31/AB XXI.GP
B e a n t w o r t u n g
der Anfrage der Abgeordneten Mag. Hartinger, Dr. Pumberger,
Dr. Povysil und Kollegen betreffend Gewährleistung der „Rund - um -
die - Uhr“ - Versorgung der Bevölkerung durch Kassenärzte
(Nr. 75/J)
Zur vorliegenden Anfrage führe ich Folgendes aus:
Zu den Fragen 1 bis 5:
Vorweg darf auf die beiliegenden Stellungnahmen des Hauptverbandes der österrei -
chischen Sozialversicherungsträger sowie der (hinsichtlich der bei ihnen Versicher -
ten konkret angesprochenen) Steiermärkischen und der Niederösterreichischen Ge -
bietskrankenkasse hingewiesen werden. Wie sämtliche der genannten Institutionen
der gesetzlichen Sozial - bzw. Krankenversicherung unisono festhalten, fällt die Zu -
ständigkeit für die Bereitstellung (der Mittel für die bzw.) des ärztlichen Bereit -
schaftsdienstes nicht in die Kompetenz der gesetzlichen Sozialversicherung. Dem ist
aus meiner Sicht nichts hinzuzufügen.
Was die Vergütung derartiger Leistungen durch die Krankenversicherungsträger
(und die Möglichkeit der Einflussnahme durch mich darauf) betrifft, so ist einmal
mehr im Rahmen der Beantwortung von parlamentarischen Anfragen darauf hinzu -
weisen, dass die Träger der gesetzlichen Sozialversicherung bei der Bewältigung
ihrer Aufgaben im Dienst der Versichertengemeinschaft ihre Entscheidungen im
Rahmen des ihnen von Gesetzes wegen übertragenen Prinzips der Selbstverwaltung
zu treffen haben. Dies gilt somit auch für die Entscheidung, inwieweit ärztliche Be -
reitschaftsdienste im Rahmen vertraglicher Beziehungen abgegolten werden sollen,
wobei diese Vertragsbeziehungen bzw. -verhandlungen in dieser Hinsicht auf privat -
rechtlicher Basis beruhen bzw. zu führen sind. Dabei haben die Krankenversiche -
rungsträger selbstverständlich auf ihre finanziellen Möglichkeiten Bedacht zu neh -
men.
Internationale (europäische) Vergleiche der Gesundheitssysteme haben schon
mehrfach gezeigt, dass kein eindeutiger Zusammenhang zwischen der Ärztedichte
im niedergelassenen Bereich bzw. im ambulanten Sektor und der Krankenhausinan -
spruchnahme festgestellt werden kann.
So haben etwa Deutschland oder Frankreich im Vergleich zu Österreich eine deutlich
höhere Ärztedichte im niedergelassenen Bereich, weisen aber dennoch eine - im
Vergleich zu Österreich nur geringfügig niedrigere und im europäischen Vergleich
überdurchschnittliche - Krankenhaushäufigkeit auf.
Es gibt daher keine monokausale Erklärung für die Krankenhaushäufigkeit und die
Belagstagedichte, vielmehr ist von der komplexen Überlagerung einer Vielzahl von
erklärenden Faktoren, die einander wechselseitig verstärken oder ausgleichen, aus -
zugehen.
Im internationalen Vergleich ist der einzige statistisch signifikante Zusammenhang
zwischen der Krankenhaushäufigkeit und dem Bettenangebot bzw. der Bettendichte
festzustellen.
Eine höhere Krankenhaushäufigkeit als im Österreichdurchschnitt kann bei den an-
gesprochenen Bundesländern Niederösterreich und Steiermark nicht beobachtet
werden: Im Zeitraum 1996/97 liegen diese Bundesländer bei Betrachtung der unmit -
telbar akutversorgungswirksamen Krankenhäuser, nämlich der Fondskrankenhäuser
sowie der Unfallkrankenhäuser, und bei Betrachtung der Aufenthaltsdauer von
1 - 28 Tagen unter dem österreichischen Durchschnitt.
Des Weiteren möchte ich darauf hinweisen, dass in Frage 5 im wesentlichen Maße
Belange der Länder gemäß Art.
15 B - VG angesprochen sind.
BUNDESMINISTERIUM
für Arbeit; Gesundheit und Soziales
Sektion OO/R/5
Stubenring 1
1010 Wien
Rund - um - die - Uhr - Versorgung der
Bevölkerung durch Kassenärzte
Ihr Schreiben vom 30.11.1999.
GZ: 20.001/143 - 5/99
Sehr geehrte Damen und Herren!
