalten, daß "[d]ie Beschränkung der
zulässigen Betriebsformen auf Aktiengesellschaft und Versicherungsverein auf
Gegenseitigkeit ... der herrschenden Verwaltungspraxis" entspricht (BlgNR
XIV GP RV 764; zitiert nach Krejci/Weilinger, Österreichisches
Versicherungsrecht I [1992] 197). Ein Blick in die Geschichte des Österr
Versicherungsaufsichtsrechts zeigt aber, daß bereits die ersten Regulative
zuvorderst auf Aktiengesellschaften als Versicherungsträger abgestellt haben: So
war die Errichtung von Versicherungsgesellschaften seit dem Vereinspatent
1852 (RGBl 253/1852) an eine Konzession gebunden; diese konnte jedoch nur
Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit, Versicherungsaktiengesellschaften
und Kommanditgesellschaften auf Aktien erteilt werden (vgl Braumüller,
Versicherungsaufsichtsrecht [1999] 2 f. Das Versicherungsregulativ 1896
(RGBl 31/1896) legte den Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit und die
Aktiengesellschaft als ausschließlich zulässige Rechtsform fest. Abgesichert
wurde dieses - in den höheren Grundkapitalerfordernissen und dem damit
verbundenen Versichertenschutz begründete - Rechtsformengebot durch das
ausdrückliche Verbot des §1 Abs 2 GmbHG (RGBl 58/1906),
Versicherungsgeschäfte durch Gesellschaften mit beschränkter Haftung
vornehmen zu lassen.

Angesichts dieser kontinuierlichen Rechtsentwicklung spricht auf den ersten
Blick vieles dafür, den Rechtsformenzwang zum Kernbereich des VAG und des
GmbHG zu zählen: So dürfen Versicherungen seit 1896 nur von
Aktiengesellschaften (und Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit) betrieben
werden; korrespondierend dazu war es bereits in der Stammfassung des GmbHG
im Jahre 1906 den Gesellschaften mit beschränkter Haftung ausdrücklich
verboten, Versicherungsgeschäfte zu betreiben. Beide Gesetze regeln diese
Gebote bzw Verbote an überaus prominenter Stelle, was auf die besondere
Wertschätzung des Gesetzgebers hindeutet. Im Gegensatz dazu sind keine
besonderen Gründe ersichtlich, warum man - abweichend von den genannten
Bestimmungen - in einem Einzelfall ausgerechnet eine GmbH mit der
Besorgung von Versicherungsgeschäften betrauen sollte.


Freilich: Eine nähere Betrachtung zeigt, daß die vorgenannten Bedenken auf den
Bereich der Arbeitslosenversicherung gerade nicht zutreffen: Sowohl VAG als
auch GmbHG stellen erkennbar auf typisch privatrechtliche
Versicherungsverhältnisse (wie zB Haushalts-, Krankenzusatz-, Brandschutz-,
Hagelversicherung etc) ab. Diesen ist gemein, daß es zu einer Tragung des
versicherten Risikos durch die Gemeinschaft der Versicherten kommt; damit
dieses System funktioniert, ist zum einen eine ausreichend große Anzahl von
Versicherten ("Gesetz der großen Zahl"), zum anderen eine genaue
Risikobewertung und -gewichtung durch das Versicherungsunternehmen
notwendig. Fehlt es an einem dieser Erfordernisse, so gefährdet jeder
Schadensfall einer bestimmten Größe den Bestand des
Versicherungsunternehmens selbst.

Im Gegensatz dazu handelt es sich bei der gegenständlich besprochenen
"Arbeitslosenversicherung" eben nicht um eine freiwillige private Versicherung,
sondern um eine gesetzlich vorgesehene staatliche Vorsorgeleistung. Daran
ändert sich auch durch die Ausgliederung nichts, weil lediglich die vollziehende
Einheit, nicht aber die Aufgabe selbst privatisiert werden soll. Und diese
staatliche Vorsorgeleistung wird umlagenfinanziert, sodaß es zu keiner
Gefährdung der Versicherungsansprüche kommen kann. Aus diesen Gründen
(staatliche Vorsorgeleistung, Umlagenfinanzierung) können sich eben jene
Bedenken nicht verwirklichen, die den Gesetzgeber zum Rechtsformenzwang
des VAG bzw dem ausdrücklichen Versicherungsgebot des GmbHG gebracht
haben. Vor diesem Hintergrund scheint uns eine sondergesetzliche Abweichung
verfassungsrechtlich zulässig zu sein.

