2844/AB XXI.GP
Eingelangt am: 23.11.2001
Bundesminister für Inneres
Die Abgeordneten zum
Nationalrat Mag. Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde
haben am 26.9.2001
unter der Nummer 2879/J-NR/2001 an mich eine schriftliche
parlamentarische Anfrage betreffend
"Asylverfahren von Flüchtlingen aus Afghanistan
und BMI-Asylstatistik"
gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:
Vorweg halte ich zur
vorliegenden Anfrage fest, dass sich in Asylangelegenheiten die
Anerkennungsquote
nach internationaler Übung aus dem Verhältnis der im
Berichtszeitraum
getroffenen rechtskräftig positiven zu den rechtskräftig negativen
Entscheidungen ergibt. Demnach wird in Österreich - nicht wie in der
Anfrage
behauptet - nur in 2,6% der Asylverfahren afghanischer Staatsangehöriger
Asyl
gewährt. Vielmehr ergibt sich mit Stichtag 1. Oktober 2001 aus der
Asylstatistik
meines Ressorts für afghanische
Staatsangehörige eine Anerkennungsquote von 48%.
Des Weiteren habe ich bereits im März 2001 aufgrund eines
außergewöhnlichen
Anstiegs von Auslandsanträgen im Sinne
einer größtmöglichen Transparenz
angewiesen, mit der Statistik des
März 2001 beginnend, die Anzahl der
Botschaftsanträge gem. § 16
Asylgesetz gesondert zu vermerken.
Zu Frage 1:
Das Asylwerberinformationssystem des
Bundesministeriums für Inneres lässt eine
rückwirkende Feststellung in einem bestimmten Stadium nicht zu. Aufgrund
der
Anzahl der Ende Juni 2001 in erster Instanz
insgesamt offenen Verfahren (4.354) kann
ich allerdings ausschließen, dass sich mit Anfang Juli 2001
“ca. 5000 Asylanträge"
gemäß § 16 bei der
österreichischen Botschaft befanden.
Zu Frage 2:
Verfahren für
Botschaftsanträge gem. § 16 AsylG sehen weder ein positives noch ein
negatives
"Bescheiden" dieser Anträge im Zeitpunkt des Aufenthalts des
Antragsstellers
außerhalb Österreichs vor. Asylanträge, die bei einer
österreichischen
Berufsvertretungsbehörde
eingebracht werden, sind dem Bundesasylamt zuzuleiten,
das
zu beurteilen hat, ob Asylgewährung wahrscheinlich ist. Wird der
österreichischen
Vertretungsbehörde aufgrund dieser Überprüfung mitgeteilt, dass
eine Asylgewährung
wahrscheinlich ist,
so hat die Botschaft dem Betroffenen einen Einreisetitel zu
gewähren. Wird der
österreichischen Berufsvertretungsbehörde mitgeteilt, dass
Asylgewährung unwahrscheinlich ist, so ist der Antrag gem. §
31 AsylG als
gegenstandslos abzulegen.
Statistiken über den Einbringungsort
und eine Unterscheidung zwischen Asyl- und
Asylerstreckungsanträgen im Falle von
Botschaftsanträgen werden nicht geführt und
können im Nachhinein nicht ohne
erheblichen Aufwand erstellt werden.
Asylgewährung ist unwahrscheinlich,
wenn entweder Zulässigkeitskriterien des
Asylgesetzes oder die Flüchtlingseigenschaft im Sinne der Genfer
Flüchtlingskonvention
nicht prognostiziert werden können. Eine Aufschlüsselung der
einzelnen Motive
einer Prognose im Sinne des § 16 Abs 3 ist dem Asylwerber-
informationssystem meines Ressorts nicht zu
entnehmen.
Zu Frage 3:
Im Asylwerberinformationssystem finden sich
für die ersten neun Monate des Jahres
2001 insgesamt 5.279 Auslandsanträge gespeichert, hiervon 5.087 von
Staatsangehörigen
Afghanistans. Diese Anträge schlüsseln sich nach den Monaten
Jänner
bis September 2001 wie folgt auf:
Jänner 2001
|
198
|
Februar 2001
|
758
|
März 2001
|
1383
|
April 2001
|
1240
|
Mai 2001
|
977
|
Juni 2001
|
430
|
Juli 2001
|
42
|
August 2001
|
19
|
September 2001
|
40
|
Gesamt
|
5087
|
Eine weitere Aufschlüsselung nach Einbringungsbehörden ist technisch nicht möglich.
