2977/AB XXI.GP

Eingelangt am: 21.12.2001

 

BM für auswärtige Angelegenheiten

 


Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen haben am
22. Oktober 2001 unter der Nr. 2948/J-NR/2001 an mich eine schriftliche
parlamentarische              Anfrage betreffend Parlamentarische Anfrage
“Denationalisierung/AVNOJ gerichtet.

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zu Frage 1 :

Nach den offiziellen slowenischen Quellen seien bis dato über 33,19% des Wertes der
Anträge aus Österreich entschieden und eine tatsächliche Rückgabe von 25,59% des
Wertes der gestellten Anträge erfolgt. Was die Zahl der Fälle betrifft, so gebe es bei den
insgesamt 1617 Anträgen zumindest Teilentscheidungen bei 901 Fällen, gänzlich
abgeschlossen seien 664 Fälle.

Die in den Medien berichteten 90% und 96% beziehen sich auf positive Entscheidungen
bei Wohnungen und bei Geschäftsräumlichkeiten. Stellt man diese Zahlen in Relation zur
Gesamtheit der von österreichischen Staatsbürgern eingebrachten Rückgabeanträge
(also inklusive der noch nicht entschiedenen Forderungen bzw. Verfahren), so kommt
man auf Basis des slowenischen Datenmaterials auf eine tatsächliche Rückgabequote
von 56,53% der beantragten Wohnflächen. Bei den Geschäftsräumen seien demnach
66,73% der eingebrachten Forderungen tatsächlich restituiert worden.

Ferner ist festzuhalten, dass die slowenischen Statistiken auf das Kriterium der
Staatsbürgerschaft nicht eingehen, da ja in jedem Fall der Besitz (oder die Bestätigung


über die Beibehaltung) der slowenischen Staatsbürgerschaft Grundvoraussetzung für eine
Restitution sind. Die genannten statistischen Zahlen beziehen sich auf Anträge von
Personen mit Wohnsitz in Österreich.

Frage 2:

Das vom slowenischen Parlament am 20. November 1991 beschlossene und am 7.
Dezember 1991 in Kraft getretene Gesetz über die Denationalisierung stellt auf die
Staatsangehörigkeit des/r Enteigneten zum Zeitpunkt der Enteignung ab: Gemäß Artikel 9
dieses Gesetzes müssen Denationalisierungswerber zum Zeitpunkt der Verstaatlichung
jugoslawische Staatsangehörige gewesen sein. Für die slowenische Denationalisierung
ist es somit unerheblich, welche Staatsangehörigkeit der Denationalisierungswerber am
13. März 1938 hatte.

Frage 3:

Bereits seit der Unabhängigkeit der Republik Slowenien im Jahre 1991 wurde in den
Kontakten der österreichischen Bundesregierung mit Vertretern der Republik Slowenien
regelmäßig auf die Notwendigkeit hingewiesen, offene Fragen im bilateralen Bereich
anzusprechen, um eine Lösung zu erzielen. Dabei wurde und wird von Österreich auch
auf die deutschsprachige Minderheit in Slowenien sowie auf die Enteignungen und
kollektiven Zwangsmaßnahmen nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges eingegangen.

Österreich hat seit der Unabhängigkeit Sloweniens regelmäßig und deutlich auf die
Notwendigkeit der Einhaltung europäischer Rechtsstandards hingewiesen. Dies betrifft
insbesondere die AVNOJ-Verfügungen vom 29. November 1943 und vom 21. November
1944, die auf einer Kollektivschuldvermutung beruhen.

Dieser Umstand und das Kriterium der Beweislastumkehr bei der Anwendung des
Staatsbürgerschaftsgesetzes zulasten der Gruppe der “Volksangehörigen jener Völker,
deren Staaten sich im Krieg gegen die Völker der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien
(FLRJ) befanden", denen die Staatsangehörigkeit der FLRJ aberkannt werden konnte,
“wenn der Betroffene während dieses Krieges oder in Verbindung mit ihm vor dem Krieg
mit seinem unloyalen Verhalten gegenüber den Volks- und Staatsinteressen der Völker
der FLRJ gegen seine staatsrechtlichen Pflichten verstoßen hat", bilden den
Hauptkritikpunkt der österreichischen Haltung bei der Durchsetzung der Interessen der
österreichischen Staatsbürger in Slowenien.


Die dem Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten bekannten offenen Fälle
werden in allen Kontakten mit slowenischen Politikern angesprochen.

Darüber hinaus sind österreichisch-slowenische Expertengruppen aus Historikern und
Völkerrechtlern beauftragt, die schwierigen Kapitel der beide Länder betreffenden
Geschichte des 20. Jahrhunderts - auch im Hinblick auf eine gemeinsame Zukunft in der
Europäischen Union - zu untersuchen und aufzuarbeiten.

Frage 4:

Aufgrund des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1961 über die Anmeldung von
Sachschäden, die durch Umsiedlung oder Vertreibung entstanden sind
(Anmeldegesetz)
sowie des Bundesgesetzes vom 13. Juni 1962 über die Entschädigung von Umsiedlern
und Vertriebenen (Umsiedler- und Vertriebenen-Entschädigungsgesetz - UVEG) wurden
Umsiedler und Vertriebene (sowie deren Erben) für Wegnahme, Verlust oder Zerstörung
von Gegenständen des Hausrates oder zur Berufsausübung erforderlichen beweglichen
Sachen entschädigt, davon alleine aufgrund des Umsiedler- und Vertriebenen-
Entschädigungsgesetzes mit über ÖS 1,1 Milliarden (was im Jahre 2000 einem Wert von
ÖS 4,8 Milliarden entsprach).

In anderem Zusammenhang wurden Personen, die zum Zeitpunkt des Vermögensentzugs
österreichische Staatsbürgerinnen waren und deren private Wirtschaftsunternehmen
durch die jugoslawische Nationalisierung 1948 konfisziert wurden, aufgrund des auf dem
österreichisch-jugoslawischen Vermögensvertrag vom 19. März 1980 beruhenden
österreichischen Entschädigungsgesetzes vom 2. Juli 1980 entschädigt.