3295/AB XXI.GP

Eingelangt am: 22.03.2002

 

 


Die Bundesministerin

für auswärtige Angelegenheiten

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Evelin Lichtenberger, Freundinnen und Freunde
haben am 22. Jänner 2002 unter der Nr. 3285/J-NR/2002 an mich eine schriftliche
parlamentarische Anfrage betreffend Übergangsregelung für den LKW-Transit nach 2003
gerichtet.

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Das Protokoll Nr. 9 der österreichischen Beitrittsakte über den Straßen- und Schienen-
verkehr sowie den kombinierten Verkehr in Österreich sieht in Artikel 11 Absatz 5 vor,
dass ab dem Ende der Übergangszeit (31. Dezember 2003) der gemeinschaftliche
Besitzstand volle Anwendung findet.

Die Wahrung der durch die Anwendung des Ökopunktesystems erzielten positiven Effekte
kann auf Dauer nur durch ein effizientes System zur Tarifierung der Infrastrukturnutzung
gewährleistet werden, um Belastungen der Umwelt und der Bevölkerung als Folge des zu
erwartenden Verkehrsanstiegs, nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund des Beitritts der
ersten neuen Mitgliedstaaten, abzufangen. Die Europäische Kommission beabsichtigt,
heuer einen Vorschlag für eine Rahmenrichtlinie vorzulegen, mit der für alle
Verkehrsträger die Grundsätze der Tarifierung der Infrastrukturnutzung sowie die
Gebührenstruktur festgelegt werden. Da erfahrungsgemäß von etwa zwei bis drei Jahren
auszugehen ist, bis ein solcher Vorschlag als Rechtsakt in Kraft tritt, wird eine neue
Tarifierung der Infrastrukturnutzung voraussichtlich erst nach dem Auslaufen des


Protokolls Nr. 9 der Beitrittsakte Österreichs mit Jahresende 2003, wohl aber vor
Jahresende 2006 wirksam werden können.

Zur Vermeidung einer rechtlichen Lücke zwischen dem Auslaufen des Protokolls Nr. 9 und
der Anwendung neuer Rechtsakte hat die Bundesregierung zielstrebig und auf allen
geeigneten Ebenen die Notwendigkeit von Übergangsmaßnahmen betont, die geeignet
sind, die durch die Anwendung des Protokolls Nr. 9 erreichten Verbesserungen für die
Umwelt und für die Bevölkerung zu sichern und die Verlagerung des Güterverkehrs auf
die Schiene zu erhalten. Ich habe in diesem Zusammenhang insbesondere einen Dialog
mit Vizepräsidentin der Kommission und Verkehrskommissarin Loyola de Palacio initiiert,
sodass ein entsprechendes Verständnis für die österreichischen Anliegen geschaffen
werden konnte. Darüber hinaus habe ich in zahlreichen Kontakten zu Mitgliedern der
Kommission wie auch zu Verkehrs- und Außenministern der EU-Partner die
österreichische Forderung nach einer Übergangsregelung mit Nachdruck vertreten.
Bundeskanzler Schüssel hat ein “österreichisches Non-Paper zu einer Übergangslösung
für den Transit von Lastkraftwagen durch Österreich ab 2004" mit Schreiben vom
23. Oktober 2001 an die anderen Regierungschefs der EU übermittelt, welches die
besonderen österreichischen Vorleistungen beim Ausbau der europäischen
Verkehrsinfrastruktur betont und auf die Leistungen des Ökopunktesystems als Instrument
zur Eindämmung des Gütertransitverkehrs hinweist. Deshalb tritt die Bundesregierung
auch für die Weiterführung des bestehenden Systems als zweckmäßigste Lösung für den
Fall ein, dass die neue Rahmenrichtlinie nicht 2004 in Kraft treten kann.

Die Fragen 1 bis 3 beantworte ich in diesem Sinne zusammenfassend, wobei ich auch auf
meine mündliche Beantwortung in der Fragestunde vom 31. Jänner d.J. verweise:

In den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Laeken (14. und 15. Dezember
2001) findet sich folgende Formulierung: “Der Europäische Rat ersucht die Kommission,
als Zwischenlösung einen Vorschlag zu unterbreiten, der auf eine Verlängerung des
Ökopunktesystems, das im Protokoll Nr. 9 zur Akte über den Beitritt Österreichs
vorgesehen ist, abstellt, damit das Kapitel “Verkehr" im Rahmen der
Beitrittsverhandlungen noch vor Jahresende abgeschlossen werden kann."


Die Kommission ist diesem Verlangen des Europäischen Rates nur wenige Tage später,
nämlich am 20. Dezember 2001, nachgekommen, indem sie einen Vorschlag für eine
Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates, gestützt auf den Vertrag zur
Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 71 Absatz 1, gemäß
dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrages vorgelegt hat. Nach diesem Verfahren
unterbreitet die Kommission in ihrer eigenen und ausschließlichen Verantwortung einen
Vorschlag an das Europäische Parlament und den Rat. Auf den Inhalt eines
Kommissionsvorschlags hat die Bundesregierung ebenso wenig Einfluss wie auf die
Diskussionen über einschlägige Entwürfe im Kollegium der Kommission.

Dieser Vorschlag der Kommission übernimmt mit Ausnahme der 108%-Klausel das
bestehende Ökopunkte-System. Der Vorschlag enthält keinerlei Einschränkungen auf
bestimmte Transitrouten, sondern umfasst das gesamte Bundesgebiet, wie dies von
Österreich stets angestrebt wurde. Durch eine automatische Verlängerung um jeweils ein
Jahr - falls die Rahmenrichtlinie noch nicht in Kraft ist - bis maximal Ende 2006, ist auch
sichergestellt, dass die Übergangsregelung bis zum Inkrafttreten der neuen Wegekosten-
Rahmenrichtlinie wirksam sein wird.