2989/AB XXI.GP

Eingelangt am: 21.12.2001

 

 


Bundeskanzler

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Gradwohl und GenossInnen haben am
24. Oktober 2001 unter der Nr. 3000/J an mich eine schriftliche parlamentarische
Anfrage betreffend Verfassungswidrigkeiten in der Geschäftsordnung und
Geschäftseinteilung der Steiermärkischen Landesregierung gerichtet.

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zu Frage 1:

Der Bundesregierung kommt nach § 2 Abs. 5 und § 3 Abs. 2 des Bundesverfas-
sungsgesetzes betreffend Grundsätze für die Einrichtung und Geschäftsführung der
Ämter der Landesregierung außer Wien, BGBI. Nr. 289/1925, lediglich die Entschei-
dung über die Erteilung oder Verweigerung der Zustimmung zu, soweit hiebei die
Geschäfte der mittelbaren Bundesverwaltung in Betracht kommen. Der Bundesver-
fassungsgesetzgeber hat somit der Bundesregierung die Möglichkeit eröffnet, den
Geschäftseinteilungen und den Geschäftsordnungen der Ämter der Landesregierung
außer Wien die Zustimmung zu erteilen oder zu versagen. Eine Befugnis zur Erhe-
bung von Einwendungen kommt der Bundesregierung in diesem Zusammenhang
hingegen nicht zu (solche könnten allenfalls im Rahmen eines Begutachtungsver-
fahrens erhoben werden, welches jedoch in Bezug auf die der Anfrage zugrundelie-
genden Rechtsakte nicht durchgeführt wurde).

Das in der in Rede stehenden Verfassungsbestimmung normierte Zustimmungsrecht
ist ähnlich wie jene nach Art. 97 Abs. 2 und 98 B-VG nicht als Instrument der recht-
lichen oder gar politischen Kontrolle, sondern als Mittel der Wahrung von Bundesin-
teressen aufzufassen.

Die Bundesregierung hat sich bei der Handhabung des ihr durch § 2 Abs. 5 und § 3
Abs. 2 des in Rede stehenden Bundesverfassungsgesetzes eingeräumten Zustim-
mungsrechts in jahrzehntelanger Praxis von der Auffassung leiten lassen, daß Im
Geiste des bundesstaatlichen Baugesetzes der Bundesverfassung eine Verweige-
rung der Zustimmung nur in extrem gelagerten Fallkonstellationen ins Auge gefaßt
werden sollte.


Zu Frage 2:

Die Geschäftsordnung des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung vom
26. März 2001 folgt mit der in § 4 Abs. 4 vorgesehenen Möglichkeit, Abteilungen in
Fachabteilungen und/oder Referate zu untergliedern, dem Beispiel der Geschäftsord-
nungen bzw. Geschäftseinteilungen der Ämter der Landesregierungen anderer Län-
der, die - teilweise seit Jahrzehnten (vgl. Kärnten LGBl. Nr. 81/1971, Salzburg LGBl.
Nr. 106/1974) - gleichartige Regelungen enthalten.

Frühere Bundesregierungen haben Geschäftsordnungen bzw. Geschäftseinteilun-
gen, die solche Regelungen enthielten, ihre Zustimmung auch in der Vergangenheit
nicht versagt.

Wäre die Bundesregierung im vorliegenden Fall anders vorgegangen, so hätte darin
eine Benachteiligung des Landes Steiermark gesehen werden müssen.

Im übrigen verweise ich auf die Beantwortung zu Frage 1.

Zu Frage 3:

Es ist nicht ersichtlich, warum die Regelung betreffend die Bestellung von Abtei-
lungsleitern gerade in der Geschäftsordnung der Landesregierung getroffen werden
sollte.

Im übrigen verweise ich auf die Beantwortung zu Frage 1.

Zu Frage 4:

Der Geschäftsordnung des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung kann eine
Bindung des Landeshauptmannes “bei Bestellungsregelungen von Abteilungsleitern"
nicht entnommen werden. Vielmehr werden Abteilungs- und Gruppenleiter gemäß
§ 6 Abs. 2 der Geschäftsordnung von der Landesregierung besteift. Nur am Rande
sei bemerkt, daß eine verfassungswidrige Bindung des Landeshauptmannes auch
hinsichtlich der Bestellung von Leitern der Fachabteilungen nicht vorliegt. Diese wer-
den gemäß § 6 Abs. 6 der Geschäftsordnung vom Landeshauptmann zwar “auf ein-
vernehmlichen Vorschlag des für Personalangelegenheiten zuständigen Mitglieds
der Landesregierung und des Landesamtsdirektors besteIlt". Dieser Formulierung
kann jedoch - wenn man sie verfassungskonform auslegt, was nach der ständigen
Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes Im Zweifel geboten ist - nicht ent-
nommen werden, daß der Landeshauptmann eine ihm vorgeschlagene Person ge-
gen seinen Willen zum Leiter der Fachabteilung zu bestellen hat.

Zu den Fragen 5 und 6:

Ob im Rahmen der Erlassung der Geschäftseinteilung alle in Betracht kommenden
landesrechtlichen Vorschriften eingehalten wurden, liegt nicht in der Ingerenz der
Bundesregierung. Auch beruft die Bundesverfassung den Bundeskanzler oder die
Bundesregierung nicht zur Sanktionierung eventueller Verstöße von Landesorganen
gegen Landesrecht.


Zu Frage 7:

Die dieser Frage zugrundeliegende Prämisse, daß die neue Geschäftsordnung oder
die neue Geschäftsteilung des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung eine
“Zersplitterung in der Vollziehung" zur Folge haben werde, teile ich nicht. Derartige
Bedenken wurden auch weder von Seiten der Mitglieder der Bundesregierung an-
läßlich der Beschlußfassung noch zuvor von den befaßten Bundesministerien gel-
tend gemacht.