3420/AB XXI.GP
Eingelangt am: 17.04.2002
BM für Justiz
Die
Abgeordneten zum Nationalrat Dipl.-lng. Wolfgang PIRKLHUBER, Kolleginnen
und Kollegen haben an mich eine schriftliche
Anfrage betreffend “den haftungsrecht-
lichen Schutz der Biobauern und der gentechnikfreien Landwirtschaft vor
Kontamina-
tionen durch gentechnisch veränderte
Organismen (GVO)" gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1:
Hiezu darf ich auf die Zuständigkeiten des Bundesministers für soziale Sicherheit
und
Generationen sowie des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft,
Umwelt
und Wasserwirtschaft verweisen.
Zu 2:
Die Haftung für wirtschaftliche Schäden eines Biobauern durch Kontaminationen der
Ernte
mit gentechnisch veränderten Organismen ist derzeit nicht gesondert
geregelt.
Sie wird aufgrund der hier anwendbaren allgemeinen zivilrechtlichen
Grundsätze
und Bestimmungen zu beurteilen sein. Dabei wird es ganz wesentlich auf die Um-
stände des Einzelfalls und die Ursache für die Verunreinigung der
Ernte ankommen.
Als Haftungsgrundlage könnten beispielsweise die §§ 79a ff.
Gentechnikgesetz in
Betracht kommen, die für Arbeiten mit GVO und die absichtliche Freisetzung
von
solchen Organismen eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung
statuie-
ren. In Fällen, in denen diese Regelungen nicht zur Anwendung kommen,
könnten
Ersatzansprüche eines Biobauern auch auf die Verschuldenshaftung für
ein rechts-
widriges und schuldhaftes Verhalten (§§1293 ff. ABGB) und das
Nachbarrecht
(§ 364a ABGB) gestützt werden. Denkbar wären aber auch weitere
zivilrechtliche
Ansprüche, etwa aus Gewährleistung und
Schadenersatz wegen einer mangelhaften
Leistung (§§ 922 ff. und § 933a ABGB). Bei jeder dieser
Anspruchsgrundlagen wird
es im Allgemeinen notwendig sein, dass die Ursache der Verunreinigung der Ernte
festgestellt wird. Im Einzelfall können dem betroffenen Biobauern aber
auch gewisse
Beweiserleichterungen zugute kommen, etwa was das Verschulden anlangt (vgl.
§ 1298 ABGB). Nähere Aussagen zur Haftungssituation lassen sich aber
nicht tref-
fen. Auch kann und will ich
mit diesen Ausführungen der unabhängigen Rechtspre-
chung durch die Gerichte natürlich in keiner Weise vorgreifen.
Zu 3:
Im Prinzip stehen einem konventionell wirtschaftenden Landwirt, der seine Produkte
"gentechnikfrei"
verkaufen will, die selber, Rechtsgrundlagen zur Verfügung wie ei-
nem Biobauern, dessen Ernte
durch GVO verunreinigt ist. Auf die Antwort zur Frage
2 sei daher verwiesen.
Zu 4 und 5:
Das Schadenersatzrecht und das Nachbarrecht bieten nach meiner Auffassung im
Wesentlichen
einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen des Ge-
schädigten und des Schädigers. Ich sehe derzeit keinen unmittelbaren
Handlungs-
bedarf, die haftungsrechtliche Position von biologisch oder gentechnikfrei
arbeiten-
den Landwirten zu ändern. Eine Sonderregelung bedürfte auch einer
ausreichenden
sachlichen Rechtfertigung. Ungeachtet dessen empfiehlt es sich, die
Rechtsentwick-
lung und Rechtsprechung auf
diesem Gebiet genau zu beobachten. Im Übrigen lau-
fen im Bundesministerium
für Justiz derzeit Arbeiten an einer Gesamtreform des
Haftpflichtrechts, in deren Rahmen die ökologische Dimension des
Schadenersatz-
rechts diskutiert und geprüft wird.