3430/AB XXI.GP

Eingelangt am: 19.04.2002

BM für Finanzen

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Dipl.-lng. Wolfgang
Pirklhuber und Kollegen vom 22. Februar 2002, Nr. 3461/J, betreffend österreichische
Position beim ECOFIN: Kürzung der Direktzahlungen für die Landwirtschaft, beehre ich mich
Folgendes mitzuteilen:

Zu 1.:

Die nachhaltige Konsolidierung der öffentlichen Haushalte und eine deutliche Senkung der
Abgabenquote in mittlerer Frist (Senkung der Abgabenquote auf 40% bis 2010) ist eines der
zentralen gemeinsamen Ziele der österreichischen Bundesregierung. Die Erreichung dieses
Ziels erfordert eine konsequente Begrenzung der Ausgaben in allen Bereichen und gilt vor
allem auch für die Kosten der Erweiterung der Europäischen Union.

Vor diesem Hintergrund entsprach mein konsequentes Eintreten für die Einhaltung des im
Jahr 1999 in Berlin vereinbarten finanziellen Rahmens für die EU-Erweiterung vollinhaltlich
der gemeinsamen Haltung der österreichischen Bundesregierung.

In diesem Zusammenhang ist auch festzuhalten, dass der im Jahr 1999 in Berlin vereinbarte
Finanzrahmen bis 2006 keine agrarischen Direktzahlungen für die neuen Mitglieder vorsieht.


Aus meiner Sicht als Finanzminister ist weiters darauf hinzuweisen, dass die Verein-
barungen zur Einbeziehung der Erweiterungskandidaten in die Gemeinsame Agrarpolitik
(GAP) vor allem deshalb nicht völlig losgelöst von der künftigen Entwicklung dieses Politik-
bereiches gesehen werden können, weil sich sowohl auf Grund der Entwicklung in der EU-
15 selbst als auch jener des globalen Umfelds für den Agrarsektor ein substantieller Re-
formbedarf aufgebaut hat und weiter aufbauen wird.

Zu 2.:

Mit dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft war
keine spezifische Abstimmung über den Grundsatz der allgemeinen Budgetdisziplin er-
forderlich, weil diese ein außer Streit stehendes allgemein akzeptiertes Prinzip der Re-
gierungsarbeit ist. Ausgehend von diesem Prinzip leitet sich meine entsprechende Wort-
meldung logisch ab. Eine detaillierte Position der Bundesregierung wird erst auf der Grund-
lage der Draft Common Positions erstellt, welche die Kommission demnächst vorlegen wird.

Zu 3.:

Die Feststellung von Frau Kommissarin Schreyer ist für das Bundesministerium für Finanzen
nicht nachvollziehbar, da sie außer Acht lässt, dass die Erweiterung der EU um Schweden,
Finnland und Österreich unter gänzlich anderen Rahmenbedingungen stattgefunden hat, als
die kommende Erweiterung.

In diesem Zusammenhang ist aber auch darauf hinzuweisen, dass sich Frau Kommissarin
Schreyer natürlich nicht auf die Direktzahlungen an die Landwirtschaft bezogen hat, sondern
auf direkte monetäre Transfers der EU an Österreich in Folge des Beitritts. Diese Transfers
dienten zum Saldenausgleich der damals jahresüberschreitenden Erstattungsfrist für Direkt-
zahlungen, aber auch zur Abfederung der Lagerabwertung und der Preissenkungen für
Agrarprodukte in Österreich. Alle diese Umstände treffen bei der anstehenden Erweiterung
gar nicht oder nur in Teilbereichen zu.

Somit scheinen im Falle der kommenden Erweiterung dem Bundesministerium für Finanzen
die Voraussetzungen für direkte monetäre Transfers nicht gegeben.

Zu 4.:

Zunächst möchte ich festhalten, dass bereits der Europäische Rat von Berlin 1999 klare
Leitlinien für die Finanzierung der Erweiterung verankert hat. Er geht dabei insbesondere
davon aus, dass in den neuen Mitgliedstaaten keine Direktzahlungen für die Landwirtschaft


gewährt werden und auch keine neue Förderungsschiene im Bereich der Ländlichen Ent-
wicklung gelegt wird. Weiters geht der Rat von der Arbeitshypothese aus, dass die ersten
6 Staaten im Jahr 2002 beitreten würden, wobei der daraus resultierende Mittelbedarf in der
Finanziellen Vorausschau 2000 - 2006 berücksichtigt ist.

Eine grundlegende Reform der GAP ist dringend erforderlich und ebenfalls durch den Rat
von Berlin für 2002/03 programmiert. Eine solche Reform müsste sich auf die EU insgesamt
beziehen und könnte aus budgetärer Sicht unter anderem die folgenden Elemente enthalten:

•    Degression: Die Einführung einer größenabhängigen und einer zeitlichen Degression ist
in Erwägung zu ziehen, damit mehr Verteilungsgerechtigkeit und mehr Marktorientierung
erreicht wird.

•    Kofinanzierung: Die Kofinanzierung der GAP, wie bereits jetzt in der Ländlichen Ent-
wicklung, wäre zu prüfen, weil dadurch die sachliche und die finanzielle Verantwortung
wieder zur Deckung gebracht und sich das Bewusstsein für die Effizienz erhöhen würde.

•    Evaluierung: Sämtliche Maßnahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik, aber auch der
Ländlichen Entwicklung, müssen auf ihre Zweckmäßigkeit und ihre Effizienz überprüft
werden.