301/AB XXI.GP

 

zur Zahl 288 /J - NR/2000

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Martin Graf, Dipl. Ing. Maximilian Hofmann

und Dr. Harald Ofner haben an den Bundesminister für Justiz eine schriftliche Anfra -

ge betreffend „doppelte Kostenverrechnung bei der Umwandlung von Kapitalgesell -

schatten“ gerichtet.

 

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

 

Zu 1 und 2:

 

Die Gerichtsgebühren für Firmenbuchsachen sind in der Tarifpost 10 Gerichtsge -

bührengesetz (GGG) geregelt. Durch das Insolvenzrechtsänderungsgesetz 1997,

BGBl. I Nr. 114, hat das für diesen Bereich vorgesehene Gebührensystem aus ge -

meinschaftsrechtlichen Gründen eine prinzipielle Änderung dahin erfahren, dass

nunmehr grundsätzlich drei verschiedene Gebührenarten nämlich die Eingabenge -

bühr, die Eintragungsgebühr und die Veröffentlichungsgebühr ( - Bekanntmachungs -

gebühr) - vorgesehen sind und im Segment der Eintragungsgebühr ein und derselbe

gesellschaftsrechtliche Vorgang mehrere gebührenauslösende Einzeltatbestände

verwirklichen kann. Insofern kann davon gesprochen werden, dass für die Eintra -

gungsgebühren das „Kumulationsprinzip“ gilt. Zur Beantwortung der Frage, welche

Eintragungsgebühr ein solcher Vorgang hervorruft, ist dieser also zunächst nach ge -

sellschafts - und firmenbuchrechtlichen Kriterien zu analysieren und auf die Erfüllung

- meist einer Mehrzahl - von Einzeltatbeständen der Tarifpost 10 I lt. b und c GGG

(in denen die Eintragungsgebühren geregelt sind) zu untersuchen.

 

Daher hat auch die Beantwortung der hier gestellten Frage zunächst beim Gesell -

schafts - bzw. Umwandlungsrecht sowie beim Firmenbuchrecht anzusetzen. Das

Umwandlungsgesetz, BGBl. Nr. 304/1996, sieht zwei unterschiedliche Umwand -

lungsfälle vor. Bei der Umwandlung durch Übertragung des Unternehmens auf den

Hauptgesellschafter gemäß § 2 UmwG kommt es im Wege der Gesamtrechtsnach -

folge zur Übertragung des Unternehmens auf den Hauptgesellschafter, der minde -

stens 90 % des Grund - oder Stammkapitals der umwandelnden Kapitalgesellschaft

halten muss. Aktiva und Passiva der Kapitalgesellschaft gehen auf den Hauptgesell -

schafter über (§ 2 Abs. 2 Z 1 UmwG); die Kapitalgesellschaft erlischt, ohne dass es

einer besonderen Löschung bedarf (§ 2 Abs. 2 Z 2 UmwG). In diesem Fall kommt

es in aller Regel nicht zum Entstehen eines neuen Firmenbuchsubjekts, weil der

übernehmende Hauptgesellschafter - etwa als Kapitalgesellschaft, Personenhan -

delsgesellschaft oder eingetragene Erwerbsgesellschaft - schon im Firmenbuch ein -

getragen ist. Es handelt sich in diesen Fällen also um eine Umwandlung, bei der ein

im Firmenbuch eingetragener Rechtsträger erlischt, ohne dass ein neuer entsteht.

 

Davon zu unterscheiden sind die Fälle der Umwandlung unter gleichzeitiger Errich -

tung einer offenen Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft oder eingetragenen

Erwerbsgesellschaft nach § 5 UmwG. Nach dieser Bestimmung kann die Gesell -

schafterversammlung einer Kapitalgesellschaft die Errichtung einer Personenhan -

delsgesellschaft oder einer eingetragenen Erwerbsgesellschaft und zugleich die

Übertragung des Vermögens der Kapitalgesellschaft auf diese neu zu errichtende

Gesellschaft beschließen. Hier kommt es also im Zuge der Umwandlung zur Schaf -

fung eines neuen Firmenbuchsubjekts, auf das das Vermögen der sich umwandeln -

den Kapitalgesellschaft übergeht. Die (neue) Personengesellschaft entsteht nach

§ 5 Abs. 5 UmwG mit der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses im Firmen -

buch.

 

In einem speziellen Fall kann allerdings auch bei der Umwandlung nach § 2 UmwG

ein neues Firmenbuchsubjekt entstehen, nämlich wenn der „übernehmende“ Haupt -

gesellschafter der Kapitalgesellschaft eine natürliche Person ist, die noch nicht als

Einzelkaufmann im Firmenbuch eingetragen ist, jedoch durch die Übernahme des

Unternehmens der Kapitalgesellschaft nunmehr Kaufmannseigenschaft erlangt.

 

Zu beachten ist nun, dass in all diesen Fällen die Tatsache der Umwandlung gemäß

§ 3 Z 15 Firmenbuchgesetz sowohl bei der durch die Umwandlung erlöschenden

Kapitalgesellschaft als auch beim Übernehmer des Unternehmens in das Firmen -

buch eingetragen wird.

Die Tarifpost 10 I lit. b GGG sieht in ihrer Z 9 einen eigenen Eintragungsgebühren -

tatbestand für die Umwandlung einer Kapitalgesellschaft gemäß Umwandlungsge -

setz vor; die dafür anfallende Eintragungsgebühr beträgt 3.500 5. Da - wie erwähnt -

das Faktum der Umwandlung zweimal im Firmenbuch eingetragen wird, fällt nach

dem schon angesprochenen Kumulationsprinzip auch dieser Gebührenbetrag zwei -

mal an. In den Umwandlungsfällen ohne Schaffung eines neuen Rechtsträgers wird

es - mit Ausnahme des speziellen Falls einer Neueintragung des übernehmenden

Hauptgesellschafters (siehe dazu den vorletzten Absatz) - im Bereich der Eintra -

gungsgebühren mit dieser Gebührenposition sein Bewenden haben; hinzu kommen

freilich die Eingabengebühr nach Tarifpost 10 I lit. a GGG und die Veröffentlichungs -

gebühr nach Anmerkung 6 zur Tarifpost 10 GGG.

