2851/AB XXI.GP

Eingelangt am: 26.11.2001

 

 


MAG. WILHELM MOLTERER

BUNDESMINISTER

FÜR LAND- UND FORSTWIRTSCHAFT,
UMWELT UND WASSERWIRTSCHAFT

Die Abgeordneten zum Nationalrat Glawischnig, Freundinnen und Freunde haben
am 26.9.2001 an mich eine schriftliche Anfrage mit der Nr. 2882/J betreffend
“Sicherheitsmängel KKW Temelin" gerichtet. Ich beehre mich, diese wie folgt zu be-
antworten:

Eingangs verweise ich auf meine Beantwortung der parlamentarischen Anfragen Nr.
2273/J betreffend “die bevorstehende Inbetriebnahme des Atomkraftwerkes Temelin"
vom 29. Mai 2001 sowie Nr. 1731/J betreffend “Ergebnis der Melker Vereinbarung"
zwischen den Regierungen der tschechischen Republik und der Republik Österreich"
vom 23. Februar 2001.

Die einzelnen Fragen beantworte ich wie folgt:

ad 1 bis 8

Einleitend darf ich auf die federführende und koordinierende Zuständigkeit der Bun-
desministerin für auswärtige Angelegenheiten hinsichtlich der Erweiterungsverhand-
lungen verweisen. Unbeschadet dessen werden die diesbezüglichen Positionen
Österreichs seitens des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten im
Detail mit dem jeweils fachzuständigen Ressort abgestimmt.


In der Sache selbst möchte ich unterstreichen, dass die Bundesregierung im Sinne
der bisherigen parlamentarischen Entschließungen und der bisherigen Beschlüsse
der Bundesregierung dem vorläufigen Abschluss des Energiekapitels im Rahmen der
Beitrittsverhandlungen mit der Tschechischen Republik nicht zustimmen wird, so-
lange folgende Voraussetzungen nicht erfüllt sind:

•    Die Tschechische Republik verpflichtet sich, im Rahmen einer Neuverhand-
lung des bilateralen “Nuklearinformationsabkommens" die Standards des In-
formationsaustausches auf ein neues, höchstmögliches Niveau anzuheben.

•    Die Tschechische Republik verpflichtet sich, die von Österreich in die Diskus-
sion eingebrachten zentralen sieben Sicherheitsprobleme zu lösen und die
Lösungen umzusetzen.

•    Die Tschechische Republik verpflichtet sich, die 21 im Bericht der tschechi-
schen UVP - Kommission bezüglich der Umweltverträglichkeit des KKW
Temelin definierten Maßnahmen genauestens umzusetzen.

•    Die tschechische Republik verpflichtet sich, den vereinbarten Maßnahmen je-
nen hohen Grad der Verbindlichkeit einzuräumen, der die Umsetzung seitens
der tschechischen Republik und insbesondere auch seitens der jeweiligen
Eigentümer der Temelin-Betreibergesellschaft auch künftig garantiert.

•    Diese mit der Tschechischen Republik bezüglich des KKW Temelín zu
vereinbarende Vorgangsweise wird auch im Rahmen des Beitrittsprozesses
auf wirksame Weise verankert.

ad 9 bis 11

Als sich abzeichnete, dass im Rahmen des “Trialogs" gemäss Kapitel IV des Melker
Protokolls zu wesentlichen Sicherheitsaspekten auf Expertenebene keine gemein-
same Lösung gefunden werden kann, hat das Bundesministerium für Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft die die Bundesregierung in dieser An-
gelegenheit beratenden technischen Experten beauftragt, diesbezüglich ein Techni-
sches Positionspapier zu erstellen. Dieses Technische Positionspapier behandelt die
bis zuletzt offen gebliebenen - etwa ein Drittel der insgesamt 29 zu Beginn des
“Trialogs" von Österreich aufgeworfenen - Sicherheitsfragen.


Der “final draft" dieses Technischen Positionspapiers wurde am 2. Juli 2001 an den
Delegationsleiter der von der Europäischen Kommission entsandten Experten sowie
an den Delegationsleiter der von der Regierung der Tschechischen Republik ent-
sandten Experten übermittelt.

Die endgültige Fassung des Technischen Positionspapiers wurde am 7. August 2001
an den Delegationsleiter der von der Europäischen Kommission entsandten Experten
sowie an den Delegationsleiter der von der Regierung der Tschechischen Republik
entsandten Experten mit der Aufforderung übermittelt, allfällige Einwände wegen
Verletzung geistiger Eigentumsrechte binnen zwei Wochen geltend zu machen. So-
mit war die Europäische Kommission jeweils zum ehest möglichen Zeitpunkt voll-
ständig unterrichtet.

Die tschechische Seite hat sich zwar grundsätzlich gegen die Veröffentlichung des
Technischen Positionspapieres ausgesprochen, jedoch keine konkreten Einwände
wegen Verletzung geistiger Eigentumsrechte geltend gemacht.

Vor einer endgültigen Veröffentlichung waren allerdings die von tschechischer Seite
nach der öffentlichen Anhörung zur UVP Ende Juni 2001 angekündigten ergänzen-
den Informationen zu "schweren Unfällen" abzuwarten. Da auch die am
20. September von der tschechischen Seite übermittelten Unterlagen keine wesentli-
chen zusätzlich zu berücksichtigenden Aspekte erbrachten, wurde das Technische
Positionspapier in einer nochmals redaktionell überarbeiteten Fassung (Austrian
Technical Position Paper - Safety Aspects of Temelín Nuclear Power Plant, July
2001) am 22. September 2001 auf der Internet-Seite des Umweltbundesamtes ver-
öffentlicht.

Im Hinblick auf eine in Kürze stattfindende lAEO-Mission zum KKW Temelin wurde
das Technische Positionspapier darüber hinaus auch offiziell an die IAEO (Internatio-
nale Atom-Energie Organisation) übermittelt.


Abschließend sei darauf hingewiesen, dass die im Technischen Positionspapier be-
handelten zentralen Sicherheitsprobleme bereits in der am 20. Juni 2001 von mir an
den tschechischen Außenminister und Vizepremier übermittelten österreichischen
Stellungnahme im Rahmen der Gesamt-UVP explizit angeführt waren und seitdem
insbesondere in den Verhandlungen mit den tschechischen Behörden mit Nachdruck
thematisiert wurden. Auch diese Stellungnahme ist bereits seit dem 20. Juni 2001
öffentlich zugänglich. Darüber hinaus wurde diese Stellungnahme von meinem Haus
auch in der Öffentlichkeit konsequent thematisiert.

Der Bundesminister: