3239/AB XXI.GP
Eingelangt am: 28.02.2002
Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr.
3271/J-NR/2002 betreffend EU-Weißbuch"Strategie für eine
zukünftige Chemikalienpolitik", die die Abgeordneten Petrovic,
Kolleginnen
und Kollegen am 9. Jänner 2002 an mich
richteten, wird wie folgt beantwortet:
Ad 1:
Das
so genannte EU-Weißbuch “Strategie für eine zukünftige
Chemikalienpolitik" wurde von
den Generaldirektionen “Umwelt" und “Unternehmen" der
Europäischen Kommission unter
Einbeziehung von Experten aus verschiedenen Fachbereichen ausgearbeitet und mit
dem
ausdrücklichen, vorrangigen Ziel einer nachhaltigen Entwicklung und zur
Verbesserung der
Situation für menschliche Gesundheit und Umwelt vorgelegt (siehe
hiezu auch die Einleitung
sowie die Zielsetzungen des Weißbuches vom 27. Februar 2001 KOM (2001) 88
endgültig).
Sowohl gemäß dem Bundesministeriengesetz als auch hinsichtlich der
Vollziehung von
Vorschriften über das Inverkehrsetzen von Chemikalien (insbesondere dem
Chemikaliengesetz
1996, BGB1. II Nr. 53/1997) ist auf Bundesebene das
Bundesministerium für Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zuständig. Dies gilt auch
für eine
“österreichischen Position" zum genannten Weißbuch der
Kommission.
Was
die Frage nach “Vorschlägen aus dem Bereich des Bundesministeriums
für Bildung,
Wissenschaft und Kultur" betrifft, so ist es zutreffend, dass für die
Verwirklichung der Ziele des
Weißbuches sowohl auf gemeinschaftlicher als auch auf nationaler Ebene
verstärkte
Forschungsanstrengungen unternommen werden sollten, die in der Entwicklung und
Validierung
vor allem von in-vitro Prüfmethoden und in der Verbesserung und
Entwicklung neuer
toxikologischer und ökotoxikologischer Methoden bestehen. Gerade das
Weißbuch über eine
zukünftige Chemikalienpolitik sollte und kann daher auch eine Chance sein,
verstärkt
tierversuchsfreie Prüfstrategien zu entwickeln und künftig vermehrt
einzusetzen.
Ad2.:
Die Thematisierung der Tierversuchsproblematik im
Zusammenhang mit der neuen europäischen
Chemikalienpolitik
des Weißbuchs erscheint derzeit zwar wichtig, jedoch ist nach dem Stand
der
aktuellen
Informationen irgendeine Aussage über Tierversuche im Zusammenhang mit dem
Weißbuch
mit Sicherheit verfrüht, außer dass das Weißbuch selbst
als politische Ziele der
vorgeschlagenen
Strategien und als gleichrangige Vorgabe für den Schutz der menschlichen
Gesundheit und Umwelt auch die
Förderung von Prüfmethoden ohne die Verwendung von
Versuchstieren enthält.
Unter Punkt 2.2., "Politische Ziele der vorgeschlagenen
Strategie", wird im Weißbuch ausdrücklich
ausgeführt (Zitat): "Förderung von Prüfmethoden ohne die
Verwendung von Versuchstieren. Der
Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt, einschließlich der
wild lebenden Tiere und
Pflanzen, sollte auch der Schutz und das Wohlbefinden von Versuchstieren
einschließen. Die
Kommission wird daher die weitere Entwicklung und Validierung von
Prüfmethoden fördern, bei
denen keine Versuchstiere verwendet
werden."
Und ausdrücklich wird im Weißbuch unter Punkt
2.2. festgehalten, dass die “vorgeschlagene
Strategie diesen Zielen gerecht werden
muss".
