3482/AB XXI.GP

Eingelangt am: 25.04.2002

Bundesminister für Finanzen

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3559/J vom 28. Februar 2002 der
Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek und Kollegen, betreffend notwendige Reform der
öffentlichen Exportfinanzierung, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

Zu 1. und 2.:

Auf OECD-Ebene werden keine Gespräche über eine Reform der Exportkreditagenturen
(ECAs) geführt. Es gibt aber laufend Verhandlungen über allgemeine und spezifische
Fragen im Zusammenhang mit staatlichen Exportkreditversicherungssystemen, über deren
Verlauf die Öffentlichkeit nach Maßgabe erzielter Fortschritte, Zwischen- und Endergebnisse
informiert wird. Dies erfolgt sowohl auf OECD-Ebene im Wege von regelmäßigen
Konsultationen, OECD-Homepage-Veröffentlichungen und fallweiser Freigabe von
Dokumentenentwürfen als auch auf nationaler Ebene (Workshops, Informationsveranstal-
tungen, OeKB- und BMF-Homepage).

Konkret findet seit dem Jahr 2000 ein regelmäßiger Meinungsaustausch zwischen "Stake
Holders" (Nichtregierungsorganisationen-NGO's, internationale Sozialpartnerorganisationen
und Vertreter von Abnehmerländern) und der OECD Working Party on Export Credits and
Credit Guarantees zum Verhandlungsthema "Umweltaspekte und Exportkredite" statt. Den
"Stakeholders" als auch der breiten Öffentlichkeit wurden über die Homepage der OECD
entsprechende Dokumente zur Verfügung gestellt.


Zur innerösterreichischen Intensivierung dieses Dialogs veranstaltete das
Bundesministerium für Finanzen gemeinsam mit der OeKB-AG am 23. Oktober 2000 einen
zweiteiligen Workshop zum Thema "Umweltschutz und Exportkreditversicherung". Zu dieser
Veranstaltung waren Vertreter des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft,
Umwelt- und Wasserwirtschaft, des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten,
des Bundeskanzleramtes, der Wirtschaftskammer Österreich, der Kommerzbanken, der
Exportwirtschaft und von Nicht-Regierungsorganisationen geladen. Die Vorträge
behandelten das internationale Umfeld und die Entwicklungen in der OECD zu diesem
Thema, sowie eine Präsentation des innerösterreichischen Umweltprüfverfahrens
(Schwellenwerte, Screening-Verfahren, Projekteinstufung in Kategorie A, B oder C,
Mitigation und Monitoring).

Zu 3.:

Österreich hat sich bei den Verhandlungen über eine Draft Recommendation on Export

Credit and Environment im Rahmen der OECD Arbeitsgruppe über Exportkredite und Kredit-
garantien (ECG) aktiv dafür eingesetzt, beim Screening-Verfahren sensitiven Sektoren und
sensitiven Standorten einen gleichwertigen Stellenwert einzuräumen. Weiters setzte sich
Österreich dafür ein, den Katalog beispielhaft aufgezählter sensitiver Sektoren um weitere
sensible Sektoren, nämlich um den Verteidigungs-, Luftfahrt- und Nuklearsektor, um
Landwirtschaft und Fischerei sowie um Projekte im Zusammenhang mit genetisch
modifizierten Organismen zu ergänzen.

Gemeinsam mit der überwiegenden Mehrheit der Mitgliedsländer hat sich Österreich beim
"Environmental-Review" massiv dafür eingesetzt, den moderneren "Benchmark-Ansatz"
(Referenzwerte werden unter Berücksichtigung von beispielsweise standortspezifischen
Gegebenheiten von Fall zu Fall festgelegt) anstatt die Anwendung vorgefasster, starrer
quantitativer Grenzwerte durchzusetzen.

Eine weitere Forderung Österreichs bei der Umsetzung gemeinsamer Umweltprüfverfahren
durch die einzelnen OECD-Mitgliedsstaaten war schließlich die Sicherstellung fairer Wett-
bewerbsverhältnisse im Zusammenhang mit der Kostentragung dieser Umweltprüfmaß-
nahmen sowie die Gewährleistung eines "level playing field" zwischen Exporteuren aus
unterschiedlichen Ländern.