•    Daran anknüpfend stellt sich die Frage, ob sich an der vorgenannten Beurteilung
dadurch etwas ändern würde, wenn man auch Personen aus atypischen
Beschäftigungsverhältnissen die Möglichkeit gäbe, sich freiwillig bei einer
solcherart administrierten Arbeitslosenversicherung mitzuversichern.
Unvorgreiflich einer detaillierteren Analyse kann bereits jetzt gesagt werden,
daß eine solche Lösung verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet: Die vorhin
genannten Abweichungen zum Kernbestand des VAG bzw GmbHG lassen sich
nämlich nur dadurch sachlich rechtfertigen, daß man - wie bereits erwähnt - auf


die Pflichtversicherung einer ganzen Gruppe und die damit in Zusammenhang
stehende Umlagenfinanzierung verweist. Eben diese sachliche Rechtfertigung
fällt aber dann weg, wenn man es einer anderen Personengruppe freistellt, sich
an einer solchen Versicherung nach Belieben zu beteiligen. Damit minimiert
sich der wesentliche Unterschied zu "normalen" Versicherungsverhältnissen in
der Privatwirtschaft und es stellt sich um einiges schärfer die Frage, warum man
eine GmbH (und nicht eine AG oder einen Versicherungsverein auf
Gegenseitigkeit) mit solchen Geschäften betraut. Eine Berücksichtigung
atypischer Dienstverhältnisse auf Grundlage der freiwilligen Mitversicherung ist
daher verfassungsrechtlich bedenklich und gefährdet die fragile
Verfassungskonformität der in Rede stehenden Konstruktion.

ad Pkt 3.4.:    Übertragung der Beitragsfestsetzung an die GmbH:

•   Eine Übertragung der Festsetzung des Arbeitslosenversicherungsbeitrags gehört
nicht zu den "ausgliederungsfesten Kerntatbeständen" der Hoheitsverwaltung.
Dies deshalb, weil der Verfassungsgerichtshof diese in seinem Judikat VfSlg
14.473 - wie bereits mehrfach erwähnt - auf die Aufrechterhaltung der
Sicherheit im Inneren und nach außen und auf die (Verwaltungs-)Strafbefugnis
eingeschränkt hat; die Abgabenfestsetzung wird hingegen nicht ausdrücklich als
genuine Staatsaufgabe genannt.

In Ansehung dieser Judikatur ist somit davon auszugehen, daß die derzeit durch
Verordnung des BMSG im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen
im Verordnungsweg vorgenommene Erhöhung oder Herabsetzung des
Arbeitslosenversicherungsbeitrages an die AMS Österreich GmbH als
Beliehener grundsätzlich ausgliederungsfähig ist. Zu den diesbezüglichen
Grenzen vgl die Ausführungen in Teil A.

Daran anknüpfend stellt sich die Frage, ob Leistungsordnung und
Deckungsordnung auch auseinanderfallen können. Mit anderen Worten: Kann
man der GmbH bloß die hoheitliche Besorgung der Aufgaben der
Arbeitsmarktverwaltung übertragen, beim Bund hingegen die hoheitliche
Festsetzung der diesbezüglichen Beiträge belassen? Nach der bisher ergangenen


Judikatur bestehen dagegen keine grundsätzlichen verfassungsrechtlichen
Bedenken: Demnach muß ein Rechtsverhältnis nicht zur Gänze entweder dem
öffentlichen oder dem privaten Recht zugeordnet werden; insbesondere besteht
zB die Möglichkeit, die Leistungsbeziehung öffentlich-rechtlich, die
Gegenleistungsbeziehung hingegen privatrechtlich zu regeln (zB VwGH
21.9.1984, 82/17/0018; Krejci/Ruppe [HrsgJ, Rechtsfragen der kommunalen
Wirtschaftsverwaltung [1992] 82; Walzel v. Wiesentreu, Rechtsfragen der
Ausgliederung öffentlicher Aufgaben, insbesondere im kommunalen Bereich,
ÖGZ 1997, 16). Die verfassungsrechtliche Grenze der Zulässigkeit eines solchen
Auseinanderfallens wird freilich dort erreicht sein, wo der Aufwand der
Aufgabenbesorgung ungleich höher als der Ertrag der hoheitlich festgesetzten
Beiträge ist. Eine solche gesetzliche "Pflicht zum Schuldenmachen" erscheint in
Hinblick auf das verfassungsgesetzliche Sachlichkeitsgebot (Art 7 B-VG; Art 2
StGG) gleichheitswidrig. Begegnet werden könnte den diesbezüglichen
Bedenken dadurch, daß man den Bund gesetzlich dazu verpflichtet, die Beiträge
korrespondierend mit dem entstehenden Aufwand festzusetzen.

