2842/AB XXI.GP

Eingelangt am: 23.11.2001

 

 


Bundesministerium

für Verkehr,

Innovation und Technologie

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2878/J-NR/2001 betreffend GBI - 30.000 S Tagesgage
und Aufsichtsratsbezüge für Polit-Günstling per Weisung der Ministerin, die die Abgeordneten
MMag.Dr. Petrovic, Freundinnen und Freunde am 26.9.2001 an mich gerichtet haben, beehre ich
mich wie folgt zu beantworten:

Zu dem in der gegenständlichen parlamentarischen Anfrage aufgeworfenen allgemeinen Problem-
bereich der Einflussnahme des Eigentümers in das Unternehmen GBI - Gesellschaft des Bundes
für industriepolitische Maßnahmen GmbH darf ich folgendes vorausschicken:

Die Gesellschaft des Bundes für industriepolitische Maßnahmen GmbH hat seit 1983 existenz-
gefährdete industrielle Betriebe, deren Fortbestand von regional- und strukturpolitischem Interesse
war und für welche private Übernehmer nicht vorhanden waren, aufgefangen und nach erfolgter
nachhaltiger Sanierung wieder privatisiert.

Im Zuge der Neuorientierung der Privatisierungspolitik im Jahre 2000 durch die Bundesregierung
wurde seitens des Eigentümers der GBI beschlossen, die industriellen Beteiligungen so bald wie
möglich zu verwerten, wobei folgende Zielsetzungen optimiert werden sollen: die Absicherung des
Standortes und der Beschäftigung, die Implementierung eines industriellen Konzeptes durch den
neuen Eigentümer und der erzielte Kaufpreis.

Auf der Grundlage von Gesellschafterweisungen und Beschlüssen des Aufsichtsrates (z.B. AR-
Beschluss vom 28. Februar 2001) sollen die drei von der GBI gegenwärtig gehaltenen
Beteiligungen an den Unternehmen ASSMANN LADENBAU LEIBNITZ GMBH, ERGEE TEXTIL-
GRUPPE GMBH (Schrems), ATB ANTRIEBSTECHNIK AG (Welzheim und Spielberg) möglichst
zeitgleich einzeln oder als Gesamtpaket veräußert werden.

In die Durchführung der Verwertung (Bewertung der Beteiligungen, Bearbeitung von Angeboten)
wurden von der Geschäftsführung - im Einvernehmen mit dem Aufsichtsrat - zwei Investment-
banken eingebunden.

Wegen der besonders hohen Anforderungen an das Management des Verwertungsprozesses -
drei Unternehmensgruppen mit einem Umsatz von mehr als 3 Mrd ATS und mit über 3.200
Beschäftigten sollen gleichzeitig verkauft werden - war es darüber hinaus unabdingbar, den
Geschäftsführer in seinen operativen Aufgaben durch Hinzunahme eines M&A - (Mergers and


Acquisition) - Experten zu unterstützen. Um einen raschen und unkomplizierten Informationsfluss
zu gewährleisten und um den Experten in die organschaftliche Verantwortung einzubinden, sollte
dieser auch im GBI-Aufsichtsrat vertreten sein.

Diese Vorgangsweise wurde mir als Eigentümervertreterin vom GBI-Aufsichtsratspräsidium vorge-
schlagen. Die Bestellung von Dr. Rudolf Haberleitner zum Aufsichtsratsmitglied der GBI und der
Auftrag zum Abschluss einer Konsulentenvereinbarung mit Dr. Haberleitner erfolgten durch Ge-
sellschafterbeschluss vom 5. Juni 2001.

Von "massiven Warnungen von Wirtschaftsexpertinnen", die von einem Engagement Ing.
Dr. Rudolf Haberleitners abgeraten haben, kann keine Rede sein, im Gegenteil: Wirtschaftsexper-
ten des Aufsichtsrates haben die Verstärkung der GBI-Geschäftsführung durch M&A-Experten für
die Dauer des Verwertungsprozesses ausdrücklich empfohlen.

Im einzelnen darf ich zu den Fragen wie folgt Stellung nehmen:

Fragen 1 - 3, 5 - 6:

Haben Sie eine Weisung oder eine andere schriftliche/mündliche Aufforderung zugunsten Herrn
Ing. Rudolf Haberleitner getätigt?

Wie lautet der volle Inhalt der Weisung? Wie lautet der volle Inhalt der “Punktation"?

Halten Sie es für ein Markenzeichen von “Neu Regieren", dass Sie direkt per Weisung und gegen
den Rat von Fachleuten in Unternehmensdispositionen eingreifen?

Wurden die gewünschten Consulting-Leistungen ausgeschrieben bzw. wurde eine (beschränkte)
Interessentinnen-Suche durchgeführt? Wenn nein, warum nicht?

Haben Sie Herrn Ing. Rudolf Haberleitner persönlich ausgewählt, wer hat Sie diesbezüglich bera-
ten und warum haben Sie die Meinungsbildung im Rahmen der zuständigen GBI-Gremien igno-
riert?

