2898/AB XXI.GP

Eingelangt am: 07.12.2001

Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen

 


Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage der
Abgeordneten Heidrun Silhavy und GenossInnen, Nr. 2899/J, wie folgt:

Frage 1:

Eine Senkung des Beitragssatzes zur Unfallversicherung ist für diese Legislatur-
periode nicht geplant.

Fragen 2 und 4:

Hiezu verweise ich auf die in Kopie beiliegende Stellungnahme der Allgemeinen
Unfallversicherungsanstalt, der ich nichts hinzuzufügen habe.

Frage 3:

Eingangs ist festzustellen, dass die derzeitige österreichische Bundesregierung keine
Leistungsverschlechterungen zu Lasten der Versicherten durchgeführt hat oder
plant. Wenn die Anfragesteller von “weiteren" Verschlechterungen spricht, kann sie


 


mit den “vorhergegangenen" nur die sozialpolitischen Maßnahmen der Vorgänger-
regierungen meinen. Mir sind derzeit keine Absichten von Sozialversicherungs-
trägern zur Leistungseinschränkung bekannt. Allerdings ist in Anbetracht der pre-
kären finanziellen Situation der meisten Sozialversicherungsträger - und hier insbe-
sondere der Krankenversicherungsträger - wie im gesamten öffentlichen Bereich
eine äußerst sparsame Gebarung geboten. Meiner Auffassung nach soll aber in
erster Linie im Verwaltungsbereich gespart werden.


Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt beehrt sich, entsprechend dem Schreiben vom
19.10.2001 zu den Fragen zwei und vier der parlamentarischen Anfrage der Abgeordneten
Heidrun Silhavy und GenossInnen nachstehend Stellung zu nehmen:

Zur Frage 2. Entspricht es den Tatsachen, dass aufgrund der im Regierungsüber-
einkommen vorgesehenen Beitragssenkung grundsätzlich keine AUVA-
Unfallrenten mehr abgefunden werden?

Der Verwaltungsausschuss des Vorstandes hat in seiner Sitzung am 27.6.2000 den Be-
schluss gefasst, im Hinblick auf die künftige Budgetsituation der AUVA Anträgen auf Auf-
bindungen auf Versehrtenrenten gemäß § 184 ASVG bis auf weiteres keine Zustimmung zu
erteilen.

Für diesen Beschluss waren mehrere Gründe ausschlaggebend. Mit Verordnung der Frau
Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 23.7.1999, BGBI
II Nr 245/99,
über die Abfindung von Versehrtenrenten aus der Unfallversicherung wurden die Abfin-
dungsfaktoren wesentlich erhöht, wodurch sich die Abfindungskapitalien mehr als verdop-
pelten. Auch wenn die Erhöhung der Abfindungsfaktoren im Hinblick auf die steigende


Lebenserwartung sicherlich sachgerecht war, war vorhersehbar, dass sich dadurch die fi-
nanziellen Aufwendungen der AUVA beträchtlich erhöhen werden.

Des weiteren lagen erste Informationen vor, dass allenfalls die Renten aus der Unfallversi-
cherung wieder besteuert werden könnten. Es ist somit leicht ersichtlich, dass dies zu ei-
nem Ansturm der Rentenbezieher auf Abfindung führen kann, um noch in den Genuss ei-
nes steuerfreien Abfindungskapitales zu kommen. Um das Budget der AUVA nicht zu be-
lasten, hätten objektive Auswahlkriterien festgelegt werden müssen, welche Rentenbezie-
her noch eine Abfindung erhalten. In Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes ist es jedoch
nahezu unmöglich, solche Kriterien festzulegen, weil jeder Rentenbezieher subjektiv sei-
nen Antrag als wichtiger als den Antrag des anderen Beziehers hält. So wäre beispielswei-
se eine Auswahl nach dem zeitlichen Einlangen des Antrages leicht zu administrieren ge-
wesen, es wären aber allenfalls andere Bezieher mit wichtigeren Gründen nicht zu berück-
sichtigen, wenn der Antrag später gestellt wird. So hat auch die AUVA bereits bei der ers-
ten Besteuerung der Unfallrenten im Jahr 1989 aus diesem Grund keine Rentenabfindun-
gen mehr bewilligt.

