3052/AB XXI.GP
Eingelangt am: 11.01.2002
Bundesministerium für ÖFFENTLICHE LEISTUNG UND SPORT
Die Abgeordneten Dr.
Josef Cap und Genossen haben an mich eine schriftliche Anfrage
(3064/J) betreffend “den europaweiten Ausstieg aus der
Atomenergie" gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folge:
Frage 1:
Haben Sie sich seit dem 11. September dieses Jahres dafür eingesetzt, dass die
österreichische Bundesregierung die Frage des europaweiten Ausstiegs aus der Atomenergie
in der Europäischen Union thematisiert? Wenn ja, mit welchem Erfolg?
Wenn nein, warum nicht?
Frage 2:
In der Europäischen Union wird zur
Zeit eine Debatte über die Zukunft Europas geführt.
Haben Sie sich innerhalb der österreichischen Bundesregierung dafür
eingesetzt, dass die
Bundesregierung den europaweiten Ausstieg
aus der Atomenergie als Teil dieser
Zukunftsdebatte in der EU fordert?
Wenn ja, mit welchem Erfolg? Wenn nein, warum nicht?
Frage 3:
Werden Sie diesbezüglich noch Schritte setzen? Wenn ja, in welcher Form? Wenn nein,
warum nicht?
Frage 4:
Die Mehrzahl der Mitgliedstaaten der Europäischen Union
betreibt mittlerweile keine
Atomenergie mehr bzw. hat den Ausstieg aus
der Atomenergie beschlossen. Welche Schritte
haben Sie bzw. andere Vertreter der
FPÖ in der österreichischen Bundesregierung gesetzt,
um diese Staaten für eine
gemeinsame Initiative betreffend den europaweiten Ausstieg aus der
Atomenergie zu gewinnen? (Bitte für alle betroffenen Länder -
Italien, Portugal, Irland,
Luxemburg, Dänemark, Griechenland,
Deutschland, Schweden, Belgien und die Niederlande
- einzeln anführen.)
Frage 5:
Haben Sie eine gezielte Reisediplomatie gestartet, um dieses Anliegen mit anderen
Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu diskutieren?
Zu den Fragen 1 bis 5:
Grundsätzlich möchte ich anmerken,
dass die Bundesregierung bereits vor den Ereignissen
des
11. September 2001 für einen Ausstieg aus der energetischen Nutzung der
Kernenergie
eingetreten ist. Ich erinnere daran, dass die Bundesregierung in ihrem
Regierungsprogramm
festgehalten
hat, “die Ausarbeitung von Ausstiegsszenarien aus der Atomenergie"
zu
unterstützen,
jedoch - “unbeschadet der Zielsetzung Österreichs, den Verzicht auf
AKWs zu
erreichen" -
fordert, “hinsichtlich in Grenznähe befindlicher oder geplanter AKWs
die
höchstmöglichen
Sicherheitsstandards anzuwenden".
Ich erinnere auch daran, dass wir bereits in
jener Regierungskonferenz, die zum Vertrag von
Nizza
geführt hat, den EURATOM-Vertrag zur Diskussion gestellt haben. In
konsequenter
Fortsetzung
dieser Politik sind wir auch hinsichtlich des “Konvents zur Zukunft
Europas" für
ein
breites Reformmandat eingetreten, um die Schutzbestimmungen des
Euratom-Vertrages in
ein neu zu schaffendes Energiekapitel zu integrieren und den Förderzweck
des gegenwärtigen
EURATOM-Vertrages
zu eliminieren. Die Erklärung des Europäischen Rates vom Lacken
“Die
Zukunft der Europäischen Union" hat die Tür zu dieser Diskussion
Dank gemeinsamer
österreichischer
Initiativen geöffnet. Wir werden diese Arbeit konsequent fortsetzen. Alle
in
diese Materie
involvierten Mitglieder der Bundesregierung haben ihre Kontakte mit den
Partnern in der Europäischen Union in
diesem Sinne genützt und werden sie weiterhin nützen.
