3655/AB XXI.GP

Bundesministerium für Soziale und Generationen

Eingelangt am: 21.05.2002

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage

Nr. 3666/J der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek und Genossinnen wie


folgt:

Fragen 1 bis 5:

Einleitend muss ich darauf hinweisen, dass die Feststellung im Einleitungstext,
derzufolge 8 % der 14-Jährigen alkoholkrank seien, unzutreffend ist und jeglicher
Grundlage entbehrt. Leider kann man zwar nicht ausschließen, dass bereits
14-Jährige in Österreich alkoholkrank sind; es handelt sich dabei aber um Einzelfäl-
le, da die Entstehung einer Alkoholkonsumkrankheit sich in der Regel über mehrere
Jahre erstreckt, regelmäßiger Alkoholkonsum jedoch kaum vor dem 12. Lebensjahr

- in der überwiegenden Zahl der Fälle etwa ab dem 14. Lebensjahr- beginnt.

Insgesamt sinkt der Pro-Kopf-Verbrauch bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen

- so wie auch in allen anderen Altersgruppen - seit drei Jahrzehnten geringfügig, a-
ber konstant. Das bedeutet, dass sich die Situation nicht verschärft, sondern sich
eher langsam zu verbessern scheint. Dennoch bleibt bei einer Gesamtlebenszeitprä-
valenz von 10 % Alkoholismus (d.h. dass jede/r 10. Österreicher/in im Laufe des Le-
bens an Alkoholismus erkrankt) der Alkohol ein volksgesundheitliches Problem. Es
trifft somit zu, dass Alkohol die in Österreich mit Abstand problematischste psycho-
aktive Substanz ist und bleibt. Maßnahmen zur präventiven Problemminderung sind
daher jedenfalls notwendig und werden auch von meinem Haus durchgeführt, wobei
etwa auch auf die Ausführungen zu Frage 9 zu verweisen ist.

Öffentlichkeitsarbeit in Form von Kampagnen ist vor allem dann zielführend und
nachhaltig wirksam, wenn sie mit konkreten innovativen Maßnahmen auf dem betref-
fenden Gebiet in Verbindung steht.

Im Einklang mit einschlägigen internationalen Aktivitäten - insbesondere der WHO
sowie auf Ebene der EU - ist derzeit ein Schwerpunkt der Präventionsaktivitäten


meines Ressorts dem Thema “Jugend und Alkohol" gewidmet. Als Auftaktveranstal-
tung wurde gemeinsam mit dem Anton Proksch Institut, dem Ludwig Boltzmann Insti-
tut für Suchtforschung und der von meinem Ressort geförderten Alkohol-Koordina-
tions- und Informationsstelle (AKIS) am 23. November 2001 eine Expertinnentagung
zu diesem Thema veranstaltet. Die in der Veranstaltung behandelten Themenberei-
che bezogen sich konkret auf Prävention, Jugendschutzbestimmungen, Alkohol in
Beruf/Freizeit/Verkehr sowie auf die Alkoholwerbung.

Ziel dieser gut dokumentierten Impulsveranstaltung (die Dokumentation ist über In-
ternet zugänglich: http://www.api.or.at/akis/veranst/allgufoto/jugendalk.htm) war es,
in der Praxis in diesem Bereich aktiv tätige und erfahrene Expertinnen, insbesondere
aus den Bereichen Wissenschaft, Prävention, Jugendarbeit, Wirtschaft, Sozialpart-
nerschaft, Behörden etc. zusammen zu bringen, um zunächst einen gemeinsamen
Informationsstand über die im Alkoholbereich seitens meines Ressorts in Aussicht
genommenen Aktivitäten herbeizuführen und die Expertinnen zur Mitarbeit an der
weiterführenden Diskussion und Aufarbeitung dieser Themen im Rahmen von Ar-
beitskreisen zu gewinnen. Im Sinne einer möglichst breiten Beteiligung aller mit die-
ser Thematik befassten Kreise wird die Aufarbeitung in Form einer sog. Delphi-
Studie erfolgen. Dieses Projekt ist u.a. Gegenstand der Förderung der Alkohol-
Koordinations- und Informationsstelle (AKIS) durch das Bundesministerium für sozia-
le Sicherheit und Generationen. Ziel ist es, auf breiter Ebene mit allen betroffenen
Kreisen diskutierte Vorschläge für eine zielorientierte weiterführende Präventions-
strategie zu erarbeiten. Die Delphi-Studie ist im Bereich Jugendschutz -Alkoholaus-
schank und -Verkauf bereits angelaufen. Erste konkrete Ergebnisse der Studie wer-
den noch in diesem Jahr vorliegen, das Gesamtergebnis im nächsten Jahr.

