3046/AB XXI.GP
Eingelangt am: 10.01.2002
Bundesminister für Inneres
Die Abgeordneten zum
Nationalrat Inge Jäger und Walter Posch und GenossInnen haben am
22.11.2001 unter der
Nummer 3128/J-NR/2001 an mich eine schriftliche parlamentarische
Anfrage betreffend
"Asylantragsverfahren und Asylanträge aus
Entwicklungsländern"
gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:
Die Beseitigung der Möglichkeit von
Botschaftsanträgen steht in keinem Spannungsverhältnis
zur
Genfer Flüchtlingskonvention. Es würde überdies den - auch in
der EU - immer mehr in
den Vordergrund tretenden Grundsatz des Schutzes in der Region widersprechen,
würden
Menschen
über Kontinente hinweg aus ihrem Kulturkreis gerissen und nach Europa
evakuiert
werden. Das würde dem Ansinnen, den Menschen nach Wegfall der Bedrohung
die Rückkehr
in ihre Heimat zu
ermöglichen, entgegenstehen und die UNION zusätzlich mit
Integrationsverpflichtungen belasten.
Außerdem weise ich darauf hin, dass die Mehrzahl der
Europäischen Staaten eine
Asylantragstellung aus dem Ausland nicht kennt. Dies hat zu einer
überproportionalen Belastung Österreichs geführt. Die
Beseitigung dieser Situation dient
außerdem der im Regierungsprogramm
vorgesehenen Beschleunigung der Asyl-
verfahren
(durch Entlastung der Asylbehörden). Im übrigen beantworte ich die
Fragen nach
den
mir vorliegenden Informationen wie folgt:
Zu Frage 1:
Gemäß
§ 2 des Asylgesetzes können nur Fremde, die sich im Bundesgebiet
aufhalten, Asyl
erlangen.
Dementsprechend gibt es im Zeitpunkt des Aufenthaltes des Antragsstellers
außerhalb
Österreichs weder ein positives noch ein negatives "Bescheiden"
von Anträgen
gemäß
§ 16 AsylG. Asylanträge, die bei einer österreichischen
Berufsvertretungsbehörde
einlangen, sind dem Bundesasylamt zuzuleiten, das zu beurteilen hat, ob
Asylgewährung
wahrscheinlich
ist. Wird der Vertretungsbehörde aufgrund dieser Überprüfung
mitgeteilt, dass
Asylgewährung
wahrscheinlich ist, so hat diese dem Betroffenen einen Einreisetitel zu
gewähren.
Wird der österreichischen Berufsvertretungsbehörde mitgeteilt, dass
Asyl-
gewährung
unwahrscheinlich ist, so ist der Antrag gemäß § 31 AsylG als
gegenstandslos
abzulegen.
Statistische Aufzeichnungen betreffend den
Ausgang des Asylverfahrens jener Fremden,
denen
von der Botschaft ein Einreisetitel erteilt worden ist, werden im
Bundesministerium für
Inneres
nicht geführt.
Im
Asylwerberinformationssystem wurden im Zeitraum 1. Oktober 2000 bis
30.
September 2001 insgesamt 5.359 Anträge gemäß § 16 AsylG
gespeichert; hievon wurde
seitens des Bundesasylamtes in 152 Fällen den jeweiligen
Vertretungsbehörden gemäß § 16
Abs.3 AsylG mitgeteilt, dass die Asylgewährung wahrscheinlich ist. Diese
Anträge schlüsseln
sich
nach der Staatsangehörigekeit der Antragsteller auf wie folgt:
|
Staat
|
Asylanträge
|
erteilte
|
|
Afghanistan
|
5.125
|
111
|
|
Angola
|
3
|
3
|
|
DR Kongo
|
11
|
6
|
|
Georgien
|
2
|
1
|
|
Iran
|
18
|
9
|
|
Jugoslawien
|
15
|
1
|
|
Kamerun
|
1
|
1
|
|
Pakistan
|
8
|
5
|
|
Ruanda
|
3
|
2
|
|
Sierra Leone
|
9
|
2
|
|
Somalia
|
13
|
7
|
|
staatenlos
|
7
|
2
|
|
Türkei
|
19
|
2
|
Staatsangehörige
von weiteren 16 Staaten haben Anträge gemäß § 16 AsylG
(Aserbaidschan,
Estland,
Israel, Kasachstan, Kolumbien, Mauretanien, Mazedonien Myarmar, Rumänien,
Russische
Föderation, Sri Lanka, Tschad, Tschechien, Ukraine, ungeklärte und
Usbekistan)
gestellt;
keiner dieser Anträge hat zur Erteilung eines Einreisetitels geführt.
