2854/AB XXI.GP
Eingelangt am: 26.11.2001
BUNDESMINISTERIUM
FÜR SOZIALE SICHERHEIT
UND GENERATIONEN
Sehr geehrter Herr Präsident!
Ich beantworte die an
mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage der
Abgeordneten Gaugg, Dr. Feurstein und Kollegen Nr. 2825/J wie folgt:
Frage 1:
Gemäß der
im gegenständlichen Zusammenhang relevanten Bestimmung des
§ 441e Abs.2 ASVG sind unter anderem die leitenden Funktionäre
kollektivvertrags-
fähiger
Körperschaften und Vereine, auch wenn sie die
Kollektivvertragsfähigkeit in
fremdem Namen ausüben, von einer Bestellung zum Mitglied des
Verwaltungsrates
ausgeschlossen. Ich
sehe diese Regelung als absolut klar und unmissverständlich
an.
Frage 2:
In Anwendung der in
der Beantwortung der Frage 1 zitierten Bestimmung und im
Hinblick auf die außer Streit stehende Funktion des Herrn Wilhelm
Haberzettl als
Vorsitzender der Gewerkschaft der Eisenbahner gehe ich davon aus, dass der
Genannte, solange dieser die eben erwähnte Funktion ausübt, von der
Mitgliedschaft
im Verwaltungsrat des
Hauptverbandes ausgeschlossen ist.
Frage 3:
Es ist zutreffend, dass die
Bundesarbeitskammer selbst in einem Schreiben vom
31.8.2001 auf die auch ihrer Meinung nach vorliegende Unvereinbarkeit
hingewiesen
hat. Dieser Umstand
wird auch von Herrn Haberzettl in jenem Schreiben vom
7.9.2001
bestätigt, in dem dieser die Erteilung eines Bescheides beantragt hat.
Frage 4:
Nach Mitteilung des Hauptverbandes
waren sowohl Herr Wilhelm Haberzettl als auch
sein Ersatzmitglied Herr Manfred Felix ordnungsgemäß zur
konstituierenden Sitzung
des
Verwaltungsrates am 14.9.2001 eingeladen.
Frage 5:
Das Ersatzmitglied war bei der
konstituierenden Sitzung des Verwaltungsrates nicht
anwesend. Als Begründung hiefür nannte Herr Felix dem Hauptverband
gegenüber
einen anderen nicht näher definierten Termin.
Frage 6:
Ich gehe davon aus, dass ein
Ersatzmitglied in einen Verwaltungskörper deshalb ent-
sendet wird, um - wie dies in § 421 Abs.7 ASVG festgehalten ist - das
Mitglied zu
vertreten, wenn es an
der Ausübung seiner Funktion im betreffenden Verwaltungs-
körper verhindert ist oder aufgrund gesetzlicher Vorschriften diese
Funktion nicht
bekleiden darf. Ich bin daher der Auffassung, dass Herr Felix als
Ersatzmitglied für
Herrn Haberzettl grundsätzlich die Verpflichtung trifft, tunlichst
für den Genannten die
Funktion als Mitglied des Verwaltungsrates auszuüben.
Eine Beurteilung, ob eine
Pflichtverletzung eines Verwaltungskörpermitgliedes oder
dessen Stellvertreters vorliegt, welche allenfalls eine Haftung im Sinne des
§ 424
ASVG auszulösen vermag, wird in jedem konkreten Einzelfall vorzunehmen
sein,
wobei in jedem Fall das Verschulden und der Eintritt eines Schadens aufgrund
des
Verhaltens der betreffenden Person festzustellen wäre.
Frage 7:
Meiner Auffassung nach war der
Wahlvorgang, betreffend den Präsidenten des
Verwaltungsrates und seinen Vizepräsidenten, rechtskonform. Ich weiß
mich diesbe-
züglich einer Meinung mit dem Hauptverband der österreichischen
Sozialversiche-
rungsträger sowie namhafter Verfassungsexperten unseres Landes.
Frage 8:
Herrn Haberzettl wurde vor seiner
Enthebung als Mitglied des Verwaltungsrates von
dem bei der konstituierenden Sitzung dieses Verwaltungskörpers am
14.9.2001
anwesenden Vertreter der obersten Aufsichtsbehörde die Bestimmung des
§ 441e
Abs.2 ASVG ausdrücklich zur Kenntnis gebracht. Sodann wurde er
darüber befragt,
ob er seine Funktion als Vorsitzender der Gewerkschaft der Eisenbahner in der
Zwischenzeit zurückgelegt habe und ob er sonst noch eine Anmerkung zu
machen
habe. In seiner Antwort führte Herr Haberzettl aus, dass er die in Rede
stehende
Funktion weiter bekleide. Eine weitere inhaltliche Stellungnahme - abgesehen
von
der zum Ausdruck gebrachten Erwartung, einen Bescheid zu erhalten - gab der
Genannte nicht ab.
