2935/AB XXI.GP

Eingelangt am: 17.12.2001

 

 


Bundesministerium für
Bildung, Wissenschaft
und Kultur

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2933/J-NR/2001 betreffend Maßnahmen zur
Intensivierung der Konsumentenerziehung, die die Abgeordneten Mag. Johann Maier,
Genossinnen und Genossen am 18. Oktober 2001 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

Ad 1.:

Bereits im Schuljahr 1997/98 wurden gemeinsam mit dem Verein für Konsumenteninformation
(VKI) Unterlagen zur Geschäftsfähigkeit Jugendlicher erarbeitet und hergestellt. Mit Datum vom
28. August 2001 hat das Bundesministerium für Justiz das Bundesministerium für Bildung,
Wissenschaft und Kultur auf das Informationsangebot der Schuldnerberatung Linz hingewiesen.
Diese Materialien wurden zwischenzeitlich geprüft und grundsätzlich als für einen Einsatz in
Schulen geeignet angesehen. Das Bundesministerium für Justiz wurde inzwischen über die
getroffenen Maßnahmen informiert.

Ad 2. und 3.:

Anlässlich der Vorbereitung der Erstellung von neuen Unterlagen für den Schulbereich wurde der
VKI kontaktiert, der sich bereit erklärt hat, Materialien nach der bereits in den Schulen bewährten


Vorlage zu erstellen. Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird 100.000
Exemplare des neuen Folders ankaufen, so dass diese Unterlage den Schulen zu Beginn des
Sommersemesters 2002 zur Verfügung stehen wird. Ergänzend hiezu werden die Schulen auch
auf das Informationsangebot der Schuldnerberatung Linz hingewiesen werden.


 


Geschäftsfähigkeit Jugendlicher

Jung sein, shoppen, Geschäfte machen

Sei clever, have fun, aber lass dich, wenn du Geschäfte machst, nicht über den Tisch ziehen.

Jung - Platten, Mopeds, Clubs - die Welt ist schön, der Preis ist heiß. Mit 18 bist du volljährig und kannst
selbstständig Geschäfte abschließen. Doch die Wirtschaft schätzt dich schon vorher als attraktiven Kunden.
Mach aber bloß keine Fehler. Denn gewiefte Verkäufer wissen, worauf du stehst, und können dich gekonnt
ködern. Mit Glück schaffst du es, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Wenn du aber Pech hast, kann so ein
Ausrutscher ein ziemlich tiefes Loch in deine Brieftasche reißen.

BEISPIEL

Ferdi:

Mein Kollege Karl (17) ist wie ich Koch-Lehrling. Er hat sich von einem älteren Kollegen eine

Lebensversicherung aufschwatzen lassen, will aber aussteigen. Geht das?

Antwort: Das geht. Seine gesetzlichen Vertreter (Eltern) müssen schriftlich bloß mitteilen, dass sie dem

Vertrag nicht zustimmen.

BEISPIEL ENDE

Schön - Tanja, 16 Jahre jung und Lehrling, findet sich zu dick. Sie geht ins Schlankheitsinstitut, um sich auf
“slim" zu trimmen. Erst eine Anzahlung, den Rest will sie abstottern. Da bleibt nicht viel übrig. Bald muss sie
aus gesundheitlichen Gründen aussteigen, und das Institut klagt den offenen Restbetrag. So geht's nicht, sagt
der Richter. Begründung: die monatlichen Raten seien zu hoch, sie “gefährden die Lebensbedürfnisse einer
Minderjährigen".

BEISPIEL

Peter:

Ich bin 16 und gehe in eine HTL. Meine Großmutter hat mir 2.000 Euro zum Geburtstag geschenkt (“Kauf dir

was Schönes"). Jetzt will ich mir einen wirklich guten PC und die nötige Software kaufen. Aber meine Eltern

sagen: “Gib das Geld aufs Sparbuch." Ich finde das arg. Da gibt's ganz wenig Zinsen. Außerdem ist es nicht

ihr Geld - ich hab's von der Oma. Können meine Eltern trotzdem darüber bestimmen?