Ebensogut könnte die Beitragsordnung der AMS Österreich GmbH übertragen
und sondergesetzlich vorgesehen werden, daß sie Beitragssenkungen allein,
Beitragserhöhungen hingegen nur mit Zustimmung des BMWA vornehmen darf.
Eine solche Regelung erscheint grundsätzlich verfassungsrechtlich zulässig.
Bedenklich wird sie erst dann, wenn dieses Einvernehmen zur Beitragserhöhung
regelmäßig nicht hergestellt werden kann; diesfalls kippt eine Konstruktion
"gesetzlich übertragene Aufgaben" + "keine ausreichende Ingerenz auf die
Beitragsfestsetzung" ins Verfassungswidrige ("Zwang zum Schuldenmachen").

Will man die Diskussion über die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der
Ausgliederung einer Beitragsfestsetzung im Hoheitsweg vermeiden, so könnte
der Bundesgesetzgeber auch lediglich eine gesetzliche Pflicht zur
Arbeitslosenversicherung vorsehen. Die AMS Österreich GmbH könnte
demnach nach allgemeinen versicherungsmathematischen Überlegungen
verschiedene Arten der Arbeitslosenversicherung anbieten.

•    An dieser Stelle ist auch die derzeit relevierte Möglichkeit zu erörtern, Teile der
generellen Arbeitsmarktpolitik nicht der AMS Österreich GmbH, sondern den


Bundesländern zu übertragen. Verfassungsrechtlich bedenklich wird dies dort,
wo es zu einem ruinösen Auseinanderklaffen von Aufgabenübertragung durch
die Länder und Aufgabenbesorgung durch die AMS Österreich GmbH kommt;
mit anderen Worten: Ein Landesgesetzgeber, der ohne Bedachtnahme auf die
finanzielle Leistungsfähigkeit der AMS Österreich GmbH arbeitsmarktpolitische
Rahmenbedingungen schafft, welche für die AMS Österreich GmbH mit
kostenintensiven Aufgabenbesorgungen verbunden sind, belastet seine
diesbezüglichen Regelungen mit Verfassungswidrigkeiten.

•    Grundsätzlich kann das Ausgliederungsgesetz auch eine Haftung des Bundes für
ein etwaig ungedecktes Defizit vorsehen. Wie gezeigt werden konnte, sind
solche Haftungserklärungen des Bundes in Ausgliederungsgesetzen durchaus
üblich (vgl zB § 3 Abs 2 ASFINAG-Gesetz; § 7 BThOG; § 4 Abs l AUA-
Finanzierungsgesetz; § 21 Abs l Bundesbahngesetz; § 10 Abs 8 Bundesmuseen-
Gesetz; § 5 Abs l Bundesssporteinrichtungsorganisationsgesetz etc).