Zur gegenständlichen Anfrage wird seitens der Steiermärkischen Gebietskranken -
kasse folgende Stellungnahme abgegeben:
In der Steiermark ist entsprechend des Gesamtvertrages und der Honorarordnung
die Teilnahme an einem Bereitschaftsdienst an Sonn - und Feiertagen zwingend vor -
gesehen. Außerdem ist die Inanspruchnahme eines Vertragsarztes außerhalb seiner
Sprechstunden mit einer gesonderten Position honoriert.
Unter der Berücksichtigung, dass Vertragsärzte ihre Ordinationszeiten so einzuteilen
haben, dass auch Nachmittagsordinationen vorgesehen sind, und zusätzlich auch
Versicherte in dringenden Notfällen Ambulanzen öffentlicher Krankenhäuser aufsu -
chen können, ist seitens der gesetzlichen Krankenversicherung die Versorgung der
Versicherten jedenfalls gewährleistet.
Was den Rund - um - die - Uhr - Bereitschaftsdienst anlangt, so muss aus unserer Sicht
auch auf die generelle Zuständigkeitsfrage aufmerksam gemacht werden. Nach un -
serer Auffassung ist die Bereitstellung eines
ärztlichen Bereitschaftsdienstes nicht
Angelegenheit des Krankenversicherungsträgers. Diese Verantwortung liegt in erster
Linie bei den Ländern bzw. bei den Gemeinden
Der leitende Angestellte: Der Obmann:
Gen. Dir.
Gritzner
Spindelberger
Wien, 20. Dezember 1999
An das
Bundesministerium für Arbeit1
Gesundheit und Soziales
Stubenring 1
A-1010 Wien
Betr.: Parlamentarische Anfrage der Abgeordneten
Mag. Hartinger, Dr. Pumberger, Dr. Povysil und Kollegen
an die Frau Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und
Soziales, betreffend Gewährleistung der „Rund - um - die -
Uhr - Versorgung“ der Bevölkerung durch Kassenärzte
Bezug: Ihr Schreiben vom 30. November 1999,
GZ: 20.001/143 - 5/99;
Telefonat zwischen Dr. Gregoritsch und
Dr. Wetl vom 17. Dezember 1999
Sehr geehrte Damen und Herren!
Der Hauptverband kann lediglich zu der von den anfragenden Abgeordneten
aufgestellten Behauptung der angeblichen Versorgungslücke im extramuralen Be -
reich (Punkt 4 der parlamentarischen Anfrage) Stellung nehmen. Zur Beantwortung
der restlichen Fragen, welche reine Meinungs - und Absichtserklärungen einfordern,
ist die Frau Bundesministerin berufen. Die aktuelle Verhandlungssituation betreffend
ärztliche Bereitschaftsdienste im Land Niederösterreich wird von der ebenfalls zur
Stellungnahme eingeladenen Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse darge -
legt werden.
Einleitend sei darauf hingewiesen, daß nach eingehenden verfassungsrecht -
lichen Untersuchungen zum Beispiel des Bundeskanzleramtes und einem wissen -
schaftlichen Gutachten die Kostentragungs - und Organisationsverpflichtung eines
ärztlichen Bereitschaftsdienstes auf Landes - bzw. Gemeindeebene liegt (Gemein -
desanitätsdienst usw.); vergleiche
unseren Brief vom 25. Juni 1997 (Beilage).
Die Krankenversicherungsträger haben die außerhalb der Ordinationszeiten
erbrachten Leistungen zu honorieren, wobei hiefür euch spezielle Honorare (z.B.
Visitenpositionen) vorgesehen sind. Ferner ist anzuführen, daß gemäß den gesamt -
vertraglichen Vereinbarungen zwischen Ärztekammern und den Krankenversiche -
rugsträgern die Vertragsärzte verpflichtet sind, In medizinisch dringenden Fällen
auch außerhalb der Ordinationszelten ärztliche Hilfe zu leisten.
Da neben sehen gesamtvertragliche Vereinbarungen Bereitschafts -
dienstpauschalien für Wochenend - und Feiertragsdienste vor. Diese Dienste richten
sich in den meisten Fällen nach einem von der Ärztekammer eingerichteten Dienst -
plan im jeweiligen Bereitschaftsdienstsprengel. Hier wird akzeptiert, daß etwaige
Verpflichtungen der Vertragsärzte aus dem Gesamtvertrag (z.B. Verpflichtung des
behandelnden Arztes zur Visite) auch von anderen Ärzten übernommen werden.