Antwort: Pech gehabt. Leider. Ein PC ist sicher nicht schlecht, wenn du ihn vernünftig einsetzt. Aber rein

rechtlich gesehen, sieht die Sache anders aus. Du hast kein eigenes (regelmäßiges) Einkommen. Deswegen

kannst du das geschenkte Geld nicht verwenden, wie du willst. Dein gesetzlicher Vertreter (also deine Eltern)

können bestimmen, was du mit dem Geld machen sollst

BEISPIEL ENDE

Schnell - Klaus, 17 (sieht aber älter aus), Lehrling, hat noch keinen Führerschein und unterschreibt
eigenmächtig einen Kaufvertrag für einen Gebrauchtwagen. Papa ist gar nicht erfreut und verweigert die
Zustimmung: Der Vertrag ist ungültig, Geld zurück, Auto zurück.

Erste Hilfe - Deine Eltern haben die Pflicht, für dich zu sorgen. Sie haben auch das Recht, größeren
Geschäften von dir die Zustimmung zu verweigern, und sie müssen nicht für jeden “Schmarrn", den du
abschließt, einspringen. Das ist ziemlich öd, wenn sie dir einen Traum zerstören. Aber das ist auch sinnvoll,
wenn sie auf dieses Weise verhindern, dass du dich auf Jahre finanziell ruinierst.

Eigenes Geld - Du bist Lehrling oder Arbeiter, verdienst regelmäßig dein eigenes Geld und bist zwischen 14
und 18? Dann kannst du in gewissem Rahmen eigene Geschäfte machen, also eine Hi-Fi-Anlage oder eine
Sportausrüstung kaufen. Ratenvereinbarungen sind grundsätzlich möglich. Die Höhe des Kaufpreises oder der
Raten darf aber deine grundsätzlichen Lebensbedürfnisse nicht gefährden.

BEISPIEL:

Carmen:

Ich bin fast 17 und hatte kürzlich eine von diesen öden Diskussionen mit meiner Mutter. Jetzt kenn ich mich

überhaupt nicht mehr aus: Ich sei, hat sie gesagt, erst mit 18 volljährig und voll “geschäftsfähig". Aber ich darf

doch ab 17 den Führerschein machen und mit dem Auto fahren, oder? Was ist, wenn ich einen Unfall

verschulde und ich bin zwischen 17 und 18? Bin ich da fällig oder meine Mutter als Erziehungsberechtigte?

Muss ich den Schaden zahlen oder sie?


Antwort: Du kannst mit 17 nur dann allein Auto fahren, wenn du die Bedingungen zum Führerschein L17
erfüllst und wenn du - in Begleitung deiner Mutter - bereits 3.000 Kilometer Fahrpraxis hinter dich gebracht
hast. Auch ein Auto kannst du nur dann kaufen, wenn du ein entsprechendes Einkommen hast. Ist das nicht
der Fall und deine Mutter kauft es, dann ist es ihres. Fährst du mit ihrem Auto und verschuldest du einen
Unfall, dann bist grundsätzlich du zu Schadenersatz verpflichtet. Denn ab 14 bist du deliktfähig. In der Regel
wird aber der Haftpflichtversicherer des Fahrzeughalters (meist Mutter oder Vater) den Schaden ersetzen.
Wenn du aber zum Beispiel alkoholisiert warst, dann kann der Versicherer das Geld von dir einklagen
(regressieren). So etwas kann dich auf viele Jahre ruinieren.
BEISPIEL ENDE

Taschengeld - Arme Schüler: Taschengeld ist eine freiwillige Zuwendung der Eltern. Sie können, müssen dir
aber keines geben. Taschengeld ist kein eigenes Einkommen, und daher kannst du auch keine Ratengeschäfte
abschließen.