 

Anders verhält es sich hingegen bei den Umwandlungsfällen mit Schaffung eines

neuen Firmenbuchsubjekts. Hier kommen zusätzlich zu der eigentlichen „Umwand -

lungsgebühr“ nach Tarifpost 10 1 lt. b Z 9 GGG die für die Eintragung des neuen

Rechtsträgers vorgesehenen Gerichtsgebühren etwa für die Eintragung der Firma,

des Sitzes, der Geschäftsanschrift oder des persönlich haftenden Gesellschafters

zum Tragen. Hingegen fällt für diese Neueintragungen keine zweite Veröffentli -

chungsgebühr an, weil gemäß Art. XXIII Abs. 15 Firmenbuchgesetz Eintragungen

über Einzelkaufleute, Personengesellschaften des Handelsrechts und eingetragene

Erwerbsgesellschaften, die in der Datenbank des Firmenbuchs vorgenommen wer -

den, als bekanntgemacht gelten und nicht veröffentlicht werden müssen, sodass die

in § 10 HGB vorgesehene „papierene“ Veröffentlichung entfällt und daher auch kein

Substrat für eine Veröffentlichungsgebühr nach Anmerkung 6 zur Tarifpost 10 GGG

besteht. Ob in solchen Fällen eine zweite Eingabengebühr anfällt, hängt von der

Zahl der tatsächlich eingebrachten Eingaben ab. Wenn beide Teilvorgänge einer

solchen Umwandlung in eine Eingabe aufgenommen werden, ist nur einmal Einga-

bengebühr zu entrichten.

 

Auf Basis dieser Rechtslage werden vom ADV - System Entscheidungsvorschläge an

das mit der Gebührenvorschreibung befasste Justizverwaltungsorgan unterbreitet,

von denen naturgemäß je nach Lage des Falles abgewichen wird.

 

Die aus Anlass dieser Anfrage vom Bundesministerium für Justiz eingeholten Be -

richte der Justizbehörden haben ergeben, dass die mit der Kostenvorschreibung be -

fassten Organe diese Erledigungsvorschläge in der Regel übernehmen und auf den

jeweiligen Fall adaptieren. Damit kommt es im Regelfall zu einer Gebührenvor -

schreibung im Sinne des oben dargelegten Kumulationsprinzips. Zum Teil sind aus

diesen Berichten aber auch regionale Divergenzen in Einzelfragen zu Tage gekom -

men, denen das Bundesministerium für Justiz im Wege der dafür vorgesehenen

Verbreitungsinstrumente im Sinne einer Vereinheitlichung der Vollzugspraxis entge -

genwirken wird.

 

Zu 3:

 

Die Zahl der umgewandelten Kapitalgesellschaften gemäß dem Umwandlungsge -

setz stellt sich seit 1995 wie folgt dar:

 

                Jahr       Zahl

                1995        217

                1996        2351

                1997        923

                1998        853

                1999        774

 

Zu 4:

 

Aus dem ADV - System kann eine Aussage über die Gebühren erst ab dem Jahr

1998 gemacht werden und auch hier ist diese Aussage nur bedingt gültig, weil erst

seit Mitte 1998 verlässliche Daten vorhanden sind.

 

Im Jahr 1998 wurden gemäß dem Umwandlungsgesetz für zu löschende Kapitalge -

sellschaften (AG und GmbH) in Summe eine Bekanntmachungsgebühr in der Höhe

von 2,481.000 S sowie für Eintragung der Rechtstatsache der Umwandlung eine

Gebühr von insgesamt 2,898.000 S verrechnet . Im Jahr 1999 betrugen diese Ge -

bühren 2,286.000 S bzw. 2,684.500 S.

 

Zu 5:

 

Da sich die für den jeweiligen Vorgang insgesamt zu bezahlenden Beträge aus einer

Mehrzahl von Gebührenarten und  - komponenten zusammensetzen, kann dazu kei -

ne abschließende, allgemein gültige Aussage getroffen werden. Jedoch lässt sich in

der Regel sagen, dass bei Zugrundelegung einer Rechtsauffassung, wonach entge -

gen der in der Antwort zu den Fragen 1 und 2 dargelegten Rechtsauffassung des

Bundesministeriums für Justiz der Gebührentatbestand nach Tarifpost 10 I lit. b

Z 9 GGG nur einmal zur Anwendung käme, der Gebührengesamtbetrag um die ent -

sprechende Position von 3.500 5 vermindert würde. Eine Rechtsprechung des Ver -

waltungsgerichtshofs zu dieser Frage liegt nicht vor.

Zu 6:

 

Auf Grund des dem Gebührensystem für Firmenbucheintragungen immanenten Ku -

mulationsprinzips ist an eine Änderung des mehrfachen Anfallens von Eintragungs -

gebühren bei Umwandlungsvorgängen nicht gedacht Hingegen plant das Bundes -

ministerium für Justiz im Zusammenhang mit einer Umstellung der Veröffentlichung

von Firmenbucheintragungen in Papier auf eine elektronische Publikation entspre -

chend den dadurch möglichen Kosteneinsparungen auch eine deutliche Entlastung

im Bereich der Veröffentlichungsgebühr.