•    Sofern eine solche Haftungserklärung nicht vorgesehen ist und auch keine
Umlagenfinanzierung ermöglicht wird, kann ein fortdauerndes Defizit zur
Überschuldung der GmbH fuhren. Nach § 69 KO haben die Geschäftsführer der
GmbH im Falle der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft
"ohne schuldhaftes Zögern" die Konkurseröffnung bei Gericht zu beantragen;
anstelle der Konkurseröffnung kann auch ein gerichtlicher Ausgleich beantragt
werden (OGH SZ 51/88). Eine Überschuldung liegt dann vor, wenn das
Vermögen der GmbH unter Ansatz von Liquidationswerten und unter
Einbeziehung der stillen Reserven die bestehenden Verbindlichkeiten nicht
deckt ("rechnerische Überschuldung") und die Finanzkraft der GmbH nach
überwiegender Wahrscheinlichkeit mittelfristig nicht zur Fortführung des
Unternehmens ausreicht ("negative Überlebens- oder Fortbestehensprognose";
vgl zB OGH WB1 1990, 345 = ecolex 1990, 476; Leitner, Der
Insolvenztatbestand der Überschuldung im Konzernunternehmen, RdW 1994,
273). Die Anspruchberechtigten zB aus der Arbeitslosenversicherung werden im
Konkursfall zu Konkursgläubigern und wären bestenfalls quotenmäßig zu
befriedigen. Sofern sich im Konkursverfahren herausstellt, daß die AMS
Österreich GmbH qualifiziert unterkapitalisiert war, kann ein Rückgriff auf das
Vermögen des Eigentümers - mithin hier: das Vermögen des Bundes - erfolgen.


Freilich:  Vor dem aufgezeigten Hintergrund ist die Konkurs-Variante zwar
theoretisch möglich, praktisch aber wenig wahrscheinlich.


4. Sonstige Fragen:
ad Pkt 6.1.:    Prüfung durch Rechnungshof und Volksanwaltschaft:

Die Zuständigkeit der Volksanwaltschaft erstreckt sich gemäß Art 148a Abs l
B-VG auf die "Verwaltung des Bundes einschließlich dessen Tätigkeit als Träger
von Privatrechten". Damit ist die gesamte Verwaltungstätigkeit des Bundes erfaßt,
gleichgültig, ob sie sich als unmittelbare oder mittelbare, hoheitliche oder nicht-
hoheitliche Besorgung von Aufgaben darstellt (vgl Walter/Mayer, Grundriß des
österreichischen Bundesverfassungsrechts9 [2000] Rz 1267).

Zur Tätigkeit des Bundes als "Träger von Privatrechten" gehören aber nur jene
Akte, die dem Bund zuzurechnen sind, nicht jedoch solche, die durch andere - vom
Bund verschiedene - Rechtsträger gesetzt werden (421 BlgNR,
XIV. GP, 2; VfSlg
13.323). In die Zuständigkeit der Volksanwaltschaft fallen mithin jene Aufgaben,
welche die AMS Österreich GmbH als Beliehener hoheitlich besorgt; hier wird die
GmbH funktionell als Bundesorgan tätig - ihre Handlungen sind dem Bund
zurechenbar. Jene Aufgaben aber, die von der AMS Österreich GmbH
privatwirtschaftlich vollzogen werden, unterliegen nicht der Kontrolle der
Volksanwaltschaft; dies deshalb, weil hier ein vom Bund verschiedener
Rechtsträger tätig wird.

Hingegen bleibt die AMS Österreich GmbH unzweifelhaft der Kontrolle des
Rechnungshofs unterworfen: Dieser hat nämlich gemäß Art 126b Abs l B-VG "die
gesamte Staatswirtschaft des Bundes" zu prüfen. Art 126b Abs 2 B-VG erstreckt die
diesbezügliche Prüfungsbefugnis explizit auf jene Unternehmungen, "an denen der
Bund alleine ... mit mindestens 50 v.H. des Stamm-, Grund- oder Eigenkapitals
beteiligt ist". Und weiter: "Einer solchen finanziellen Beteiligung ist die
Beherrschung von Unternehmungen durch andere finanzielle oder sonstige
wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen gleichzuhalten". Diese
Voraussetzungen sind gegeben; die Prüfungsbefugnis des Rechnungshofes bleibt
auch im Falle der Ausgliederung des AMS bestehen.


ad Pkt 6.2.:    Beratung und Vertretung durch die Finanzprokuratur:

Es ist zulässig, eine Beratung und Vertretung der AMS Österreich GmbH durch die
Finanzprokuratur gesetzlich vorzusehen. Solche sondergesetzlichen Bestimmungen
finden sich in vielen Ausgliederungsgesetzen (vgl zB § 13 ACG-G; § 15
ASFINAG-Gesetz); verfassungsrechtliche Bedenken bestehen unseres Erachtens
nicht. Im Falle eines Rechtsstreits zwischen Bund und AMS Österreich GmbH
müßte die Finanzprokuratur gemäß § 6 FinanzprokuraturG den Bund vertreten.

ad Pkt 6.3.:    Datenverarbeitung und Datenzugriff:

Personenbezogene Daten dürfen nach dem DSG  2000  nur unter bestimmten
Voraussetzungen verwendet werden:

•   Unter personenbezogenen Daten sind Angaben über Betroffene, deren Identität
bestimmt oder bestimmbar ist, zu verstehen. Dabei ist es unerheblich, ob private,
berufliche, wirtschaftliche Informationen, Eigenschaften, Kenntnisse oder
physiologische Merkmale betroffen sind (§ 4 Z l DSG 2000).

