3113/AB XXI.GP

Eingelangt am: 21.01.2002

BM für soziale Sicherheit und Generationen

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage der Ab-
geordneten Mag. Maier und Genossinnen betreffend “Bazillenausscheiderge-
setz - Ersatzlose Aufhebung", Nr. 3094/J, wie folgt:

Frage 1:

Bereits im Jahr 1981 hat der Oberste Sanitätsrat empfohlen, das Gesundheitsressort
möge die Aufhebung des Bazillenausscheidergesetzes prüfen und dann außer Kraft
setzen, wenn dafür Hygieneverordnungen für die wichtigsten Gruppen von Lebens-
mitteln wie auch für besondere Vertriebsarten (z.B. Massenverpflegung) erlassen
worden sind.

Die Landessanitätsdirektorenkonferenz hat sich einhellig für eine Auflassung des
Bazillenausscheidergesetzes ausgesprochen.

Frage 2:

Das Bundesgesetz, mit dem das Bazillenausscheidergesetz aufgehoben wird, ist Teil
des Verwaltungsreformgesetzes 2001. Diese Sammelnovelle wurde vom Bundes-
kanzleramt koordiniert, bei dem auch die Stellungnahmen zum Gesetzentwurf einge-
langt sind. Diese Stellungnahmen wurden auch dem Parlament übermittelt. Ich ver-
weise Sie daher auf die Parlamentswebsite an die Adresse:

“www.parlament.intra.gv.at/pd/pm/XXI/ME/his/002/ME00241_.html".


Frage 3:

Eine Auflistung aller amtsärztlichen Untersuchungen nach dem Bazillenausscheider-
gesetz für die Jahre 1998 bis 2001 liegt meinem Ressort nicht flächendeckend vor.
Eine unvollständige Aufstellung der Bazillenausscheideruntersuchungen in fünf Bun-
desländern (Burgenland, Kärnten, Niederösterreich, Salzburg, Wien) aus den Jahren
1997 bis 2000 ist in Kopie angeschlossen (Beilagen 1 bis 4). Auch liegen mir keine
Zahlen darüber vor in wie vielen Fällen gleichzeitig eine Tbc-Untersuchung (Rönt-
gen) erfolgt ist.

Frage 4:

Der Anteil der positiven Untersuchungen nach dem Bazillenausscheidergesetz (Da-
ten aus fünf Bundesländern) liegt im Promillebereich (zwischen 0,77 und 0,52 %).

Eine Aufschlüsselung auf Bezirke liegt meinem Ressort nicht vor.

Frage 5:

Bei positiven Untersuchungsergebnissen im Promillebereich bestand keine Veran-
lassung zu detaillierten Berichten, zumal für anzeigepflichtige Krankheiten ohnedies
eine gesetzliche Meldepflicht besteht.

Frage 6:

Seit der Etablierung der detaillierten Tuberkulosestatistik im Jahr 1995 wurden bei
Personen im Gastgewerbe bzw. Lebensmittelbereich lediglich 285 Tuberkulosen
entdeckt. Hievon wurden 209 Erkrankungsfälle nicht bei Reihenuntersuchungen ent-
deckt, sondern die Patienten suchten den Arzt wegen Beschwerden auf.

Nur bei 76 Fällen wurde die Tuberkulose im Rahmen von Reihenuntersuchungen
entdeckt. Ein Großteil dieser Reihenuntersuchungen ist jedoch nicht nach dem Bazil-
lenausscheidergesetz durchgeführt worden. Die Aufdeckung der Erkrankungsfälle
erfolgte vielmehr im Rahmen von Reihenuntersuchungen, die aufgrund von Verord-
nungen nach § 23 Tuberkulosegesetz bei Personengruppen mit erhöhtem Tuberku-
loserisiko durchgeführt wurden.

Frage 7:

Dazu liegen meinem Ressort keine Informationen vor. Es besteht kein Grund, in
Zweifel zu ziehen, dass die Bezirksverwaltungsbehörden die nach dem Tuberkulo-
segesetz vorgesehenen Maßnahmen veranlasst haben.


Frage 8:

Gesamtdaten dazu (Kosten, die bei den Bezirksverwaltungsbehörden anfallen) lie-
gen meinem Ressort nicht vor. Die Kosten, die den Bundesstaatlichen bakterolo-
gisch - serologischen Untersuchungsanstalten aufgrund von Untersuchungen nach
dem Bazillenausscheidergesetz erwachsen, haben in den letzten drei Jahren jeweils
ca. 945.000,- Euro (ca. 13 Millionen Schilling) betragen.