Zu Frage 4:
Nach den Daten des
Asylwerberinformationssystems wurden im Zeitraum zwischen 1.
Jänner
und 30. September 2001 von den Anträgen afghanischer
Staatsangehöriger
gem. § 16 AsylG
4.944 als gegenstandslos abgelegt, in 68 Fällen wurde die
Vertretungsbehörde zur Erteilung eines
Visums D zur Einreisegestattung angewiesen.
Hinsichtlich der Unterfragen 4a und
4b verweise ich auf die Antwort zur Frage 2.
Zu Frage 5:
Nach den mir zur Verfügung stehenden
Informationen hat das Bundesasylamt in
keinem Fall bei afghanischen
Staatsangehörigen Bescheide gem. § 4 AsylG erlassen,
weil der Iran als sicherer Drittstaat angesehen wurde. Derartiges ist
auch nicht
beabsichtigt.
Zu Frage 6:
Eine Wahrscheinlichkeitsprognose des
§ 16 erfordert neben der Beurteilung des
Vorliegens der Zulässigkeitskriterien
auch eine Prognose bezüglich des Vorliegens der
Flüchtlingseigenschaft im Sinne
der Genfer Flüchtlingskonvention. Wesentliches
Element des Flüchtlingsbegriffes ist es, dass sich eine Person, um
die
Flüchtlingseigenschaft des Art l A 2 der Konvention zu erfüllen,
außerhalb des
Herkunftslandes befinden muss. Asylerstreckungsanträge zur
Gewährleistung der
Familienzusammenführung mit in
Österreich aufhältigen Asylberechtigten sind jedoch
sowohl aus dem Dritt- wie auch aus dem Herkunftsstaat möglich. Sollte
tatsächlich im
Falle einer Asylantragsstellung bei
der österreichischen Vertretungsbehörde im
Herkunftsstaat, dem Antragsteller
nach Beurteilung des Bundesasylamts besondere
und unmittelbare Gefährdung drohen, so ist für diesen Fall das
Bundesasylamt
angewiesen, sich ins Einvernehmen mit der
zuständigen Fachabteilung meines
Ressorts zu setzen, um die Frage
einer unerlässlichen Visumgewährung außerhalb des
formalen Verfahrens gem. § 16
AsylG zu überprüfen.
Zu Frage 7:
Mit Stichtag
1. September 2001 befanden sich 3.410 Asylwerber in Bundesbetreuung;
davon
waren 1.021 afghanischer Staatsangehörigkeit.
Zu Frage 8:
Sofern die
Voraussetzungen des Fremdengesetzes vorlagen, wurden auch Fremde der
in
der Anfrage genannten Personengruppe in Schubhaft genommen. Dies erfolgte aber
nicht zur Sicherung
der Abschiebung sondern zur Sicherung des Verfahrens zur
Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung, der
Zurückschiebung
oder der Durchbeförderung.
Das Bundesministerium für Inneres hat
die zuständigen Behörden bereits mit
Runderlass vom 6. Juni 2000 angewiesen, von
einer Anhaltung afghanischer
Staatsangehöriger in Schubhaft
nur zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung nach
Afghanistan bis auf weiteres Abstand
zu nehmen.
Zu Frage 9:
Das
Bundesministerium für Inneres hat für den Fall größerer
Fluchtbewegungen aus
Afghanistan
in Richtung Europa ein Frühwarnsystem etabliert. In dieses sind neben
UNHCR
die österreichischen Vertretungsbehörden aber auch das staatliche
Krisenmanagement
einbezogen.
Im Falle einer
Massenfluchtbewegung nach Europa ist vorgesehen, die EU-Richtlinien
zum
vorübergehenden Schutz in Kraft zu setzen.
Mein Ressort hat im Rahmen einer
Bund-Länder-Beratungssitzung am 3. Oktober
2001
für den Akutfall Absprachen mit den Ländern zur Durchführung
einer
gemeinsamen
Bund-Länder-Unterstützungsaktion nach dem Muster der Kosovo-
Aktion
geführt.