Zum Bereich der Leistungspflicht der Krankenversicherung ist somit auszu -
führen, daß es keine Verpflichtung der Sozialversicherung zur Honorierung der blo -
ßen Bereitschaft von Ärzten gibt. Adressat der in der Frage behaupteten Mißstän -
de kann keinesfalls die soziale Krankenversicherung sein.
Dem Hauptverband ist bekannt, daß in einigen Bundesländern Lösungen auf
Landesebene (z.B. Einbindung der Gemeindeärzte) getroffen wurden bzw. ins Auge
gefaßt werden. Für den Bereich Wien ist auf den Ärztefunkdienst zu verweisen. Für
Niederösterreich konnte bisher keine Lösung gefunden werden; wie bereits ausge -
führt wurde, wird näheres der Stellungnahme der Niederösterreichischen Gebiets -
krankenkasse an das Bundesministerium zu
entnehmen sein.
Zl. 32 - 54.1/97 Ch/Mm Wien, 25. Juni 1997
An das
Bundesministerium für Arbeit,
Gesundheit und Soziales
Stubenring 1
A-1010 Wien
Betr.: Honorierung ärztlicher Bereitschaftsdienste
Bezug: Ihr Schreiben vom 7. Mai 1996 und 23. Mai 1997,
Zl. 21.933/7 - 5/96
Sehr geehrte Damen und Herren!
Zur Frage des ärztlichen Bereitschaftsdienstes ist aus der Sicht
des Hauptverbandes folgendes zu sagen:
1. Zur Zuständigkeit der Regelung, Organisation bzw. Finanzie -
rung des "Ärztlichen Bereitschaftsdienstes":
Mit der Frage, welcher Rechtsträger dafür zuständig ist, haben sich
zwei dem Hauptverband bekannte Gutachten beschäftigt:
a) Das Bundeskanzleramt - Verfassungsdienst hat festgehalten,
daß die Kompetenz zur materiellrechtlichen Regelung eines
ärztlichen Bereitschaftsdienstes aufgrund des Art. 10 Abs. 1
Z. 12 B -VG dem Bundesgesetzgeber zuzuordnen ist.
Der Verfassungsdienst hat eindeutig zum Ausdruck gebracht,
daß die Übertragung der Durchführung eines ärztlichen Be-
reitschaftsdienstes in die Kompetenz der Gemeinden empfeh -
lenswert ist. Die Kostentragungspflicht wird unter Hinweis
auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg
9507/1982 den Gemeinden, sei es in Form einer Anstellung
von Ärzten oder des Abschlusses von Werkverträgen mit frei-
beruflich tätigen Ärzten, zugeordnet.
b) Herr Univ. - Prof. DDr. Mayer kommt in einem Gutachten zur
Ansicht, daß die Regelung des ärztlichen Bereitschaftsdien -
stes Angelegenheit des Landesgesetzgebers im Rahmen
des Kompetenztatbestandes Gemeindesanitätsdienstes sei.
Folgt man Mayer, wäre eine Kostentragungspflicht der gesetz -
lichen Krankenversicherung gänzlich ausgeschlossen, da die
Kompetenz „Gemeindesanitätsdienst“ auch in der Vollziehung
Landessache ist.
Nach den oben angeführten Gutachten sind jedenfalls die Kranken -
versicherungsträger nicht für die Finanzierung bzw. Organisation eines ärztli -
chen Bereitschaftsdienstes verpflichtet.
2. Zum Pouvoir der Krankenversicherungsträger:
a) Hingegen haben die Krankenversicherungsträger einen Ge -
setzesauftrag zur Leistungserbringung. Gemäß § 338 Abs. 2
ASVG besteht die Verpflichtung, die Versorgung der Versi -
cherten und ihrer anspruchsberechtigten Angehörigen mit den
gesetzlich und satzungsmäßig vorgesehenen Leistungen si-
cherzustellen.
Im gegebenen Zusammenhang bedeutet dies, daß die Kran -
kenversicherungsträger die Kosten für Leistungen ärztlicher
Hilfe für die Anspruchsberechtigten auch zu übernehmen ha -
ben, wenn diese im Rahmen von öffentlich organisierten Be -
reitschaftsdiensten erbracht wurden. Die vom diensthabenden
Vertragsarzt getätigten Leistungen werden - unabhängig da -
von, daß sie während der Bereitschaft erbracht wurden -
selbstverständlich nach den Bestimmungen der Honorarord -
nung honoriert. In dieser Honorarordnung sind zusätzlich
auch spezielle Honorare für jene Leistungen vorgesehen,
die der Arzt außerhalb seiner Ordinationszeiten erbringt.