Zu 4.:

Österreich hat sich ähnlich wie auch die überwiegende Mehrheit der OECD-Mitgliedsstaaten

stets dafür eingesetzt, sich auf den moderneren "Benchmark-Ansatz" zu einigen. Vorweg
festgeschriebene qualitative und quantitative Standards (z.B. Weltbankstandards, wie von
den USA gefordert) bringen den Nachteil mit sich, dass sie sich einerseits in kürzester Zeit
als überholt erweisen können und dann im Zuge eines komplizierten Verfahrens angepasst
werden müssen. Auch bieten solche Standards zu wenig Spielraum, um auf
standortspezifische Gegebenheiten Rücksicht zu nehmen.

Zu 5.:

Das ist nicht richtig. Im Gegenteil: Österreich hat die Abhaltung von regelmäßigen

Konsultationen mit einschlägigen Stakeholders und Nichtregierungsorganisationen auf
OECD-Ebene unter ausdrücklicher Forderung der Einbeziehung der Empfängerländer sowie
auf nationaler Ebene unter der vorrangigen Prämisse eines konstruktiven Dialogs stets
unterstützt. Auch wir beabsichtigen weiterhin verstärkt zum Zweck eines vertieften, die
wechselseitigen Anliegen berücksichtigenden Dialogs, Informationsveranstaltungen bzw.
Workshops für einschlägig Interessierte abzuhalten.

Zu 6.:

Das Ausfuhrförderungsgesetz verfolgt ein im Verfassungsrang stehendes oberstes Ziel,

nämlich "die direkte oder indirekte Verbesserung der Leistungsbilanz". Es kann angesichts
seiner Ausrichtung auf verschiedenste Zielmärkte der Exportwirtschaft, darunter auch
Entwicklungsländer jedenfalls einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten.
Die Sicherung fairer Bedingungen für die österreichische Exportwirtschaft im internationalen
Wettbewerb stellt eine weitere bedeutsame Zielsetzung des österreichischen Ausfuhrförde-
rungsverfahrens dar.

Zu 7. und 8.:

Die Bekanntgabe von Informationen jeglicher Art, also etwa über einzelne Projekte,
Kreditgeschäfte, Garantie- bzw. Kreditanträge ist der OeKB-AG auf Grund der einschlägigen
Bestimmungen des Bankwesengesetzes und des Datenschutzgesetzes, aber auch allen
anderen befassten öffentlichen Stellen und Bundesministerien auf Grund der Amts- und
Dienstverschwiegenheit - losgelöst von der im Ausfuhrförderungsgesetz normierten
Verschwiegenheitspflicht - gesetzlich untersagt.


Die Vertraulichkeitsbestimmung im § 5 Abs. 6 Ausfuhrförderungsgesetz verfolgt
insbesondere den Zweck, die Position österreichischer Bieter für einen Liefer- und /oder
Leistungsauftrag im internationalen Wettbewerb im Vorfeld der Auftragsvergabe zu
schützen.

Insbesondere in der Phase vor endgültiger Auftragserteilung ist es von großer Bedeutung für
das betreffende Unternehmen, dass nicht durch Bekanntwerden von Details (Projekte,
Namen beteiligter Firmen, Konditionen) Wettbewerbsnachteile entstehen. Ein vorzeitiges
Bekanntwerden von Informationen könnte daher insbesondere in dieser Phase zu
Ansprüchen (Schadenersatz, Feststellungen, Unterlassungen) im Falle des Verlustes eines
Auftrages führen.

Im Hinblick auf diese wichtigen Wettbewerbselemente setzt sich Österreich im OECD-
Rahmen für eine gemeinsame, nach außen vertretbare Informations- und
Transparenzlösung ein, welche auch diese berechtigten Vertraulichkeitsaspekte mit
berücksichtigt. Zugleich dürfen Informations- und Transparenzmaßnahmen nicht zu einer
wettbewerbsmäßigen Schlechterstellung von Unternehmen führen, die sich für eine
Teilnahme an einem Projekt bewerben. Aus diesem Grund begrüßte Österreich eine
Initiative, die Möglichkeiten für einen anonymisierten Informationsaustausch zu einzelnen
Projekten auf OECD-Ebene andachte.

Zu 9.:

In den OECD-Exportkreditsystemen sowie im österreichischen Ausfuhrförderungsverfahren

steht derzeit die Beobachtung der umgesetzten Umweltprüfverfahren im Vordergrund, um
auf OECD-Ebene nach einstimmiger Beschlussfassung über die OECD-Empfehlung einen
entsprechenden Meinungsaustausch führen zu können. Es erscheint daher zweckmäßig, vor
der Entwicklung gänzlich neuer Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtskriterien zunächst
einmal die Ergebnisse und Rückmeldungen der jüngst entwickelten und implementierten
Umweltprüfverfahren abzuwarten. Dem Parlament und den Nichtregierungsorganisationen
steht es selbstverständlich frei, Vorschläge und Anregungen einzubringen.