Antwort:

Mit Schreiben vom 28. März 2001 habe ich veranlasst, den GBI-Geschäftsführer Mag. Moser
durch eine personelle Verstärkung beim Verwertungsprozess zu unterstützen. War zuerst ein inte-
rimistischer Manager in der Geschäftsführung der GBI ins Auge gefasst, konzentrierte man sich in
der Folge auf die Beistellung eines M&A-Experten.

Mit Unterstützung des AR-Vorsitzenden Dr. Bock wurden von in Frage kommenden Beratungsun-
ternehmen konkrete Anbote eingeholt und Vorschläge unterbreitet.

Die Auswahl von Dr. Rudolf Haberleitner als M&A-Konsulent erfolgte nach Gesprächen mit mehre-
ren dafür in Frage kommenden Kandidaten durch das Aufsichtsratspräsidium, auf Grund seiner
beruflichen Erfahrung und Qualifikation als M&A-Experte und auf Grund des ihm zur Verfügung
stehenden Know-Hows und des Netzwerks seiner M&A-Beratungsfirma (MGS Management Con-
sulting Services GmbH).


Die Bestellung Dr. Haberleitners und seine Berufung in den Aufsichtsrat erfolgten auf Vorschlag
des Aufsichtsratspräsidiums in formal vorgeschriebener Weise mit Gesellschafterbeschluss.

Im Rahmen des Konsulentenvertrags vom 11. Juni 2001 wurde Dr. Haberleitner durch das Auf-
sichtsratspräsidium beauftragt, den Eigentümer und die Geschäftsführung der GBI bei der Umset-
zung des Verwertungsprozesses der industriellen GBI-Beteiligungen zu unterstützen und zu be-
gleiten. Dr. Haberleitner hatte insbesondere folgende Aufgaben wahrzunehmen:
"(1) Bewertung der bisher eingeleiteten Verwertungsaktivitäten der GBI-Geschäftsführung (Erstel-
lung eines Verwertungsstatus inklusive Unternehmensdokumentation und Bewertung des Vertrags
mit den M&A - Banken und des Search-Prozesses)

(2) Unterstützung und Begleitung des Verwertungsprozesses in Abstimmung mit GBI-
Geschäftsführung und Aufsichtsrat."

Sämtliche Aufgaben waren in Kooperation und enger Abstimmung mit Geschäftsführer und Auf-
sichtsrat der GBI durchzuführen.

Die in der Konsulentenvereinbarung enthaltene Honorarregelung enthält marktübliche Konditionen,
der Tagsatz von ATS 30.000 entspricht internationalen Vergütungssätzen für M&A-Experten.
Der Einsatz als Konsulent erfolgt nach Bedarf und ist mit maximal 8 Beratungstagen pro Monat
limitiert; die Honorarabrechnungen enthalten stundenmäßige Aufzeichnungen mit einer inhaltlichen
Tätigkeitsbeschreibung, wobei für die Abrechnung Nettozeiten zugrundegelegt werden, ganze Be-
ratungstage können maximal mit 8 Stunden verrechnet werden.

Eine separate Honorierung von Dr. Haberleitner für seine Tätigkeit als Aufsichtsrat der GBI wurde
ausgeschlossen.

Bei Vertragsabschluss war vorgesehen, dass die Konsulententätigkeit von Dr. Haberleitner nach
Bedarf in Anspruch genommen wird, mit einer maximalen Laufzeit bis zum Ende des Verwer-
tungsprozesses (d.i. Ende 2001) und mit einer jederzeitigen Kündigungsmöglichkeit von beiden
Seiten.

Nach einer Einschätzung des Aufsichtsrates war dieser Bedarf spätestens mit der Übergabe der
Informationen an den mit 15. Oktober 2001 neu bestellten Geschäftsführer Dr. Eigel nicht mehr
gegeben.

Es ist deshalb nachzutragen, dass Dr. Haberleitner seine Funktion als Aufsichtsrat und als Konsu-
lent der GBI mit Wirksamkeit vom 8. November 2001 zurückgelegt hat. Die von Dr. Haberleitner für
den Zeitraum 11. Juni bis 8. November 2001 in Rechnung gestellten Honorare belaufen sich auf
rund 1,1 Mio ATS.

Eine öffentliche Ausschreibung der Consulting-Leistungen unterblieb wegen Unterschreitung der
Betragsgrenzen.

Frage 4:

Kennen Sie irgendein anderes (erfolgreiches) Unternehmen, in dem ein Aufsichtsrat gleichzeitig
als Consultant füngiert bzw. von der Eigentümerinnen-Vertretung installiert wurde?

Antwort:

Primär wurde Dr. Haberleitner als Konsulent des Eigentümers und der Organe der Gesellschaft
GBI zur Unterstützung des Verwertungsprozesses eingesetzt.