Aber auch hier umfaßt diese Verpflichtung nur einzelne
Leistungen,
die der Arzt am Patienten tatsächlich er -
bringt, und nicht die Bezahlung der Bereitschaft als sol -
che.
b) Gesamtvertragliche Regelungen sehen allerdings vor, daß
Krankenversicherungsträger Bereitschaftsdienstpauschalien
für Dienste am Samstag, Sonntag oder Feiertag übernehmen.
In Anbetracht der obigen Ausführungen erfolgen die diesbe -
züglichen vertraglichen Regelungen bzw. Honorierungen
außerhalb einer "Verpflichtung im engeren Sinne“. Anknüp -
fungspunkt für die Zulässigkeit ist § 116 Abs. 3 ASVG. Nach
dieser Bestimmung können Mittel der Krankenversicherungs -
träger auch zur Förderung und Unterstützung von gemeinnüt -
zigen Einrichtungen verwendet werden, die der Sicherstellung
der Leistung ärztlicher Hilfe dienen. Durch die Worte „der Si -
cherstellung der Leistung ärztlicher Hilfe“ soll. wie in der BR.
zur 32. Novelle ausgeführt wird, eine gesetzliche Grundlage
für die Beistellung von Mitteln der Krankenversicherung für
die von den Ärztekammern betriebenen ärztlichen Notdienste
geschaffen werden. Obgleich die gegenständlichen gesamt -
vertraglichen Regelungen nicht unter den Wortlaut des § 116
Abs. 3 ASVG subsumierbar sind, erfüllen sie die vom Gesetz -
geber definierte Zweckbestimmung.
Eine Kündigung dieser gesamtvertraglichen Bestimmungen
wird vom Hauptverband jedenfalls nicht in Betracht gezogen;
desgleichen auch keine Neuabschlüsse von gesamtvertragli -
chen Regelungen, die sich auf eine „Bereitschaft während
der Woche“ beziehen.
Zusammenfassend ist daher zu sagen, daß die Honorierung der
Bereitschaft als solche nicht Verpflichtung der sozialen Krankenversiche -
rung ist. Die Verpflichtung der Krankenversicherung erstreckt sich nur auf
die Honorierung der dabei erbrachten Leistungen nach den Bestimmun -
gen der Honorarordnung.
Anschrift: 3100 St. Pölten, Dr. Karl - Renner - Promenade 14 - 16
Briefanschrift: 3101 St. Pölten, Postfach 164 und 173
Betreff :
Parlamentarische Anfrage zur
"Rund - um - die - Uhr" Versorgung
der Bevölkerung durch Kassenärzte;
GZ:20.001/143 - 5/99
Sehr geehrte Damen und Herren!
Einleitend halten wir fest, dass nach der Kompetenzlage (Art. 10 Abs. 1 Z 12 B - VG)
und den dazu ergangenen Rechtsgutachten die Organisation und Kostentragung
eines ärtztlichen Bereitschaftsdienstes in die Zuständigkeit der Länder bzw. der
Gemeinden fällt, die soziale Krankenversicherung aber aus verfassungsrechtlicher
Sicht in diesem Bereich außer obligo ist. Was die ärztlichen Leistungen betrifft, ist
die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse stets bemüht, ihren Vertragsärzten
die in der Nacht erbrachten Leistungen angemessen abzugelten (höhere Tarife für
Nachtvisiten, Nachtordinationen und Wegegebühren für Kilometer, die in der Nacht
gefahren werden).
Eine ,,Rund - um - die - Uhr" - Versorgung der Patienten durch Kassenärzte ist derzeit an
Wochenenden und Feiertagen gewährleistet. Was den Nachtbereitschaftsdienst an
Wochentagen betrifft, ist festzuhalten, dass dieser seit 1994 nur mehr von einem
Teil der niedergelassenen Vertragsärzte erbracht wird. Die Niederösterreichische
Gebietskrankenkasse hat daher mit den Krankentransporteinrichtungen, wie dem
Roten Kreuz und dem Arbeiter - Samariter - Bund, vereinbart, dass die Patienten bei
Unerreichbarkeit eines Arztes in die Ambulanzen der Krankenhäuser gefahren
werden.
Derzeit sind in Niederösterreich vom Land initiierte Gespräche über einen flächen -
deckenden extramuralen Bereitschaftsdienst im Gang, der die Versorgung der Be -
völkerung mit Beginn des Jahres 2000, spätestens ab 1.7.2000 unter Einbindung
der niedergelassenen Ärzte sowie der Krankentransporteteinrichtungen sicherstellen
soll.
Wir hoffen, mit diesen Ausführungen gedient zu haben und verbleiben
NÖ. Gebietskrankenkasse
in St. Pölten
Generaldirektor K. KÖCK