Zu 10.:

Das österreichische Ausfuhrförderungssystem sieht ein umfassendes, effizient strukturiertes

Umweltprüfverfahren vor. Es wurde national und international präsentiert und ist daher sehr
wohl als "good practice" zu bezeichnen. Der "Umweltschutz-Fragebogen" ist ein wichtiger
Bestandteil dieses Verfahrens und muss daher im Gesamtkontext gesehen werden.

Dieses Umweltprüfverfahren gilt für alle beantragten Haftungsübernahmen mit einem
österreichischen Anteil von mehr als 1 Mio. €, einem 2 Jahre überschreitenden Zahlungsziel
und ist in 3 Stufen unterteilt:

•    "Pre-Screening"

An Hand einiger umweltspezifischer Fragen wird vor Haftungsübernahme herausgefiltert,
ob bei diesen Geschäften Umweltrisiken durch sensible Branchen und Standorte
betroffen werden. Falls sich dabei eine Umweltrelevanz herausstellt, wird die nächste
Prüfstufe eingeleitet.

•    "Screening"

Mittels eines spezifischen Fragebogens wird der vorhandene Informationsstand vertieft.
Dabei werden projektsspezifische Informationen aus unterschiedlichen Quellen genutzt.

•    "Projektklassifizierung"

Je nach ermittelter Umweltsensibilität werden Projekte entweder in Kategorie A, B oder C
gegliedert. Projekte der Kategorien A und B bedürfen einer intensiveren Begutachtung
der Umweltfragen, dabei können Environmental Impact Assessments (EIA) verlangt
werden. Projekte der Kategorie C bedürfen in der Regel keiner weiteren Analyse. Je
nach Ergebnis der jeweiligen EIA können Gegenmaßnahmen und Alternativoptionen
identifiziert und empfohlen oder ein gänzliches Abstandnehmen angeraten werden.

Zu 11.:

Das im Punkt 10 beschriebene Umweltprüfverfahren stellt sicher, dass im Rahmen des

österreichischen Ausfuhrförderungsverfahrens Umwelt- und Sozialstandards in die
fallspezifische Entscheidungsfindung entsprechend einfließen bzw. berücksichtigt werden.

Zu 12.:

International abgestimmte Umweltprüfverfahren, wie etwa auf OECD-Ebene, verfolgen auch

den Zweck, bei den Abnehmerländern zu einer Bewusstseinsbildung beizutragen. In diesem


Sinne wurden im Rahmen der OECD-Verhandlungen Konsultationen mit Vertretern der
Abnehmerländer geführt. Für eine nachhaltige Umsetzung der Umweltziele, die dem OECD-
Verhandlungsprozess und der Draft Recommendation zu Grunde liegen, ist somit ein
effizientes Zusammenwirken mit den Abnehmerländern Voraussetzung. Ansonsten würde
man sich dem Risiko aussetzen, dass diese Länder sich Bezugsquellen zuwenden, die
Leistungen und Lieferungen weit abseits jeglicher Umweltstandards zu erbringen bereit sind.

Österreich kann dafür sorgen, dass Lieferungen und Leistungen im Rahmen des öster-
reichischen Ausfuhrförderungsverfahrens und deren fachgerechte Anwendung
entsprechende Standards aufweisen. Eine Garantie dafür, dass dies in den
Abnehmerländern während der gesamten Lebensdauer der gelieferten Güter auch in diesem
Sinne geschieht, kann seitens Österreichs natürlich nicht gegeben werden.

Zu 13.:

Ein Grundpfeiler der Geschäftspolitik der OeKB-AG ist ihre Wettbewerbsneutralität

gegenüber den Eigentümern. Die Eigentümerbanken haben keinen Einfluss auf die
operativen Vorschläge und Entscheidungen der OeKB-AG.

Gemäß § 5 Abs. 1 Ausfuhrförderungsgesetz 1981 i.d.g.F. ist die OeKB-AG beauftragt, als
Bevollmächtigte des Bundes nach §§ 1002ff. ABGB die banktechnische Behandlung der An-
suchen um Haftungsübernahme vorzunehmen. Die OeKB-AG ist daher für Handlungen und
Maßnahmen im Rahmen dieses Vollmachtverhältnisses ihrem Vollmachtgeber Republik
Österreich vertreten durch das Bundesministerium für Finanzen, gegenüber verantwortlich.

