3058/AB XXI.GP
Eingelangt am: 14.01.2002
DAS ZUKUNFTSMINISTERIUM
Die schriftliche
parlamentarische Anfrage Nr. 3096/J-NR/2001 betreffend Restitutionsbericht
1999/2000,
die die Abgeordneten Mag. Theresia Stoisits, Freundinnen und Freunde am 21. No-
vember
2001 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:
Ad 1. und 2.:
a.
Am 28. Juni 1999 empfahl der Beirat gemäß § 3
Rückgabegesetz sechs Gemälde von Gustav
Klimt
aus der Österreichischen Galerie an die Erben nach Ferdinand Bloch-Bauer
nicht zu
übereignen.
Gegenstand einer Übereignung nach dem zweiten Tatbestand des Rückgabege-
setzes
können nach dem in Verbindung mit den Erläuterungen zu lesenden
Gesetzeswortlaut
ausschließlich
Kunstgegenstände sein, die rechtmäßig ins Bundeseigentum
gelangt sind,
vorher
aber Gegenstand einer zwischen 13. März 1938 und 8. Mai 1945 "im Zuge
der durch
das
Deutsche Reich erfolgten politischen oder wirtschaftlichen durch Durchdringung
er-
folgten
Vermögensentziehung" waren. Diese Voraussetzungen für eine
Übereignung der ge-
nannten
Klimt-Gemälde treffen schon deshalb nicht zu, weil der Titel für den
Eigentumser-
werb
des Bundes aus einer Zeit lange vor Errichtung der nationalsozialistischen
Gewaltherr-
schaft
datiert. Es handelt sich bei diesem Titel um die letztwillige Verfügung
der bereits im
Jahre
1925 verstorbenen Adele Bloch-Bauer, von der die in Rede stehenden Gemälde
der
damaligen
Österreichischen Staatsgalerie vermacht worden sind.
b.
Am 28. Juni 1999 konnte der Beirat die Übereignung des Gemäldes von
Edward Munch
"Meereslandschaft
mit Mond" aus der Österreichischen Galerie an die Erben nach Alma
Mahler-Werfel
nicht empfehlen. Mit Erkenntnis vom 16. Juni 1963 hat die Rückstellungs-
Oberkommission beim
Oberlandesgericht Wien das Begehren Alma Mahler-Werfels auf
Rückstellung
des Bildes von Edward Munch abgewiesen. Im Erkenntnis wurde festgestellt,
dass
der Erwerb durch die Österreichische Galerie durch keinen Entziehungsakt
zustande
gekommen
sei, sondern durch die Verfügung der hiezu berechtigten Verkäufer.
Die Oberste
Rückstellungskommission
hat die gegen das Erkenntnis damals erhobene Beschwerde Alma
Mahler-Werfels
zurückgewiesen. Es ist somit mit Rechtskraftwirkung festgestellt, dass ein
Entziehungstatbestand,
also eine vom Nichtigkeitsgesetz inkriminierte Rechtshandlung nicht
gegeben
war.
c.
Am 18. August 2000 konnte der Beirat die Übereignung von zwei
Stillleben eines unbe-
kannten
österreichischen Malers von 1720 "Große Laute, Geige und
Flöte" sowie "Kleine
Laute
und Geige" an die Erben nach Paul Wittgenstein nicht empfehlen. Diese
beiden Still-
leben
waren niemals Gegenstand einer Rückstellung, welche die gesetzliche
Voraussetzung
für
die Erfüllung des Tatbestandes gemäß § l Z. l
Rückstellungsgesetz bildet. Sie waren
vielmehr
Gegenstand eines Leihvertrages, der einmal ausdrücklich und in der Folge
konklu-
dent
verlängert wurde und standen immer im Eigentum Paul Wittgensteins; es ist
keinerlei
Entziehungstatbestand
feststellbar. Die Bilder waren auch niemals Gegenstand eines nichti-
gen
Rechtsgeschäftes gemäß § 2 Z. 1 leg.cit, geschweige denn
herrenloses Gut im Sinne § 1
Z.
3.
d.