Frage 9:

Ja. Seit dem Ende des 2. Weltkrieges hat sich die Epidemiologie der Lebensmittelin-
fektionen und Lebensmittelintoxikationen grundlegend verändert. Die Bedeutung der
Typhus- und Paratyphuserreger hat ganz wesentlich abgenommen, während andere
Salmonellen, Staphylokokkus aureus, aber auch andere Bakterien, Viren und Pilze in
den Vordergrund getreten sind. Dies lässt sich auf die geänderten Verhältnisse der
Lebensmittelerzeugung und -Zubereitung zurückführen. Dazu kommen die durch die
geänderten Lebensbedingungen veränderten Zubereitungs- und Lagerumstände.
Quellen der Erreger von Lebensmittelvergiftungen und Infektionen sind vor allem
Schlacht- und Stechvieh, das durch Futtermittel infiziert ist. Hier ist Geflügel von be-
sonderer Bedeutung als Quelle für Salmonellen.

Unter den derzeitigen Gegebenheiten muss sich die Lebensmittelhygiene darauf
konzentrieren, dass die Erreger von Lebensmittelvergiftungen und Infektionen nicht
in Lebensmittel gelangen und, soferne sie bereits in ihnen vorhanden sind, sich nicht
vermehren können. Die Einhaltung entsprechender (küchen)hygienischer Maßnah-
men bei der Lebensmittelzubereitung und Lagerung ist demnach von größter Bedeu-
tung.

Demgegenüber liefert eine einmal pro Jahr durchzuführende Untersuchung auf das
Freisein von Erregern bakterieller Lebensmittelvergiftung eine Momentaufnahme und
bietet keinerlei Garantie dafür, dass der in einem Lebensmittelbetrieb Beschäftigte
auch tatsächlich für die gesamte Zeit seiner Berufsausübung frei von Krankheitser-
regern ist und kann nicht als Ersatz für entsprechende Maßnahmen der Lebensmit-
tel- bzw. Küchenhygiene gesehen werden.

Frage 10:

Folgende lebensmittelrechtlichen Bestimmungen regeln die “Personalhygiene" in
einem Betrieb:

-     Lebensmittelhygieneverordnung, BGBI. II Nr. 31/1998, Anhang, Kapitel VIII,
Z 2: “Personen, die an einer Krankheit leiden sowie Träger von Ansteckungs-
stoffen sind, die durch Lebensmittel übertragen werden können, sowie Perso-
nen mit (zum Beispiel) infizierten Wunden, Hautinfektionen, Geschwüren oder
Durchfall ist die Arbeit in Bereichen, in denen Lebensmittel behandelt werden,
verboten, sofern auch nur die geringste Möglichkeit besteht, dass Lebensmit-


tel direkt oder indirekt mit pathogenen Mikroorganismen kontaminiert werden."

-    Eiprodukteverordnung, BGBI. Nr. 527/1996, Anhang 1, Kapitel III, Z 7:
“Personen, die die Eier und Eiprodukte mit Krankheitskeimen kontaminie-
ren können, dürfen beim Bearbeiten und sonstigen Behandeln dieser Er-
zeugnisse nicht mitwirken."

-    Fischhygieneverordnung, BGBI. II Nr. 260/1997 und Milchhygieneverord-
nung, BGBI. Nr. 897/1993: “Es ist dafür Sorge zu tragen, dass Personen,
die die Erzeugnisse kontaminieren könnten, so lange von der Behandlung
der Rohmilch ausgeschlossen werden, bis nachgewiesen ist, dass keine
Gefahr der Kontamination besteht."

Bei Verstößen gegen diese Bestimmungen stehen die Maßnahmen des Lebensmit-
telgesetzes 1975 zur Verfügung.

Bei Auftreten einer Salmonelleninfektion etc. bei einer in einem Lebensmittelbetrieb
beschäftigten Person sind die in § 17 Epidemiegesetz 1950 vorgesehenen Maß-
nahmen zu veranlassen.

Frage 11:

Ich teile die Prämisse, dass durch den Wegfall der Untersuchungen nach dem Bazil-
lenausscheidergesetz das Infektions- und Übertragungsrisiko in der Gastronomie
steigt, nicht.

