3308/AB XXI.GP

Eingelangt am: 25.03.2002

BUNDESMINISTERIUM für
WIRTSCHAFT und ARBEIT

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 3353/J betreffend
Aufhebung des Atomstromimports aus Drittländern nach Österreich, welche die Ab-
geordneten Mag. Ulrike Sima und Kollegen am 31. Januar 2002 an mich richteten,
stelle ich fest:

Antwort zu den Punkten 1 bis 8,12 bis 18 und 21 bis 22 der Anfrage:

Nach § 13 Abs. 1 Elektrizitätswirtschafts- und -Organisationsgesetz (EIWOG), BGBI l
Nr. 143/1998, idF BGBI l Nr. 121/2000 [Artikel 7 Energieliberalisierungsgesetz], sind
bestimmte Stromlieferungsverträge, die den Bezug von elektrischer Energie zur in-
ländischen Bedarfsdeckung aus Drittstaaten zum Gegenstand haben, unzulässig.
Letzteres ist in concreto der Fall, wenn besagte Drittstaaten die in § 13 Abs. 1 EI-
WOG genannten Kriterien erfüllen und sohin im Sinne der erwähnten Bestimmung
als bedenklich einzustufen sind. Gem. § 13 Abs. 2 EIWOG obliegt es der Elektrizi-
täts-Control GmbH (eingerichtet durch das Bundesgesetz, mit dem die Ausübungs-
voraussetzungen, die Aufgaben und die Befugnisse der Verrechnungsstellen für
Transaktionen und Preisbildung für die Ausgleichsenergie geregelt werden, BGBI l
Nr. 121/2000 [Artikel 9 Energieliberalisierungsgesetz]), "durch Verordnung jene Dritt-
staaten zu benennen, auf die die Voraussetzungen von Abs. 1 [§ 13 EIWOG] zu-
treffen."


Die Elektrizitäts-Control GmbH ist dieser Verpflichtung zuletzt mit der Verordnung
der Elektrizitäts-Control GmbH betreffend Stromlieferungsverträge bei Strombezug
aus Drittstaaten (Stromlieferungsvertragsverordnung), Amtsblatt zur Wiener Zeitung,
Nr 243 v 12. Dezember 2001, nachgekommen. Gem. ihrem § 2 trat besagte Verord-
nung am Tag ihrer Kundmachung, also am 17. Dezember 2001 in Kraft.

Die Elektrizitäts-Control GmbH hat diese Verordnung ausführlich begründet und die-
se           Erläuterungen im Internet unter der Adresse
h
ttp://www.econtrol.at/econtrol/lnformationen/Paragraph 13.pdf der Öffentlichkeit
zugänglich gemacht. Die Begründung der Elektrizitäts-Control GmbH ist für mich in
jeder Hinsicht nachvollziehbar, den Kriterien der Sachlichkeit und Sorgfalt ist gänz-
lich entsprochen. Aus diesem Grunde habe ich keinerlei Grund für weitere Veranlas-
sungen gesehen.

Zu künftigen Entwicklungen befragt, halte ich ausdrücklich fest: Der Elektrizitäts-
Control GmbH ist in § 13 EIWOG ein Auftrag erteilt, dem sie weiterhin und zwar nach
Maßgabe der dann herrschenden Verhältnisse zu entsprechen hat. Jede Spekulation
über künftige Entwicklungen trägt den Widerspruch zum Gebot der Sachlichkeit in
sich. Ferner wird in diesem Zusammenhang auf Art 52 Abs. 1 B-VG verwiesen. Die-
ser Bestimmung zufolge ist der Nationalrat befugt, die Geschäftsführung der Bun-
desregierung zu überprüfen, deren Mitglieder über alle Gegenstände der Vollziehung
zu befragen und alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen. Dieses Interpellations-
recht umfasst aber nicht zukünftig geplante oder beabsichtigte Maßnahmen und
auch nicht die Auslegung von bestehenden Gesetzen. Ebenso sind Ansichten und
Meinungen der Mitglieder der Bundesregierung kein Gegenstand der Vollziehung
und somit dem direkten Interpellationszugriff verschlossen.

Antwort zu den Punkten 9 bis 11. 19. 24 und 25 der Anfrage:

Der Begriff “Atomstrom" ist zwar eine gebräuchliche, aber irreführende Bezeichnung
für elektrische Energie aus Anlagen zur Umwandlung von bei Kernspaltung (der


spaltbaren Elemente Uran, Thorium, Plutonium) frei werdender thermischer bzw.
Strahlungsenergie. Es handelt sich dabei um elektrische Energie, die wie aus ver-
schiedenen anderen Anlagen (Wasser-, Kohle-, Öl-, Gas-, Wind- u.a. Kraftwerke)
auch, in ein Leitungsnetz eingespeist und von Verbrauchern aus diesem Netz ent-
nommen wird. Das europäische Verbundnetz ist ein vermaschtes Netz mit zahlrei-
chen Einspeise- und Entnahmestellen, wobei sich Einspeisung und Entnahme zeit-
lich dauernd ändern. Eine genaue physikalische Zuordnung des Bezuges von elekt-
rischer Energie zu einem bestimmten Kraftwerk ist physikalisch nicht möglich.

