3001/AB XXI.GP

Eingelangt am: 21.12.2001

 

BM für soziale Sicherheit und Generationen

 

 


 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage der
Abgeordneten Mag. Maier und Genossinnen betreffend “Vertragsärztinnen:
Leistungen, die weder erbracht noch verrechnet werden dürfen", Nr. 2972/J,

wie folgt:

Fragen 1 bis 4 und 6:

Einleitend ist außer Streit zu stellen, dass nach den berufsrechtlichen Grundlagen für
Ärzte im Ärztegesetz 1998 dem Arzt auf dem Boden der ärztlichen Wissenschaft und
Erfahrung selbstverständlich auch die Anwendung von Methoden der Alternativ- und
Komplementärmedizin zusteht und diese Befugnis nicht beschränkt werden darf.

Für die Initiative der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse, die sich hingegen
von ihrer Zielsetzung her nur auf “Leistungen, die erwiesenermaßen wirkungslos sind
oder Patienten gefährden," beziehen soll, sprechen folgende Umstände:

-    Nach den gesetzlichen Bestimmungen (§ 133 Abs. 2 ASVG u.a.) muss die
Krankenbehandlung ausreichend und zweckmäßig sein, sie darf jedoch das
Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Nach dem derzeitigen Wissens-
stand unwirksame Behandlungen kommen daher als Leistungen der Kranken-
versicherung - auch dann, wenn sie ungefährlich sein sollten - nicht in Be-
tracht.

-    Es liegt im Interesse der Sozialversicherung und ihrer Versicherten, dass die
Vertragspartner der Sozialversicherungsträger eine Krankenbehandlung ge-
währleisten, die dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft ent-
spricht, und dass sie so eine hohe Qualität der Leistungen der Krankenversi-
cherung sicherstellen.


-    Ärzte, die erwiesenermaßen wirkungslose Methoden anwenden, werden wohl
nicht auf deren Wirkungslosigkeit oder gar Gefährlichkeit hinweisen und so
den Anschein erwecken, dass diese Methoden als Krankenbehandlung erfolg-
reich sein könnten. Dieser Anschein verletzt die Interessen der Versicherten
und insofern auch die der Krankenversicherung, als dadurch der Eindruck
entsteht, diese würde nicht für eine ausreichende Krankenbehandlung sorgen.

Es erscheint daher grundsätzlich richtig, dass die Oberösterreichische Gebietskran-
kenkasse von ihren Vertragspartnern generell die Unterlassung von unseriösen
Behandlungen fordert.

Der Oberste Sanitätsrat ist in seinen bisherigen Sitzungen zu den Themen

-    Bachblütentherapie,

-    Bioresonanztherapie,

-    Magnetfeldtherapie und

-    Zelltherapie

zu der Erkenntnis gelangt, dass diese nicht als medizinisch wissenschaftliche
Methoden eingestuft werden können. Mit den übrigen in der Einleitung der Anfrage
angeführten Therapien hat sich der Oberste Sanitätsrat bislang nicht auseinander
gesetzt.

Gemäß § 2 Abs. 1 Ärztegesetz 1998 ist der Arzt zur “Ausübung der Medizin" beru-
fen, die gemäß § 2 Abs. 2 leg. cit. jede auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkennt-
nissen begründete Tätigkeit umfasst, welche unmittelbar am Menschen oder mittel-
bar für den Menschen ausgeführt wird, wobei in der Folge eine beispielhafte Aufzäh-
lung verschiedener ärztlicher Tätigkeiten vorgenommen wird.

Das Tatbestandselement der “medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse" ist,
geprägt durch die Judikatur des Obersten Gerichtshofs (vgl. das Urteil vom 28. Juni
1983, ZI. Os 99,100/83-6), so zu verstehen, dass die Begründung einer Tätigkeit auf
“medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen" nicht Voraussetzung für die Zure-
chenbarkeit als ärztliche Tätigkeit ist, sondern in erster Linie einem Gebot der ärztli-
chen Standespflicht Rechnung trägt, sodass auch eine nicht auf “medizinisch-
wissenschaftlichen Erkenntnissen" beruhende Tätigkeit als ärztliche Tätigkeit qualifi-
ziert werden kann. Dies ist insbesondere für Methoden relevant, deren Wirksamkeit
noch nicht zur Gänze wissenschaftlich erwiesen werden konnte.

Frage 5:

Zweifellos existieren weltweit zahlreiche Heilmethoden, deren Wirksamkeit nach
naturwissenschaftlichen Methoden nicht ausreichend nachgewiesen ist.

Frage 7:

Den Nachweis für die wissenschaftliche Anerkennung einer Heilmethode hat prinzi-
piell derjenige zu erbringen, der aus ihrer Anwendung wirtschaftlichen Nutzen zieht.
Ich verweise auf die entsprechenden Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes und
Medizinproduktegesetzes. Daneben wäre auch auf die Fülle wissenschaftlicher Lite-


ratur hinzuweisen. Auch viele Methoden der traditionellen Medizin werden mit den
Methoden der naturwissenschaftlichen Medizin überprüft. Sehr oft aber werden
alternative Heilanpreisungen so formuliert, dass diese weder verifizierbar noch falsi-
fizierbar sind (z.B. geheimnisvolle, in der Sprache der Physik nicht näher erläuterte
Wirkungen von Edelsteinen, die der Patient bei sich trägt). Suggestive Heilwirkungen
(“Placeboeffekte") können aber auch in solchen Fällen statistisch nachweisbar sein.

Fragen 8 und 9:

Mein Ressort hat in effektiver Weise dazu beigetragen, dass die medizinische
Behandlung von Patienten ausschließlich den Ärzten vorbehalten blieb. Auf die be-
rufsrechtlichen Bestimmungen des Ärzterechts habe ich bereits hingewiesen. Mögli-
che Gefährdungen von Patienten werden durch mein Ressort hintangehalten.

Fragen 10 bis 13:

Auch die Anwendung alternativ- und komplementärmedizinischer Methoden im Kon-
text mit Krankheiten ist aus Gründen der Qualitätssicherung und des Schutzes von
Patienten grundsätzlich den Ärzten vorbehalten (vgl. auch § 2 Abs. 1 und 3 Abs. 4
ÄrzteG 1998). Eine rechtmäßige Ausübung ärztlicher Tätigkeiten durch Personen,
die nicht Ärzte sind, kann nur auf der Grundlage einer speziellen Erlaubnis erfolgen,
wie sie beispielsweise für Angehörige anderer Gesundheitsberufe auf Grund berufs-
rechtlicher Bestimmungen vorgesehen ist (vgl. z.B. § 49 Abs. 3 ÄrzteG 1998, das
HebammenG, das DentistenG).

Folglich ist die Tätigkeit von Heilpraktikern oder Naturtherapeuten als nicht rechtmä-
ßig zu qualifizieren. Dadurch erübrigt sich eine weitere Beantwortung der Fragen 11
bis 13.