Zu 14.:

Der Rechnungshof hat ausgeführt, dass "kontroversielle Themen ...." (und nicht "kontrover-

sielle Projekte ...")"... zumeist nicht im Beirat, sondern in den Sitzungen der Garantiepolitik
behandelt" würden. Weiters bemerkte er: "dort fielen auch Entscheidungen über Anträge, ..."
Es ist richtig, dass in der Vergangenheit in seltenen Fällen Einzelprojekte in den Garantie-
politiksitzungen besprochen wurden, dort aber immer nur eine grundsätzliche Abstimmung
über die Frage der Vorlage eines Geschäftsfalles an den Beirat erfolgte. Die definitive
Begutachtung einzelner Haftungsanträge ist immer im dafür zuständigen Beirat
gesetzeskonform durchgeführt worden. Auf diese Rechnungshofkritik hin ist dahingehend
reagiert worden, dass inzwischen solche Vorabstimmungen zu Einzelgeschäften in den
Sitzungen der Garantiepolitik eingestellt wurden.


Zu 15.:

Grundsätzlich wird das österreichische Ausfuhrförderungsverfahren seit 1950
GATT/nunmehr WTO-konform ausgeglichen gestioniert. Schadenszahlungen konnten
grundsätzlich - von international akkordierten Schuldendienstreduktionen/Schulden-
streichungen abgesehen - durch vereinnahmte Garantieentgelte abgedeckt werden.

Es ist daher nicht zutreffend, von wachsenden Budgetbelastungen durch das österreichische
Ausfuhrförderungsverfahren zu sprechen. Es ist aber richtig, dass in den letzten Jahren die
Bedeutung privater Exportkreditversicherer in bestimmten Bereichen zugenommen hat.

Zu 16.:

An einer Änderung der bisherigen Meldepraxis wird zurzeit seitens des Bundesministeriums

für auswärtige Angelegenheiten in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Finanzen
gearbeitet.

Zu 17. und 18.:

Begünstigte Exportkredite oder Rahmen Il-Kredite ("soft loans") werden im Einklang mit den
Bestimmungen über gebundenen Hilfskredite im OECD Arrangements on Guidelines for
officially supported export credits (Consensus) vergeben. Diesen Bestimmungen zu Folge
sind der soft loan-fähige Länderkreis sowie auch projektspezifische Anforderungen vorge-
geben. Insbesondere sollen nur jene Projekte in den Genuss gebundener Hilfskredite ge-
langen, die sich bei einer Finanzierung zu Markt- oder Consensus-Konditionen als
kommerziell nicht tragfähig erweisen. Auf Grundlage dieser Kriterien haben sich insbeson-
dere Projekte in den Sektoren Infrastruktur, Bildung, Soziales, Gesundheit und Spitäler,
Wasseraufbereitung, Abwasserbehandlung und Bewässerung, Eisenbahn und
Straßenbrücke als "soft loan-tauglich" herausgestellt:

Gebundene Hilfskredite zu begünstigten Konditionen, darunter auch österreichische
Rahmen Il-Kredite erfüllen diese international festgelegten Kriterien und sind gemäß den für
alle OECD Länder gültigen Consensus-Bestimmungen primär handels- und nicht entwick-
lungshilfeorientiert, österreichische Rahmen Il-Kredite zu begünstigten Konditionen sichern
daher in diesem Umfeld die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Exportwirtschaft. Vor
diesem Hintergrund ist eine geografische und inhaltliche Einschränkung auf Schwerpunkt-
länder der Entwicklungszusammenarbeit (EZA) nicht möglich.


Es darf jedoch darauf aufmerksam gemacht werden, dass die EZA-Tauglichkeit jedes
einzelnen Projektes - inklusive Aid Quality Assessment - vom für EZA zuständigen
Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten vorgenommen wird. Es obliegt daher
der Beurteilung durch dieses Ressort, diese Projekte als ODA-anrechenbar einzustufen.

Zu 19. und 20.:

Die Zuständigkeit für Fragen im Zusammenhang mit der ODA-Anrechenbarkeit einzelner
Projekte liegt beim Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten. Ich ersuche um
Verständnis, dass ich daher dazu nicht Stellung nehme.