297/AB XXI.GP
Auf die an meinen Amtsvorgänger gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage der
Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen vom 26. Jänner 2000, Nr. 279/J,
betreffend mangelnde Produktneutralität bei öffentlichen Ausschreibungen im Software -
bereich, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:
Zu 1.:
Das Konzept und die Philosophie der „freien Software - Opensource“ ist in der IT - Sektion des
Bundesministeriums für Finanzen bekannt.
Zu 2.:
Die Bundesrechenzentrum GmbH hat bei ihren Vergabeverfahren im Softwarebereich nicht
nur die geltenden Vergabenormen, sondern auch bestimmte Produktanforderungen zu
beachten, je nachdem ob es sich um Erweiterungen zu bestehenden Komponenten oder neu
zu evaluierende Lösungen handelt. Hinsichtlich der Eignung freier Software in technischer
als auch in wirtschaftlicher Sicht für die diversen Einsatzbereiche der öffentlichen Verwaltung
wird das Ergebnis einer vom Bundeskanzleramt eingerichteten Arbeitsgruppe abgewartet,
die derzeit diese Problematik einer
eingehenden Prüfung unterzieht.
Zu 3.:
Derzeit laufen keine Softwareausschreibungen. Bei Beschaffungsvorhaben bezüglich Soft -
ware ist aber zu beachten, dass im Vergaberecht und in den Binnenmarktprogrammen der
EU eine Reihe von IT - Standardisierungsvorschriften und Empfehlungen einzuhalten sind.
So sieht etwa die Lieferkoordinierungsrichtlinie in Artikel 7 vor, dass technische Anforderun -
gen in den Unterlagen angegeben werden müssen, dass Spezifikationen in der Regel keine
bestimmten Lösungen vorschreiben dürfen, wie beispielsweise Markenprodukte oder Er -
zeugnisse, die nach einem besonderen Verfahren hergestellt werden und dass die techni -
schen Anforderungen durch Bezugnahme auf Europäische Normen spezifiziert werden müs -
sen.
Aus den Erfahrungen im eigenen Bereich Rückschlüsse ziehend. hat die EG - Kommission
den Vorschlag zu einem Ratsbeschluss über die Normung auf dem Gebiet der Informations -
technologie und der Telekommunikation erarbeitet, der als Beschluss 87/95/EWG
verabschiedet wurde. Mit diesem Ratsbeschluss soll einerseits hintangehalten werden, dass
nicht normgerechte Systeme ad infinitum weiterbetrieben werden, anderseits ist ein allzu
plötzlicher Systemabbruch zu vermeiden, damit ist es IT - Anwendern des öffentlichen Be -
reichs möglich, auf standardisierte Systeme an Hand von Migrationskonzepten umzusteigen.
Um den öffentlichen Verwaltungen eine Richtschnur bei der Umsetzung dieses Ratsbe -
schlusses zur Verfügung zu stellen, hat die Kommission ein Handbuch zur Beschaffung of-
fener Systeme herausgegeben (EPHOS 1), dem nach Überarbeitung und Adaptierung der
anzuwendenden OSI - Normen eine Version EPHOS 2 folgte.
Wenngleich derzeit mangels hinreichender Marktentwicklung in Richtung OSI - Normung
(0SI - Produkte liegen preislich wesentlich über den „Industriestandards“, sodass die Nach -
frage und auch der Einsatz solcher Produkte sehr eingeschränkt ist), die EPHOS - Philosophie
überholt ist, werden EPHOS - Grundsätze bei Softwareausschreibungen jedenfalls auf ihre
Anwendbarkeit geprüft und gegebenenfalls auch verwendet.
Neben diesen verbindlichen Regelungen finden bei Vergabeverfahren noch folgende Stan -
dardisierungsbehelfe Anwendung: STEP (Standards Enforcement in Procurement), EURO -
METHOD (Schwerpunkt im Bereich Softwareentwicklung und Softare - Wartung), ISPL
(Information Services Procurement Library).
Mit dieser Handbuch - und Leitfadensammlung
ist es einfacher, den Beschaffungsverlauf zu determinieren und den Grad der Hersteller-
und/oder Systemunabhängigkeit zu steuern.
Grundsätzlich werden Softwareausschreibungen streng nach den Vorgaben des geltenden
Vergaberechts vorgenommen, somit kann jedes Unternehmen, soferne es die Ausschrei-
bungsbedingungen erfüllt, entsprechende Angebote abgeben.
Zu 4.:
Es gibt keine Bevorzugung bestimmter Softwaregruppen. Bei jedem Vergabeverfahren wird
versucht, die Leistungsbeschreibung unter Berücksichtigung aller technisch - wirtschaftlichen
Komponenten so zu erstellen, dass ein maximales Anbietersegment zur Offertstellung ein -
geladen ist.
Zu 5.:
Gegen eine Anwendung des Konzeptes von Opensource bestehen, soferne damit die
benötigten Anforderungsprofile abgedeckt werden, keine grundsätzlichen Bedenken.