Kleingeld - Wenn Eltern dir etwas schenken (zum Beispiel einen Tausender), ohne ausdrücklich zu sagen, was
du damit tun sollst, dann bekommst du es zur freien Verfügung. Du kannst - noch bevor du 18 bist - mit der
Sache oder dem Geld tun, was du willst. Wichtige Einschränkung: Es dürfen keine großen Summen oder Werte
sein.

Viel Geld - Du bist noch nicht volljährig und bekommst einen dicken Batzen Geld? Sorry: Du kannst damit
trotzdem nicht machen, was du willst. Selbstständig einen Gebrauchtwagen kaufen? Vergiss es. Die Eltern
können die Zustimmung verweigern und vom Händler das Geld zurückfordern.

Tarnen und täuschen - Wenn du bei einem Vertragsabschluss (zum Beispiel Kauf eines Motorrollers) angibst,
großjährig zu sein, tatsächlich aber minderjährig bist und der Händler das nicht leicht nachprüfen kann, dann
haftest du für das enttäuschte Vertrauen. Der Händler kann die Ware nicht nur zurückverlangen, sondern dir
auch die Spesen (zum Beispiel Versand- und Bearbeitungskosten) aufbrummen.

BEISPIEL

Margit:

Mein Freund (17) steht irrsinnig auf Ausgehen, hat aber nicht besonders viel Taschengeld. Er gibt mehr aus,

als er hat, und macht in den Lokalen Schulden. Irgendwie schafft er das. Er sieht älter aus, ist so nett, gewandt

und vertrauenswürdig. Wie viel Schulden er genau hat, weiß ich nicht. Aber es werden um die 800 Euro sein.

Antwort: Rechtlich ist es so: Hätte er ein eigenes Einkommen, dann müsste er - in gewissem Rahmen - die

Schulden bezahlen. Weil er aber keines hat, muss er für seine Schulden auch nicht einstehen. Er hat Glück;

aber menschlich gesehen, kann das bald ganz massiv ins Auge gehen. Tu, was in deiner Macht steht, um das

abzustellen.

BEISPIEL ENDE

Verschenkt - Kleider, Bücher, Spiel- und Sportgeräte bekommst du in der Regel nicht zum freien Gebrauch.
Dein neues Bike darfst du ohne Einwilligung der Eltern gelegentlich verleihen, aber nicht verschenken,
eintauschen oder verkaufen. Tust du 's trotzdem, können es deine Eltern zurückfordern.

Shoppen - Du bist minderjährig und kaufst dir einen schicken Pulli. Zu Hause gefällt er dir nicht mehr, obwohl
er in Ordnung ist? Klare Sache: Du kannst von diesem Kauf nicht zurücktreten. Auch deine Eltern können dich
da nicht mit dem Argument “Verweigere meine Zustimmung ... noch nicht volljährig..." raushauen. Denn hier
handelt es sich um eine relativ kleine Summe, die deine Lebensbedürfnisse nicht gefährdet.

Cards - Fast alle Geldinstitute bieten diverse Jugendkonten und Cards an. Ermäßigte Karten, interessante

Angebote, gute Informationen ..., keine Frage, da ist was dran.

Und ein eigenes Konto (ab 14) ist auch nicht schlecht. Aber ohne regelmäßiges Einkommen ist nix.

BEISPIEL

Petra:

Ich bin 16, verdiene monatlich 290 Euro und habe mit Freunden eine Reise nach Sizilien um 1.300 Euro

gebucht. Jetzt krieg ich von der Oma doch nicht das Geld, von dem sie geredet hat Was soll ich tun?

Antwort: die Reise stornieren (= den Vertrag auflösen). Denn müsstest du die Reise aus deiner eigenen Tasche

bezahlen, dann würde dies deine Lebensbedürfnisse beeinträchtigen. Natürlich können auch deine gesetzlichen

Vertreter (Eltern) bezahlen; dann ist alles wunderbar. Bezahlen sie nicht, dann müssen sie das Reisebüro


schriftlich verständigen, dass sie der Reise nicht zustimmen. Du kannst zwar nicht mitfahren dafür musst du
ach nichts zahlen.
BEISPIEL ENDE

Heißer Tipp - Mach keine Schulden. Ein Kredit, der dir über den Kopf wächst, kann dir das Leben
kaputtmachen.