Auf diesem Weg ist es Österreich
gelungen, im Rahmen der COP 6 zum Klimaschutz
definitiv festzulegen, dass allenfalls
durch Nuklearenergie erzielte Emissionsreduktionen nicht
für die "flexible mechanisms" des Kyoto-Protokolls herangezogen
werden können. Österreich
fühlt sich dadurch in seiner
Auffassung bestätigt, wonach Kernenergie nicht mit dem Prinzip
der Nachhaltigen Entwicklung vereinbar ist und wir daher alles daran setzen
müssen, einen
europaweiten Ausstieg aus der
Kernenergie zu erreichen, dass heißt bestehende
Kernkraftwerke zu schließen
und zu verhindern, dass neue Atomkraftwerke, wie zum Beispiel
Temelin, in Betrieb gehen. Österreich soll hiebei eine Vorreiterrolle in
Europa einnehmen.
Frage 6:
Wird sich die österreichische
Bundesregierung dafür einsetzen, dass in der Europäischen
Union keine -weiteren finanziellen Mittel für die Nuklearforschung
bereitgestellt werden, um
die Entwicklung neuer Kernfusionsreaktoren voranzutreiben? Wenn ja, in welcher
Form?
Wenn nein, warum nicht?
Frage 7:
Haben Sie versucht, andere Mitgliedstaaten für diesen Schritt zu gewinnen? Wenn ja, in
welcher Form und mit welchem Erfolg? Wenn nein, warum nicht?
Zu den Fragen 6 und 7:
Diesbezüglich verweise ich auf die federführende
Zuständigkeit der Bundesministerin für
Bildung, Wissenschaft und Kultur. In diesem
Zusammenhang möchte ich auch festhalten, dass
die Mittel im “Sechsten Rahmenprogramm der Europäischen
Gemeinschaft im Bereich der
Forschung, technologischen Entwicklung und Demonstration" weiter zu
Gunsten nicht
nuklearer Energieforschung verschoben wurden.
Darüber hinaus ist es Österreich
gelungen, im “Sechsten Rahmenprogramm der Europäischen
Atomgemeinschaft
im Bereich der Forschung und Ausbildung" den Stellenwert
gemeinschaftlicher
Forschung im Bereich des Strahlenschutzes zu heben und somit aus dem
ursprünglichen
Kommissionsvorschlag eines Nuklearenergieforschungsprogramms ein
Nuklearforschungsprogramm
zu machen. Auch die Dotation der gemeinschaftlichen
Forschung
im Bereich der thermonuklearen Fusion konnte reduziert und auf
Grundlagenforschung
eingegrenzt werden.
Frage 8:
Haben Sie im Verlauf
der Beitrittsverhandlungen versucht, die anderen Mitgliedstaaten der
Europäischen Union über die österreichischen Bedenken
hinsichtlich der Sicherheit des AKW
Temelin im Detail zu informieren?
Zu Frage 8:
Die österreichischen Bedenken
hinsichtlich der Sicherheit des AKW Temelin waren laufend
Thema bei den Gesprächen mit
Regierungsvertretern der anderen EU-Mitgliedstaaten sowohl
in Österreich als auch im Rahmen
unserer Auslandsreisen.
Ich werde auch weiterhin - nicht zuletzt in Entsprechung
einschlägiger Entschließungen und
Stellungnahmen des Nationalrates - am Ziel
eines europaweiten Ausstiegs aus der
energetischen Nutzung der
Kernenergie festhalten. Die konsequente Position Österreichs muss
es daher sein, unter Hinweis auf die Risken der Kernenergie weiterhin
jeden Ausstieg eines
Landes aus der Kernenergie zu
unterstützen und gleichzeitig auf europäischer Ebene auch die
Initiativen zur Schaffung einheitlicher und hoher Sicherheitsstandards
für noch in Betrieb
befindliche Kernkraftwerke mit Nachdruck fortzusetzen. Auch diesbezüglich
konnte
Österreich beim Europäischen Rat
von Lacken einen ersten Erfolg verbuchen.