3694/AB XXI.GP

Eingelangt am: 07.06.2002

Bundesminister für Inneres

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Lackner, Parnigoni und Genossinnen haben am
18.04.2002 unter der Nummer 3780/J an mich eine schriftliche parlamentarische
Anfrage betreffend "Ladendiebstahl in Österreich" gerichtet.

Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:


Zu Frage 1:

Während in den Jahren 1991 bis 1994 der Anteil der Jugendlichen an angezeigten
Ladendiebstählen etwa bei 15% betrug, stieg dieser Anteil 1995 auf 18,6% und in
den Jahren 1996 von 20,4% bis 1999 auf 22,6% an.

Zu Frage 2:

Aus der polizeilichen Kriminalstatistik Österreichs ist folgendes Zahlenmaterial
betreffend Diebstahl und Entwendung in Selbstbedienungsläden oder Kaufhäusern
durch Kunden ersichtlich.

Ermittelte Tatverdächtige

Jahr

 

Ermittelte Tatverdächtige
insgesamt

 

davon Jugendliche

 

Anteil der jugendlichen
Tatverdächtigen in
Prozent

 

1991

 

20.081

 

3.057

 

15,2%

 

1992

 

20.172

 

3.054

 

15,1%

 

1993

 

18.758

 

2.948

 

15,7%

 

1994

 

17.640

 

2.652

 

15,0%

 


1995

 

17.241

 

3.201

 

18,6%

 

1996

 

17.808

 

3.634

 

20,4%

 

1997

 

18.002

 

3.736

 

20,8%

 

1998

 

19.123

 

4.069

 

21,3%

 

1999

 

19.710

 

4.446

 

22,6%

 

2000

 

19.604

 

4.062

 

20,7%

 

Zu Frage 3:

Ja; Beamte der Kriminalpolizeilichen Beratung bieten Schulungen für
Verkaufspersonal an und weisen Jugendliche im Zuge von
Präventionsveranstaltungen in Schulen und Jugendtreffpunkten auf die negativen
Folgen strafbarer Handlungen hin (siehe auch Beantwortung der Frage 16).

Zu Frage 4:

Gemäß § 57 Abs. 6 Sicherheitspolizeigesetz (SPG) dürfen von den
Sicherheitsbehörden Namen, Geschlecht, frühere Namen, Staatsangehörigkeit,
Geburtsdatum, Geburtsort und Wohnanschrift, Namen der Eltern und Aliasdaten
eines Menschen ermittelt und im Rahmen einer Zentralen Informationssammlung
samt dem für die Speicherung maßgeblichen Grund verarbeitet werden, wenn gegen
einen Betroffenen Ermittlungen im Dienste der Strafrechtspflege eingeleitet worden
sind.

Diese Daten werden erfasst, wenn eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft erfolgt
und werden gelöscht, wenn sich herausstellt, das der Betroffene die ihm angelastete
Tat nicht begangen hat. Die Löschung erfolgt längstens fünf Jahre nach Aufnahme in
die Zentrale Informationssammlung. Im Falle mehrerer Speicherungen erfolgt die
Löschung fünf Jahre nach der letzten Speicherung (S 58 Abs. 1 Z 6 SPG).

Zu Frage 5:

Jugendliche wie auch Erwachsene werden in der Regel nach Ladendiebstählen nicht
erkennungsdienstlich behandelt. Erkennungsdienstliche Behandlungen sind
grundsätzlich nach den Bestimmungen des § 65 Abs. 1 SPG immer möglich. Sie
werden allerdings nur dann durchgeführt, wenn sie nicht außer Verhältnis zur Tat
stehen und wenn dies zusätzlich zur Vorbeugung zukünftiger gefährlicher Angriffe
erforderlich erscheint, weshalb sie in der Praxis wegen geringfügiger Delikte wie z.B.
Ladendiebstahl nur in den seltensten Fällen erfolgt.

Falls eine erkennungsdienstliche Behandlung wegen der besonderen
Fallkonstellation erforderlich scheint (z.B. beim gewerbsmäßigen oder organisierten
Ladendiebstahl), werden neben der Erhebung der personenbezogenen Daten die
Papillarlinienabdrücke abgenommen und Lichtbilder angefertigt.


Zu Frage 6:

Ja; grundsätzlich wird jede sinnvolle präventive Initiative von Privatpersonen begrüßt.
Ansonsten verweise ich auf die Beantwortung zu Frage 7.

Zu Frage 7:

Der Folder wird seitens der Kriminalpolizeilichen Beratung aus folgenden Gründen
als nicht zweckmäßig erachtet:

•    In dem Folder werden Äußerungen getätigt, die nicht der Realität entsprechen:
lebenslange Registrierung im Computer; Einstellung von Strafverfahren wegen
Geringfügigkeit sei passe; Chancen auf Anstellung im Staatsdienst auf 70 Prozent
reduziert.