•    Solche personenbezogenen Daten dürfen nur verarbeitet werden, soweit Zweck
und Inhalt der Datenanwendung von den gesetzlichen Zuständigkeiten oder
rechtlichen Befugnissen des jeweiligen Auftraggebers gedeckt sind und die
schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen nicht verletzt
werden. Es ist daher sinnvoll, ins Ausgliederungsgesetz eine ausdrückliche
gesetzliche Ermächtigung zur Datenverarbeitung für die AMS Österreich GmbH
aufzunehmen., Das "Verarbeiten von Daten" umfaßt entsprechend der Definition
des § 4 Z 9 DSG 2000 unter anderem das Ermitteln, Erfassen, Speichern,
Vergleichen, Verändern, Verknüpfen, Abfragen, Benützen oder jede andere Art
der Handhabung von Daten einer Datenanwendung.

•    Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen sind bei der Verwendung von nicht-
sensiblen personenbezogenen Daten gemäß § 8 Abs l DSG 2000 dann nicht
verletzt, wenn eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung, Verpflichtung zur
Verwendung der Daten besteht, oder der Betroffene der Verwendung seiner


Daten zugestimmt hat (wobei ein Widerruf jederzeit möglich ist und die
Unzulässigkeit der weiteren Verwendung der Daten bewirkt), lebenswichtige
Interessen des Betroffenen die Verwendung erfordern, oder überwiegende
berechtigte Interessen des Auftraggebers oder eines Dritten die Verwendung
erfordern; solche überwiegende berechtigte Interessen liegen etwa dann vor,
wenn die Verwendung der Daten zur Erfüllung einer vertraglichen
Verpflichtung zwischen Auftraggeber und Betroffenem erforderlich ist.

•    An einen Dritten, das heißt an einen anderen Empfänger als den Betroffenen,
den Auftraggeber der Datenanwendung oder den sogenannten Dienstleister des
Auftraggebers, dürfen personenbezogene Daten nur weitergegeben werden,
wenn sie aus einer im vorher genannten Sinn zulässigen Datenanwendung
stammen und der Empfänger dem Übermittelnden seine ausreichende
gesetzliche Zuständigkeit oder rechtliche Befugnis - soweit diese nicht außer
Zweifel steht - im Hinblick auf den Übermittlungszweck glaubhaft gemacht hat
und durch Zweck und Inhalt der Übermittlung die schutzwürdigen
Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen nicht verletzt werden.

•    Der Weitergabe von Daten an einen Dritten ist gemäß § 4 Z 12 DSG 2000 die
Verwendung von Daten für ein anderes Aufgabengebiet des Auftraggebers
gleichzuhalten. Nach den Gesetzesmaterialien ist unter dem Begriff
"Aufgabengebiet" eines von mehreren Tätigkeitsfeldern eines Auftraggebers zu
verstehen, das seinem Umfang nach der Verkehrsauffassung geeignet ist, für
sich allein den gesamten Geschäftsbereich eines Auftraggebers zu bilden; das
"Aufgabengebiet" sei demnach im privaten Bereich zB in etwa mit dem Umfang
einer Gewerbeberechtigung gleichzusetzen. Nach der Judikatur des OGH (4 Ob
114/91) ist bei einer Bank der Geschäftsbereich der Vermittlung von
Bausparverträgen ein von anderen Bankgeschäften unterschiedliches
Aufgabengebiet. Kein eigenes Aufgabengebiet ist hingegen grundsätzlich die
Marketingabteilung eines Unternehmens.

