349/AB XXI.GP

 

Auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Pirklhuber, Freundinnen und Freunde vom

9. Februar 2000, Nr. 349/J, betreffend Strategie bei den WTO - Verhandlungen, beehre ich

mich Folgendes mitzuteilen:

 

Zu Frage 1:

 

Ausgangsbasis für die Verhandlungen im Agrarbereich ist der Artikel 20 des Abkommens der

Landwirtschaft aus der Uruguay - Runde. Dieser besagt, dass die

a) bis zu diesem Zeitpunkt gewonnenen Erfahrungen bei der Durchführung der

    Senkungsverpflichtungen zu berücksichtigen sind;

b) die Auswirkungen der Senkungsverpflichtungen auf den Weltagrarhandel zu

    untersuchen sind;

c) nichthandelsbezogene Anliegen besondere und differenzierte Behandlung der

    Entwicklungslandmitglieder und das Ziel, ein gerechtes und marktorientiertes System für

    den Handel mit landwirtschaftlichen Waren einzuführen und die anderen Ziele und

    Anliegen, die in der Präambel zu diesen Übereinkommen genannt sind, zu

    berücksichtigen sind und

d) welche Verpflichtungen weiterhin notwendig sind, um die oben erwähnten langfristigen

    Ziele zu erreichen

Zu den Fragen 2 und 3:

 

Es ist richtig, dass die Agrarverhandlungen im Rahmen des WTO - Komitees für Landwirt -

schaft stattfinden werden. Durch die Tatsache, dass die Verhandlungen in den bestehenden

Strukturen und auch zu den gleichen Terminen wie die bereits vorgesehenen Komitees statt -

finden, ist sichergestellt, dass alle WTO - Mitglieder an den geplanten Sitzungen teilnehmen

können und eine entsprechende Transparenz gewährleistet ist. Zur Frage hinsichtlich der

Vertraulichkeit der Ausschüsse darf angemerkt werden, dass im Rahmen der WTO aus allen

Mitgliedstaaten Regierungsvertreter an den Ausschüssen teilnehmen und ein genauer Sek -

retariatsbericht im Anschluss erstellt wird. Dieser wird den Regierungen der Mitgliedsländer

übermittelt. Diejenigen Sitzungsergebnisse, welche für die Öffentlichkeit bestimmt sind, sind

im allgemeinen bereits im Anschluss der Sitzung aus dem Internet unter der Adresse

http://www.wto.org/ ersichtlich.

 

NGO‘s wurden bereits im Vorfeld der Verhandlungen durch Informationsveranstaltungen im

Wirtschaftsministerium über den Stand der Vorbereitungen für die WTO - Ministerkonferenz in

Seattle informiert. Auch in Zukunft wird diese Vorgangsweise beibehalten bleiben.

 

Zum Thema „umfassende Demokratisierung der WTO“ darf auf Diskussionen in der Ratsar -

beitsgruppe (RAG) „Artikel 133“ im Jänner und Februar 2000 hingewiesen werden, in wel -

cher dieses Thema zur Diskussion stand und Vorschläge an das Sekretariat der WTO über -

mittelt werden.

 

Zu Frage 4:

 

Die Position der EU zum Bereich Landwirtschaft und auch zu dem Teilbereich der Export -

subventionen wurde in den Schlussfolgerungen des Allgemeinen Rates mit Dokument Nr.

12092/99 festgelegt. In diesem Dokument wurde unter anderem festgehalten, dass sich der

Standpunkt der EU bei den Schlüsselfragen, wie Zugang, Ausfuhrstützung und Verpflichtung

zur Senkung der Stützungsmaßnahmen auf das gesamte vom Europäischen Rat in Berlin

beschlossene Agenda - 2000 - Paket stützen wird. In bezug auf den verbesserten Zugang

muss die EU als wichtiger Lebensmittelexporteur darauf achten, dass sie sich ihren Anteil an

der Ausweitung des Welthandels sichert. Die EU ist bereit, auch über den Abbau der inländi -

schen Subventionen und der Ausfuhrstützung zu verhandeln, wobei sie sich darum bemühen

wird, Verbesserungen der Chancen der EU - Exporteure zu erzielen und zugleich sicherstellen

wird, dass alle Formen der Ausfuhrstützung gleich behandelt werden (auch unter Miteinbe -

ziehung der Nahrungsmittelhilfe, der Ausfuhrkredite, etc.)

 

Zu Frage 5:

 

In der Verhandlungsposition der EU ist klar festgelegt, dass die Berücksichtigung der Vor -

schriften über das Wohlbefinden der Tiere auf internationaler Ebene ebenfalls einer der Fix -

punkte der Verhandlungen sein sollen. Österreich hat sich bei den Verhandlungen ausdrück -

lich für das Wohlbefinden der Tiere ausgesprochen.

 

Derzeit werden nur dann Erstattungen für Lebendrinderexporte bezahlt, wenn die Einhaltung

der Bestimmungen für das Wohlergehen der Tiere beim Transport bis zum Bestimmungsort

gewährleistet ist. Diese Regelung ist in der Verordnung 615/98 festgelegt.

