3656/AB XXI.GP
Eingelangt am: 21.05.2002
Bundesministerium für Verkehr,
Innovation und Technologie
Die
schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3686/J-NR/2002 betreffend
LKW-Lenkerinnen-Tagung
am 10. Oktober 2000, die die Abgeordneten Mag. Maier und Genossinnen am 21.
März 2002 an mich
gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt
zu beantworten:
Fragen 1 und 5:
Welche grundsätzlichen Probleme wurden von den Vertretern Ihres Bundesministeriums dabei
angesprochen?
Welche dieser Rechtsunsicherheiten wurden bislang durch legislative Maßnahmen bzw. durch
Vollziehungsmaßnahmen beseitigt? (Ersuche um detaillierte Darstellung!)
Antwort:
Anlässlich der Tagung am 10. Oktober 2000 in Tirol
wurde von Seiten der Vertreter meines Res-
sorts zur Frage des Einsatzes von Fahrern aus Nicht-EU/EWR-Staaten auf
EU/EWR-Fahrzeugen,
ohne dass diese in einem ordnungsgemäßen Beschäftigungsverhältnis
stehen, dargelegt, dass
diese Praxis, sogenannte "illegale" Lenker einzusetzen, nicht nur zu
starken Wettbewerbs-
verzerrungen (Preisdumping) aufgrund hoher Lohnunterschiede zwischen den
Unternehmen führt,
sondern auch zusätzlich zu einer weiteren Verschärfung der
Wettbewerbsverzerrungen zwischen
Schiene und Straße zu Lasten der Schiene führt. Es kommt einerseits
hiedurch zu einer weiteren
drastischen Verbilligung der Straße und andererseits vor allem auch zu
massiven Verkehrs-
sicherheitsproblemen, da diese Fahrer aufgrund der herrschenden
Entlohnungspraxis die Lenk-
und Ruhezeiten oft extrem überschreiten. Weiters werden enorme
volkswirtschaftliche Schäden
durch Steuerentgänge und durch Entgänge von Sozialversicherungs- und
sonstigen Beiträgen
verursacht.
Verschärft wird diese Problematik noch durch die
Praxis des Vermietens von LKW mit Zulassung
in einem EU/EWR-Staat an Unternehmen aus den Mittel- und Osteuropäischen
Ländern (bzw.
teilweise auch vice
versa), wodurch versucht wird, einerseits güterbeförderungsrechtliche
Bestimmungen und andererseits ausländerbeschäftigungs- und
fremdenrechtliche Bestimmungen
zu umgehen.
Aus güterbeförderungsrechtlicher
Sicht stellen sich als Hauptfragen, ob und wo was kontrolliert
und sanktioniert werden kann, da die Rechtsvorschriften der
EU/EWR-Mitgliedstaaten in diesem
Bereich (hauptsächlich Arbeits- und Fremdenrecht) nicht harmonisiert sind:
Derzeit kann in den EU/EWR-Mitgliedstaaten - mit Ausnahme
von Deutschland - das Vorliegen
einer Arbeitsgenehmigung nur im Staat der Niederlassung des Unternehmens
kontrolliert werden.
Genau diese Lücke wird von vielen Transportunternehmern genutzt.
Weiters wurde seitens der Vertreter meines Ressorts
dargelegt, dass auf EU-Ebene durch die
Ergänzung der EU-Verordnung 881/92 (Marktzugang) und 3118/93 (Kabotage)
eine Fahrerlizenz
eingeführt werden (EU-Fahrerlizenz) wird,
aus der für die Kontrollorgane ersichtlich ist, dass der
aus einem Drittstaat stammende Lenker eines
EU-Fahrzeuges in einem ordnungsgemäßen
Beschäftigungsverhältnis steht. Diese Fahrerlizenz bescheinigt somit,
dass der betreffende
Drittstaatenlenker im Staat der Niederlassung des ihn beschäftigenden
Transportunternehmens
gemäß den dort geltenden Rechtsvorschriften legal beschäftigt
ist. Diese Fahrerlizenz muss im
Fahrzeug mitgeführt und auf Verlangen den Kontrollorganen (zusammen mit
der Gemeinschafts-
lizenz) vorgewiesen werden. Ohne Fahrerlizenz darf - ebenso wie ohne
Gemeinschaftslizenz -
kein Transport im EU-Bereich
durchgeführt werden. Die Umsetzung (Ausstellung, Bestimmung der
ausstellenden Behörde/Stelle, Festlegung von Strafen etc.) obliegt der
jeweiligen nationalen
Gesetzgebung (wie auch bei der Gemeinschaftslizenz).