Das Überlassen von Daten an einen Dienstleister ist an die Voraussetzungen für
das Übermitteln gebunden. Dienstleister ist gemäß § 4 Z 5 DSG 2000, wer
Daten, die ihm zur Herstellung eines Werkes übertragen wurden, verwendet.
Obgleich es sich dabei in der Regel um die Heranziehung eines


Rechenzentrums zur Erbringung von Datenverarbeitungsleistungen handeln
wird, wird der Auftraggeber auch befugt sein, sich für alle Arten des
Verwendens von Daten eines Dienstleisters zu bedienen (vgl
Duschanek/Rosenmayr-Klemenz, Datenschutzgesetz 2000 [2000] 30). Zum
Verwenden von Daten zählen im Sinne der Legaldefinition des § 4 Z 8 iVm Z 9
DSG 2000 auch das Benützen oder Ermitteln von Daten.

•    Schließlich: Personenbezogene Daten dürfen darüber hinaus nur unter
bestimmten, in § 6 Abs l DSG 2000 genannten, Grundsätzen verwendet werden.
Danach dürfen Daten nur nach Treu und Glauben und auf rechtmäßige Weise
verwendet werden; für festgelegte, eindeutige und rechtmäßige Zwecke ermittelt
und nicht in einer mit diesen Zwecken unvereinbaren Weise weiterverwendet
werden; soweit sie für den Zweck der Datenanwendung wesentlich sind,
verwendet werden und nicht über diesen Zweck hinausgehen; so verwendet
werden, daß sie im Hinblick auf den Verwendungszweck im Ergebnis sachlich
richtig und, wenn nötig, auf den neuesten Stand gebracht sind; solange in
personenbezogener Form aufbewahrt werden, als dies für die Erreichung der
Zwecke, für die sie ermittelt wurden, erforderlich ist.

ad Pkt 6.4.:    Verschwiegenheitspflicht:

Gemäß Art 20 Abs 3 B-VG sind "[a]lle mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und
Gemeindeverwaltung betrauten Organe sowie die Organe anderer Körperschaften
des öffentlichen Rechts ..., soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, zur
Verschwiegenheit über alle ihnen ausschließlich aus ihrer amtlichen Tätigkeit
bekannt gewordenen Tatsachen verpflichtet, deren Geheimhaltung im
wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, zur
Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien
geboten ist (Amtsverschwiegenheit)".

Diese verfassungsrechtliche Verschwiegenheitspflicht erfaßt alle
Verwaltungsorgane, insb auch jene der Privatwirtschaftsverwaltung und der
Selbstverwaltung (Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen
Bundesverfassungsrechts9 [2000] Rz 583). Treffend spricht Heinz Mayer von einem


"funktionalen Organbegriff” (Mayer, Das österreichische Bundes-Verfassungsrecht2
[1997] Anm B.I.1. zu Art 20 B-VG); erfaßt sich sind daher alle Entitäten, die
Verwaltungsaufgaben besorgen. Auch eine AMS Österreich GmbH ist daher -
solange eine bloße Organisations- und keine Aufgabenprivatisierung stattfindet - an
die Amtsverschwiegenheit gebunden.

Die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit ist freilich in mehrfacher Hinsicht begrenzt:
Ihr unterliegen nur geheime Tatsachen, die dem Organ ausschließlich aus seiner
amtlichen Tätigkeit bekannt geworden sind. Für die Verschwiegenheitspflicht ist
stets das Vorliegen eines der in Art 20 Abs 3 B-VG aufgezählten
Geheimhaltungsinteresses erforderlich. Schließlich kann der einfache Gesetzgeber -
zB im Ausgliederungsgesetz - die Verschwiegenheitspflicht auch einfachgesetzlich
eingrenzen (VfSlg 6288, 9657).

ad Pkt 6.5.: Haftung des Bundes für schuldhaft zugefügte Schäden mit
Rückersatzanspruch gegenüber den Organen und
Arbeitnehmern:

•   Gemäß Art 23 Abs l B-VG haften "[d]er Bund, die Länder, die Bezirke, die
Gemeinden und die sonstigen Körperschaften und Anstalten des öffentlichen
Rechts ... für den Schaden, den die als ihre Organe handelnden Personen in
Vollziehung der Gesetze durch ein rechtswidriges Verhalten wem immer
schuldhaft zugefügt haben". In Ausführung der Bestimmungen des Art 23 B-VG
sind das AHG und das OrgHG ergangen.