Zu Frage 2:
Im Asylwerberinformationssystem finden
sich für den Zeitraum 1. Oktober 2000 bis
einschließlich 30. September 2001
insgesamt 21.993 Asylanträge (inklusive der noch offenen)
gespeichert. Im selben Zeitraum
wurden 988 Anträge positiv beschieden. Diese Anträge
schlüsseln sich gegliedert nach
der Staatsangehörigkeit der Antragsteller wie folgt auf:

|
|

Abschließend
weise ich daraufhin, dass sich bei den entschiedenen Fällen auch solche
befanden, die in den Vorjahren eingebracht
worden sind.
Zu Frage 3:
Eine Prognose
für den Fall einer Abschaffung der Asylanträge gemäß
§ 16 AsylG kann
seriöserweise
nicht abgegeben werden, da die Asylantragszahlen eine Funktion diverser und
unvorhersehbarer
Parameter sind. So haben etwa in den Jahren 1999 und 2000 die Asyl- und
Asylerstreckungsanträge,
die bei österreichischen Vertretungsbehörden einlangten, nur
jeweils
1,7 % der Gesamtzahl der Anträge ausgemacht.
Zu Frage 4:
Die Genfer
Flüchtlingskonvention sieht an keiner Stelle eine Verpflichtung der
Mitgliedstaaten
vor, die Asylantragstellung bei Vertretungsbehörden zuzulassen. Sie geht
vielmehr
vom Fall des Aufenthaltes des Flüchtlings im Gebiet des Vertragsstaates
aus.
Deshalb
ist ihr normatives Kernstück auch eine Refoulementverbotsnorm, der Art.
33.
Zu Fragen 5 und 6:
Bei der in der Frage erwähnten
"Familienzusammenführung" handelt es sich um ein
Rechtsinstitut des Fremdenrechtes und der Regelung der Zuwanderung, die mit dem
Asylrecht nichts zu tun haben.
Aus dem Zusammenhang der Anfrage gehe ich
davon aus, dass eigentlich das Institut der
"Asylerstreckung"
gem. §§ 10 f. Asylgesetz 1997 gemeint ist. Eine solche Antragstellung
war
-
anders als im Migrationsrecht (§ 14 Abs. 2 FrG) - immer im Inland
möglich und ist dies
auch
der Normalfall. Daneben ist auch die Antragstellung bei einer
österreichischen
Berufsvertretungsbehörde
vorgesehen. Es gibt keine Pläne, an dieser Rechtslage etwas zu
ändern.
Zu Frage 7:
Österreich hat eine lange
humanitäre Tradition und hat diese auch während der neunziger
Jahre unter Beweis gestellt. Österreich wird seine Tradition als Asylland
auch in Zukunft
aufrecht erhalten. Damit steht allerdings
eine kompromisslose Bekämpfung der Schlepperei -
ein besonders menschenverachtendes
Geschäftsfeld der internationalen organisierten
Kriminalität - nicht in Widerspruch.
Anhand nachfolgender
Grafik kann die Entwicklung im Bereich der organisierten
Schlepperkriminalität
nachvollzogen werden. Für die Jahre 1990 bis 1992 bestehen keine
statistischen Auswertungen.