•    Prävention durch Abschreckung kommt bei Jugendlichen weit weniger an als bei
Erwachsenen. Erkennt dann noch der Jugendliche, dass die Aussagen nicht der
Realität entsprechen, verliert man jegliche Glaubwürdigkeit und kann dies sogar
zu einen nicht gewünschten Umkehreffekt führen.

•    Die Zielgruppe der Jugendlichen wird mit belehrendem Unterton angesprochen,
was zur Wahrnehmungsabwehr führt.

•    Die verwendeten Bilder führen zu Wahrnehmungsabwehr, insbesondere der
Glatzkopf am Titel des Folders.

•    Die Exekutive wird mit der Falschaussage "Du bist lebenslang im
Polizeicomputer" tendentiell negativ dargestellt.

Zu Frage 8:

Ja: der Folder ist in der ho. Abteilung seit 27.09.1999 bekannt.

Zu Frage 9:

Auf die Beantwortung der Frage 7 darf verwiesen werden.

Zu Frage 10:

Auf die Beantwortung der Frage 7 darf verwiesen werden.

Zu Frage 11:

Nein.

Zu Frage 12:

Grundsätzlich ja; im Übrigen verweise ich auf die Beantwortung der Fragen 6 und 7.

Zu Frage 13:

Nein, da der gesetzliche Auftrag des § 25 Abs. 1 SPG zur Beratung der Bevölkerung
nicht "mittels unrichtiger Tatsachenfeststellungen" lautet.

Zu Frage 14:

Nein; nachdem jedoch bekannt geworden ist, dass Herr Boschofsky im Burgenland
auf die Zusammenarbeit mit der Zentralstelle des Kriminalpolizeilichen
Beratungsdienstes des Bundesministeriums für Inneres verwiesen hatte, obwohl ihm
bei einer am 27.09.1999 erfolgten Aussprache, die Bedenken der zuständigen
Fachabteilung zur Kenntnis gebracht wurden (siehe Beantwortung der Frage 7),
wurden die Wirtschaftskammern mit Schreiben vom 20.03.2000 von der zuständigen
Fachabteilung darüber informiert, dass keine derartige Kooperation mit dem


Bundesministerium für Inneres besteht. Gleichzeitig wurde Herr Boschofsky ersucht,
nicht mehr mit der Zustimmung des Kriminalpolizeilichen Beratungsdienstes als
Referenz für sein Produkt zu werben. Hinsichtlich der gesetzlichen Basis wird auf die
Beantwortung der Frage 13 verwiesen.

Zu Frage 15:

Ja; die nachgeordneten Sicherheitsbehörden und Sicherheitsdienststellen wurden
mit Erlass vom 20.03.2000, Zahl: 7000/726-11/12/00 eingeladen, bei Auftreten des
Kurt Boschofsky keine Kooperation mit ihm einzugehen. Versuche von ihm, die
Unterstützung einer Exekutivdienststelle oder eines Beamten zu gewinnen, wären zu
melden. Gleichzeitig wurde die Kriminalabteilung Oberösterreich eingeladen,
ausgelieferte Folder Herrn Boschofsky zurück zu senden. Die Sicherheitsdirektion für
das Bundesland Oberösterreich wurde ersucht, den Landesschulrat darüber zu
informieren, dass keine Zusammenarbeit mit Herrn Boschofsky mit dem
Kriminalpolizeilichen Beratungsdienst besteht. Hinsichtlich der Rechtsgrundlage wird
auf die Beantwortung der Fragen 13 und 14 verwiesen.

Zu Frage 16:

•   "Out - die Außenseiter": Programm der Kriminalpolizeilichen Beratung des
Bundesministeriums für Inneres für Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 16
Jahren (Kernzielgruppe) zur Gewalt- und Jugendkriminalitätsprävention;
Ziele:

- Senkung der Gewaltbereitschaft bei Jugendlichen

- Schärfung des Unrechtsbewusstseins

- Aufzeigen von Rechtsfolgen

- Hebung der Bereitschaft zur Zivilcourage.

•   Suchtprävention: Gemeinsame Initiativen des Bundesministeriums für Inneres mit
den Fachstellen für Suchtprävention der Länder;
Zielgruppen: Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 16 Jahren.
Ziele:

- Vermeidung von Suchtverhalten

- Vermittlung eines positiven Lebensgefühls.

Evaluierung: die Programme werden aufgrund von wissenschaftlichen Studien

und Erfahrungen durchgeführt.

•   Verschiedene lokale Initiativen von Beamten der Kriminalpolizeilichen Beratung,
mit denen Kinder und Jugendliche über die Jugendschutzgesetze aufgeklärt und
auf Rechtsfolgen von Straftaten und Verwaltungsübertretungen hingewiesen
werden (z.B. "Was ändert sich mit 14 Jahren?").