Am 28. November 2000 konnte der Beirat die Übereignung eines Aquarells von
Moritz Daf-
finger
"Bildnis A von Liebermann" an die Erben nach Lothar Körner nicht
empfehlen. Die-
ses
Kunstwerk wurde im Jahre 1939 gegen Tausch von Doubletten aus der Albertina
erwor-
ben,
die in der Folge vom Erwerber in die Schweiz ausgeführt wurden. Im Jahre
1949
machte
die Albertina gleichwohl das Offert, die Miniatur von Daffinger gegen
Rückgabe der
aus der Albertina stammenden Doubletten wieder auszufolgen, wovon aber kein
Gebrauch
gemacht
wurde. Dies hat der Beirat als Willensäußerung des
ursprünglichen Eigentümers
gewertet,
dass es bei dem durch den seinerzeitigen Tauschvertrag bewirkten Eigentumsüber-
gang
sein Bewenden haben soll.
e.
Am 23. Januar 2001 konnte der Beirat die Übereignung von zwei
Gemälden Ferdinand Ge-
org
Waldmüllers aus der Österreichischen Galerie "Bildnis der Frau
Magdalena Werner" und
"Bildnis
des Herrn Johann Werner" an die Erben nach Gertrude von Felsövany
nicht emp-
fehlen.
Diese beiden Gemälde wurden im Jahre 1939 von der Bevollmächtigten
der Eigen-
tümerin
der Galerie Wolfrum zum Verkauf übergeben, von der sie die
Österreichische Gale-
rie
erwarb. Ein Rückstellungsbegehren Gertrude Felsövanys wurde mit
Erkenntnis der Rück-
stellungskommission
beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien vom 28. Mai 1952, das
in
Rechtskraft erwachsen ist, kostenpflichtig abgewiesen. Der Beirat konnte auch -
wie im
unter
Punkt b. genannten Fall Mahler-Werfel keine im Widerspruch zu einer
rechtskräftigen
Gerichtsentscheidung
stehende Empfehlung abgeben.
Alle diese
Fälle waren Gegenstand umfassender medialer Berichterstattung. Nach jeder
Beirats-
sitzung
wurden die Fälle, in denen keine Übereignung empfohlen werden konnte,
mit den we-
sentlichen
Entscheidungsgründen durch APA-Meldung bekannt gegeben. Auch bei der
Sitzung
des
Kulturausschusses des Nationalrates am 7. November 2001 wurden die Fragen 1 und
2 be-
reits
mündlich beantwortet.
Ad 3.:
Laut Auskunft der
Leopold Museum-Privatstiftung sind derzeit zwei Kunstwerke Gegenstand
von
Gerichtsverfahren. Zum Bild “Der Sensendengler" von Albin
Egger-Lienz ist ein Verfahren
in
Wien anhängig. Außerdem wird vor einem Bundesgericht im Staate New
York (United States
District Court Southern District of New York) die Frage geprüft, ob die
Beschlagnahme des Bil-
des
“Wally" zu recht erfolgt ist.
Ad 4.:
Der mit der
rechtsfreundlichen Vertretung der Leopold Museum-Privatstiftung in Sachen
“Wal-
ly"
betraute Rechtsanwalt William M. Barron (Kanzlei Walter, Conston, Alexander &
Green)
rechnet
mit einer Entscheidung im ersten Halbjahr 2002.
Die Leopold Museum-Privatstiftung ist ein
eigenes Rechtssubjekt, das nicht dem Bundesministe-
rium
für Bildung, Wissenschaft und Kultur untersteht. Weisungen an
Vorstandsmitglieder wären
rechtswidrig,
da diese in ihrer Geschäftsführung ausschließlich den Bestimmungen
des Privat-
stiftungsgesetzes
bzw. dem Stiftungszweck verpflichtet sind. Ich habe aber mehrfach unmissver-
ständlich
zum Ausdruck gebracht, dass es wünschenswert wäre, wenn die Stiftung
Leopold hin-
sichtlich
der Rückgabe von Kunstgegenständen analog zum Rückgabegesetz des
Bundes vorge-
hen
würde. Im Übrigen betreibt die Stiftung Leopold von sich aus
Provenienzforschung.