Ich darf darauf hinweisen, dass diese
Fahrerlizenz vor kurzem definitiv beschlossen wurde und mit
1. März 2003 in Kraft tritt. Weiters möchte ich in diesem
Zusammenhang auch betonen, dass
seitens meines in dieser Angelegenheit auf EU-Ebene federführenden
Ressorts die Einführung
dieser Lizenz auf EU-Ebene immer
befürwortet und gefordert und maßgeblich die relevanten
Vorschriften auf EU-Ebenen mitausgearbeitet worden sind.
Anlässlich der genannten Tagung wurde weiters eine im
Oktober 2000 unter der Federführung des
BMVIT mit dem BMF, BMWA, und BMI koordinierte Kontrollliste, die die
Bereiche des Güterbeför-
derungsrechts, des Arbeitsrechts und des Fremdenrechts umfasst und am 18.
Oktober 2000 an
alle zuständigen Kontrollorgane ausgegeben wurde, erörtert.
Fragen 2 und 3:
Welche konkreten Ergebnisse wurden bei dieser Tagung erzielt?
Wie lautet im Wortlaut das Resümeeprotokoll dieser Tagung?
Antwort:
Im Ergebnis führte diese Tagung zu einer
Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen den
beteiligten Behörden und insbesondere durch die Erstellung der unter Frage
1 genannten Kontroll-
liste, die als Teil der offiziellen Dienstanweisung GK-0500 ZD -
“grenzüberschreitender Straßen-
güterverkehr" des Bundesministeriums für Finanzen sowie im Wege
des Bundesministeriums für
Inneres an die zuständigen Kontrollorgane übermittelt wurde, zu einer
verstärkten Kontrolle im
güterbeförderungs-, ausländer-, beschäftigungs- und
fremdenrechtlichen Bereich. Weiters zog
diese Tagung eine Reihe an Schulungsveranstaltungen nach sich, im Rahmen derer
Vertreter
meines Ressorts den zuständigen Kontrollorganen die
güterbeförderungsrechtlichen Aspekte der
sogenannten “illegalen" Beschäftigung von Nicht-EU/EWR-Lenkern
darlegten.
Frage 4:
Welche “Rechtsunsicherheiten" ergaben sich aus Sicht Ihres Ressorts?
Antwort:
Aus Sicht der Vertreter meines Ressorts
ergaben sich Rechtsunsicherheiten vor allem aus der -
schon weiter oben dargelegten - Tatsache, dass die Rechtsvorschriften der
EU/EWR-
Mitgliedstaaten in diesem Bereich (hauptsächlich Arbeits- und
Fremdenrecht) nicht harmonisiert
sind und in den EU/EWR-Mitgliedstaaten - mit Ausnahme von Deutschland - das
Vorliegen einer
Arbeitsgenehmigung nur im Staat der Niederlassung des Unternehmens kontrolliert
werden kann.
Diese “Lücke" wird jedoch durch das Inkrafttreten der
EU-Fahrerlizenz mit 1. März 2003
geschlossen werden.
