3660/AB XXI.GP

Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur

Eingelangt am: 22.05.2002

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3701/J-NR/2002 betreffend erzwungener
Studienabbruch durch Erwerbstätigkeit, die die Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen
und Kollegen vom 22. März 2002 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

Ad 1.:

In den Jahren 2000/01 wurden drei Untersuchungen zur Frage des Studienabbruchs beauftragt. Die
zitierte Untersuchung “Ursachen und Bedingungen, Bewertungen und Wirkungen des
Studienabbruchs" des Instituts für Soziologie der Universität Wien (Prof. Franz Kolland) ist aus
einem von drei Forschungsaufträgen des BMBWK hervorgegangen. Des Weiteren wurden vom IBW
eine Studie zu “Dropouts der Universitäten am Arbeitsmarkt" und vom Institut für Demographie über
“Determinanten des Studienerfolgs" (Analyse der Daten der Gesamtevidenz der Studierenden)
durchgeführt.

Auch die angesprochene Tagung - die erste internationale wissenschaftliche Fachtagung zum
Thema “Studienabbruch" in Österreich - wurde vom BMBWK gemeinsam mit der Universität Wien
durchgeführt. Hier sollten nach Vorträgen zum Studienabbruch in Deutschland, Schweiz und
Österreich in Arbeitskreisen (“Studienabbruch und Hochschulkultur", “Übergang vom sekundären
zum tertiären Bildungssystem", “Studienabbruch und Arbeitsmarkt") Verbesserungsvorschläge und
Handlungsansätze erarbeitet werden.

Dabei wurde deutlich, dass sich die Aufmerksamkeit für Fragen der Studienbedingungen,
Studiendauer, Abschlussorientierung der Studierenden, des Studienabbruchs und Studienerfolgs
vergrößert hat.


Es sind dies zusammengefasst Fragen der Qualitätssicherung (vor allem) in Lehre und Studium, die
sowohl in der Hochschulpolitik als auch im Universitätsmanagement wesentlich wichtiger werden.
Durch eine Reihe von Maßnahmen, wie die Einführung des Bakkalaureats, Ausweitung der
Studienförderung, Qualitätssicherung und Evaluierung, wurden die Rahmenbedingungen deutlich
verbessert. Die Universitäten sind gefordert, die Lehre auch nach Kriterien der Studierbarkeit von
Studien (z.B. Lehrveranstaltungsangebot am Abend und Wochenende, Einsatz neuer Medien,
Lernmaterialien) auszurichten und die Studierendenbetreuung zu verbessern. Weiters sollten die
Studien zügig in Bakkalaureats- und Magisterstudien umgewandelt werden, weil kürzere
Studiengänge auch die Erfolgsorientierung verbessern.

Die Einführung von Studienbeiträgen ab dem Wintersemester 2001 hat zwar zu einem Rückgang
der in der amtlichen Statistik erfassten Studierenden geführt, die aktuellen Studierendenzahlen
(basierend auf den Datenmeldungen gemäß UniStEVO 1997 §12 Abs. 2) sprechen aber dafür, dass
die Anzahl der Aktivstudierenden gleich geblieben ist. Über die Ausmaße der Studienaktivität
geben die Prüfungsdaten (gemäß UniStEVO 1997 §12 Abs. 5) und die letzte Sozialerhebung
Aufschluss.

Ad 2.:

Es wurden vor allem im Bereich der Studienförderung eine Reihe von Begleitmaßnahmen
beschlossen, die zu einer beträchtlichen Ausweitung des Bezieherkreises von Studienförderungen
geführt haben und führen werden, weshalb eine Verschärfung der Situation nicht eintreten wird.

Ad 3.:

Es wurde durch eine Änderung der Verdienstfreigrenzen für Studierende der Bezieherkreis für
Studienbeihilfe ausgeweitet, ein Studienzuschuss als Ersatz der Studienbeiträge für sozial
bedürftige Studierende eingeführt und die Inanspruchnahme von geförderten Darlehen für die
Entrichtung der Studienbeiträge ermöglicht. Schließlich wurden die Mittel für Leistungsstipendien,
die sich in der Höhe am Studienbeitrag orientieren, verdreifacht.

Ad 4.:

Ich halte die Mittel derzeit für ausreichend.


Ad 5. und 7.:

Die meisten europäischen Fördersysteme unterscheiden zwischen direkten Leistungen durch
Darlehen und Stipendien und indirekten Leistungen wie Familienbeihilfen, Steuerrückerstattungen,
Vergünstigungen im öffentlichen Verkehr etc., also Leistungen, die Studierenden mittelbar über die
Eltern oder Institutionen zukommen. Ein weiterer Unterschied besteht im Unterhaltsrecht: In
Österreich besteht die Unterhaltspflicht der Eltern bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit der Kinder, also
auch über die Grenze der Volljährigkeit hinaus für ein ernsthaft zielstrebig und erfolgreich
betriebenes Studium. In vielen Staaten endet aber das Recht auf Unterhalt bereits mit der
Volljährigkeit. Wegen dieser unterschiedlichen Voraussetzungen und der dadurch bedingten
Verschiedenheit der Fördersysteme bestehen keine Ranglisten. Eine vergleichende Darstellung bei
der Studienförderung ist vor allem auch deshalb schwierig, weil die Art der Förderung europaweit
sehr unterschiedlich ist, die von Darlehenssystemen über gemischte Systeme bis zu reinen
Zuschüssen (wie in Österreich) gehen. Es wurde kürzlich dem Nationalrat ein Bericht über
europäische Fördersysteme vorgelegt, der u.a zeigt, dass Österreich im Hinblick auf die Förderung
von Studien im Ausland schon jetzt einen Spitzenplatz einnimmt.

