2954/AB XXI.GP
Eingelangt am: 19.12.2001
Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr.
Gabriele Moser, Freundinnen und Freunde
haben am 24.10.2001 an mich eine schriftliche Anfrage mit der Nr. 2992/J
betreffend
“Ausarbeitung eines Bundesgesetzes zum Schutz vor nichtionisierender
Strahlung"
gerichtet. Ich beehre mich, diese wie folgt zu beantworten:
In Österreich werden
Mobiltelekommunikationsanlagen nach den einschlägigen
Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes errichtet und betrieben. Für
die
Vollziehung der diesbezüglichen Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes
ist die Frau Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie
zuständig.
Aus der Sicht des Strahlenschutzes
erlauben Sie mir zunächst einige grundsätzliche
Bemerkungen zu diesem Thema:
Generell kann die Frage einer möglichen Gefährdung des
Menschen durch
elektromagnetische Felder nach dem heutigen Stand von Wissenschaft, Technik und
Medizin dahingehend
beantwortet werden, dass bestimmte Wirkungen dieser
Strahlung auf biologisches Gewebe (Wärmewirkung, Reizwirkung) sehr gut
erforscht
und somit auch Grenzwertfestlegungen möglich sind. Andererseits werden
aber
biologische Effekte dieser Strahlung in
der einschlägigen Literatur beschrieben,
deren gesundheitliche Auswirkungen noch nicht ausreichend abgeklärt werden
konnten. Jedoch ist im Zusammenhang mit potenziellen Langzeiteffekten der
Exposition durch elektromagnetische Felder festzuhalten, dass nach dem heutigen
Stand von Wissenschaft, Technik und Medizin die derzeit verfügbaren Daten
als
Grundlage für eine Festlegung von Expositionsbegrenzungen nicht
ausreichen, da
keine überzeugenden Beweise für einen Zusammenhang zwischen
möglichen
Gesundheitsbeeinträchtigungen und einer Exposition durch
elektromagnetische
Felder erbracht wurden, die in der Größenordnung unter den heute in
Österreich
anerkannten Grenzwerten liegen.
Die weitere Erforschung der bekannten
biologischen Effekte im Hinblick auf ihre
gesundheitliche Relevanz bedingt einen sehr hohen Forschungs- und
Bewertungsaufwand, der seit 1996 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im
Rahmen des WHO-EMF Projektes koordiniert wird und keinesfalls auf nationaler
Ebene bewältigt werden kann. Österreich ist an diesem Projekt der WHO
im Rahmen
seiner finanziellen Möglichkeiten seit Beginn beteiligt.
Auf der internationalen wissenschaftlichen
Ebene wird diesem Forschungs- und
Bewertungsbedarf seit Jahren durch die unabhängige Internationale
Wissenschaftliche Kommission zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung ICNIRP
(International Commission on Non lonizing Radiation Protection) Rechnung
getragen.
Die Bewertung der dokumentierten wissenschaftlichen Forschungsergebnisse bei
ICNIRP erfolgt durch
Arbeitsgruppen, denen unabhängige Wissenschafter aller
Fachgebiete angehören.
Sowohl ICNIRP als auch die WHO vertreten auf Grund des aktuellen
Standes von
Wissenschaft, Medizin und Technik den Standpunkt, dass derzeit keine
wissenschaftlichen
Erkenntnisse vorliegen, die eine zusätzliche Berücksichtigung der
so genannten “nichtthermischen" Effekte bei der Festlegung von
Gesundheitsschutzgrenzwerten begründen würden. Man ist sich der
Existenz
unterschiedlichster biologischer Effekte
jedoch sehr wohl bewusst und ist, wie schon
oben erwähnt, auf internationaler Ebene (im Rahmen des WHO-EMF-Projektes)
mit
sehr hohem finanziellen Aufwand bestrebt, diese Wissenslücken im Rahmen
einer
weltweit koordinierten Forschungstätigkeit zu schließen.
Eine umfassende gesetzliche Regelung des
gesamten Bereiches der nichtionisie-
renden Strahlung erscheint erst nach Abschluss des WHO-EMF Projektes
zielfüh-
rend zu sein, d.h.
nach dem derzeitigen Wissensstand über den Fortschritt beim
WHO-EMF Projekt nicht vor dem Jahre 2004.