Die Prognose der
Kriminalisten lässt für die unmittelbar folgenden Jahre 2002 und 2003
eher
eine
Stagnation auf hohem Niveau denn einen Rückgang der
Schlepperkriminalität erwarten,
da mit einer
Verringerung der Krisenherde nicht zu rechnen ist. Entscheidend wird zudem
sein, in welchem Ausmaß sich globale
ökologische Veränderungen und daraus resultierende
Katastrophen sowie die Folgen der ökonomischen Globalisierung auf das
Migrationspotential
auswirken werden. Nationale oder europäische Strategien, alleine
zur Bekämpfung der
Schlepperkriminalität, werden, wenn
überhaupt, nur geringen Einfluss auf globale
Migrationsströmungen haben.
Zu Frage 8:
In den
Jahren 1999, 2000 und 2001 (bis einschließlich Oktober) kamen die
Asylwerber aus
folgenden
Ländern:
Herkunftsstaaten im Jahr 1999:
Afghanistan, Ägypten, Albanien, Algerien, Angola, Armenien,
Aserbaidschan, Äthiopien,
Bangladesch, Belarus, Benin, Bhutan,
Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Burundi, China Rep.
(Taiwan), China Volksrepublik, Cote d'Ivoire, Deutschland, Eritrea,
Estland, Frankreich,
Gabun, Gambia, Georgien, Ghana, Guinea, Guinea-Bissau, Indien, Indonesien,
Irak, Iran,
Israel, Jamaika, Jordanien. Jugoslawien BR, Kambodscha, Kamerun, Kasachstan,
Kenia,
Kolumbien, Kongo, Kongo Demokr. Rep., Kroatien, Kuba, Laos, Libanon, Liberia,
Libyen,
Litauen, Mali, Marokko, Mauretanien, Mazedonien, Moldau, Mongolei, Myanmar,
Nepal,
Niederlande, Niger, Nigeria, Pakistan, Philippinen, Polen, Portugal, Ruanda,
Rumänien,
Russische Föderation, Senegal, Sierra
Leone, Simbabwe, Singapur, Slowakei, Slowenien,
Somalia, Sri Lanka, staatenlos,
Südafrika, Sudan, Syrien, Tadschikistan, Togo, Tschechische
Republik, Tunesien, Türkei,
Uganda, Ukraine, Ungarn, USA, Vietnam.
Herkunftsstaaten im Jahr 2000:
Afghanistan, Ägypten, Albanien, Algerien, Angola, Armenien,
Aserbaidschan, Äthiopien,
Bangladesch, Belarus, Belgien, Benin,
Bhutan, Bolivien, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien,
Burkina Faso, Burundi, China Rep.
(Taiwan), China Volksrepublik, Cote d'Ivoire,
Deutschland, Dominikanische Republik,
Eritrea, Gabun, Gambia, Georgien, Ghana, Guinea,
Guinea-Bissau, Indien, Irak, Iran,
Israel, Jordanien, Jugoslawien BR, Kambodscha, Kamerun,
Kanada, Kasachstan, Kenia, Kirgisistan, Kolumbien, Kongo, Kongo Demokr. Rep.,
Kroatien,
Kuba, Kuwait, Lettland, Libanon,
Liberia, Libyen, Litauen, Malawi, Mali, Marokko,
Mauretanien, Mazedonien, Moldau, Mongolei, Myanmar, Namibia, Nepal,
Niger, Nigeria,
Nordjemen, Pakistan, Palau (USA),
Philippinen, Polen, Ruanda, Rumänien, Russische
Föderation, Schweiz, Senegal, Sierra Leone, Simbabwe, Slowakei,
Slowenien, Somalia,
Sri Lanka, Sudan, Syrien, Tadschikistan,
Togo, Tschechische Republik, Tunesien, Türkei,
Uganda, Ukraine, Ungarn, ungeklärt,
Usbekistan, Vietnam.
