3668/AB XXI.GP

Eingelangt am: 22.05.2002

BUNDESMINISTERIUM für
WIRTSCHAFT und ARBEIT

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 3693/J betreffend
negative Auswirkungen der Saisonierregelung auf den Arbeitsmarkt, welche die Ab-
geordneten Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen am 21. März 2002 an mich
richteten, stelle ich fest:

Antwort zu den Punkten 1, 4 und 8 der Anfrage:

Die befristete Zulassung ausländischer Saisoniers für die Wirtschaftszweige
Tourismus und Landwirtschaft war und ist ein arbeitsmarktpolitisch notwendiges In-
strument, mit dem einem vorübergehenden Arbeitskräftemangel gezielt und flexibel
abgeholfen werden kann. Wie eine von mir in Auftrag gegebene Studie der
Synthesis-Forschungsgesellschaft bestätigt hat, werden in den nächsten Jahren in
mehreren Berufsfeldern Fachkräfteknappheiten entstehen, die kurzfristig nicht aus-
schließlich durch verstärkte Ausbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen ausge-
glichen werden können. Das Arbeitsmarktservice ist beim Vollzug des Ausländer-
beschäftigungsgesetzes seit längerem mit der Tatsache konfrontiert, dass neben den
typischen Saisonbranchen Landwirtschaft und Tourismus auch eine Reihe anderer
Branchen einen zusätzlichen Arbeitskräftebedarf melden, der auch bei verstärkten
Vermittlungsaktivitäten nicht ausreichend aus dem Potenzial der arbeitssuchend
Vorgemerkten abgedeckt werden kann. Um nicht betriebliche Expansionen oder gar
bestehende Arbeitsplätze zu gefährden, werden daher - ergänzend zur dauerhaften


Zuwanderung von Schlüsselkräften - auch weiterhin Regelungen notwendig sein, die
eine befristete Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte ermöglichen. Den Novellen
zum Fremdengesetz (FrG) und zum Ausländerbeschäftigungsgesetz (AusIBG) liegen
diese Erwägungen zu Grunde.

Antwort zu Punkt 2 der Anfrage:

Ich habe die seit 1993 geübte Verordnungspraxis für die Land- und Forstwirtschaft
und für den Fremdenverkehr fortgesetzt und habe vor, auch künftig auf der Grund-
lage der Verordnungsermächtigung des neuen § 5 AusIBG Kontingente im erforder-
lichen Ausmaß festzusetzen.

Der geltende § 9 Abs. 1 FrG und ebenso die künftige Regelung des § 5 AusIBG er-
mächtigt den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, im Fall eines vorüber-
gehenden zusätzlichen Arbeitskräftebedarfes, welcher aus dem im Inland verfüg-
baren Arbeitskräftepotenzial nicht abgedeckt werden kann, durch Verordnung
Kontingente für eine zeitlich befristete Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte in
einem bestimmten Wirtschaftszweig in einer bestimmten Berufsgruppe oder Region
festzulegen. Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit hat sich bei jeder der-
artigen Verordnung am vorgegebenen Kontingentrahmen der Niederlassungsver-
ordnung zu orientieren.

Antwort zu Punkt 3 der Anfrage:

Nein. Nachdem das Saisoniermodell in seiner Grundstruktur beibehalten und im vor-
geschlagenen Gesetzesentwurf lediglich eine zeitliche und branchenmäßige Aus-
dehnung ermöglicht werden soll, kann ich mich auf die bisherige Entwicklung und die
daraus gewonnenen Erfahrungen stützen. Diese haben bisher keine negativen Aus-
wirkungen auf dem Arbeitsmarkt gezeigt. Es ist vielmehr festzustellen, dass sich über
die letzten Monate die Arbeitslosigkeit in den Saisonbranchen trotz der Saison-
kontingente insgesamt nicht negativer entwickelt hat als die Gesamtarbeitslosigkeit
und mehrmals sogar darunter lag.