Überzieher - Einen Kredit aufnehmen oder dein Konto überziehen kannst du nur dann, wenn die Raten der
Rückzahlung nicht deinen Lebensunterhalt gefährden (Voraussetzung: eigenes Einkommen). Die Geldinstitute
versuchen oft, die Zustimmung der Eltern einzuholen. Selbst wenn deine Eltern sie erteilen, haftest du allein
für den aufgenommenen Betrag. Deswegen versuche die Geldinstitute oft, mit eigenen Bürgschafts- und
Kreditverträgen eine Mithaftung der Eltern zu erreichen. Willst du also Geld ausborgen, rede vorher mit deinen
Eltern darüber, auch wenn das mit deinem Selbstwertgefühl und deiner Eitelkeit kollidiert.

Abheben - Scheck- und Bankomatkarten bekommst du als Schüler nicht vor Vollendung des 18. Lebensjahres,
bei regelmäßigen Einkünften nicht, bevor du 17 bist. Abheben kannst du mit der Bankomatkarte, bis du 18 bist,
üblicherweise nicht mehr als rund 300 Euro pro Woche. Meist müssen deine Eltern außerdem ihre schriftliche
Zustimmung dazu geben.

Raten - Kaufst du etwas auf Raten, dann darf die monatliche Rate - so entschied ein Gericht - nicht mehr als
30 Prozent deines Gesamteinkommens ausmachen. Je länger die Ratenzahlung, desto niedriger muss die
Belastung sein.

Fitness - Schließt du als Jugendlicher unter 18 Jahren einen Vertrag ab (zum Beispiel mit einem Fitnessstudio)
und übersteigt der Mitgliedsbeitrag deine Möglichkeiten, dann ist der Vertrag ungültig.

Abos - Zeitschriften sagen dir, was läuft. Okay. Da die Abo-Rechnung kaum deine Lebensbedürfnisse
gefährdet, kommst du - hast du unterschrieben und verfügst du über ein eigenes Einkommen - aus dem
Vertrag nicht mehr raus. Auch wenn so genannte "Prämien" (Stereoanlagen, Handys oder Computerspiele - oft
gegen Aufpreis) bei Jahresabonnements locken: Häufig halten die Geräte nicht, was sie versprechen, oder du
verlierst ganz einfach die Lust an der Zeitung. Dein Pech, denn zahlen musst du trotzdem.
Anders ist die Sache, wenn du als Schüler nur über Taschengeld verfügst: Da können dir die Eltern helfen und
ihre Zustimmung verweigern.

Slow motion - Selbstständigkeit heißt auch Verantwortung tragen, und dazu gehört eher ein cooler Kopf als
stürmische Gefühle. Willst du dir zum Beispiel ein Moped oder eine edle Stereoanlage anschaffen, ist das voll
okay. Aber, so langweilig und banal das klingt, du musst sie auch zahlen und erhalten können. So cool down
and work it out.

BEISPIEL

Je älter, je besser

Wenn du zwischen 7 und 13 Jahren bist, kannst du Kleinigkeiten kaufen, wie zum Beispiel Platten, CDs,

Kosmetika, Sportartikel, Lebensmittel. Aber du kannst als unmündiger Minderjähriger keine Geschäfte machen

(= Verträge abschließen), die finanzielle Verpflichtungen nach sich ziehen, zum Beispiel Ratenvereinbarungen.

Bist du zwischen 14 und 17 Jahren alt und verfügst über ein eigenes Einkommen, kannst du so weit über dein

Geld verfügen, wie deine grundsätzlichen Lebensbedürfnisse nicht gefährdet sind.

BEISPIEL ENDE

Impressum:

Im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur

Herausgegeben vom Verein für Konsumenteninformation, Mariahilfer Straße 81;

Postanschrift: 1061 Wien, Postfach 440;

Telefon: 01/588 77-0

Stand: November 2001