Vom für die Chemikalienpolitik zuständigen
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft,
Umwelt und Wasserwirtschaft wurde bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass es
derzeit keine
konkreten Unterlagen gibt, die eine einigermaßen verlässliche
Abschätzung, ob und wie viele
Tierversuche wegen der neuen Chemikalienpolitik notwendig werden könnten,
gibt. Es sind noch
viel zu viele konkrete Details betreffend die Fassung der neuen
europäischen Chemikalienpolitik in
tatsächliche Rechtsvorschriften ungelöst, als dass eine belegbare
Aussage über deren Einfluss auf
die Notwendigkeit der Durchführung von
Tierversuchen getroffen werden könnten.
Darüber hinaus beinhalten die
bisherigen Vorschläge der EU-Kommission Pläne über die
verstärkte
Entwicklung und Heranziehung
von Alternativmethoden im Rahmen der Prüfung von chemischen
Stoffen.
Weiters
sind das Europäische Zentrum für Alternativmethoden zum Tierversuch
ECVAM sowie
andere Experten in die Ausarbeitung der
neuen Prüfungsstrategien eingebunden, womit
sichergestellt werden soll, dass, wo immer Tierversuchsmethoden
vermeidbar sind, diese auch
festgelegt werden sollen. Dass die Wiederholung von Tierversuchen, über die
valide
Prüfungsergebnisse vorliegen, vorgeschrieben werden könnte, ist schon
im Hinblick auf die
geltende EU-Tierversuchs-richtlinie
86/609/EWG absolut auszuschließen.
Ad 3. bis 8.:
Diese Fragen fallen in den Zuständigkeitsbereich des Bundesministers für Land- und Fortwirtschaft,
Umwelt und Wasserwirtschaft.
Ad 9.:
Seitens des Bundesministeriums für Bildung,
Wissenschaft und Kultur werden sowohl auf
nationaler,
europäischer wie internationaler Ebene alle Möglichkeiten unternommen
(werden), die
die Förderung von
Ersatz- bzw. Alternativmethoden zum Tierversuch und vor allem auch ihre
Validierung und internationale Anwendung
zum Ziel haben.
In diesem Zusammenhang wird
insbesondere auf die laufende Ausschreibung des
Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend
Ersatzmethoden zum
Tierversuch verwiesen, durch
die in Hinblick auf die Zielsetzung des Tierversuchsgesetzes
eingeladen wird, Anträge für die
Forschungsprojekte bzw. für Ersatzmethoden zum Tierversuch zu
stellen. Hiebei werden
gemäß § 17 des Tierversuchsgesetzes unter Bedachtnahme auf den
Stand der
Wissenschaften Ersatz- und
Alternativmethoden zum Tierversuch gefördert, die zum Ziele haben,
wissenschaftlich aussagefähige Ersatzmethoden zu entwickeln
und/oder zu validieren, die eine
Verringerung der Anzahl und der Belastung der Versuchstiere ermöglichen
oder Tierversuche
überhaupt entbehrlich machen.
Auf europäischer Ebene werden
insbesondere vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft
und
Kultur nachhaltig alle Maßnahmen zur Erforschung und Validierung sowie
Anerkennung und
verpflichtende
Anwendung von Ersatzmethoden zum Tierversuch unterstützt bzw. auch
initiiert.
Ad 10.:
Eine Aufstellung der vom Bundesministerium für
Bildung, Wissenschaft und Kultur seit 1991
beauftragten Forschungsprojekte zu
Ersatzmethoden zum Tierversuch ist in der ANLAGE
angeschlossen. Für diese Projekte wurden insgesamt Mittel in
der Höhe von EUR 2.136.417,37
(ATS 29.397.744,19) zur Verfügung gestellt. Die Vorbereitungen für
die Auftragsvergabe zu vier
weiteren Projekten sind so weit
fortgeschritten, dass diese Projekte nach Maßgabe der finanziellen
Möglichkeiten vergeben werden
können; weitere Projektvorschläge sind in Begutachtung.