Antwort zu Punkt 5 der Anfrage:

Auch im vorgeschlagenen Saisoniermodell wird selbstverständlich die strenge
Arbeitsmarktprüfung in jedem einzelnen Bewilligungsfall beibehalten. Das Arbeits-
marktservice darf weiterhin im Rahmen von Saisonkontingenten Beschäftigungs-
bewilligungen grundsätzlich nur dann erteilen, wenn die offene Stelle nicht durch eine
entsprechend qualifizierte inländische, oder am österreichischen Arbeitsmarkt bereits
integrierte ausländische Arbeitskraft, unter Einhaltung der geltenden Lohn- und
Arbeitsbedingungen, besetzt werden kann. Das Arbeitsmarktservice und der sozial-
partnerschaftlich zusammengesetzte Regionalbeirat, der in jedem Bewilligungs-
verfahren anzuhören ist, haben dabei auch potenzielle Substitutionsprozesse und
allfällige Auswirkungen auf Leistungsansprüche aus der Arbeitslosenversicherung
(Arbeitslosengeld, Altersteilzeitgeld etc.) zu berücksichtigen, sodass überkollektiv-
vertraglich entlohnte oder ältere Arbeitnehmer nicht durch Arbeitskräfte, die bereit
sind, nur zum Kollektivvertragslohn zu arbeiten, substituiert werden können. Diese
Zulassungskriterien stellen sicher, dass auch bei der Besetzung von Saisonstellen
dem vorhandenen Arbeitskräftepotenzial und insbesondere den beim Arbeitsmarkt-
service vorgemerkten Arbeitsuchenden absolute Priorität eingeräumt wird.

Antwort zu Punkt 6 der Anfrage:

Von der Saisonierregelung erwarte ich mir, einen nachgewiesenen vorübergehenden
Arbeitskräftebedarf befriedigen zu können, ohne damit eine dauerhafte Zuwanderung
der Arbeitskräfte zu verbinden. Eine solche Maßnahme ist insofern beschäftigungs-
wirksam, als damit Betriebsstandorte erhalten und ein allgemein hohes Be-
schäftigungsniveau gesichert werden können.

Antwort zu Punkt 7 der Anfrage:

Unmittelbar im Zusammenhang mit der geplanten Saisonierregelung sind keine zu-
sätzlichen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen zu setzen. Ich darf allerdings fest-


halten, dass, über das Konjunkturbelebungspaket hinaus, im Bundesvoranschlag für
2002 ein Betrag von 809 Mio. € für aktive Arbeitsmarktpolitik vorgesehen ist, der
entsprechend den arbeitsmarktpolitischen Prioritätensetzungen zielgruppen-
spezifisch und problemorientiert für Qualifizierungs- und Eingliederungsmaßnahmen
aufgewendet wird.

Antwort zu Punkt 9 der Anfrage:

Für die angesprochenen Diskrepanzen sind neben den konjunkturellen Aspekten
vornehmlich qualifikatorische und regionale Gründe maßgeblich. Auch bei ziel-
orientiertem Einsatz umfassender Mittel für die Förderung beruflicher und regionaler
Mobilität im Rahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik können regionale und qualifika-
torische Unausgewogenheiten am Arbeitsmarkt nicht ausgeschlossen werden.
Das Arbeitsmarktgeschehen ist von einem hohen Aktivitätsniveau gekennzeichnet.
Rund ein Drittel aller Arbeitsplätze wird im Laufe eines Jahres neu bzw. wieder be-
setzt. Neben dieser hohen Zahl an Beendigungen und Aufnahmen von Be-
schäftigungsverhältnissen darf man auch die regionalen und beruflichen Disparitäten
nicht außer Acht lassen.

Antwort zu Punkt 10 der Anfrage:

Nein. Das Saisoniermodell soll kurzfristig und flexibel Kapazitätsspitzen abdecken
helfen, während Qualifizierungsmaßnahmen naturgemäß längere Vorlaufzeiten be-
nötigen, und auf die Begründung von dauerhaften Beschäftigungsverhältnissen ab-
zielen. Das Arbeitsmarktservice schöpft auch jetzt schon alle Möglichkeiten aus,
offene Saisonstellen vor einer Neuzulassung ausländischer Saisoniers durch gezielte
Vermittlungen vorgemerkter Arbeitsuchender zu besetzen.


Antwort zu Punkt 11 der Anfrage:

Ausländische Saisonarbeitskräfte haben im Rahmen ihres befristeten Arbeitsver-
hältnisses die selben Arbeitnehmerrechte wie sonstige Arbeitskräfte. Sie dürfen nur
zu geltenden Lohn- und Arbeitsbedingungen einschließlich der sozialversicherungs-
rechtlichen Vorschriften beschäftigt werden. Beschäftigungsbewilligungen werden
nur erteilt, wenn gewährleistet ist, dass der Arbeitgeber diese Vorgaben einhält.

