3481/AB XXI.GP

Eingelangt am: 25.04.2002

BM für Finanzen

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Rudolf Edlinger und
Kollegen vom 28. Februar 2002, Nr. 3553/J, betreffend Informationspflichten in der ÖIAG,
beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

Einleitend möchte ich festhalten, dass sich die vorliegende schriftliche parlamentarische
Anfrage nach ihrer Textierung teilweise auf Organbeschlüsse der Austria Tabak AG bezieht,
dem Sinne nach aber offenbar die ÖIAG betrifft, wobei es sich allerdings auch bezüglich der
ÖIAG überwiegend um interne Angelegenheiten der ÖIAG-Organe handelt, welche keine in
die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Finanzen fallenden Gegenstände der
Vollziehung und insbesondere auch keine Angelegenheiten der Verwaltung des Bundes als
Träger von Privatrechten betreffen und daher von dem im § 90 Geschäftsordnungs-
gesetz 1975 determinierten Fragerecht nicht erfasst sind. Vom Bundesministerium für
Finanzen werden ausschließlich die Rechte der Republik Österreich als Alleineigentümerin
der ÖIAG in der Hauptversammlung der ÖIAG wahrgenommen.

Im Hinblick darauf kann ich mich zu den Fragen nur im Einverständnis mit der ÖIAG
aufgrund einer von der Gesellschaft dem Bundesministerium für Finanzen erteilten
Information äußern und nehme (da diese Fragen auch in den Medien erörtert wurden), wie
folgt Stellung:


Zu 1. bis 11.:

Von der ÖIAG wird vorerst darauf hingewiesen, dass Herrn Professor Jabornegg für die
Ausarbeitung seines Gutachtens offensichtlich nicht alle notwendigen Informationen und
Unterlagen zur Verfügung gestellt wurden, sodass seine Schlussfolgerungen zwar dem
Aktiengesetz entsprechend allgemein richtig sind, seine konkreten Feststellungen -
insbesondere bezüglich mangelnde Information des ÖIAG-Aufsichtsrates und dessen
angeblichen rechtswidrigen Verhaltens - jedoch als absolut unzutreffend angesehen
werden.

Der Aufsichtsrat der ÖIAG wurde (nach telefonischer Vorankündigung) am Vormittag des

20. Juni 2001 mittels Telefax zu einer außerordentlichen ÖIAG-Aufsichtsratssitzung für den

21. Juni 2001, 22.00 Uhr eingeladen. Bei dieser Aufsichtsratssitzung sollte der Verkauf der
41,1 % Anteile der ÖIAG an der Austria Tabak AG abschließend behandelt und genehmigt
werden. Sowohl in der Satzung der ÖIAG als auch in der Geschäftsordnung für den
Aufsichtsrat ist zwar grundsätzlich eine Frist von 14 Tagen für die Einberufung von
Aufsichtsratssitzungen vorgesehen, gleichzeitig ist dem Vorsitzenden aber die Möglichkeit
eingeräumt, diese Frist in dringenden Fällen zu verkürzen.

Die Dringlichkeit der Aufsichtsratssitzung vom 21. Juni 2001 ergab sich vor allem daraus,
dass an diesem Verkaufsverfahren sowohl als Verkaufsobjekt, als auch auf Bieterseite
börsenotierte Unternehmungen teilnahmen, sodass jede Verzögerung und jede vorzeitige
Information der Öffentlichkeit Einfluss auf die jeweiligen Aktienkurse gehabt hätte.