Im Rahmen der Umsetzung ist sodann eine die Ziele dieser Strategie nachhaltig un-
terstützende Öffentlichkeitsarbeit geplant Erst aus dieser Kombination zwischen ei-
ner zielführenden Strategie und einer darauf Bezug habenden Informationskampag-
ne kann entsprechende Effizienz und Nachhaltigkeit bei der Verringerung des Alko-
holkonsums und der mit dem Alkoholkonsum verbundenen Risiken bei Jugendlichen
erwartet werden.

Frage 6:

Im Zusammenhang mit den oben angeführten Aktivitäten erscheint es durchaus
sinnvoll, eine entsprechende Informationsoffensive auch in Richtung Handel und
Gastronomie zu überlegen, wobei allerdings das Bundesministerium für Wirtschaft
und Arbeit entsprechend einzubinden sein wird. Bereits jetzt werden Vertreterinnen
von Handel, Gewerbe und Gastronomie in den Diskussionsprozess der von AKIS
durchgeführten Arbeitskreise eingebunden. Etliche der in Ausarbeitung befindlichen
Präventionsmaßnahmen zielen konkret auf Handel und Gastronomie ab. Die effizien-
te Umsetzung solcher Maßnahmen setzt hohe Akzeptant und Verständnis aller Be-
teiligten voraus, weshalb die Einbindung von Repräsentantinnen von Handel und
Gastronomie bereits in der Formulierungsphase von zentraler Bedeutung ist.


Frage 7:

Weder der Vollzug der Gewerbeordnung noch die Jugendschutzgesetze fallen in den
Wirkungsbereich meines Ressorts. Eine entsprechende Anwendung der Möglichkei-
ten, die diese Rechtsmaterien im Hinblick auf den Schutz Jugendlicher im Zusam-
menhang mit dem Konsum alkoholischer Getränke bieten, erscheint jedoch aus dem
Blickwinkel der Gesundheit und des Jugendschutzes äußerst sinnvoll.

Entsprechende Überlegungen, welche Möglichkeiten zur Verbesserung in diesen
Bereichen erforderlich sind, sind daher auch Gegenstand der Erarbeitung einer wei-
terführenden Präventionsstrategie und werden sodann auch entsprechend mit dem
zuständigen Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit und den Ländern kommu-
niziert.

Im Übrigen teile ich die Meinung der Landesjugendreferentenkonferenz, die am
15. März 2002 im Beisein von Herrn Staatssekretär Dr. Waneck folgenden Be-
schluss gefasst hat:

“Die Landesjugendreferentenkonferenz erachtet die Beibehaltung der §§ 149 bis 151
in der geplanten Novelle zur Gewerbeordnung 1994 für besonders wichtig, da sie
den Ausschank von Alkohol an Jugendliche regeln. Die Landesjugendreferentenkon-
ferenz hält es für notwendig, dass die Verletzung des Jugendschutzes weiterhin ge-
werberechtliche Konsequenzen nach sich zieht und zwei antialkoholische Getränke
billiger sein sollen als das billigste alkoholische Getränk. Darüber hinaus sollten Ver-
kauf und Abgabe von alkoholischen Getränken an Jugendliche auch für andere rele-
vante Bereiche (insbesondere für den Handel und für Tankstellen) in gleicherweise
wie für das Gastgewerbe geregelt werden. Jugendliche, die selbst keinen Alkohol
konsumieren dürfen, sollten grundsätzlich auch keine alkoholischen Getränke für
Erwachsene erwerben können. Auf eine Abstimmung der Gewerbeordnung mit den
entsprechenden Bestimmungen der Jugendschutzgesetze der Länder sollte so weit
als möglich geachtet werden."

Frage 8:

Im Rahmen des Schwerpunktes Jugend und Alkohol werden u.a. auch dem aktuel-
len Standard Rechnung tragende Informationsmaterialien, die auch im schulischen
Bereich und in der außerschulischen Jugendarbeit gut einsetzbar sein sollen, aufge-
legt werden.

Auf zwei von meinem Ressort aufgelegte Informationsfolder (Der ganz “normale"
Alkoholkonsum, Früherkennung der gesundheitlichen Folgen des “normalen" Alko-
holkonsums) darf ich hinweisen, auch wenn sie sich nicht direkt an Kinder und Ju-
gendliche wenden. Weiters wird mein Ressort im Laufe dieses Jahres zwei Broschü-
ren aus der Reihe “Zum Thema Sucht" neu auflegen, wobei sich eine Broschüre an
die Zielgruppe Jugendliche und die andere an die Zielgruppe Jugendbetreuer richtet.