Eine weitere Rechtsunsicherheit
besteht im Rahmen des CEMT-Systems {CEMT: Conference
Européenne des Ministres de Transport, Europäische Konferenz der
Verkehrsminister), da im
Rahmen des multilateralen CEMT-Kontingentes für den
Straßengüterverkehr jedem CEMT-
Mitgliedsland ein bestimmtes Kontingent an sogenannten CEMT-Genehmigungen zur
Verfügung
steht, mit welchen jede Art von grenzüberschreitenden
Straßengüterverkehr unbegrenzt durchge-
führt werden kann. Für die konkrete Frage der sogenannten
“illegalen" Beschäftigung von
Drittstaatenlenkern bedeutet dies, dass ab Einführung der Fahrerlizenz
folgende Situation
entstehen wird: EU-Unternehmern, die im Binnenmarkt Transporte
durchführen, müssen
nachweisen, dass der jeweilige Lenker -
soferne dieser aus einem Drittland stammt - im EU-Staat
der Niederlassung des Transportunternehmens
legal beschäftigt ist. Für einen Nicht-EU-
Transportunternehmer, der dieselben Transporte im Binnenmarkt mit einer
CEMT-Genehmigung
durchführt, gilt diese Voraussetzung nicht.
Österreich hat daher im Rahmen
der CEMT bereits eine Diskussion dahingehend angeregt, dass
in Analogie zur Fahrerlizenz im EU-Regulativ auch im Zusammenhang mit der CEMT-
Genehmigung der Nachweis einer ordnungsgemäßen Beschäftigung
vorzulegen ist.
Frage 6:
In welcher Form und wie oft wurde zur
Bekämpfung dieser kriminellen Missstände eine
gemeinsame Vorgangsweise gewählt?
Antwort:
Zu dieser Frage darf ich auf die schon in den Fragen 1 und
5 erwähnte Kontrollliste und
Schulungsveranstaltungen verweisen. Die zuständigen Beamten meines
Ressorts stehen mit den
Vertretern des BMWA, des BMF und des BMI sowie mit den zuständigen
Kontrollorganen in
ständigem Kontakt.
In meinem Ressort fand des weiteren Ende Februar 2001 eine
Besprechung zum Thema “Illegale
Beschäftigung von Fahrern aus Drittländern" statt, an der das
Bundesministerium für Wirtschaft
und Arbeit, die Wirtschaftskammer Österreich, die Bundesarbeitskammer
sowie die Gewerkschaft
Handel, Transport und Verkehr teilnahmen und anlässlich derer, die mit der
illegalen
Beschäftigung von Drittstaatenlenkern auftretenden Probleme
ausführlich erörtert wurden.
Auch wurde in einem Schreiben von
meiner Amtsvorgängerin, Frau Dipl. Ing. Dr. Forstinger an den
Herrn Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Bartenstein vom Mai
2001 auf die Problematik
der illegalen Fahrer ausführlich hingewiesen und, dass diesbezüglich
seitens der Arbeits-
gemeinschaft Internationaler Straßenverkehr
Österreich (AISÖ) vor allem in das Bundes-
ministerium für Wirtschaft und Arbeit ressortierende Fragen aufgeworfen
wurden. Im Februar 2002
erging ein weiteres Schreiben von mir an Herrn Bundesminister Dr. Bartenstein,
in dem ins-
besondere auf die Luxemburger Problematik hingewiesen wurde.
Frage 7:
Welche Haltung nahmen zu diesen Problemen die
Interessensvertretungen, insbesondere die
Wirtschaftskammer Österreich bzw. deren zuständige Teilorganisationen
ein?
Antwort:
In der unter Frage 6 genannten Besprechung Ende Februar
2001 zum Thema “Illegale
Beschäftigung von Fahrern aus Drittländern" hat die
Wirtschaftskammer Österreich folgendes
Modell vorgeschlagen:
Fahrer aus Nicht-EU-Staaten sollen
unter folgenden Bedingungen legal von österreichischen
Unternehmen beschäftigt werden können. Sie haben ihren Wohnsitz in
einem Nicht-EU-Staat, sind
dort sozialversichert, haben jedoch eine Zusatzversicherung im EU-Raum, die
alle Krankheits- und
Unfallrisken im EU-Raum abdeckt, die Lenker sollen nach den im jeweiligen
EU-Staat geltenden
Kollektivvertragen entlohnt werden. Jedoch wurde Seitens der Teilnehmer an der
Besprechung
festgestellt, dass die Vorschläge der WKÖ aus rechtlichen
Gründen nicht umsetzbar sind.