Bereits in der am 25. Mai 2001 abgehaltenen Aufsichtsratssitzung wurde vom Vorstand der
ÖIAG auf die damals für 22. Juni 2001 angestrebte Beschlussfassung im Aufsichtsrat der
ÖIAG hingewiesen, sodass dieser Behandlungsgegenstand für die Aufsichtsratsmitglieder
grundsätzlich nicht überraschend war. Außerdem fand am 22. Juni 2002, 09.00 Uhr, eine
schon zu Jahresbeginn 2001 anberaumte turnusmäßige Aufsichtsratssitzung statt. Da die
meisten Aufsichtsratsmitglieder nicht in Wien ansässig sind, sondern von auswärts zu den
Sitzungen anreisen, konnte der Vorstand der ÖIAG davon ausgehen, dass die Aufsichts-
ratsmitglieder auch am Abend vor der turnusmäßigen Aufsichtsratssitzung, also am 21. Juni
2001, bereits in beschlussfähiger Anzahl in Wien anwesend waren und für eine Aufsichts-
ratssitzung zur Verfügung stehen konnten. Dies wurde vor der Einberufung der Sitzung auch
telefonisch abgeklärt.


Außerdem wird von der ÖIAG darauf hingewiesen, dass der Aufsichtsrat der ÖIAG seit
Übertragung der Anteilsrechte des Bundes an der Austria Tabak AG an die ÖIAG - teilweise
durch die beiden Vorstandsmitglieder der Austria Tabak AG persönlich - laufend über die
Entwicklung der Austria Tabak AG informiert worden war. Die Austria Tabak AG war
außerdem im Privatisierungsauftrag der Bundesregierung vom 29. Februar 2000, der in der
ordentlichen Hauptversammlung vom 17. Mai 2000 erteilt wurde, als vollständig zu
privatisierendes Unternehmen angeführt. Bereits im September 2000 erfolgte erstmals eine
Information über die beabsichtigte Privatisierung der restlichen ÖIAG-Anteile; weitere
detaillierte Informationen erfolgten in den Aufsichtsratssitzungen vom November 2000,
März 2001 und Mai 2001, wobei auch über den jeweiligen Stand des Privatisierungs-
verfahrens berichtet wurde.

In der am 21. Juni 2001 abgehaltenen außerordentlichen Aufsichtsratssitzung wurde daher
nur mehr über den Bestbieter und den Kaufpreis berichtet. Die Entgegennahme dieser
wenigen Informationen war nach Ansicht der ÖIAG dem Aufsichtsrat durchaus möglich und
zumutbar. Außerdem standen zur Beantwortung von Fragen in der außerordentlichen
Aufsichtsratssitzung die Mitarbeiter der Investmentbank sowie der Rechtsanwalt als Berater
der ÖIAG bei dieser Transaktion für Detailauskünfte zur Verfügung.

Nach Mitteilung der ÖIAG beschränkten sich die Informationen, welche für die Entscheidung
des Aufsichtsrates erforderlich waren, im Wesentlichen auf die Höhe des Kaufpreises, die
Tatsache, dass der Zuschlag dem Bestbieter Gallaher erteilt werden sollte sowie auf einige
Informationen über die Gallaher Group.

In der außerordentlichen Aufsichtsratssitzung sprachen sich die von der Bundesarbeits-
kammer nominierten Aufsichtsratsmitglieder gegen eine vollständige Privatisierung bzw. vor
allem gegen einen Verkauf an einen ausländischen Bieter aus, ohne den auf dem ÖIAG-
Gesetz 2000, BGBI. l, Nr. 24/2000, beruhenden Privatisierungsauftrag der Bundesregierung
zu berücksichtigen.

Schließlich wird von der ÖIAG darauf verwiesen, dass alle Aufsichtsratsmitglieder der ÖIAG
über den selben Informationsstand verfügten und dass eine sorgfältige Entscheidung trotz
der kurzen Einberufungsfrist im Hinblick auf die bereits früher gegebenen ausführlichen
Informationen sowie auf die in der außerordentlichen Aufsichtsratssitzung vom 21. Juni 2001
bestehenden zusätzlichen Auskunftsmöglichkeiten ohne weiteres möglich war. Wie die
Entwicklung nach der zustimmenden Entscheidung des Aufsichtsrates vom 21. Juni 2001


gezeigt hat, wurde die Abgabe der restlichen 41,1 % Anteile der ÖIAG an der Austria Tabak
AG unter den gegebenen Umständen sowohl im betroffenen Unternehmen als auch an der
Wiener Börse zustimmend aufgenommen und als wirtschaftlich beste Lösung akzeptiert.