Für eine rein rechnerische Darstellung der Aufbringung von elektrischer Energie in
Europa wird der sogenannte “UCTE-Mix" herangezogen. Dieser UCTE-Mix ist ein
nach Ländern dargestellter jährlicher Durchschnittswert, der die Stromproduktion,
aufgeschlüsselt nach Primärenergieträgern angibt. Dieser Mix wird in den Publikatio-
nen der UCTE (Union pour la Coordination du Transport de l'Electricite) sowie in de-
ren Homepage http://www.ucte.org veröffentlicht.

Die Aufbringung von elektrischer Energie in Österreich erfolgte gemäß der letzten
offiziellen Statistik (Bundeslastverteiler bis 1.10.2001, Elektrizitäts-Control GmbH ab
1.10.2001) im Jahr 2001 in folgender Weise:

Aufbringung

 

'•               •          "        •    " :           :

 

inländische Erzeugung
(ohne industriellen Eigenbedarf)

 

54.646 GWh

 

Importe

 

14.466,7 GWh

 

Σ

 

69.112,7 GWh

 

 

physikalische Importe

 

 

 

Schweiz

 

725,5 GWh

 

Ungarn

 

1.166,8 GWh

 

Slowenien

 

63,3 GWh

 

Deutschland

 

6.778,9 GWh

 

Tschechische Republik

 

5.729,2 GWh

 

Italien

 

3,0 GWh

 

Σ

 

14.466,7 GWh

 


Ich möchte ausdrücklich darauf aufmerksam machen, dass sich die angeführten
Zahlen der Elektrizitätsbilanz auf physikalische Importe beziehen. Diese resultieren
neben Verpflichtungen aufgrund vertraglicher Vereinbarungen insbesondere auch
aus Transitierungen und sogenannten “ungewollten Durchzügen".

Betonen möchte ich, dass es sich bei den vertraglichen Vereinbarungen auch um
Verträge handeln kann, die vor Inkrafttreten des § 13 des EIWOG (in der ursprüngli-
chen Fassung) am 19.02.1999 abgeschlossen wurden.

Der Aufbringungsmix in den o.g. Ländern war gemäß der UCTE-Statistik für das Jahr
2000 folgender:

Länder

 

Wasser

 

Andere

 

Nuklear

 

TWh

 

%

 

TWh

 

%

 

TWh

 

%

 

Schweiz

 

37,8

 

57,9

 

2,6

 

4,0

 

24,9

 

38,2

 

Ungarn

 

0,2

 

0,5

 

18,9

 

58,3

 

13,3

 

41,2

 

Slowenien

 

3,5

 

28,0

 

4,5

 

36,3

 

4,5

 

36,3

 

Deutschland

 

23,6

 

4,8

 

314,1

 

63,3

 

158,9

 

32,0

 

Tschechische
Republik

 

2,3

 

3,4

 

52,7

 

77,8

 

12,7

 

18,8

 

Italien

 

50,3

 

19,2

 

212,1

 

80,8

 

0,0

 

0,0

 

Antwort zu Punkt 20 der Anfrage:

Die Elektrizitäts-Control GmbH hat die zur Rede stehende Stromlieferungsvertrags-
verordnung nicht ohne ausführliche sachliche Prüfung erlassen, deren Ergebnis für
mich stichhaltig ist. Weiters sei auf die Beantwortung der Fragen 1-8, 12-18 und 21
verwiesen.

Darüber hinaus sei hier grundsätzlich festgestellt, dass es - auch im Bereiche der
Anti-Nuklearpolitik, die Österreich in sämtlichen relevanten Foren der Welt konse-
quent und mit bemerkenswerten Ergebnissen verfolgt - gefährlich und kontrapro-
duktiv wäre, die bisher so erfolgreiche Strategie der Integration aufzugeben. Letztlich


ist wirklicher Schutz vor nuklearen Gefahren nur im Wege gemeinsamer, d.h. staa-
tenübergreifender, Verpflichtungen zu erzielen. Die EU/EG hält hierfür ein geeigne-
tes Instrumentarium bereit. Dieses besser als bisher zu nützen, muss weiterhin prio-
ritäres Ziel Österreichs sein.

Antwort zu Punkt 23 der Anfrage:

Die Verbundgesellschaft ist ein nach dem Aktiengesetz organisiertes Unternehmen,
deren Vorstandsbeschlüsse Handlungen eines privaten Rechtsträgers sind und da-
her nicht dem Begriff der “Vollziehung des Bundes" gemäß Art. 52 Abs. 1 B-VG un-
terstellt werden können. Die Tätigkeit eines privaten Rechtsträgers, auch wenn die-
ser überwiegend im Eigentum des Bundes steht, ist außerhalb jenes Bereiches an-
gesiedelt, welcher der parlamentarischen Interpellation unterliegt.

Antwort zu Punkt 26 bis 28 der Anfrage:

Im liberalisierten Strommarkt wird der Strompreis durch den Markt bestimmt. Die ta-
gesaktuellen Preise sind jene, zu denen Strom aktuell an den internationalen Strom-
börsen gehandelt wird.

Zur Heranführung der aus bestimmten erneuerbaren Energieträgem erzeugten
Elektrizität (üblicherweise als “Ökostrom" bezeichnet) in das System des vollliberali-
sierten Elektrizitätsmarktes besteht in Österreich - im Einklang mit der Richtlinie
2001/77/EG des Europäischen Parlaments und des Rates Zur Förderung der Stro-
merzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt, ABI. L
283/33 vom 27.10.2001 - ein Förderungsinstrumentarium, das ich als bekannt vor-
aussetzen darf.