 

Zu Frage 6:

 

Das Konzept der Multifunktionalität ist ein Kernelement des Europäischen Modells der

Landwirtschaft. Der Feststellung in Ihrer parlamentarischen Anfrage, wonach die Agenda

2000 weiterhin auf eine exportorientierte Intensivlandwirtschaft setzt, kann nicht gefolgt wer -

den. Schon mit der Agrarreform im Jahr 1992 wurden durch die flankierenden Maßnahmen

der gemeinsamen Agrarpolitik landwirtschaftliche Produktionsverfahren eingeleitet, die auf

den Schutz der Umwelt, auf extensive Produktionsweisen und den Erhalt des ländlichen

Raums ausgerichtet sind. Spätestens mit den Beschlüssen der Agenda 2000 wurde mit der

ländlichen Entwicklung gemäß Verordnung (EG) Nr.1257/99 die zweite Säule der Gemein -

samen Agrarpolitik gebildet und die Fortführung von Wirtschaftsweisen, die den Prinzipien

der Nachhaltigkeit entsprechen, langfristig sichergestellt.

 

Zu Frage 7:

 

Im Regierungsübereinkommen ist festgeschrieben, dass die Bundesregierung die Grundsät -

ze des Europäischen Landwirtschaftsmodells dem Beschluss des EU - Rates vom Dezember

1997 entsprechend im Interesse der nachhaltigen Sicherung der multifunktionalen Leistun -

gen bei den laufenden internationalen Verhandlungen (WTO, Erweiterung) forcieren wird.

Aufgrund des besonders hohen Stellenwertes der Förderungen für das Einkommen der Be -

triebe und der dort arbeitenden Bevölkerung sind Zielgenauigkeit, Effizienz und soziale Ge -

rechtigkeit bei der Verteilung der öffentlichen Mittel weiter zu forcieren. Die österreichische

Bundesregierung tritt daher auf EU - Ebene für eine Weiterentwicklung der Gemeinsamen

Agrarpolitik ein, sodass Degressionsmodelle nach der Betriebsgröße für den Marktord -

nungsbereich einheitlich in der EU zur Anwendung kommen können.

 

Zu Frage 8:

 

Im Zuge der Verhandlungen in Seattle stand das Thema „Biotechnologie“ vor allem über

Betreiben der USA auf dem Programm. Von dem von Ihnen behaupteten Versuch, die Bei -

behaltung des Agrarförderungssystems zu erkaufen, ist mir nichts bekannt.

 

Zu Frage 9:

 

Es stimmt, dass nicht nur wissenschaftlich gesicherte und allgemein anerkannte (bestätigte)

Umwelt - und Gesundheitsgefährdungen zum Importverbot für GVOs führen können, sondern

schon wissenschaftliche Unsicherheiten über die möglichen Auswirkungen von GVOs für

solche Staaten ausreichend sind, die das Protokoll über Biologische Sicherheit ratifiziert ha -

ben. Damit wird dem in der Novelle zur EU - Freisetzungsrichtlinie 90/220/EWG erstmals zi -

tiertem Vorsorgeprinzip Rechnung getragen.

 

Es besteht jedenfalls die Möglichkeit von der Verbotsoption des Biosafety - Protokolls (das

erst durch Österreich ratifiziert werden muss) Gebrauch zu machen. Die Inanspruchnahme

dieser Option ist naturgemäß in jedem Einzelfall detailliert zu prüfen und zu beurteilen.

 

Zu Frage 10:

 

Bei den zukünftigen WTO - Verhandlungen ist es Ziel der EU, in einer umfassenden Runde im

Bereich „Handel und Umwelt“ gerade die Gleichstellung der MEA‘s (Multilaterale Umweltab -

kommen) mit WTO - Regeln zu erreichen. Dies würde auch bei zukünftigen Schiedsgerichts -

sprüchen die Durchsetzung dieser Abkommen stärken. Österreich unterstützt diese Haltung.

 

Zu Frage 11:

Dieses Problem müsste im Rahmen einer umfassenden WTO - Verhandlungsrunde diskutiert

und ein allgemeiner Lösungsansatz gefunden werden.

 

Zu Frage 12:

 

Eine WTO - Arbeitsgruppe „Biotechnologie“ wurde in der RAG „Artikel 133“ im November

1999 diskutiert. Wie auch die von Ihnen angeführten Länder hat auch Österreich Sorge dar -

über geäußert, dass eine Arbeitsgruppe in der WTO möglicherweise den Abschluss des Bio -

safety - Protokolls verzögern könnte. Österreich vertrat dazu die Auffassung, vorerst die Ver -

handlungen im Rahmen des Biosafety - Protokolls erfolgreich abzuschließen, was bereits er -

folgt ist. Österreich hat sich ebenfalls gegen eine Biotechnologie - Arbeitsgruppe auf WTO -

Ebene eingesetzt.

 

Zu Frage 13:

 

Die Position der EU zum Bereich der Umweltschutzmaßnahmen, Standards oder auch

Kennzeichnungstragen wurde umfassend in den Schlussfolgerungen des Rates Dokument

Nr. 12092/99 festgelegt. Die hier verabschiedete EU - Position dient als Grundlage für die zu -

künftigen Verhandlungen.

 

Nationale Umweltschutzmaßnahmen, Produktstandards oder gesetzlich vorgeschriebene

Kennzeichnungsregelungen sollten keinesfalls ein Handelshemmnis darstellen.

 

Zu Frage 14:

 

Bereits durch den Vertrag der Uruguay - Runde wurde den Entwicklungsländern die weitere

Unterstützung zugesichert. Auch bei den kommenden Verhandlungen wird gerade von EU -

Seite darauf Bedacht genommen, dass den Interessen der Entwicklungsländer Rechnung

getragen wird. So sind u. a. umfassende Zollfreiheiten, Verlängerungen von Ausnahmerege -

lungen und weitere technische Hilfe vorgesehen.