Die Alkohol-Koordinations- und Informationsstelle (AKIS) ist von meinem Ressort
u.a. auch damit betraut, alkoholrelevante Daten zu sammeln und aufzubereiten. Die-
se werden sowohl in gedruckter Form (Handbuch: Alkohol-Österreich) als auch über
Internet (http://www.api.or.at/akis) angeboten und insbesondere von der Fachwelt,


aber auch im Bereich der schulischen und universitären Ausbildung etc. genutzt.
Dieses Service wird kontinuierlich ausgebaut und auch der Öffentlichkeit immer bes-
ser bekannt.

Die österreichischen Fachstellen für Suchtprävention zielen in ihren primär- und se-
kundärpräventiven Aktivitäten auf Sucht und Missbrauch psychoaktiver Substanzen,
wobei auch Alkohol eine entsprechende Rolle spielt. Mein Ressort fördert die Arbeit
der Fachstellen und hat die Erstellung eines Leitbildes für die österreichischen
Suchtpräventionsstellen unterstützt. Diese inzwischen abgeschlossene Studie be-
handelt das Thema Suchtprävention in sehr breitem Rahmen einschließlich der
strukturellen Rahmenbedingungen und ist über http://www.api.or.at/lbi/dwldidx.htm/
dwnld.htm verfügbar. Ein zentrales Prinzip der österreichischen Fachstellen für
Suchtprävention ist es, Multiplikatorinnen auszubilden, die in der schulischen und
außerschulischen Jugendarbeit tätig sind, wodurch sich eine hohe Effizienz und eine
breite Wirkung ergeben.

Frage 9:

Das breite Angebot in diesem Zusammenhang ist auch international durchaus vor-
zeigbar. Ich verweise auf die zahlreichen Jugendberatungsstellen, Suchtberatungs-
stellen, Suchtbehandlungseinrichtungen, die Fachstellen für Suchtprävention etc.,
die im Zusammenhang mit primärer und sekundärer Alkoholprävention aktiv tätig
sind. Diesbezügliche Projekte von Jugendorganisationen werden im Rahmen des
Bundes-Jugendförderungsgesetzes unterstützt. Alleine im Bereich des Bundesminis-
teriums für soziale Sicherheit und Generationen stehen drei Anlaufstellen zur Verfü-
gung:

1.       “Jugend>lnfo BMSG" - Erstinformation für Jugendliche (Nulltarifnummer
0800/240 266)

2.       “Familienservice" - Erstinformation für besorgte Eltern (Nulltarifnummer
0800/240 262)

3.       “Kinder- und Jugendanwaltschaft des Bundes" - Erstinformation für Kinder,
Jugendliche und Eltern (Nulltarifnummer 0800/240 264).

Die “Jugend>Info BMSG" am Standort Franz-Josefs-Kai bietet zahlreiche Broschü-
ren und Informationsblätter zu den Themen Alkohol/Sucht und Prävention. Das
Beratungs- und Behandlungsangebot ist auch in dem von meinem Ressort heraus-
gegebenen Handbuch “Alkohol - Österreich" behandelt. Auch das Broschürenbe-
stellservice meines und anderer Ressorts (BM f. Bildung, Wissenschaft und Kultur),
die Alkohol-Koordinations- und Informationsstelle (AKIS) sowie der Fonds Gesundes
Österreich dürfen hier erwähnt werden, weil sie die Präventionsaktivitäten aktiv un-
terstützen. Es ist mir ein wichtiges Anliegen, dass diese Strukturen von den Verant-
wortungsträgerinnen ausgebaut werden.

Frage 10:

Mein Ressort hat sich im Begutachtungsverfahren zur Novelle der Gewerbeordnung
klar gegen den Entfall dieser Regelungen ausgesprochen, weil dies ein Rückschritt
im Bereich der Alkoholprävention gewesen wäre. Dabei wurde auch darauf hinge-


wiesen, dass es derzeit auf Länderebene und international starke Bestrebungen gibt,
den alkohol- und nikotinspezifischen Jugendschutz zu verbessern, zu präzisieren, zu
harmonisieren und praxisrelevanter zu gestalten, sodass der Entfall der in Rede ste-
henden Bestimmungen der Gewerbeordnung diesen Bemühungen zuwider liefe. Der
Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit hat diesen Bedenken Rechnung getragen,
so dass die erwähnten Bestimmungen weiter in der Gewerbeordnung enthalten sein
werden (siehe die §§ 112 und 114 in der Fassung der Regierungsvorlage).