Ad 11.:
Den für die Vollziehung des Tierversuchsgesetzes
(TVG) zuständigen Bundesministern ist in § 17
TVG die Förderung von
Ersatzmethoden unter Bedachtnahme auf den Stand der Wissenschaft
aufgetragen, wobei Zielsetzung ist,
wissenschaftlich aussagefähige Ersatzmethoden zu entwickeln,
die eine Verringerung der Anzahl
oder Belastung der Versuchstiere ermöglichen oder Tierversuche
überhaupt entbehrlich machen. Das Bundesministerium für
Bildung, Wissenschaft und Kultur ist
seit Inkrafttreten dieser Gesetzesbestimmung
bekanntlich sehr um die Förderung von
Ersatzmethoden bemüht, wobei
insbesondere auf die laufende(n) Ausschreibung(en) der Förderung
von Ersatzmethoden durch
Forschungsaufträge und die regelmäßige Ausschreibung des
Staatspreises für Ersatzmethoden
zum Tierversuch hinzuweisen ist. Die Ergebnisse dieser
Forschungsaufträge werden veröffentlicht, der Staatspreis wird
für wissenschaftliche Arbeiten
vergeben, die in- oder ausländischen Fachzeitschriften erschienen oder
deren Manuskripte von
einschlägigen Fachzeitschriften zur
Publikation angenommen worden sind.
Weiters hat das Bundesministerium
für Bildung, Wissenschaft und Kultur seit langem für jeden an
Tierversuchsfragen
Interessierten, vor allem aber für Wissenschafter ebenso wie für mit
der
Vollziehung des Tierversuchsgesetzes
befassten Behörden, den Zugang zu internationalen
Datenbanken, wie insbesondere von ECVAM oder ZEBET (Zentralstelle
für die Erfassung und
Bewertung von Ersatz- und
Ergänzungsmethoden zum Tierversuch, Berlin) sichergestellt. Darüber
hinaus werden vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und
Kultur wissenschaftliche
Veranstaltungen unterstützt und auch
organisiert, die über Tierversuche, Ersatz- und
Alternativmethoden informieren.
Für die Vollziehung des
Tierversuchsgesetzes im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums
für Bildung,
Wissenschaft und Kultur ist darauf hinzuweisen, dass vor Genehmigung eines
Tierversuches auch die Frage der Vermeidung
von Tierversuchen infolge bereits vorhandener Daten
von Tierversuchen abgeklärt
wird.
Ad 12.:
Ergänzend zu den Antworten in
den Fragen 4 und 10 ist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 3 Abs.
2
Z 1 TVG
Tierversuche nur durchgeführt werden dürfen (und damit nur dann zu
genehmigen sind),
wenn
“die angestrebten Versuchsziele nicht durch andere Methoden und Verfahren
(Ersatzmethoden
gemäß § 17 TVG) erreicht werden können".
Ad 13.:
In Beantwortung dieser Frage ist zunächst einmal auf die Bestimmungen des Tierversuchsgesetzes,
insbesondere § 11 TVG, zu verweisen.
Weiters ist darauf hinzuweisen, dass
im Einklang mit dem Stand der Wissenschaften als besonders
belastende
Versuche die so genannten “LD-50-Tests" durch die Verordnung BGB1.
Nr. 792/1992
als unzulässig grundsätzlich untersagt wurden. Das Bundesministerium
für Bildung, Wissenschaft
und
Kultur wird weiterhin Ersatzmethoden zum Tierversuch durch Beauftragung von
diesbezüglichen
Forschungsprojekten fördern.
Ad 14.:
Diese Frage fallt in den Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft.
Ad 15.:
Eine Validierung von Tierversuchen ist bekanntlich
international bzw. nach dem Stand der
Wissenschaften nicht vorgesehen; sie
würde überdies auch bloß eine Unzahl von weiteren
zusätzlichen und unnotwendigen
Tierversuchen zur Folge haben.
Zielsetzung
- wie sie auch im österreichischen Tierversuchsgesetz verankert und
international
übereinstimmend verfolgt wird - sollte
doch die Reduktion und der Ersatz von Tierversuchen durch
in-vitro-Methoden sein: Dies
bedeutet im Wesentlichen das Konzept der so genannten “DREI R",
d.h. “Reducement" (Reduktion), “Refinement"
(Verbesserung der wissenschaftlichen Methoden
und Verringerung des Leidens der Tiere) und “Replacement"
(Ersatz von Tierversuchen durch
andere wissenschaftliche Methoden) bei
Tierversuchen, d.h. Ersatzmethoden zum Tierversuch zur
Anwendung zu bringen.
Beilage:
Abgeschlossene Forschungsprojekte Ersatzmethoden zum Tierversuch
Auftragssumme insgesamt € 2.136.417,37 (S 29.397.744,19)
Projekttitel
|
Auftragnehmer
|
|
Vitalmikroskopie - Krebszellinvasivität
|
Inst. f. Medizinische Physik u.
Biophysik,
|
|
Isolierte menschliche Herzmuskelzellen
|
Inst. f. Medizinische Physik u.
Biophysik,
|
|
Ethologische Ersatzmethode f. Letaltests an Fischen
|
Inst. f.
Versuchstierkunde,
|
|
Multipel verzweigende Gefäßbäume
|
Univ. Klinik f.
Chirurgie II (II. Chirurgische Univ.Klinik),
|
|
Induktion von Apoptose in Zellkultur (in vitro)
|
Inst. f.
Tumorbiologie-Krebsforschung,
|
|
Entwicklung von in vitro Allergie-Tests, Phase 1
|
ÖFZS - Österr. Forschungszentrum Seibersdorf
|
|
Alternative in vitro Methode zum Fischtest
|
Inst. f.
Angewandte Mikrobiologie,
|
|
Konservierung von Muskelfasern
|
Inst. f. Zoologie,
|
|
Streß-Sensoren als toxikologische Parameter
|
Zentrum f.
Angewandte Genetik,
|
|
Isolierte menschliche Herzmuskelzellen
|
Inst. f. Medizinische Physik u.
Biophysik,
|
|
Evaluierung eines in vitro Pyrogenitätstests
|
Inst. f. Medizinische Chemie u.
Biochemie,
|
|
Tierversuchsrelevante Zellinien und Biomaterialien
|
Zentrum f. Biomedizinische Forschung,
|
|
Rekoinbinante Allergen-spezifische Antikörper
|
Inst. f. Allgemeine u. Experimentelle
Pathologie,
|
|
Intelligence Carcinogenicity detection
by machine
|
Inst, f.
Tumorbiologie-Krebsforschung;
|
|
Leidenserfassung und Bewertung bei
transgenen
|
zet, Linz
|
|
Entwicklung von in vitro Allergie-Tests
|
ÖFZS - Österr. Forschungszentrum Seibersdorf
|
|
Interleukinspektrum und Kontakallergene
|
ÖFZS - Österr. Forschungszentrum Seibersdorf
|
|
Möglichkeiten einer Analgetika-Testung in vitro
|
Inst. f. Experimentelle u. Klinische
Pharmakologie,
|
|
Kolon in vitro Modell
|
Inst, f
.Tumorbiologie-Krebsforschung,
|
|
In vitro Methoden zur akuten Toxizität
|
ÖFZS - Österr. Forschungszentrum Seibersdorf
|
|
Entwicklung von in vitro Allergie-Tests, Phase 3
|
ÖFZS - Österr. Forschungszentrum Seibersdorf
|
|
Recording of peristalsis in multiple gut segments
|
Inst. f. Experimentelle u. Klinische
Pharmakologie,
|
Vorbereitete Forschungsprojekte Ersatzmethoden zum Tierversuch
|
Projekttitel
|
Beabsichtigter Auftragnehmer
|
|
Herstellung definierter prämaligner
Tumorzellen für die
|
Inst. f. Krebsforschung, Univ. Wien
|
|
Chronic in vitro toxicity testing: Novel
cell culture and
|
Inst. f. Physiologie u. Balneologie,
Univ. Inns-
|
|
In Vitro Cardiomyogenesis
|
Inst. f. Med. Biochemie, Univ. Wien
|
|
Durchflusszytometrische Methoden als
Prescreening-
|
ÖFZS - Seibersdorf GmbH
|