Frage 12:

Nein. Bereits seit Jahrzehnten hat das Bazillenausscheidergesetz praktisch keinen
Beitrag zur Verhinderung von Lebensmittelinfektionen im Lebensmittelbereich mehr
geleistet. Außerdem waren die im Rahmen des Bazillenausscheidergesetzes vorge-
sehenen Untersuchungen aufgrund der großen Zeitintervalle bestenfalls Moment-
aufnahmen. Wie bereits ausgeführt, gibt ein negatives Untersuchungsergebnis zu
einem bestimmten Zeitpunkt keinerlei Garantie auf Freisein von Erregern bakterieller
Lebensmittelvergiftung während der gesamten Zeit der Berufsausübung.

Frage 13:

Eine Ersatzlösung für das Bazilllenausscheidergesetz ist aus meiner Sicht nicht er-
forderlich, da es im Lebensmittelbereich ausreichende Vorschriften gibt.


Frage 14:

Nein. Die Zuständigkeit zur Erlassung von Verordnungen nach § 23 Tuberkulosege-
setz liegt beim Landeshauptmann.

Frage 15:

Die gesetzlichen Bestimmungen für Lebensmittelhersteller, Gastronomie etc. in an-
deren EU-Mitgliedstaaten liegen mir nicht vor.

Frage 16:

Die zur Frage 10 angeführten Bestimmungen im Lebensmittelbereich entsprechen
den Vorgaben einschlägiger EU-Richtlinien. Derzeit wird im Rat der EU unter dem
Arbeitstitel “Vereinfachung der Hygienevorschriften" eine Vereinheitlichung - auch
der Bestimmungen zur Personalhygiene - diskutiert.

Nach dem derzeitigen Stand der Diskussionen in der Ratsarbeitsgruppe soll ein Be-
schäftigungsverbot für alle Personen eingeführt werden, die an Krankheiten leiden,
die durch Lebensmittel auf den Verbraucher übertragen werden können oder Träger
von Ansteckungsstoffen einer solchen Krankheit sind oder für Personen beispiels-
weise mit infizierten Wunden, Hautinfektionen, -Verletzungen oder Diarrhöe, sofern
auch nur die geringste Möglichkeit einer Kontamination von Lebensmitteln besteht.
Dieses Vorhaben wird von Österreich unterstützt.

Darüber hinaus erfolgt im Rahmen der Implementierung der EU-Entscheidung
2119/98 zur Verhinderung der Verbreitung von Infektionskrankheiten EU-weit eine
verstärkte Überwachung von Infektionskrankheiten, wobei ein besonderes Augen-
merk auf durch Lebensmittel bedingte Infektionskrankheiten gesetzt wird. In Öster-
reich wird in diesem Bereich die EU-Linie voll implementiert.


BAZILLENAUSSCHEIDERUNTERSUCHUNGEN 1997

 

 

 

Gesamtzahl

 

davon positiv

 

%

 

Burgenland

 

13.228

 

 

 

0,00

 

Niederösterreich

 

89.779

 

 

 

0,00

 

Kärnten

 

31.656

 

146

 

0,46

 

Salzburg

 

28.992

 

1.090

 

3,76

 

Wien

 

59.803

 

 

 

0,00

 

SUMME

 

223.458

 

1.236

 

0,55

 


BAZILLENAUSSCHEIDERUNTERSUCHUNGEN 1 998

 

 

 

Gesamtzahl

 

davon positiv

 

%

 

Kärnten

 

26.737

 

66

 

0,25

 

Burgenland

 

11.945

 

 

 

0,00

 

 

77.297

 

 

 

0,00

 

Salzburg

 

29.263

 

991

 

3,39

 

Wien

 

58.784

 

 

 

0,00

 

SUMME

 

204.026

 

1.057

 

0,52

 


BAZILLENAUSSCHEIDERUNTERSUCHUNGEN 1999

 

 

 

Gesamtzahl

 

davon positiv

 

%

 

Kärnten

 

27.487

 

352

 

1,28

 

Burgenland

 

11.272

 

 

 

0,00

 

NO

 

79.166

 

 

 

0,00

 

Salzburg

 

27.798

 

1.223

 

4,40

 

Wien

 

57.836

 

 

 

0,00

 

SUMME

 

203.559

 

1.575

 

0,77

 


BAZILLENAUSSCHEIDERUNTERSUCHUNGEN2000

 

 

 

Gesamtzahl

 

davon positiv

 

%

 

Kärnten

 

26.258

 

368

 

1,40

 

Burgentand

 

10.792

 

11

 

0,10

 

NO

 

73.367

 

 

 

0,00

 

Salzburg

 

26.192

 

919

 

3,51

 

Wien

 

57.696

 

 

 

0,00

 

SUMME

 

194.305

 

1.298

 

0,67