Die Beschreibung der Fördersysteme zeigt, dass Österreich jenen Studierenden aus
einkommensschwächeren Familien, die sich ernsthaft einem Vollzeitstudium widmen und einen
günstigen Studienfortgang haben, eine im internationalen Vergleich hervorragende und außerdem
nicht rückzahlbare Studienförderung anbietet. Eine differenzierte Analyse der
Studienförderungssysteme wurde von der Europäischen Kommission durchgeführt und
veröffentlicht (Ausbildungsförderung für Studierende an Hochschulen in Europa;
Bestandsaufnahme und Entwicklungen, 1999, Amt für amtliche Veröffentlichungen der
Europäischen Gemeinschaften).

Ad 6.:

Der Anteil an StipendienbezieherInnen in Österreich beträgt an Universitäten und Fachhochschulen

20,2 %, an Pädagogischen Akademien 33,3 %.

Ad 8. und 9.:

Die Förderungsmöglichkeiten sind den Studierenden durch eine intensive Informationskampagne

der Studienbeihilfenbehörde und die dazu erfolgenden Berichte in den Medien bekannt gemacht

worden.


Überdies wurden sämtliche Informationen auf der Internetplattform www.stipendium.at
bereitgestellt. Die Hochschülerschaften als Interessenvertretung der Studierenden werden laufend
über die Förderungsmaßnahmen informiert und geschult.

Ad 10. und 11.:

Voraussetzungen für die Gewährung von Studienförderung sind soziale Förderungswürdigkeit
(Einkommen und Familiensituation) und rascher Studienfortschritt. Die Studienbeihilfe kann wegen
des günstigen Studienfortganges nur an Vollzeitstudierende zuerkannt werden. Ich empfehle daher
Studierenden, ihre Entscheidung über Berufstätigkeit neben dem Studium nur nach einer
Studienfinanzierungsberatung bei den Stipendienstellen oder der Hochschülerschaft zu treffen.
Auch nach dem Verlust einer Studienbeihilfe wegen Studienzeitüberschreitung besteht nach
Abschluss eines Studienabschnittes meist wieder die Möglichkeit, neuerlich Studienbeihilfe zu
erhalten.

Als weitere Leistung kann auch trotz längerer Studienzeit wegen Berufstätigkeit ein
Studienabschluss-Stipendium in der Abschlussphase des Studiums in Frage kommen. Auch in
diesem Fall ist als Voraussetzung für den Bezug einer Studienförderung die Berufstätigkeit
zurückzustellen.

Ad 12.:

Im Rahmen eines Universitätsstudiums soll neben der wissenschaftlichen Berufsvorbildung auch
die Vertrautheit mit den Anforderungen des Berufslebens vermittelt werden. Im Rahmen des
Studienganges vorgesehene Elemente wie etwa Praktika, die in der Studienzeit absolvierbar sind,
stellen die Verbindung zur Wirtschaft her, ohne Studienzeitüberschreitungen wegen der
Unvereinbarkeit von Beruf und Studium zu provozieren. Es liegt an den Universitäten, die
Curricula so zu gestalten, dass dieser Transfer zwischen Berufsanforderungen und Wissenschaft
erhöht wird.

Ad 13.:

Für berufstätige Studierende, die sich in der Studienabschlussphase befinden, wurden mit Beginn

des  Studienjahres  2001/02  durch  geänderte  Richtlinien  die  Erfolgsaussichten  auf ein  Stu-

dienabschlussstipendium erhöht. Bei dieser Form der Förderung, die sich vor allem an (ehemals)

berufstätige Studierende wendet, ist die Studienzeit im bisher zurückgelegten Studium nicht

maßgeblich.


Ad 14.:

Dazu ist zunächst festzuhalten, dass auch berufstätige Studenten alle in den jeweiligen Curricula

vorgeschriebenen Lehrveranstaltungen  besuchen  müssen  und   somit   in   Summe  ebenso   viele

Lehrveranstaltungen in Anspruch nehmen wie nicht-berufstätige Studenten.

Außerdem   wäre   eine   Aufteilung   der    Studienbeiträge   -   nach   Anzahl   der   absolvierten

Studierendenanzahl (rd. 200.000 Personen) - nicht sparsam und zweckmäßig administrierbar.

Ad 15.:

Gemäß UniStG § 7 Abs. 2 sind berufstätige Studierende und Studierende mit Kinderbetreu-
ungspflichten oder anderen gleichartigen Betreuungspflichten, die somit nicht Vollzeit studieren,
sondern nur einen Teil ihrer Zeit dem Studium widmen können, berechtigt zu melden, zu welchen
Tageszeiten sie einen besonderen Bedarf nach Lehr- und Prüfungsangeboten haben. Die
Universitäten haben diesen besonderen Bedarf auf Grund der Meldeergebnisse bei der Gestaltung
ihres Lehr- und Prüfungsangebotes nach Möglichkeit zu berücksichtigen. An vielen Fakultäten bzw.
Universitäten wird großes Augenmerk darauf gelegt, dass insbesondere in den Abendstunden
Lehrveranstaltungen, welche von berufstätigen Studierenden in Anspruch genommen werden
können, angeboten werden. Flexible und den jeweiligen (universitätsspezifischen bzw.
studierendenspezifischen) Bedürfnissen angepasste Modelle werden somit bereits jetzt angeboten.