Wesentlicher Hintergrundgedanke bei der Bestellung von Herrn Dr. Haberleitner zum Aufsichts-
ratsmitglied war, ihn, neben seiner beratenden Tätigkeit, auch in die Organverantwortlichkeit ge-
genüber der Gesellschaft miteinzubeziehen. Gemäß § 33 iVm § 25 GmbHG haben Aufsichtsrats-
mitglieder bei ihrer Tätigkeit die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsmannes
anzuwenden, sowie über vertrauliche Angaben Stillschweigen zu bewahren. Würde Herr Dr. Ha-
berleitner bei der Kontrolle der Geschäftsführung nicht den Maßstab eines ordentlichen und gewis-
senhaften Geschäftsmannes anlegen, würde er sich einer Pflichtverletzung schuldig machen, die
ihn gegenüber der Gesellschaft haftbar machen würde.

Eine Einschränkung der objektiven Ausübung seiner Funktion als Aufsichtsrat ist durch die Kon-
sulententätigkeit von Herrn Dr. Haberleitner nicht gegeben.

Laut Auskunft von Rechtsexperten ist die Betrauung einzelner AR-Mitglieder mit bestimmten auch
separat honorierten Tätigkeiten zulässig und durchaus üblich, (siehe Reich-Rohrweg, Das öster-
reichische GmbH Recht).

Fragen 7, 8, 9,10,11,12,13,14,15 und 16:

Ist es zutreffend, dass Herr Ing. Rudolf Haberleitner in früheren Sanierungsfällen Insolvenzen zu
verantworten hatte und diesbezüglich gerichtlich verurteilt wurde?

Ist es zutreffend, dass Herr Ing. Rudolf Haberleitner in seinem offiziellen Lebenslauf seine “Plei-
tenjahre'' einfach nicht erwähnt hat?

Welche Gesamtsumme hat Herr Ing. Rudolf Haberleitner bei der gescheiterten Sanierung der Mö-
belfirma Bobbin a) als Sanierungsmanager, b) als “Erfolgshonorar" und c) im Wege seiner Consul-
tingfirma lukriert?

Welche Gesamtsumme aus verschiedenen Rechtstiteln hat Herr Ing. Rudolf Haberleitner bei der
gescheiterten Sanierung der Fa. Lindpointner (Tore) lukriert?

Ist es zutreffend, dass Herr Ing. Rudolf Haberleitner unter Verschweigung von “Absturzprojekten"
getrachtet hat, ein Dienstverhältnis bei der ICD zu begründen und deshalb das Unternehmen ver-
lassen musste?

Ist es zutreffend, dass Sie über all diese Alarmsignale detailliert informiert waren und deshalb per
Weisung gegen den ökonomischen Rat von Fachleuten agiert haben?

Wenn nein, wie bzw. durch wen lassen Sie sich über Personen, die über große öffentliche Vermö-
gen verfügen sollen, informieren?

Wenn ja, wie rechtfertigen Sie Ihr Verhalten?

Ist es zutreffend, dass eine nahe Angestellte eines Nationalratspräsidenten quasi im Gegenzug in
einem Unternehmen von Ing. Rudolf Haberleitner Aufnahme fand?

Ing. RH führt erst seit relativ kurzer Zeit den akademischen Grad “Doktor". Dieser Titel wurde nicht
an einer inländischen Universität erworben; der Name der ausländischen Uni wird von Ing. Rudolf
Haberleitner nicht preisgegeben. Wie haben Sie sich - insbesondere auch angesichts der “Lücken"


im Lebenslauf - über Ausbildung und akademische Qualifikation von Ing. Rudolf Haberleitner in-
formiert? Welchen Doktor-Titel trägt Herr Ing. Rudolf Haberleitner?

Antwort:

Betreffend Ing. Dr. Rudolf Haberleitner wurde ein Strafregisterauszug eingeholt, in dem keine Ver-
urteilung aufscheint.

Dr. Haberleitner wäre auch rechtlich nicht verpflichtet, eine getilgte Verurteilung wegen fahrlässiger
Krida in seinem Curriculum anzuführen.

Die übrigen Fragen betreffen nicht den Vollzugsbereich des bmvit.

Frage 17:

Wieso haben Sie und Ihr Kabinettchef erklärt, keine Weisung betreffend Ing. Rudolf Haberleitner
erteilt zu haben, wenn doch im Wochenmagazin FORMAT ein Faksimile abgedruckt ist? Haben
Sie irgendeine Erklärung für diese Ihre (unbewusste) Unterschrift?

Antwort:

Wie bereits ausgeführt, erfolgten die Bestellung Dr. Haberleitners zum AR-Mitglied und der Ab-
schluss der Konsulentenvereinbarung in Abstimmung mit dem AR-Vorsitzenden durch den formal
vorgeschriebenen Gesellschafterbeschluss der Eigentümerin, welche meine Unterschrift trägt.

Frage 18:

Wie erklären Sie die Aussage von Kabinettchef Miko, er habe keine GBI-Anordnungen erteilt,
wenn auch seine Unterschrift im Faksimile vorliegt?

Antwort:

Die Aussage meines Kabinettchefs “keine GBI-Anordnungen" erteilt zu haben, ist insoferne
vollinhaltlich richtig, als dieser dem Ersuchen des stellvertretenden Aufsichtsratspräsidenten um
Anweisung in der weiteren Vorgangsweise betreffend Betrauung eines M&A-Beraters in meinem
Auftrag stattgegeben hat.