Unabhängig davon erklärt die WHO
jedoch ausdrücklich, dass bis zum Abschluss
des WHO-EMF Projektes insbesondere Mobilfunkanlagen entsprechend den derzeit
geltenden Normen errichtet werden sollten. Unter den derzeit geltenden Normen
sind
die Empfehlungen der ICNIRP zu verstehen, die auch der Empfehlung des Rates der
Europäischen Union vom 12. Juli 1999 zur Begrenzung der Exposition der
Bevölkerung durch elektromagnetische Felder (0Hz bis 300GHz)",
(1999/519/EG), zu
Grunde liegen. In der ÖNORM S 1120 sind auf nationaler Ebene durchaus
vergleichbare
Grenzwerte enthalten.
Das Telekommunikationsgesetz enthält in § 67 die
Bestimmung, dass Funkanlagen
und Endgeräte
den anerkannten Regeln der Technik und den nach den
internationalen Vorschriften zu fordernden Voraussetzungen zu entsprechen haben
und dass bei Errichtung und Betrieb von Funkanlagen und Endgeräten der
Schutz
des Lebens und die Gesundheit von Menschen gewährleistet sein müssen.
Diese
Bestimmungen fordern somit, ebenso wie die Empfehlungen der WHO, die
Einhaltung der angeführten Normen.
Zu den Fragen im Detail:
ad 1 bis 4
Wie schon oben ausgeführt, erscheint
es erst nach Abschluss des laufenden WHO-
EMF-Projektes sinnvoll, die Materie Elektromagnetische Felder in einem
Spezialgesetz zu regeln; das heißt nicht vor dem Jahr 2004. In
interministeriellen
Gesprächen hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass - den Empfehlungen
von
WHO und ICNIRP folgend - bis dahin geltende Normen anzuwenden sind. Für
Österreich bedeutet dies die Anwendung der ÖNORM S1120.
ad 5
Eine Vornorm spiegelt den aktuellen
Wissensstand wider. Der Inhalt wird durch
bescheidmäßige Vorschreibung in Verwaltungsverfahren aufgrund der
Expertise von
Sachverständigen
verbindlich.
ad 6
Die Empfehlung des Rates der Europäischen Union 1999/519/EG
richtet sich an die
Mitgliedsstaaten, mit
der Vorgabe, dass diesen empfohlen wird, den materiellen
Inhalt in die nationale Gesetzgebung aufzunehmen. Diese Bewertung ergibt sich
aus
den geltenden Verträgen.
ad 7 und 8
Wie schon eingangs erwähnt,
unterliegen Errichtung und Betrieb von
Mobilfunkanlagen den Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes. Die
Maßnahmen gegen allfällige störende Einwirkungen
elektromagnetischer Felder auf
alle elektrischen und elektronischen Apparate, Betriebsmittel, Anlagen und
Systeme,
die elektrische und/oder elektronische Bauteile enthalten - darunter fallen
auch
medizinische Implantate - sind durch die Verordnung über
elektromagnetische
Verträglichkeit,
BGBI. Nr.52/1995, geregelt, deren Vollziehung in den
Zuständigkeitsbereich des Herrn Bundesministers für Wirtschaft und
Arbeit fällt.
ad 9
Normen spiegeln grundsätzlich den
jeweils aktuellen Stand von Wissenschaft,
Medizin und Technik wider. Sowohl ICNIRP als auch die WHO, die auf
internationaler Ebene - aufgrund der breiten, alle erforderlichen
Wissensgebiete
umfassenden wissenschaftlichen Unterstützung durch international
anerkannte
Wissenschafter - bei
der Grenzwertfestlegung federführend sind, vertreten den
Standpunkt, dass derzeit keine wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen, die
eine
zusätzliche Berücksichtigung der so genannten
“nichtthermischen" Effekte bei der
Festlegung von Gesundheitsschutzgrenzwerten begründen würden. Diese
Einschätzung
liegt auch der ÖNORM S1120 zugrunde.
ad 10
Die Fachnormenausschüsse sind gemäß Normengesetz,
BGBI. Nr. 240/1971,
paritätisch zusammengesetzt. Die Verabschiedung einer Norm zum Einspruch
durch
die Öffentlichkeit erfordert Einstimmigkeit im jeweiligen
Fachnormenausschuss. Ist
diese nicht gegeben,
kann die Norm als Vornorm zum Einspruch durch die
Öffentlichkeit
verabschiedet werden, wenn eine Dreiviertel-Mehrheit gegeben ist.
Dies ist in der Geschäftsordnung des Österreichischen
Normungsinstitutes
festgelegt.
ad 11
Wie schon eingangs erwähnt, erscheint es vor der gesetzlichen
Festlegung
nationaler Grenzwerte zweckmäßig, das Ergebnis des WHO-EMF-Projektes
abzuwarten. Das Ergebnis dieses Projektes kann ich nicht vorwegnehmen.