Herkunftsstaaten 1.1. bis 30.9.2001:
Afghanistan, Ägypten, Albanien,
Algerien, Angola. Armenien, Aserbaidschan, Äthiopien,
Bangladesch, Belarus, Benin, Bolivien,
Bosnien-Herzegowina, Brasilien, Bulgarien, Burkina
Faso, Burundi, China Rep. (Taiwan), China Volksrepublik, Cote d'Ivoire,
Deutschland,
Eritrea, Frankreich, Gabun, Gambia, Georgien, Ghana, Guinea, Guinea-Bissau,
Indien,
Indonesien, Irak, Iran, Israel, Jordanien,
Jugoslawien BR, Kamerun, Kasachstan, Kirgisistan,
Kolumbien, Kongo, Kongo Demokr. Rep., Korea, (Süd, Republik),
Kroatien, Kuwait,
Libanon, Liberia, Libyen, Litauen, Madagaskar, Malawi, Mali, Marokko,
Mauretanien,
Mauritius, Mazedonien, Moldau, Mongolei, Myanmar, Nepal, Nigeria, Pakistan,
Peru,
Philippinen,Polen, Ruanda, Rumänien,
Russische Föderation, Senegal, Sierra Leone,
Simbabwe, Slowakei, Slowenien,
Somalia, Sri Lanka, staatenlos, Sudan, Syrien,
Tadschikistan, Togo, Tschechische Republik, Tunesien, Türkei,
Turkmenistan, Uganda,
Ukraine, Ungarn, Usbekistan, Vietnam.
Zu Fragen 9 und 10:
Nach Auskunft des Bundesministeriums für auswärtige
Angelegenheiten sind die in der
nachfolgenden Tabelle angeführte
Saaten Schwerpunktländer der österreichischen
Entwicklungszusammenarbeit. In den
Spalten 2 bis 4 finden sich die jeweiligen
Asylantragszahlen bezogen auf die
Jahre 1999 und 2000 sowie bis 31. Oktober des laufenden
Jahres. Insgesamt kamen sohin 374 Asylwerber aus Schwerpunktländern der
österreichischen
Entwicklungszusammenarbeit.
|
|
1999 ( Stand:
|
2000 (Stand:
|
1.1. - 31. 10.2001 (Stand:
|
|
Äthiopien
|
41
|
16
|
45
|
|
Bhutan
|
9
|
9
|
|
|
Burkina Faso
|
|
5
|
3
|
|
Kap Verde
|
|
|
|
|
Mosambik
|
|
|
|
|
Nicaragua
|
|
|
|
|
Ruanda
|
38
|
13
|
7
|
|
Uganda
|
73
|
73
|
42
|
Zu Frage 11:
Im Jahr 1999
stammten im Verhältnis zu Asylwerbern aus anderen Ländern 0,8 %, im
Jahr
2000
0,9 % und im Jahr 2001 (bis zum 31.10.) 0,4 % der Asylwerber aus
Schwerpunktländern
der
österreichischen Entwicklungszusammenarbeit.
Zu den Fragen 12 und 13:
Die angesprochenen
Problemfelder bedürfen in der Tat der besonderen Aufmerksamkeit der
betroffenen
Behörden. Im Rahmen meiner Ressortverantwortung betrifft dies das
Bundesasylamt
und die Fremdenpolizeibehörden. Die Bediensteten des Bundesasylamtes sehe
ich
keineswegs mit Fragen der Identitäts- und Herkunftsfestellung
überfordert. Im Gegenteil
bedient sich das
Bundesasylamt - unter Beiziehung von Sachverständigen - modernster
wissenschaftlicher Methoden, vor allem der Linguistik, um auch in
Zweifelsfallen zu
intersubjektiv nachvollziehbaren
Feststellungen auf diesem Gebiet zu gelangen.
Die Frage der Aufenthaltsbeendigung bei abgewiesenen Asylwerbern
trifft vor allem bei
solchen Staaten auf Schwierigkeiten, mit
denen keine Rückübernahmeabkommen bestehen.
Hier gehen die Bestrebungen vor allem dahin zu handhabbaren
Rückübernahmeabkommen
auch im Rahmen der EU zu kommen, um Rückführungen
erfolgreicher durchführen zu
können. Diese Bestrebungen beziehen
sich auch auf die subsaharischen Staaten Afrikas.