Durch die oben angeführten Gründe war bereits eine finanzielle Belastung der AUVA zu
erwarten, sodass abzusehen war, dass bei Umsetzung der im Regierungsübereinkommen
vorgesehenen Beitragssenkung Rentenabfindungen keinesfalls zu finanzieren sind.

Zudem ist die AUVA der Auffassung, dass die Nichtbewilligung von Rentenabfindungen
keine Leistungsverschlechterung darstellt. Der Anspruchsberechtigte erhält die ihm ge-
bührende Rente, für die das Gesetz eine monatlich laufende Auszahlung vorsieht. Auch
stellt sich die Frage, ob die Rentenabfindung für den Anspruchsberechtigten tatsächlich ei-
ne Wohltat ist. In der Praxis hat sich immer wieder ergeben, dass gerade Personen, die
ganz dringend das Abfindungskapital wegen einer Notlage benötigten, oftmals nur vorü-
bergehend diese Notlage lindern konnten, später jedoch wieder in Notlage gerieten, weil
die laufende Rente fehlte, die zumindest teilweise den Lebensunterhalt abdeckte. Außer-
dem sehen andere Gesetze (z.B. § 36a Abs 3 Z 1 ALVG) die Anrechnung von Unfallrenten
vor und dürften nach unserem Wissensstand auch abgefundene Renten für den Abfin-
dungszeitraum berücksichtigt werden, sodass weiters der Effekt eintritt, dass ein unter
Umständen nicht mehr vorhandenes Kapital sonstige Sozialleistungen schmälert.


Zur Frage 4. Gibt es weitere negative Auswirkungen auf das Leistungsangebot
der AUVA, die durch die Senkung des Versicherungsbeitrages entstehen werden?

Zunächst ist zu bemerken, dass nach dem Leistungskatalog der Unfallversicherung die
Leistungen im wesentlichen in Pflichtleistungen mit klagbarem Anspruch (z.B. Renten) und
Aufgaben im pflichtgemäßen Ermessen (insbesondere Rehabilitation) zu unterscheiden
sind.

Bei Pflichtleistungen mit klagbarem Rechtsanspruch gibt es keinen Handlungsspielraum der
AUVA, weil diese Leistungen gesetzlich determiniert und somit Änderungen nur durch Ge-
setz möglich sind.

Bei Leistungen, die im pflichtgemäßen Ermessen des Versicherungsträger liegen (Pflicht-
aufgaben), besteht zwar grundsätzlich die Möglichkeit, Leistungskürzungen vorzunehmen.
Allerdings sind auch hier dem Versicherungsträger enge Grenzen gesetzt, weil das Gesetz
an sich die Leistungserbringung vorsieht. Auch wenn beispielsweise auf Maßnahmen der
beruflichen und sozialen Rehabilitation kein klagbarer Rechtsanspruch besteht, ist der Ver-
sicherungsträger verpflichtet, diese Maßnahmen zu erbringen, wenn infolge des
Arbeitsunfalles oder der Berufskrankheit die Notwendigkeit zur Erbringung der konkreten
Maßnahme besteht. Leistungskürzungen könnten daher nur punktuell bei einzelnen Maß-
nahmen erfolgen (z.B. Verringerung des PKW-Zuschusses etc). Nachdem aber die Rehabi-
litation für die AUVA seit jeher ein besonderes Anliegen war, ist die AUVA bemüht, etwaige
Beitragssenkungen durch Einsparungen des Personal- und Sachaufwandes zu kompensie-
ren. Ob und in welchem Umfang dennoch Leistungskürzungen vorgenommen werden
müssten, wenn die Einsparungen die Beitragssenkungen nicht ausgleichen können, ist der-
zeit offen.