3704/AB XXI.GP
Eingelangt am: 11.06.2002
BM für Justiz
Die
Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johann MAIER, Kolleginnen und Kollegen
haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend “Entschließung
des Rates vom
26.11.2001 über den Verbraucherkredit und
die Verschuldung der Verbraucher -
Österreichische Maßnahmen" gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1 und 2:
Grundsätzlich teile ich die Auffassung in den Schlussfolgerungen des Rates vom
26.11.2001.
Zu 3:
In diesem Zusammenhang möchte ich auf gesetzliche Regelungen wie die §§ 25c
und 25d Konsumentenschutzgesetz
hinweisen. Die im § 25c KSchG normierte Hin-
weispflicht des Gläubigers erfüllt eine Warnfunktion für den
Interzedenten, weil sie
den Kreditgeber dazu verhält, die Kreditwürdigkeit des Kreditwerbers
abzuklären und
darüber
aufzuklären.
Zu 4 und 5:
Grundsätzlich ist es sehr zu begrüßen, dass die Europäische Kommission einen
Vorstoß
zur Novellierung der Verbraucherkreditrichtlinie plant. Es geht dabei um die
Herstellung der Äquivalenz zwischen den Verbraucherinnen und Verbrauchern
so-
wie den Anbietern von Bankdienstleistungen. Dabei hat die EK einen sehr weiten
Ansatz gewählt, der über die üblichen Informationspflichten
hinausgeht und auch
materielle Inhalte wie Absatzmethoden, Haftung und Nichterfüllung von
Verträgen
zum Inhalt hat. Die Stellungnahme des BMJ zu diesem
Synthesepapier war grund-
sätzlich
zustimmend.
Nichts desto trotz ist zu befürchten, dass diese
vorbeugenden Instrumente zur Hin-
tanhaltung der Verschuldung nur teilweise wirksam werden. Solange
kreditfinanzier-
ter Einkauf durch aggressive Werbung als Regelfall dargestellt wird, werden
rechtlich
vorgeschriebene Informationen nur beschränkt wirken. Auch die
Tätigkeit von Kre-
ditvermittlern führt mitunter zu einer weitgehenderen Verschuldung der
Verbraucher.
Die vorgeschlagenen Maßnahmen sollten jedenfalls umgesetzt werden;
ergänzende
Maßnahmen werden aber
noch zu prüfen sein.
Zu 6 und 7:
Ja.
Zu 8, 9 und 11:
Eine lückenlose Erfassung von Überschuldungen und Haushalten, die überschuldet
und/oder
unter der Armutsgrenze leben müssen, wird von den Einrichtungen der
Schuldnerberatungen nur für die Personen vorgenommen, die deren Hilfe in
An-
spruch nehmen.
Aus
der jährlichen Anzahl von Exekutionen lässt sich in etwa ableiten,
wie viele
Haushalte tatsächlich von einer Überschuldung betroffen sind. Die
Anfallszahlen in
Exekutionssachen zeigen nach dem Betrieblichen Informationssystem der Justiz in
den letzten Jahren eine leicht sinkende Tendenz. Laut Angaben der ARGE Schuld-
nerberatung ist jeder dritte Haushalt in Österreich (von insgesamt
über 3 Millionen
Haushalten) verschuldet. Mehr als 100.000 Haushalte sind sogar
überschuldet oder
zahlungsunfähig.
Zu 10:
Die Gründe für die Überschuldung dermaßen vieler Haushalte in Österreich sind
vielfältig (es sind dies insbesondere:
Verbindlichkeiten aus ehemaliger selbständiger
Erwerbstätigkeit,
Arbeitslosigkeit, Scheidung/Tod des Partners, Einkommensminde-
rung wegen Krankheit, Unfall
etc, Bürgschaften, Mithaftungen und nachlässige
Geldgebarung).
Zu 12 und 13:
Österreich
tritt dafür ein, die Überschuldung der Verbraucher durch geeignete
Maß-
nahmen auf EU-Ebene hintanzuhalten.
Mehrere
Versuche wurden in der Vergangenheit bereits auf NGO-Ebene und mit den
Schuldnerberatungen unternommen (so etwa die
Konferenz in Hamburg 1989 sowie
Birmingham 1995), um grenzüberschreitende
Maßnahmen gegen die Überschul-
dung zu erwirken. Anfang der 90er Jahre forderten die EFTA-Staaten von der EU-
Kommission wirtschaftliche und juristische Lösungen dieser Problematik.
Dies führte
zur einzigen einschlägigen Aktivität der EU-Generaldirektion für
Konsumenten-
schutz, nämlich zu der von der EG in Auftrag gegebenen Studie
“Overindebtedness
of consumers in the EC-member states: Facts and search for solutions"
(Leyden
1992), einer Gemeinschaftsarbeit von Huls/Reifner/Bourgoignie/Reich.
Zu 14 bis 18:
Ich vertrete
die Ansicht, dass die zunehmende Verschuldung (minderjähriger) Ju-
gendlicher eine verbesserte Informationspolitik erfordert. Mein Anliegen ist
es, Ju-
gendliche gezielter zu informieren. Der rechtlicher Schutz für
minderjährige Jugend-
liche ist zum Beispiel durch die Novelle zum
Kindschaftsrechtsänderungsgesetz
2001 verbessert worden. Nach dem neuen § 154 Abs. 4 ABGB kann etwa der
voll-
jährig gewordene Jugendliche aus den sog. "schwebend
unwirksamen" Geschäften
nur verpflichtet werden, wenn er die daraus erwachsenden Verpflichtungen durch
schriftliche Erklärung anerkennt.
Im
Rahmen des Werkvertrages mit dem Verein für Konsumenteninformation werden
vom Bundesministerium für Justiz immer wieder Prozesse - zugunsten
minderjähri-
ger Jugendlicher -
finanziert.
Durch
die Insolvenzrechtsnovelle 2002 werden im Bereich des Schuldenregulie-
rungsverfahrens Verbesserungen für private Schuldner eingeführt, wie
etwa der
"verbesserte Zahlungsplan" (der auch Jugendlichen zugute kommt).
Zu 19 und 20:
Die Tätigkeit der Kreditvermittler wird in besonders hohem Ausmaß von Menschen
mit
nichtdeutscher Muttersprache in Anspruch genommen. Daher werden vor allem
in diesem Bereich legislative Vorkehrungen getroffen, die der Gefahr einer
Übervor-
teilung dieser Menschen entgegenwirken sollen.
Das Maklergesetz 1996 nimmt auf das Problem der
Sprachbarriere Bedacht und
stellt sicher, dass Übersetzungen des Kreditvertrages den ganzen Text
umfassen
müssen.
In
der Privatkreditvermittlerverordnung findet sich eine Verpflichtung, bei
Umschul-
dungen unter bestimmten Voraussetzungen auf Schuldnerberatungseinrichtungen
hinzuweisen (§ 7 Abs. 2).