Antwort zu Punkt 12 der Anfrage:

Im vorgesehenen Saisoniermodell ist ausreichend sichergestellt, dass auf Basis von
Saison-Verordnungen bewilligte Beschäftigungen nur befristet (bis zu max. einem
Jahr) zulässig sind, nicht verlängert werden können und die ausländische Arbeits-
kraft auch keinen weiteren Aufenthaltstitel erhält. Gemeinsam mit dem Bundes-
minister für Inneres werde ich für eine strikte Einhaltung dieser Regeln sorgen. Wie
bereits erwähnt, müssen auch Saisoniers zu den geltenden Lohn- und Arbeits-
bedingungen beschäftigt werden. Sie sind daher keine billigeren Arbeitskräfte.

Antwort zu Punkt 13 der Anfrage:

Das Saisoniermodell ist so konzipiert, dass keine Kettenarbeitsverträge entstehen
können. Die Saisonierarbeitskraft wird nur befristet zugelassen und hat erst nach
einer gesetzlich vorgegebenen Unterbrechung wieder die Möglichkeit, eine Be-
schäftigung auf der Grundlage einer Saisonarbeitskräfteverordnung aufzunehmen.

Antwort zu den Punkten 14 bis 19 der Anfrage:

Wie schon meine Amtsvorgänger werde ich - entsprechend der Verordnungs-
ermächtigung - für bestimmte Branchen oder Regionen Saisonkontingente nur dann
erlassen, wenn ein dringender vorübergehender Arbeitskräftebedarf nachgewiesen
ist und aus dem im Inland verfügbaren Arbeitskräftepotenzial nicht abgedeckt werden


kann. Die Verordnungsermächtigung schließt keineswegs aus, parallel mehrere
Kontingente für verschiedene Branchen festzusetzen, wie dies bisher auch für den
Tourismus und für die Land- und Forstwirtschaft erforderlich war. Darüber hinaus
werde ich sorgfältig prüfen, inwieweit in sonstigen Branchen ein vorübergehender
Bedarf an Fachkräften besteht und nötigenfalls eine entsprechende Verordnung er-
lassen. Bei der Festsetzung der Kontingente werde ich mich, so wie bisher, an der
Bedarfsmeldung des Arbeitsmarktservice orientieren. Gemäß der seit 1993 ver-
tretenen Rechtsauffassung werde ich bei diesen Verordnungen den in der Nieder-
lassungsverordnung festgelegten Quotenrahmen berücksichtigen. Ich darf jedoch
darauf hinweisen, dass seit 1993 eine Addition aller pro Kalenderjahr freigegebenen
Kontingente stets eine höhere Summe ergeben hat, als die in der Niederlassungs-
verordnung festgesetzte Rahmenquote. Im Rahmen eines zielorientierten Einsatzes
von Saisonarbeitskräften zum Zwecke einer Arbeitsmarktbewirtschaftung bei Fach-
kräftemangel war und ist eine anders lautende Interpretation nicht denkbar. Die
Bundesländer werden künftig nicht nur ein Anhörungsrecht, sondern die Möglichkeit
haben, nach Befassung der Interessenvertretungen der Arbeitgeber und der Arbeit-
nehmer auf Landesebene, sowie unter Berücksichtigung der regionalen Lage und
Entwicklung des Arbeitsmarktes konkrete Kontingentvorschläge zu erstatten. An
diesen Vorschlägen werde ich mich weitestgehend orientieren. Es wird daher künftig
auch maßgeblich von den Ländern und den Sozialpartnern abhängen, wie viele Ver-
ordnungen bzw. welche Kontingentgrößen in welchen Branchen notwendig sind. Ich
werde weiterhin darauf achten, dass eine allenfalls erweiterte Saisonbeschäftigung
keine negativen Auswirkungen auf dem Arbeitsmarkt zur Folge hat.

Antwort zu Punkt 20 der Anfrage:

Der weitaus überwiegende Teil der zur Begutachtung des Gesetzesentwurfes ein-
geladenen Stellen hat hinsichtlich der Kontingentregelungen keine Notwendigkeit für
eine weitere legistische Klarstellung gesehen. Insofern sehe ich keine Veranlassung,
eine Änderung der geplanten Regelungen anzuregen.


Antwort zu den Punkten 21 bis 23 der Anfrage:

Ja, weil der mit einer befristeten Aufenthaltserlaubnis ausgestattete Saisonier einer
dauerhaften Vermittlung nicht zur Verfügung steht. Arbeitslose Saisonarbeitskräfte
können jedoch das Arbeitslosengeld von ihrem Heimatstaat erhalten, soweit ein
Sozialversicherungsabkommen zwischen diesem Staat und Österreich besteht.
Ein detaillierte Einnahmeeffekt durch Saisoniers ist im Detail nicht möglich.