Im gegenständlichen Fall stellen sich zwei Fragen: Zum einen, ob sich der Bund
als juristische Person des öffentlichen Rechts auch die Handlungen von
beliehenen Privatpersonen zurechnen lassen muß; mit anderen Worten: Ist die
AMS Österreich GmbH ein "Organ" des Bundes im Sinne des Art 23 Abs l
B-VG iVm § l Abs l AHG? Zum anderen ist zu fragen, ob der in Art 23 Abs l
B-VG und § l Abs l AHG gleichermaßen verwendete Begriff "in Vollziehung
der Gesetze" bloß hoheitlich oder auch privatwirtschaftlich besorgte Aufgaben
meint.


Zur ersten Frage hat der Verfassungsgerichtshof die sog "Funktionstheorie"
vertreten (vgl Mayer, Das österreichische Bundes-Verfassungsrecht2 [1997]
Anml.3. zu Art 23 B-VG): Es haftet demnach jener Rechtsträger, dem das
Verhalten "kraft funktioneller Zuständigkeit ... zuzuordnen ist" (VfSlg 13.476).
Es ist daher für eine Zurechnung nicht erforderlich, daß das handelnde Organ
hoheitlich organisiert ist; entscheidend ist lediglich, daß es für den Bund, die
Länder, die Bezirke, die Gemeinden bzw die sonstigen Körperschaften und
Anstalten des öffentlichen Rechts funktionell tätig wird. Dies ist aber bei
Beleihungsverhältnissen geradezu typischerweise der Fall. In diesem Sinn hat
auch der Oberste Gerichtshof etwa die Zurechnung eines gemäß § 4 VVG
beauftragten privaten Unternehmens (OGH 13.9.1978, l Ob 8/78 - JB1 1979,
487), eines Vereins als Begutachter gemäß § 57a KFG (SZ 54/19) und eines
Fischereiaufsichtsorgans (OGH 25.3.1987, l Ob 10/87 - JB1 1987, 583) bejaht.

Auch für die Beantwortung der zweiten Frage ist auf die Judikatur des Obersten
Gerichtshofes zu verweisen, der den Begriff der "Vollziehung" grundsätzlich
weit faßt und ihm auch solche Verhaltensweisen unterwirft, die ihrer Form nach
zur Privatwirtschaftsverwaltung zu zählen sind, mit einer hoheitlichen Tätigkeit
aber in unmittelbarem Zusammenhang stehen (sog "schlichte
Hoheitsverwaltung").

Damit bleibt festzuhalten, daß die AMS Österreich GmbH den Bund jedenfalls
im Beleihungsbereich weiter nach AHG verpflichten kann; in diesem Fall
besteht ein Regreßanspruch des Rechtsträgers, der mit Klage nach dem ASGG
durchgesetzt werden kann (vgl § 9 Abs 3 AHG).

•    Gemäß Art 23 Abs 3 B-VG sind "Personen, die als Organe eines im Absatz l
bezeichneten Rechtsträgers handeln, ... ihm, soweit ihnen Vorsatz oder grobe
Fahrlässigkeit zur Last fällt, für den Schaden haftbar, für den der Rechtsträger
dem Geschädigten Ersatz geleistet hat".

Für diese Organhaftung stellen sich im wesentlichen die gleichen Fragen, wie
bei der Amtshaftung; so sind auch die Antworten ähnlich: Der Organbegriff ist
auch nach dem OrgHG - wie beim AHG - als funktionell-organisatorischer
anzusehen. Für die Haftung ist allein relevant, ob die betreffende Person


funktioneil für einen Hoheitsträger tätig geworden ist (OGH 10.12.1997, 9 Ob A
387/07). Gehaftet wird hingegen nur dann, wenn die den Schaden verursacht
habende Tätigkeit im Rahmen der Gerichtsbarkeit oder der Hoheitsverwaltung
(nicht auch der Privatwirtschaftsverwaltung) gesetzt worden ist; die Judikatur
des Obersten Gerichtshofs ist hier aber - im Unterschied zum AHG - geneigt,
den Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung enger zu begrenzen und somit im
Ergebnis die Organhaftungen gegenüber den öffentlichen Hoheitsträgern zu
beschränken.