Im Übrigen wäre es Herrn
Haberzettl auch freigestanden, bereits anlässlich seines
schriftlichen Ersuchens um Bescheiderteilung vom 7.9.2001 ausführlich in
der Sache
Stellung zu nehmen. Das ist nicht geschehen.
Frage 9:
Sowohl dem Hauptverband als auch
mir als oberste Aufsichtsbehörde sind dahin-
gehende Äußerungen aus Medienberichten bekannt, welche offenbar
unter anderem
auf Aussagen von
Herrn Haberzettl gegenüber der APA vom 10.9.2001 beruhen.
Frage 10:
Die Enthebung des Herrn Haberzettl
stützt sich in rechtlicher Hinsicht auf die in
Beantwortung der Frage 1 zitierte Bestimmung des § 441e Abs.2 ASVG in
Anwen-
dung des § 423 Abs.1 Z 1 in Verbindung mit § 441b Abs. 1 vorletzter
Satz ASVG. Wie
bereits ausgeführt, ist die Mitgliedschaft im Verwaltungsrat des
Hauptverbandes als
mit der Funktion des Vorsitzenden der Gewerkschaft der Eisenbahner unvereinbar.
Frage 11:
Der Präsident des
Hauptverbandes Dr. Frad übt diese Funktion weisungsfrei aus. Ich
weise in diesem
Zusammenhang auf § 424 ASVG hin, demzufolge die Mitglieder der
Verwaltungskörper der Versicherungsträger und des Hauptverbandes bei
der Aus-
übung ihres Amtes die Rechtsvorschriften zu beachten haben. Sie sind dabei
zur
Amtsverschwiegenheit sowie zur gewissenhaften und unparteiischen
Ausübung ihres
Amtes
verpflichtet.
Dies habe ich Herrn
Präsidenten Dr. Frad auch mit Schreiben vom 18.9.2001 mit-
geteilt und ihm versichert, dass ich diese gesetzliche Anordnung
uneingeschränkt
respektiere und jedem Versuch, seine Unabhängigkeit in der von ihm
ausgeübten
Funktion einzuschränken, mit allen mir zur Verfügung stehenden
Mitteln entgegen-
treten
werde.
Frage 12:
In erster Linie möchte ich
darauf hinweisen, dass ich gerade durch meine Initiative
zur Neustrukturierung der Organisation des Hauptverbandes die Voraussetzungen
geschaffen habe, die künftig ein effizienteres und effektiveres Arbeiten
des Haupt-
verbandes zum Wohle
der Versichertengemeinschaft ermöglichen sollen. Ich erwarte
nunmehr, dass die Verwaltungskörper des Hauptverbandes - insbesondere der
Ver-
waltungsrat - mit entsprechendem Engagement ihre Aufgaben wahrnehmen. Sollte
sich im Zuge dessen ein weiterer Unterstützungsbedarf ergeben, so bin ich
nach
Maßgabe meiner rechtlichen Möglichkeiten gerne bereit, die
notwendige Hilfestellung
zu
leisten.
Frage 13:
Der Verwaltungsrat hat nach §
593 Abs.7 ASVG die Geschäftsführer bis 31.12.2001
zu bestellen. Zur Einhaltung dieses Termines hat er in seiner Sitzung am
12.10.2001
den Beschluss zur öffentlichen Ausschreibung der Position der Mitglieder
der
Geschäftführung mittels Schaltung von Inseraten in einer Reihe von
Tageszeitungen
gefasst. Weiters soll eine Firma mit der Erbringung von Beratungsleistungen im
Aus-
wahlverfahren und bei der Vertragsgestaltung beauftragt werden. Für die
Durch-
führung des Auswahlverfahrens und die Erstattung eines
Bestellungsvorschlages an
den Verwaltungsrat wurde eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die dem
Präsidenten
regelmäßig zu berichten hat. Die Inserate sind fristgerecht
erschienen. Die
Bewerbungsfrist läuft derzeit.
Allerdings wurde von meinem
Ressort die Auffassung vertreten, dass die vom
Hauptverband eingeschlagene Vorgangsweise den Erfordernissen einer Ausschrei-
bung im Sinne des Stellenbesetzungsgesetzes nicht Rechnung trage. Der Haupt-
verband wurde daher mit Schreiben vom 31.10.2001 dringend ersucht, den recht-
mäßigen Zustand herzustellen und dafür Sorge zu tragen, dass
zumindest den
Bewerbern ergänzende Unterlagen zur Verfügung gestellt werden; diese
Unterlagen
hätten die in Betracht kommenden Geschäftsfelder und ein konkretes
Anforderungs-
profil zu enthalten sowie Aufschluss über Kenntnisse und Fähigkeiten,
die von all-
fälligen Bewerbern erwartet werden, vorzusehen.
Mit freundlichen Grüßen
Der
Bundesminister: