3269/AB XXI.GP
Eingelangt am: 19.03.2002
DER BUNDESMINISTER
FÜR JUSTIZ
Die
Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und
Kollegen
haben an mich eine schriftliche Anfrage, betreffend “Zustimmung von
Bürgerinnen
und Bürgern sowie Institutionen zur Neuordnung der
Gerichtsorganisation",
gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1 bis 3:
Wenn sich
Bürgerinnen und Bürger oder Institutionen mit einem Anliegen in einem
persönlich an einen Bundesminister gerichteten Schreiben wenden,
können sie mit
Recht davon ausgehen, dass diese Mitteilungen grundsätzlich vertraulich
behandelt
und nicht veröffentlicht werden. Ich ersuche daher um Verständnis,
dass ich jene
Bürgerinnen und Bürger bzw. Institutionen, die sich mit Zustimmung zu
den
Reformen der Gerichtsorganisation an mich gewandt haben, im Rahmen der
Beantwortung dieser Anfrage nicht namentlich anführe. Im Übrigen
zählen Inhalte
von Schreiben von Bürgerinnen und Bürgern sowie Institutionen, in
denen sie ihre
Meinung zu Reformvorhaben Bundesministern mitteilen, nicht zur Vollziehung der
Gesetze und unterliegen damit nicht dem parlamentarischen Interpellationsrecht.
Im gegebenen
Zusammenhang sei jedoch darauf hingewiesen, dass sich - ebenso
wie Bürgerinnen und Bürger - der Erstanfragesteller in der
Vergangenheit positiv zu
den Reformplänen im Zusammenhang mit der Bezirksgerichtsorganisation
geäußert
hat. Ich darf exemplarisch aus den stenografischen Protokollen über die
16. Sitzung
des Nationalrates, XX. GP, im April 1996
zitieren:
“Sehr
geehrter Herr Präsident! Herr Justizminister! Meine sehr geehrten Damen
und Herren!
Erlauben Sie mir, noch drei Minuten zur Verwaltungsreform im Justizbereich
Stellung zu
nehmen.
Es
geht um die Zusammenlegung von Kleinstbezirksgerichten: Das
Übergangsgesetz vom
1. Oktober 1920 ist zu ändern. Dies war ursprünglich für das
Strukturanpassungsgesetz
vorgesehen, die Thematik wurde jedoch vertagt. - Herr Dr. Krüger! Für
mich ist weniger
wichtig, warum diese Thematik vertagt wurde. Entscheidend ist, dass sich das
Thema im
Mai auf der Tagesordnung wiederfindet. Das Formale sind Spiegelfechtereien, in
der Sache
haben Argumente bei Ihnen weitgehend gefehlt.
Es geht darum, dass die Landesregierung bei einer
Änderung von Sprengeln von
Bezirksgerichten in Zukunft nur mehr anzuhören ist. In weiterer Folge muss
es, meine
Damen und Herren, in Salzburg, Oberösterreich und der Steiermark zu
Zusammenlegungen
von einigen Bezirksgerichten kommen, und zwar von solchen, bei denen weniger
als ein
Richterposten systemisiert ist und bei denen es sehr kurze Entfernungen
zwischen den
einzelnen Gerichten gibt. Begründet wird diese Maßnahme mit dem
Bestreben nach
Schaffung einer moderneren, effizienteren Justizverwaltung. Es gibt dann
Gerichte, die
ständig besetzt sind,
die eine gewisse Spezialisierung leisten können und bei denen auch
eine Vertretung bei einer Verhinderung möglich ist. Natürlich sind
auch in diese Maßnahmen
Elemente der
Verwaltungsreform, des sparsamen Umgangs mit öffentlichen Mitteln
verpackt. Die begleitenden Maßnahmen sind Ihnen bekannt: Es können
mit Staatsverträgen
nach Artikel 15a Grundbuchsausstattungen für Gemeinden eingerichtet
werden,
Gerichtstage in den Orten und Notariatsstellen bleiben erhalten.
Die Erfahrungswerte aus Niederösterreich hat Kollege
Schrefel dargestellt: große
Zufriedenheit, keine Klagen. Ich verstehe nicht ganz den Widerstand in den
Ländern. Meine
Damen und Herren! Dass eventuell ein paar Bürgermeister aufgrund des
vermeintlichen
Prestigeverlustes beleidigt sind, kann nicht der Grund dafür sein. Andere
Argumente gibt es
nicht. Auch Herr Dr. Krüger hat keines angeboten. Übrigens: Die
Geschichte mit den
Argumenten ist eine besondere. Ursprünglich hat man gemeint, dem
Sicherheitsbedürfnis
der Bevölkerung werde dadurch nicht mehr Genüge getan, man hat sich
gewissermaßen
angehängt an die Proteste gegen die Schließung von
Gendarmerieposten; eine Reform, die
sich übrigens auch bewährt hat. Das war kurios und hat niemand
angenommen.
Abenteuerlich
sind einzelne Proteste: Etwa fürchtet man in Mariazell um die
Rechtsbetreuung der Pilger.
Das ist kein Witz, meine Damen und Herren! Und in der
Obersteiermark verteidigt
eine Gemeinde einen Standort mit dem Argument, weil im Ort ein
denkmalgeschützter Galgen an die Blutgerichtsbarkeit im 17. Jahrhundert
erinnert.
Meine Damen und Herren! Das sollen die Argumente sein, um
identische, nahe gelegene
Verwaltungseinheiten zu bewahren! - Aber leider ist auch das kein Witz.
Ich komme zum Schluss. Das Bezirksgerichtsthema, meine
Damen und Herren, wird ein
Prüfstein für die Ernsthaftigkeit von Reformen sein, ein
Prüfstein für das Parlament. Machen
wir endlich den Weg frei für eine längst überfällige
Reform! - Danke schön. (Beifall bei der
SPÖ.)"